Sprachenwahl Latein oder Französisch in Kl 6

  • Hallo zusammen,


    ich stelle diese Frage mal im allgemeinen Forum, obwohl sie sicherlich eher an die Kollegen vom Gymnasium gerichtet ist.


    Mein eigenes Kind ist jetzt in Klasse 5 eines bayrischen Gymnasiums und es steht die Wahl zur 2. Fremdsprache an.


    Auch nach dem Infoabend sind wir / ist das Kind noch unschlüssig, WAS die Wahl Latein/Französisch letztendlich bedeutet.
    Damit meine ich nicht die "Wege", die dann im Bezug auf die Schwerpunktwahl vorgegeben sind (das Gymn bietet die Schwerpunkte mathemat/naturwissenschaftl und sprachlich an)
    sondern eher:


    Was bedeutet es, die Sprache Latein zu wählen, was bedeutet es, die Sprache Französisch zu wählen. Ich weiß, dass beide dann bis in Klasse 10 belegt werden müssen. Wie sieht denn z.b. der LP für Klasse 9 oder 10 aus? Was kommt letztendlich auf das Kind zu (Lektüren? - ich kann mich an mein Englisch damals erinnern mit McBeth und death of a salesman - wie sieht das im Französichen aus?)


    Am Infoabend wurde irgendwie immer nur auf die ersten beiden Jahre eingegangen.



    Und: welche Inhalten werden im Fach Chemie in Klasse 8 (bei Schwerpunktwahl naturwissenschaftlich/tecnisch) unterrichtet. Kann ich das online nachlesen?


    Ich hoffe, dass ihr eine Kollegin von der Grundschule da mal ein paar Tipps gebt ;)


    Nanette

  • Also ich kann dir/euch nur empfehlen, Latein zu wählen. Das hat zum einen einen relativ einfachen und pragmatischen Grund: Viele Studienfächer erfordern ein Latinum. Das ist selbst bei manchen Fächern der Fall, bei denen man dies nie erwartet hätte, wie z. B. Musik. Und wenn man dieses nicht in der Schule gemacht hat, steht man auf einmal ziemlich im Regen, wenn man an der Uni erfährt, dass man den gesamten Stoff "mal eben" in 3 Semestern nachholen darf, zusätzlich zum eigentlichen Studium.


    Der nächste Punkt, weshalb ich Latein empfehle, ist der, dass diese Sprache das logische Denken fördert. Latein ist nämlich weit weniger Sprache denn Logik, also gerade im Hinblick einer mathematisch/naturwissenschaftlichen Differenzierung hilfreich.


    Und zum Dritten kann ich aus eigener Erfahrung berichten, dass mir Latein stets großen Spaß gemacht hat. Dies ist allerdings nur eine subjektive Einschätzung und sollte eure Wahl nicht beeinflussen.


    Zur Struktur des Unterrichts: Nachdem in den ersten Jahren Grammatik und Vokabeln (wie bei fast jeder Sprache) im Vordergrund stehen, werden später durchaus auch lateinische Originalstücke gelesen, etwa Caesars "De Bello Gallico" (wer von uns alten Lateinern erinnert sich nicht an den Beginn "Gallia est omnis divisa in partes tres,...") oder aber auch die berühmten Gerichtsverhandlungen Ciceros gegen Verres.
    Abgerundet wird der Unterricht durch viele geschichtliche Themen, etwa die mythologische Welt und das Leben im "alten Rom" usw.


    Hmm, während ich hier so schreibe, komme ich direkt wieder ins Schwärmen und frage mich, warum ich eigentlich nicht Latein mitstudiert habe...


    Aber wahrscheinlich gibt es genau so viele gute Gründe, sich für Französisch zu entscheiden, aber da mögen die Linguisten mehr zu berichten.


    Gruß, Iggi


    Edit: Tippfehler

    Das Leben ist KEIN Wettkampf - aber ich gewinne trotzdem

    Einmal editiert, zuletzt von Igzorn ()

  • Zitat

    Original von Igzorn
    Also ich kann dir/euch nur empfehlen, Latein zu wählen. Das hat zum einen einen relativ einfachen und pragmatischen Grund: Viele Studienfächer erfordern ein Latinum. Das ist selbst bei manchen Fächern der Fall, bei denen man dies nie erwartet hätte, wie z. B. Musik. Und wenn man dieses nicht in der Schule gemacht hat, steht man auf einmal ziemlich im Regen, wen man an der Uni erfährt, dass man den gesamten Stoff "mal eben" in 3 Semestern nachholen darf, zusätzlich zum eigentlichen Studium.


    Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass viele Studienfächer das Latinum erfordern (wenn auch die Zahl - selbst an konservativen Universitäten - rückläufig ist); das Latinum kann man aber auch erwerben, wenn man Latein als 3. Fremdsprache (ab Kl. 8 ) belegt. Jenseits des Latinums sehe ich keine pragmatischen Gründe für das Lateinische. Für eine lebendige Fremdsprache wie Französisch, Italienisch oder Spanisch spricht hingegen, dass man sie auch sprechen kann. (Als Französischlehrer bin ich natürlich nicht unparteiisch, würde aber die Wahl von Latein v.a. dann empfehlen, wenn das Kind mit Fremdsprachen Schwierigkeiten hat; bei lebenden Sprachen kommt man mit "sturem" Pauken irgendwann an eine Grenze, bei Latein reicht es womöglich.)

    Einmal editiert, zuletzt von philosophus ()

  • So aus der Ferne läßt sich wohl keine Diagnose à la "Nimm auf jeden Fall Französisch!" oder "Wähle auf jeden Fall Latein!"abgegeben.
    Ich mache jedes Jahr für die fünften Klassen Schnupperstunden in Französisch (die Lateinkollegen tun dies natürlich auch in ihrem Fach) und da kommt auch immer wieder die Fragen: "Was ist denn leichter?", "Warum soll ich denn Französisch wählen? Ich will ja schließlich mal Arzt werden..."


    Ich denke, dass das Berufsargument das schwächste unter allen ist, denn woher soll das Kind jetzt schon wissen, was es später wirklich machne wird? Die Tatsache, dass das Latinum in manchen Fächern gebraucht wird läßt sich ebenso anführen wie die Tatsache, dass man in der Zeitung in vielen Stellenanzeigen die Forderung nach 2 modernen Fremdsprachen findet.


    Für mich würde viel mehr im Vordergrund stehen, wie das Kind derzeit mit der ersten Fremdsprache zurecht kommt. Hat es Spaß am Kommunizieren, am Briefe Schreiben, an Rollenspielen, an Liedern, etc. dann ist eher zu Französisch zu raten. Der moderne Französischunterricht ist genauso wie der Englischunterricht aufgebaut und auf Kommunikation in der Fremdsprache ausgerichtet. Die Vorgehensweise ist fast identisch.


    Sollte das Kind eben genau an diesen Dingen keinen Spaß haben und eher in Richtung "Kulturfach" denn "Sprachfach" tendieren, ist wohl Latein die bessere Wahl.


    Wohin der Weg später genau geht, liegt am Lehrplan des Bundeslandes. Aber tendenziell kommen nach dem Erwerb der Grundfertigkeiten in der Sprache immer mehr auch authentische Materialien zum Einsatz und das kompetente, eigenständige Nutzen der Sprache kommt mehr zum Tragen. Dies kann in den höheren Jahrgängen mit Lektüren (Romane, Kukrzgeschichten, Gedichte...) und der Auseinandersetzung mit (aktuellen) Sachthemen geschehen (Zeitungsartikel, Filme, Lieder...).


    Die Englischlektüren, die Du angesprochen hast, zählen ja eher zum traditionellen Lektürekanon. Den gibt es natürlich auch im Französischunterricht, da im Lehrplan auch die Lektüre von Texten aus verschiedenen Epochen verlangt wird. Daneben gibt es aber auch ständig neues, aktuelles "Futter" aus Frankreich, das ich meinen Schülern auch gerne zum Lesen gebe. Immerhin handelt es sich um eine moderne Fremdsprache und da kann ich nicht nur mit Molière und Voltaire kommen.

  • Mal ab von den bereits dargestellten Ideen: An meiner Schule sind es die Lateinklassen, die durch die Bank die Chaotenklassen sind. Und das schon seit Jahren. Wir haben vor einiger Zeit gerätselt, wieso das so ist. Anscheinend herrscht bei den hiesigen Eltern die Vorstellung, dass Latein einfacher zu erlernen ist, "weil die Rechtschreibung da einfacher ist und unser Kind eh schon so unkonzentriert ist". OK, auch ein Argument........ *seufz*


    Durch die Tatsache, dass es bei uns in jedem Jahrgang je Standort 1 Lateinklasse, aber mehrere Französischklassen gibt kommt noch ein Faktor dazu: die Lateinklassen sind immer die größten Gruppen (L = 33 Schüler, im Vgl. zu Klassen @ 22 Schüler bei den Franzosen) und müssen notgedrungen auch jeden Lateinschüler zusätzlich aufnehmen, der z.B. als Wiederholer oder durch Umzug hinzukommt. Bei den Franzosen ist mehr Flexibilität vorhanden in diesen Fällen.


    Ich weiß nicht, ob das auch in anderen Schulen so ist. Es wäre aber schon vielleicht einen Blick wert. Bei uns sind übrigens Konsequenzen gezogen worden, so dass nunmehr nur noch gemischte Gruppen gebildet werden.


    Nur so ein Gedanke von der Seitenlinie,
    Raket-O-Katz mit Latinum

  • Zitat

    Original von Raket-O-Katz
    Mal ab von den bereits dargestellten Ideen: An meiner Schule sind es die Lateinklassen, die durch die Bank die Chaotenklassen sind.


    ...


    Durch die Tatsache, dass es bei uns in jedem Jahrgang je Standort 1 Lateinklasse, aber mehrere Französischklassen gibt kommt noch ein Faktor dazu: die Lateinklassen sind immer die größten Gruppen...


    Das war bei uns definitiv nicht so, die Lateinklassen waren immer die "bravsten" - und auch im Praktikum sind sie mir zumindest mal nicht negativ aufgefallen. Allerdings waren und sind bei uns die SuS meist nur für die Fremdsprachen getrennt und ansonsten waren die Klassen ohnehin gemischt. Zumindest bei der 2. Fremdsprache, in der 8. Klasse wird dann oft auch nach 3. Fremdsprache/ NWT sortiert. Aber auch nicht immer...
    Aber das ist sicher schulabhängig - von daher ist sicher der Tip gut, mal zu schauen, wie das an der konkreten Schule läuft.


    Ich bin ja parteiisch für Latein (Latein als 1. Fremdsprache, Franz als 3.), aber das ist natürlich subjektiv von einer Lateinstudentin ;)

    • Offizieller Beitrag

    Ich gebe der Raketenkatze (;-)) Recht, bei uns im Gym sind es auch mit Abstand die "reinen" Lateiner, die in disziplinarischer Hinsicht deutlich negativ auffälliger sind als die "Franzosen". Ganz anders sind hingegen die Neusprachler mit der Fächer-Kombi erst Latein und dann als dritte Fremdsprache Französisch- die sind oft die fleißigsten und bravsten.
    Ich selbst komme aus einer Familie, in der alle drei Möglichkeiten vertreten sind und muss sagen, meine Schwester, die Latein/Chemie hatte, hat im "normalen" Leben schon oft bedauert, dass sie keine zweite moderne Fremdsprache gelernt hat. Und als Erwachsener lernt sich eine Sprache halt auch nicht mehr so einfach. Eine Zusatzüberlegung: Wenn sich dein Kind relativ leicht mit Mathe tut und naturwissenschaftlich interessiert ist, dann würde ich eher zu Französisch tendieren. Ja, ich weiß, ich bin auch parteiisch... aber auch in der Mittel-und Unterstufe wird bei uns ständig auf den Gebrauch der Sprache geachtet z.B. bei Rollenspielen, mündlichen Schulaufgaben (bei uns heuer in der 11. Klasse), Konversationssituationen etc.
    Zusätzlich gibt es in den meisten Schulen in der Mittelstufe einen Schüleraustauch, wo die Kinder ihre Kenntnisse wirklich einsetzen können und das ist meist eine supertolle Erfahrung.
    Liebe Grüße
    Hermine

  • Hallo Nanette


    dass die Chaotenklasse die Lateiner sind, stimmt so meiner Erfahrung nach auch nicht. Habe es immer umgekehrt erlebt.
    Ich finde es gut, dass du dir nicht nur Gedanken machst "Latein oder Französisch", sondern auch überlegst, was die Wahl sonst noch für Konsequenzen hat. Das wird nämlich meistens gar nicht thematisiert. Von Chemie habe ich gar keine Ahnung, merke aber in den letzten Jahren verstärkt, dass viele 8.Klässler ziemliche Probleme mit Chemie haben und auch einige wegen 5ern in Chemie durchfallen. Ist aber vielleicht nur mein subjektiver Eindruck. Außerdem hat man im NWS-Zweig dann in Klasse 9 und 10 Informatik. Da habe ich mehr Einblick, da ich dieses Fach in der Unterstufe fachfremd unterrichte. Wenn die Lehrer den Lehrplan ernst nehmen, dann ist dieses Fach in 9 und 10 "ein ziemliches Brett". Das hat sich aber bei den Eltern, da das Fach ja neu ist, so noch nicht rumgesprochen. Zu G9-Zeiten war der Tenor immer der, dass der mathematische Zweig "einfacher" sei. Das würde ich im G8 wegen Chemie und Informatik nicht mehr so unterschreiben. Wenn du dir die Lehrpläne ansehen willst, dann schau auf http://www.isb.bayern.de/isb/i…av=0&QNav=4&TNav=0&INav=0

  • Hallo,


    ich kann jetzt leider nur meinen Senf über die Zeit als Schülerin geben.


    Ich habe damals Latein gewählt, weil ich mit einer "aktiven Sprache" nicht viel zu tun haben wollte. Ich hatte schon Probleme mit Englisch, da kam mir Latein natürlich sehr recht.


    Wie bereits erwähnt, geht es da meist nur um logisches Denken und wenn dein Kind, Nanette, das gut kann, wäre es halt von Vorteil.


    Ich habe im Laufe der Zeit dann gemerkt - was ich natürlich sehr positiv finde - dass ich durch mein Latein auch teilweise in Italienisch bzw. Spanisch sehr gut zurecht kam, da sich viele Wörter davon ableiten lassen und somit war zumindest das "Verstehen von Sätzen" in einem der beiden Sprachen also kein Problem (Hat sich übrigens sehr gut bewährt während des Urlaubs damals :D ).


    Clementina

  • Zitat

    Original von Clementina


    Ich habe im Laufe der Zeit dann gemerkt - was ich natürlich sehr positiv finde - dass ich durch mein Latein auch teilweise in Italienisch bzw. Spanisch sehr gut zurecht kam, da sich viele Wörter davon ableiten lassen und somit war zumindest das "Verstehen von Sätzen" in einem der beiden Sprachen also kein Problem (Hat sich übrigens sehr gut bewährt während des Urlaubs damals :D ).


    Clementina


    Huhu Clementina,


    den Effekt habe ich mit Französisch auch, es ist halt auch eine romanische Sprache.


    Es gibt keine absolute Empfehlung


    Französisch ist kein Spaziergang! Hier müssen ebenso wie in Latein, Vokabeln und viel Grammatik gelernt werden. Es ist allerdings ein Vorteil, dass die Sprache aktiv gesprochen wird. ....(Spätestens in der 9. Klasse, nach dem Schüleraustausch mit den netten Franzosen, hatte ich das auch kapiert :D )



    Nette latein. Lektüren gibt es mittlerweile auch, z.B. Harry Potter........


    Bei uns besteht das Problem darin, dass es zu wenig Lateinkollegen gibt und dadurch einige Lateingruppen größer sind als die Französischgruppen.


    Nanette, wie macht sich denn dein Kind in Deutsch und Englisch? Wo sind die Stärken und Schwächen?


    LG
    Isa

    • Offizieller Beitrag

    bei uns sind die Lateinklassen die leistungsstärkeren !


    Was man auf keinen Fall vergessen solltw: Latein schult die muttersprachliche Kompetenz !! Heißt, auch deutsche Grammatik , Satzbau und Wortschatz profitieren ungemein von Lateinkenntnissen.


    Und dass latein ein fach sei, in dem man "nur" pauken müsse und kein Sprachgefühl brazuche, stim,mt so mit Sicherheit nicht. Viele Schüler kennen ihre Grammatiklisten, können sie aber beim Übersetzen nicht anwenden.


    Und: Französischkenntnisse, z.B. für den Urlaub o.ä. kann man an jeder VHS erwerben ;)


    fazit:
    Lernen, büffeln muss man in beiden Sprachen.
    In Latein wird daraus kein Hehl gemacht, während heute in modernen Fremdsprachen "büffeln" nicht gerne gehört wird.
    Latein wird strukturierter unterrichtet, den meisten Schülern tut das gut.
    Ein Beitrag von einer Latinistin mit starkem Hang und Faible für moderne Sprachen

  • Zitat

    Original von Hannah
    Das war bei uns definitiv nicht so, die Lateinklassen waren immer die "bravsten" - [...] aber das ist natürlich subjektiv von einer Lateinstudentin ;)


    Hallo Hannah!


    Ja, bei uns damals auch! :-))) Bin selber aus einer reinen Lateinklasse, der man getrost alle Praktikanten und Referendare anvertrauen konnte, weil wir lieb waren. (Zu lieb *g*).


    Für den Fall, dass Du eine Stelle suchst...... *breitesgrinsen* -- wir suchen noch Lateinfachkräfte!!!


    @isabelle72:
    Ja, es gibt inzwischen prima Lektüren und auch die Methoden haben sich stark zum positiven verändert.


    Grüße vom
    Raket-O-Katz

  • hallo,



    ich möchte auch noch einmal den aspekt muttersprachliche kompetenz durch lateinunterricht betonen.


    aktuell fällt mir gerade auf (wir üben indirekte rede, weil ein großteil es nicht hinbekommt), dass es die lateiner sind, die mit den konjunktivformen umgehen können, das haben sie nämlich beim übersetzen schon geübt.
    auch fachtermini werden sicherer von den latinisten beherrscht.
    bei der letzten gedichtinterpretation ist mir aufgefallen, dass (vermutlich durch die kenntnis der fachtermini und was der begriff beschreibt) einige schüler bei der sprachlichen gestaltung dinge besser benennen konnten. es ist zwar vielen aufgefallen, dass das gedicht einen befehlston hat, aber viele haben sich sehr schwer getan, die sprachliche struktur (imperative und satzreihen) zu beschreiben.
    (was natürlich auch für mich ein zeichen ist, dass wir das dringend wiederholen müssen).


    und aus eigener erfahrung (also englisch, latein, französisch in der schule und graecum an der uni) kann ich sagen, dass ich grammatik im englisch/französischunterricht zwar mitgenommen habe, sie aber natürlich nie als zentral für das erlernen der sprache erlebt habe. man hat dann "eben" grammatikfehler in den arbeiten kassiert, aber so lange dadurch der inhalt nicht völlig unverstädlich wurde, war das dann auch nicht so wichtig) das graecum war trotz latein bis zum abi kein zuckerschlecken, was mal "so eben" in drei semestern gemacht wurde. von anfangs über 70 leuten sind noch 13 zur prüfung angetreten und das waren alles leute, die vorher latein hatten und daher ungefähr wussten, welche übersetzungsstrategien es gibt. von den nicht-lateinern, die sowohl latinum als auch graecum nachmachen mussten, war nach dem ersten kursteil keiner mehr da.
    (und dann habe ich das fach für das ich das graecum brauchte auch noch geschmissen *facpalm*)


    aber viele anekdoten machen ja noch keine daten...


    trotzdem, wenn die möglichkeit besteht, später noch eine moderne fremdsprache dazuzunehmen, würde ich auch eher latein empfehlen. die systematische auseinandersetzung mit sprache sollte keinesfalls als i-tüpfelchen, sondern auch als basis verstanden werden.


    lg Sunrise

  • Zunächst einmal vielen Dank für all euer Gedanken und Meinungen. Sie helfen uns schon sehr weiter.


    Vielleicht noch als Zusatz kurz eine "Beschreibung" meines Kindes:


    ~ logisches Denke ist sehr gut


    ~ Mathematik ist bis jetzt gar kein Problem, ohne Lernen gibt es sehr gute Noten


    ~ in Engllisch sieht es etwas anders aus: die Leistung ist ok, auch die Aussprache und das "spontane" mündliche Sprechen ist - soweit ich das zu Hause mitbekomme - gut.
    Großes ABER: vom Lernen hält mein Kind nicht sehr viel! Die Vokabeln werden meist nur unter Protest gelernt. Dafür, dass nie ernsthaft Vokabeln gelernt werden, sind die Leistungen wohl unterm Strich als gut zu bezeichnen .... :rolleyes:, aber damit rettet man sich nicht lange über die Runden


    ~ eine späte einsetzende moderne Fremdsprache gibt es (momentan) an der Schule nicht. Ein Wechsel an eine Schule, die z.B. Spanisch ab Kl. 10 bietet wäre aber erreichbar. Ansonsten wird AG-mäßig Chinesisch angeboten.



    Alles nicht so einfach ;)


    Nanette

  • Ich bin ja nun als Lateinstudentin wohl auch parteiisch, aber hatte immerhin Französisch als zwiete Fremdsprache und Latein als dritte und wie Freisin auch ein Faible für moderen Fremdsprachen und auch Sprachen im Allgemeinen und finde halt, dass auch abgesehen vom Vokabluar der anderen Sparachen, das man sich durch Latein (aber oft auch durch andere romanische Sprachen) erschließen kann, Latein einem Sprache generell einfach viel bewusster macht.


    Allerdings war ich in der Schule überhaupt nicht begeistert von Latein, das hat sich erst während des Studiums ergeben. Das Kind sollte zumindest wohl auch generell aufgeschlossen gegenüber altgeschichtlichen Themen sein, mich hätte das wahrschenlich damals einfach schon ziemlich genervt (hat es zumindest im Geschichtsunterricht ;) ). Aber auch bei uns waren die Lateinschüler durchweg besser in deutscher Grammatik, weil sie Begriffe beherrschten, die wir noch nicht einmal gehört haben.


    Ja, das mit dem keine Vokabeln lernen ist so eine Sache: Vokablen lernen ist für Latein dringend notwendig. Frage ist, ob das Kind vielleicht dadurch das Lernen lernt oder ob es wegen des Nichtlernen zu denen gehört, die schon im ersten jahr auf keinen grünen Zweig mehr kommen. Das ist noch so ein problem von latein, das mir in meiner eigenen Schulzeit oft aufgefallen ist. In Französisch kann man sich auch mit Lücken immernoch auf ne 3 kämpfen, in Latein ist das um einiges schwieriger.


    So, das ist jetzt doch ein bisschen länger geworden als gedacht, aber vielleicht hilfts ja...

  • Ich verlasse mal die unmittelbare Nützlichkeitsperspektive für die Schule - immerhin, non scholae sed vitae discimus! ;) Die Frage ist ja weniger, ob die Sprachkenntnise für die unmittelbare Ausbildungszeit wichtig ist, sondern eher für die etlichen Jahrzehnte, die danach kommen.


    Meine rein subjektiv gefärbten Eindrücke dazu: ich habe bis zur elften Klasse Französisch gehabt und dann ab der Elf bis zum Abitur Latein genommen und das Latinum erworben. Mein Französisch ist gerade gut genug, dass ich die Zeitung lesen kann und dass in ich Pariser Straßencafés nicht wie ein dummer Tourist behandelt werde; ein französischer Brief aus meiner Feder wäre eine orthographische Katastrophe. Mit einem Wörterbuch und etwas Mühe kann ich unbekannte lateinische Texte lesen, auch wenn es sich um vollverunfallte merowingische Urkunden handelt. Also beide Sprachen kann ich so lala.


    Heute bereue ich es bitterlich, dass ich auf der Schule in Französisch nicht fleißiger war und die Sprache nicht wirklich fließend in Wort und Schrift beherrsche. Meine Frau (eine Französischlehrerin) und ich haben Freunde in Brüssel und sind insgesamt sehr frankophil, reisen regelmäßig ins frankophone Ausland. Ein gutes Drittel unseres Bücherregals besteht aus französischen Romanen - ich stehe da immer etwas daneben; bei schnellem Smalltalk komme ich einfach nicht mit und französische Fernsehsender (Satellitenempfang sei gepriesen!) kann ich nur mit großer Anstrengung verfolgen. Das finde ich einfach sehr schade schade - die reichhaltige frankophone Kultur rauscht etwas an mir vorbei, was ich bedauere, auch intellektuell. Die logische Überlegenheit das Latein stelle ich in Frage - si ce ne'st pas clair, ce n'est pas francais. Französisch ist eine Sprache von einer wunderbaren Eleganz, die man in Englisch nur auf einem sehr sehr hohen Niveau (jenseits der Schulmöglichkeiten) erreichen kann. Was gutes Französisch ist, sieht man sehr schön, wenn man mal Foucault im Original mit den fürchterlichen Suhrkamp-Übersetzungen vergleicht..


    Aber ich schweife ab, das da oben betrifft natürlich nur mich selbst und hat mit den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen so gründlich überhaupt nichts zu tun. Aber ich meine, dass man bei solchen Überlegungen das spätere Leben vielleicht mal im Hinterkopf halten sollte. Es ist ohnehin bedauerlich, dass so wenig Deutsche Französisch sprechen. Unser großer Nachbarstaat im Westen ist Frankreich und nicht der Vatikanstaat, bitte schön!


    Um zum Ende zu kommen - ich persönlich glaube allerdings auch nicht, dass diese Sprachwahl so einen abschließenden Endlichkeitscharakter hat. Man kann Sprachen schließlich auch noch im späteren Leben lernen. Mein Französisch verbessere ich so nebenbei und eines meiner Zukunfts-Projekte ist noch, ein wenig Türkisch zu lernen.


    Also sollte man sich keinen allzugroßen Kopf um die Sprachwahl machen.


    Nele

  • "Vokabeln lernen" muss man sicherlich für jede Sprache, aber so richtig hinsitzen und büffeln musste ich persönlich nur für alte Sprachen (Latein in der Schule, Altgriechisch an der Uni). In den modernen Fremdsprachen (Englisch, Französisch und Spanisch habe ich gelernt) hat es mir immer gereicht sie in Texten zu lesen/mir zu erschließen und dann im Unterricht und eventuell in den Hausaufgaben anzuwenden. Aber das ist sicherlich Typsache und nicht jedem (Lern-)typ zu empfehlen. Ich bin froh, dass ich bei meinen alten Sprachen auch das (strukturierte) Lernen gelernt habe und das Vokabel lernen, da ich denke ich kann jetzt mehr Schüler verstehen und ihnen Tipps geben (also z.B. denen, die Vokabeln auch in neuen Sprachen "büffeln" müssen).


    Ich studiere ja jetzt E und F, bin aber sehr froh in der Schule E, L, F gemacht zu haben, da ich wie bereits erwähnt im Lateinunterricht das Lernen gelernt habe (habe es allerdings in der Schulzeit immer gehasst) und auch viel über Grammatik gelernt habe. Das Latinum an der Uni nachzuholen, habe ich mir auch gerne erspart. Und trotz eigentlicher schlechter Lateinnoten und geringer Motivation für das Fach (spätestens ab Klasse 9 hab ich mir nur noch auf Abwählen gefreut), bereue ich es absolut gar nicht. Und es ist anscheinend sogar einiges hängen geblieben, die Quellen in Kirchengeschichte vestehe ich auf jeden Fall noch zum großen Teil.


    Wenn also 3 Fremdsprachen eine Option sind, würde ich E, L, F einer Kombination mit 3 modernen Sprachen vorziehen (meist wird ja als 3. moderne Fremdsprache dann Spanisch angeboten und das habe ich an der Uni echt schnell nachgelernt mit Latein und Franz im Hinterkopf). "Nur" Englisch als moderne Fremdsprache (also E, L, NW) finde ich als Sprachenfan dann aber doch irgendwie wenig.... und ich habe auch Freunde, die wegen Latein mit jeder Versetzung gekämpft haben.... daher ist natürlich immer eine Einzelfallentscheidung nötig.


    Dies mal meine Gedanken zum Thema, vielleicht hilft es ja weiter.


    edit: Absätze korrigiert

  • Zitat

    Original von Friesin
    Vokabeln muss man in jeder Fremdsprache lernen, das sollte man dem Kind klarmachen ;)


    Ja.


    Du hast Recht.


    Nur: wie geht das ? :D


    Nanette

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