Ich bin gerade über einen etwas älteren Zeitungsartikel gestolpert, den ich aber nicht unkommentiert lassen will:
http://www.zeit.de/2005/36/B-Klassengr_9a_a7e?page=1
ZitatAlles anzeigenKlein allein ist noch nicht fein
Von Martin Spiewak | © DIE ZEIT 01.09.2005 Nr.36
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Die Studie [Dissertation von Grit Arnhold, s.u.] hilft, eine Lücke zu schließen zwischen der allgemeinen Schulweisheit und dem Befund der empirischen Bildungswissenschaft, die der Schülerzahl nahezu jeden Einfluss auf die Leistung abspricht. Einen ersten, oberflächlichen Hinweis, dass die Klassenstärke kein entscheidender Faktor des Bildungserfolgs sein kann, gibt die Pisa-Studie. So unterrichten Lehrer in Korea oder Japan im Schnitt weit über 30 Schüler gleichzeitig. Dennoch stehen beide Nationen ganz oben auf der Rangliste. Italienische Klassen zählen dagegen im Schnitt nur 22 Schüler, ohne dass dies einen positiven Einfluss auf die Leistungen hätte. Die Klassenstärke in Deutschland beträgt 24, was dem OECD-Durchschnitt entspricht.
Ja klar, lange keine Mittelstufenklasse im Gymnasium mehr gesehen? Da bewegt sich die Schülerzahl eher auf die 30 zu.
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»Es macht keinen Unterschied, ob 40 oder 60 Ohren zuhören«
Ah so geht das also mit dem Unterricht. Der Lehrer erzählt, die Schüler hören einfach zu. Unterricht kann so einfach sein!
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International sieht die Forschungslage etwas anders aus. Als größte Untersuchung gilt die Star-Studie (Student-Teacher-Achievement-Ratio) aus dem US-Bundesstaat Tennessee. Dort stellten die Behörden zwölf Millionen Dollar für neue Lehrer zur Verfügung, um die Schülerfrequenz in ausgewählten Schulen drastisch zu verringern. Und tatsächlich profitierten die Kinder von der Investition, besonders solche aus benachteiligten Familien.
Im Vergleich zu Alterskollegen aus großen Klassen verfügten sie am Ende der vierten Klasse über einen Leistungsvorsprung von sechs bis neun Monaten. Die Sitzenbleiberrate ging zurück, die begünstigten Schulen klettern im öffentlichen Ranking nach oben. Ähnliche, wenn auch weniger dauerhafte Erfolge zeigte die Londoner Class-Size-Studie.
Voraussetzung für den Lernerfolg in beiden Untersuchungen waren jedoch sehr kleine Klassen, mit in Tennessee höchstens 17, in London 19 Schülern. Eine solch geringe Regelschülerzahl in deutschen Schulen zu erreichen ist wegen der hohen zusätzlichen Lehrerkosten undenkbar. Um die durchschnittliche Klassengröße zum Beispiel in Bayern um zwei Schüler zu senken, braucht es laut Kultusministerium 7200 neue Lehrer.
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Fraglich ist jedoch, ob der Einsatz der dafür notwendigen 375 Millionen Euro pädagogisch gerechtfertigt wäre.
ROTFL, alleine die bekannte bayerische Provinzbank erhält 100 Miliarden Euro vom Staat..
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Genau dies könnte die Erklärung für die Abneigung vieler Lehrer gegen große Klassen sein: Sie kosten Nerven und machen weit mehr Arbeit. Ob Hausaufgaben, Klassenarbeiten, Zeugnisse oder Elterngespräche – mit jedem zusätzlichen Schüler steigt der Aufwand.
Da haben wir es wieder: Arbeit, die man nicht sieht (Hausaufgaben einsammeln, Klassenarbeiten korrigieren, Zeugnisse schreiben) zählt nicht. Ist ja unser Privatvergnügen (genauso wie das häusliche Arbeitszimmer)
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Um die Arbeit der Pädagogen zu erleichtern, dürften geringere Klassenfrequenzen also unbedingt hilfreich sein. Wollen Bildungspolitiker die Leistungen heben, sollten sie die Steuergelder jedoch besser anderweitig investieren:[...]
Den f... S... die Arbeit erleichtern? Und das mit Steuergeldern? Wo kämen wir da hin!
Gruß !
Post Scriptum: Mit der richtigen Einstellung klappts auch mit der Karriere im Bildungssystem. Frau Grit Arnhold (jetzt Frau Grit im Brahm) ist jetzt Juniorprofessorin an der Ruhr-Universität Bochum: http://www.schulforschung.ruhr-uni-bochum.de/arnhold.htm
Dort kann man nachlesen, dass sie das Erste(!) Staatsexamen und die Promotion zum Dr. Phil. hat. Also merke: Praxiserfahrung ist für Kompetenz im Bildungsbereich unnötig.