Nachtermin zur Schulaufgabe stellen - oder nicht?


  • Sorry, Bolzbold, du verstehst die Sachlage nicht. In Bayern wie in Baden-Württemberg kann man sich nur entschuldigen, wenn man unvorhergesehen mit nachvollziehbaren Grund nicht am Unterricht teilnehmen kann. Üblicherweise ist das Krankheit, das kann aber auch mal z.B. den Komplettausfall einer Bahnstrecke o.ä. bedeuten. Alle Gründe, die vorhersehbar sind, sind Anlass für eine Beurlaubung. Diese muss rechtzeitig vorher gestellt werden, eben auch um zu vermeiden, dass Schüler bei Leistungsnachweisen fehlen. Wenn dies den Eltern - und davon gehe ich aus - zu Beginn des SJ so vermittelt wurde, sehe ich keinen Grund, einen Nachtermin anzubieten, sondern würde die 6 erteilen.
    Das Pädagogische kann (und muss) ich immer noch bei der Erteilung der Zeugnisnote berücksichtigen. Wenn ein Schüler z.B. eine klare Leistungstendenz zu einer 3 hat, aber durch die versäumte Arbeit um diese Zeugnisnote käme, werte ich eben die 6 schwächer oder gar nicht. Das würde ich natürlich auch den Eltern oder der Schülerin kommunizieren.


    Auch sehe ich ganz persönlich keinen Grund, damit zur Schulleitung zu gehen. Wenn du mit dir im Reinen bist - die rechtliche Situation ist klar -, dann gib die 6. Vielleicht mag das Oberstufenerfahrung sein, aber wenn ich mit solchen Sachen jedes Mal zur Schulleitung ginge, könnte ich dort gleich ein Bett aufstellen...

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    2 Mal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Hm, generell bin ich auch dafür, Arzttermine auch bei Schülern in die Freizeit zu legen. Deshalb hatte ich die Kieferorthopädin um einen entsprechenden Termin gebeten, als es um das Einsetzen der Spange ging. Es hieß, diese Arbeiten würden immer nur am Vormittag erledigt. Die nächsten Ferien waren auch noch weit weg, also habe ich nachgegeben, damit wir nicht zu viel Zeit verlieren. Einen Tag, an dem eine wichtige Arbeit geschrieben würde, hätte ich aber keinesfalls akzeptiert.

  • Zitat

    Original von Timm


    Das Pädagogische kann (und muss) ich immer noch bei der Erteilung der Zeugnisnote berücksichtigen. Wenn ein Schüler z.B. eine klare Leistungstendenz zu einer 3 hat, aber durch die versäumte Arbeit um diese Zeugnisnote käme, werte ich eben die 6 schwächer oder gar nicht. Das würde ich natürlich auch den Eltern oder der Schülerin kommunizieren.


    Das klappt in Bayern leider nicht - hier müssen die Noten rein rechnerisch ermittelt werden. Und wie viel eine Klassenarbeit (="Schulaufgabe") zählt, ist im Schulgesetz eindeutig festgelegt, da gibt es keine Möglichkeit, die 6 mal eben schwächer zu werten.


    Trotzdem würde ich auch die 6 geben - irgendwo müssen Grenzen gesetzt werden, auch in der fünften Klasse. Ich würde aber auch den Weg über den Schulleiter gehen, bei diesem aber im Vorfeld meine Einstellung sehr deutlich vertreten.


    EDIT: Tippfehler

    2 Mal editiert, zuletzt von gelöschter User ()

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin erstaunt, wie konsequent andere Schulen da sind.
    Und ich bin mir sicher, dass meine Schulleitung das nie mitmachen würde, dass ich bei einer 5.-Klässlerin in einem solchen Fall eine 6 geben würde.
    Das sage ich jetzt ganz neutral!


    Wahrscheinlich liegt es wirklich an unterschiedlichen Regelungen der verschiedenen Bundesländer, aber ich bin mir sicher, dass meine Schulleitung in einem solchen Fall - wie auch in anderen Fällen - zu 90 Prozent pro Schüler entscheiden würde, mit allen Vor- und Nachteilen.
    Sehr interessant, dass es da solche Unterschiede gibt.


    Bei uns würde das 100-prozentig so entschieden, dass die Schülerin dann halt nachschreibt.

  • Bei uns würde die Schulleitung bzw. die Abteilungsleitung sagen, dass ich die Entscheidung selber treffen soll, aber in jedem Fall hinter mir stehen würde.
    ABer hier in NRW brauchen wir Noten ja nicht rechnerisch ermitteln und haben bei den Jahresnoten dann einen gewissen pädagogischen Spielraum.


    Gruß
    Peter

    • Offizieller Beitrag

    nun ja, als vor kurzem ein Schüler bei mir mitten in der Schulaufgabe wegen Bauchkrämpfen abbrach, durfte er ausnahmsweise mit Genehmigung der Schulleitung auch nachschreiben, und zwar nicht zuletzt, weil ich aus Unwissenheit nicht gleich die 6 druntergeschrieben hatte.


    Aber wirklich nur als Ausnahme, alle Kollegen sind noch mal auf die rechtliche Situation hinmgewiesen worden (die in meinen Augen völlig zu Recht besteht).

  • Ich würde mit Note 6 werten und keinen Nachtermin ansetzen. Ich handhabe das genauso.
    Die Regelung ist klar und eindeutig und wird auch so kommuniziert. Arzttermine während der Unterrichtszeit erfordern eine Beurlaubung durch die Schulleitung. An Prüfungstagen wird keine Beurlaubung gewährt. Punkt. Das müssen die Eltern wissen und das wissen auch unserer Schüler, auch schon in der 5. Klasse.


    Klar tut diese Note weh. Erst recht, wenn es wirklich Gedankenlosigkeit gewesen sein sollte.


    Da in Bayern das Schuljahr noch ein Weilchen dauert, gibt es ja noch Möglichkeiten, mündlich etwas Ausgleich zu schaffen.


    Da bin ich dann im Rahmen meiner Möglichkeiten und der Gegebenheiten durchaus großzügig.
    Kurze Rücksprache mit der Schulleitung nehme ich sicherheitshalber dennoch. Die sah darin jedoch noch nie ein Problem. Im Gegenteil.


    Ein wenig irritiert hat mich lediglich deine Begründung mit der hohen Arbeitsbelastung. Die, finde ich, sollte nicht den Ausschlag für die Entscheidung geben.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Bolzbold
    Also ich bin doch sehr verwundert, dass hier so viele auf "6 geben und kein Nachtermin" plädieren. Begründung hin oder her.


    Gruß
    Bolzbold


    Um keinen Präzedenzfall zu schaffen und weitere Schwierigkeiten zu umschiffen.....


    Mich regen immer solche Eltern auf, die mich als Lehrer durch ihr Verhalten in diese Bredouillen bringen ! Und treffen tuts eh die Kinder :schimpf: Tolle Eltern !!!! :qualm:

  • Zitat

    Original von Bolzbold
    Also ich bin doch sehr verwundert, dass hier so viele auf "6 geben und kein Nachtermin" plädieren. Begründung hin oder her.


    Also, mal ganz ehrlich: Wenn das in der 1/2. Klasse Grundschule passiert wäre, hätte ich auch auf Unwissen plädiert.
    In dem geschilderte Zusammenhang sehe ich aber entweder Dummheit oder Frechheit.Und ich frage dich explizit, warum man in diesem Fall festgeschriebenes Recht beugen soll. Ich empfinde es als eine Frechheit, dass ein wohl verlegbarer Termin vor die Schule geht. Es gibt schließlich in jeder Landesverfassung eine Schulpflicht, aber keine vormittagliche Bereichungspflicht von Kieferorthopäden!
    Gruß
    Bolzbold[/qu

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    • Offizieller Beitrag

    Ich hatte zwar nie das Vergnügen mit den Kieferorthopäden, aber ich kann mich grob entsinnen, dass die Praxen dort so ausgebucht sind, dass man die Termine als "Kunde" nicht einfach verlegen kann.


    Hier in NRW wäre meine Entscheidung klar. Ich würde ihn nachschreiben lassen. Wir haben ja auch die entsprechenden Freiheiten dazu.


    Und irgendwie habe ich bei diesem Thread den Eindruck, dass ich als Lehrer in Bayern stellenweise ... Probleme hätte, weil mir die Regelungen zu ... schülerfern sind. ;)


    Im vorliegenden Fall kann ich Nighthawk die Entscheidung aufgrund der unterschiedlichen Gesetzeslage aber nicht abnehmen. Sorry.


    kl. gr. Frosch


    P.S.: wenn mich nicht alles täuscht, ist es in NRW nicht so, dass die Noten nicht rechnerisch ermittelt werden müssen, sondern sie DÜRFEN nicht rechnerisch ermittelt werden. Das rechnerische ist nur der Zaunpfahl, an dem man sich langhangeln kann.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    [
    Und irgendwie habe ich bei diesem Thread den Eindruck, dass ich als Lehrer in Bayern stellenweise ... Probleme hätte, weil mir die Regelungen zu ... schülerfern sind. ;)



    kl. gr. Frosch


    schülerfern ? ist es schülerfern, wenn man bestimmte Regeln aufstellt und die auch einhalten will ?
    Ich bin neu nach Bayern gekommen, und ich bin überrascht, wie schülernah vieles geregelt wird (Anzahl der Schulaufgaben pro Woche, LRS etc). Die Sache mit der Beliebigkeit der Anwesenheit in der Schule gehört meiner Meinung nach geregelt, sonst kommt und geht jeder, wie es ihm passt.Da fallen mir besonders die Urlaubsplanungen ein mit Billigflügen kurz vor Ferienbeginn...

    • Offizieller Beitrag

    <offtopic>
    Es ist in meinen Augen "schülerfern", wenn auf die Einhaltung gewisser Gesetze zum nachteil der Schüler gepocht werden muss, z.B. durch die zwangsweise rechnerische Erzeugung der Noten. ich ... würde mir diese unflexible Notengebung niemals vorschreiben lassen.
    Aber vielleicht bin ich auch nur zu flexibel.


    Und wie Bolzbold schon schrieb: in den oberen Klassen mag es was anderes sein, aber bei 5-Klässlern ... sollte man ggf. von Fall zu Fall agieren dürfen. Finde ich.*schulterzuck*


    kl. gr. Frosch


    </offtopic>

  • Zitat

    Original von kleiner gruener frosch
    Und irgendwie habe ich bei diesem Thread den Eindruck, dass ich als Lehrer in Bayern stellenweise ... Probleme hätte, weil mir die Regelungen zu ... schülerfern sind. ;)


    Hm, ich weiß nicht, ob man das so pauschal sagen kann.
    Mir ist allerdings schon häufiger aufgefallen, dass in Bayern die Klassenarbeiten/Schulaufgaben scheinbar stärker reguliert sind als in anderern Bundesländern und dadurch einen anderen Stellenwert einnehmen. Ich meine das jetzt ganz neutral, denn ob man das gut und schülerfreundlich findet oder nicht, kann man sicher diskutieren. Jedenfalls lese ich häufig Vorschläge im Umgang mit Klassenarbeiten, die hier in Bayern höchst problematisch wären.


    Eine Schulaufgabe muss mindestens eine Woche vor dem Termin angekündigt werden. In der Praxis geschieht dies meist schon zu Beginn des jeweiligen Halbjahrs, also Wochen und Monate vor dem tatsächlichen Termin. In den 1-2 Wochen vorher wird für die Arbeit wiederholt und geübt, so dass wirklich JEDER mitbekommt, dass eine Schulaufgabe ansteht.
    In der Schulordnung ist vorgeschrieben, wie viele Schulaufgaben in jeder Jahrgangsstufe geschrieben werden und wie sie zur Jahresnote zählen. Der Lehrplan schreibt (zumindest zum Teil) vor, wie diese Schulaufgaben auszusehen haben.


    Wenn nun eine Schülerin einen Arzttermin schon Tage (Wochen?) hat und dies nicht anspricht, dann ist das vorsätzlich. Wenn es sich um eine Schülerin der fünften Klasse handelt, dann muss zumindest die Mutter die Termine überblicken. Ich bin genau der gleichen Meinung wie Friesin - man darf hier keine Präsedenzfälle schaffen.

  • Finde die Diskussion hier jetzt sehr interessant.


    Ich habe die Sache nun erstmal der Schulleitung übergeben (die will bei uns sowieso über sowas informiert werden) und die hat am Freitag ein Telefonat mit den Eltern geführt. Ich werde dann mal am Montag erfahren, was rausgekommen ist.


    Noch paar Anmerkungen:
    Ich habe auch in Bayern bei der Zeugnisnote einen gewissen Spielraum, ich kann mit Begründung auch bei 3,55 Notenschnitt z.B. eine Drei vergeben.
    Die Schülerin selbst stand zum Zwischenzeugnis genau zwischen Drei und Vier, eine Nichtversetzung wäre also wegen einer 6 nun nicht zu befürchten.
    Meine Arbeitsbelastung ist nicht der GRUND dafür, dass ich überlege, keinen Nachtermin zu geben, sondern ein weiterer Faktor. Wie schon gesagt, Eltern und Schüler (nicht alle, manche) übertreten in letzter Zeit vermehrt die festgesetzten Regeln und fast immer führt das zur Mehrbelastung von betroffenen Kollegen und Kolleginnen - gerade weil man "Gnade vor Recht" stellt ... und damit zum nächsten Regelbruch noch ermuntert.


    Edit: Und es wäre wohl kein Problem, die bestehende Regellage zu ignorieren und die Schülerin nachschreiben zu lassen. Ich denke nicht, dass mich jemand dazu ZWINGEN würde, in diesem Fall streng nach den Regeln zu handeln. Im Gegenteil, ich denke, es würde schwieriger werden, die Regeln durchsetzen zu wollen ... der leichtere Weg wäre also sicherlich (bis auf die Zusatzarbeit), die Schülerin nachschreiben zu lassen. Nur bin ich mir nicht sicher, dass es der richtige Weg ist, denn egal, was man sagt, man schafft einen Präzedenzfall, man gibt die Botschaft "Ihr müsst euch eigentlich nicht an die Regeln halten".
    Welchen Wert haben dann noch solche Regeln und welche erzieherischen/pädagogischen Wirkungen hat diese Botschaft auf lange Sicht auf Schüler/innen?

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Nighthawk
    Edit: Und es wäre wohl kein Problem, die bestehende Regellage zu ignorieren und die Schülerin nachschreiben zu lassen. Ich denke nicht, dass mich jemand dazu ZWINGEN würde, in diesem Fall streng nach den Regeln zu handeln. Im Gegenteil, ich denke, es würde schwieriger werden, die Regeln durchsetzen zu wollen ... der leichtere Weg wäre also sicherlich (bis auf die Zusatzarbeit), die Schülerin nachschreiben zu lassen. Nur bin ich mir nicht sicher, dass es der richtige Weg ist, denn egal, was man sagt, man schafft einen Präzedenzfall, man gibt die Botschaft "Ihr müsst euch eigentlich nicht an die Regeln halten".
    Welchen Wert haben dann noch solche Regeln und welche erzieherischen/pädagogischen Wirkungen hat diese Botschaft auf lange Sicht auf Schüler/innen?


    Also ich würde die Sache mit einem angeblichen "Präzedenzfall" nicht zu hoch hängen. Dafür dürfte so etwas zu oft mehr oder weniger unbemerkt bzw. ohne es an die große Glocke zu hängen vorkommen, als dass man da wirklich einen justitiablen Präzedenzfall schafft.
    Die Aussage: "Wir finden Ihr Verhalten nicht in Ordnung, belassen es aber bei einer Verwarnung" in Kombination mit der Botschaft an alle Schüler der Klasse "künftig wird ausnahmslos in einem solchen Fall eine 6 gegeben ohne Nachschreibtermin" sollte an sich eindeutig sein und keinen "Präzedenzfall" schaffen.


    Falls Eltern das künftig als Präzedenzfall anführen, kann man das entsprechend kontern. Einen Rechtsanspruch auf "Ausnahme" bzw. "Nachsicht" gibt es nicht.


    In diesem Fall überlappen sich ferner ja Pädagogik und Schulrecht. Wenn hier direkt argumentiert wird, man könne doch nicht geltendes Recht "beugen", dann frage ich mich, worauf hier der Schwerpunkt gelegt wird.


    Würde man so durchgängig argumentieren und seine eigene Arbeit einmal nach geltendem Schulrecht analysieren, bestünde die Gefahr, dass man noch viel öfter als bislang angenommen (und vermutlich meistens unwissend) geltendes Recht "beugt".


    Sind wir Pädagogen oder Schuljuristen?


    Gruß
    Bolzbold

  • Die Frage Pädagoge oder Schuljurist finde ich nun doch etwas überspitzt.


    Schließen sich Pädagogik und Regeln aus?


    Hat die Nicht-Durchsetzung von Regeln nicht auch eine erzieherische Botschaft?


    Den Präzedenzfall WIRD es geben. Vielleicht nicht an der ganzen Schule, aber in der Klasse. Im nächsten Fall werden die Eltern damit argumentieren, dass es hier einen Nachtermin gab. Es gibt einen Rechtsanspruch auf Gleichbehandlung ... warum hier Gnade, beim nächsten Mal nicht? Die Diskussion ist nur bis zum nächsten Fall rausgeschoben, wenn es hier einen Nachtermin gibt.


    (Ich tendiere übrigens entgegen Deinem Eindruck durchaus dazu, das Mädchen nachschreiben zu lassen - habe aber andererseits kein sonderlich gutes Gefühl dabei).

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Nighthawk
    Die Frage Pädagoge oder Schuljurist finde ich nun doch etwas überspitzt.


    Das war auch so beabsichtigt - aus rein rhetorischen Gründen.


    Zitat


    Schließen sich Pädagogik und Regeln aus?


    Hat die Nicht-Durchsetzung von Regeln nicht auch eine erzieherische Botschaft?


    Wenn man es nur unter dem Aspekt des Setzens, Einhaltens und Durchsetzens von Regeln betrachtet, stimme ich Dir zu.


    Augenmaß bei Einsicht auf der Gegenseite wäre aber auch eine erzieherische Botschaft.


    Zitat


    Den Präzedenzfall WIRD es geben. Vielleicht nicht an der ganzen Schule, aber in der Klasse. Im nächsten Fall werden die Eltern damit argumentieren, dass es hier einen Nachtermin gab. Es gibt einen Rechtsanspruch auf Gleichbehandlung ... warum hier Gnade, beim nächsten Mal nicht? Die Diskussion ist nur bis zum nächsten Fall rausgeschoben, wenn es hier einen Nachtermin gibt.


    Och nö. Jetzt nicht wieder diese Keule mit der Gleichbehandlung.
    Gerade in dem Feld zwischen Pädagogik und Schulrecht lässt sich eine faktische und rechtlich nicht anfechtbare Gleichbehandlung nur schwer durchsetzen. Demzufolge dürfte es ja dann auch keinen pädagogischen Spielraum geben, weil das ja auch gegen die Gleichbehandlung verstößt.


    Warum geben wir die Frage der Gleichbehandlung nicht mal an die User weiter, die sich im Schulrecht noch besser auskennen?


    Also:
    Wäre "Gnade vor Recht" in dieser Situation als Präzedenzfall verwertbar bei einer Wiederholung und wäre eine Gleichbehandlung hier einklagbar?


    Gruß
    Bolzbold

  • Zitat

    Original von Bolzbold
    Also:
    Wäre "Gnade vor Recht" in dieser Situation als Präzedenzfall verwertbar bei einer Wiederholung und wäre eine Gleichbehandlung hier einklagbar?


    Nein, es gibt kein Anrecht auf Gleichbehandlung, wenn jemand durch Unrecht einen Vorteil erlangt hat.
    Wenn ein Polizist z.B. bei einer Alkoholkontrolle einen Verstoß gegen das Strafrecht oder eine Ordnungswidrigkeit feststellt, aber dies nicht zur Anzeige bringt, weil es ein Bekannter ist, wird ja niemand im Ernst fordern, nun dürfen alle besoffen durch die Gegend fahren.
    Allerdings wäre die Argumentation des Polizisten bei einer dienstrechtlichen Anhörung, dass aus seinem Unterlassen ja niemand ein Anrecht auf Gleichbehandlung ziehen dürfe, bestimmt keine Entlastung.


    Zitat


    Würde man so durchgängig argumentieren und seine eigene Arbeit einmal nach geltendem Schulrecht analysieren, bestünde die Gefahr, dass man noch viel öfter als bislang angenommen (und vermutlich meistens unwissend) geltendes Recht "beugt".


    Sind wir Pädagogen oder Schuljuristen?


    Diese Einstellung finde ich überaus unprofessionell. Um die rhetorische Frage trotzdem zu beantworten: Wenn ich meine Arbeit analysiere komme ich in der ganzen Zeit auf weniger als eine handvoll Ereignisse, wo ich das Recht gebeugt habe. Meistens habe ich es übrigens hinterher bereut.
    Die Annahmen, die du implizit triffst, halte ich für überaus bedenklich:


    1. Als Lehrer stehen wir über dem Gesetz und den uns bindenden Vorschriften. Unter Berufung auf die Pädagogik können wir geltendes Recht nach Belieben beugen, so lange wir über das Wohl des Schülers argumentieren.
    2. Rechtliche Bestimmungen sind in einem gewissen Maße schlecht und widersprechen dem Impetus guter Pädagogik.


    Diese Thesen, die du in den Raum gestellt hast, hast du leider nicht belegt. Welche Vorschriften lassen uns denn einen zu geringen oder nicht vorhandenen Spielraum? Welche Regelungen verstoßen gegen eine am Schülerwohl orientierte Pädagogik?


    Nighthawk hat hier betont, dass es in Bayern wohl doch einen pädagogischen Ermessenspielraum bei der Ermittlung der Endnote gibt. Was spricht also dagegen, die Note ungenügend nach den rechtlichen Bestimmungen zu geben und gleichzeitig aber mitzuteilen, dass man den pädagogischen Ermessenspielraum nutzen werde, wenn es ein einmaliger Ausrutscher war?

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Timm
    Diese Thesen, die du in den Raum gestellt hast, hast du leider nicht belegt. Welche Vorschriften lassen uns denn einen zu geringen oder nicht vorhandenen Spielraum?
    Welche Regelungen verstoßen gegen eine am Schülerwohl orientierte Pädagogik?


    Nun, es wird ein wenig off-topic, aber sei es drum. Ich nenne Dir einige Beispiele bzw. Situationen, in denen es vorkommt, dass Lehrer geltendes Recht beugen - aus dem von Dir erwähnten Gründen.


    Beispiel Urheberrecht:


    Kopieren von U-Material von urheberrechtlich geschütztem Material.
    (NRW hat da einen neuen Kompromiss gefunden, aber das Kopieren von vollständigen Werken ist nach wie vor unzulässig).


    Das Zeigen von DVDs. (Ist Schule nun ein privater oder ein öffentlicher Raum?).



    Beispiel Jugendschutz bzw. Schulrecht:


    Das Trinken von Alkohol auf Klassenfahrten mit Duldung der Lehrkräfte bei 16jährigen.



    Beispiel Vorteilsnahme:


    Die Annahme von Lehrerfreiplätzen ist problematisch.
    Die Umlage der Klassenfahrtkosten des Lehrers auf die Schüler ist in NRW nicht zulässig.


    Ich denke, das sind ganz alltägliche Situationen, in denen die von Dir beschriebenen Implikationen zutreffen können.


    Gruß
    Bolzbold

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