Wie kommt ein Kind zur Verhaltenstherapie?

  • Hallo,


    habe ein Kind in der Klasse, dessen Verhalten sehr auffällig ist. Nachdem die Mutter jetzt auch langsam merkt, dass ihre Tochter Probleme, Kontakt aufzunehmen hat, habe ich neulich in einem Tür-und-Angel-Gespräch schon mal angedeutet, dass ich eine Verhaltenstherapie für empfehlenswert hielte... (ein anderes Kind in meiner Klasse hat neulich damit phänomenale Erfolge gehabt, daher bin ich momentan irgendwie auf dem Trip...). Abgeneigt erschien mir die Mutter nicht...


    Jetzt ist morgen Elterngespräch und ich würde das ganze nochmal aufgreifen. Um die Mutter gleich richtig informieren zu können: Wie kommt das Kind zu solch einer Therapie? Kann sowas ein Kinderarzt "verschreiben"? Müssen Tests im Kinderzentrum sein? Müssen die Eltern die Therapie selbst zahlen?


    Kennt sich vielleicht jemand aus?...

  • Verhaltenstherapie meint ja eine bestimmte Richtung/ Schule innerhalb der Therapien... ich gehe jetzt mal davon aus, dass du keine konkrete Therapieempfehlung geben willst ;)


    Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Viele Städte bieten Möglichkeiten der Familienhilfe, die auch Beratungs- und Therapiemöglichkeiten umfassen. Oder man geht den Weg über ein SPZ mit einer wirklich umfassenden Diagnostik. Eine Anlaufstelle wäre auch der Kinderarzt, der zum Psychologen oder Therapeuten welcher Art auch immer überweisen kann...

  • Hallo,


    mal abgesejen davon, dass ich einer Mutter solch eine Empfehlung nicht zwischen Tür und Angel geben würde, würde ich auch den Weg über das SPZ oder einen Psychologen gehen. Das wäre wohl am sinnvollsten. Wenn diese Schwelle zu hoch wäre (wonach es aber nicht klingt), wäre evtl. auch der Kinderarzt ein Ansprechpartner.
    Gruß, Andi

  • Ich würde entweder sie zum Schulpsychologen oder zur Erziehungsberatung der AWO oder ähnlicher Stelle schicken. Klar fallen mir solche Kinder auf Grund der Erfahrung auf, aber eine Diagnose würde ich mir nicht zutrauen. Ein Fachmann soll erstmal mit fundierten Test rausfinden, was vorliegt.

  • Heute also das Elterngespräch...


    Mutter war natürlich erschrocken, dass ich ihrem Kind sowas rate, wollte erst alles abstreiten und erklären (wie gut, dass ich vor kurzem schon mal im Kindergarten nachgefragt habe, ob dort das Kind aufgefallen ist...!). Nachdem ich ihr aber begreiflich gemacht habe, dass ich mir um ihr Kind Sorgen mache und es deshalb rate, war sie wieder recht beruhigt und ich hoffe mal, dass sie das ganz jetzt angeht.


    Diagnose wollte ich selbst auch nicht stellen, dass das Kind aber Hilfe braucht ist eindeutig klar (und manchmal weiß ich mittlerweile auch, dass Ergotherapie einfach nicht das ist, was das Kind jetzt braucht...).


    Und: Hilfe ist dringend nötig, beim SPZ wartet man bei uns aber (wenn man sagt, dass es gaaaanz dringend ist) vier bis fünf Monate auf einen Termin für ein Erstgespräch, und ich wollte einfach nicht ein halbes Jahr warten, bis die Unterstützung anläuft (da hab ich einfach Angst, dass dem Kind in der Zwischenzeit was passiert). Deshalb hab ich jetzt mal einen kurzen Text für den Kinderarzt verfasst, der bitte alles weitere in die Wege leiten soll und der Mutter schon mal ans Herz gelegt, einen Termin im SPZ auszumachen.

  • Zitat

    Deshalb hab ich jetzt mal einen kurzen Text für den Kinderarzt verfasst, der bitte alles weitere in die Wege leiten soll und der Mutter schon mal ans Herz gelegt, einen Termin im SPZ auszumachen.


    Und sicherlich hast du daran gedacht, dich von der Mutter von der Schweigepflicht entbinden zu lassen...


    Was machst du dir denn von Seiten des Kinderarztes für Hoffnungen? Ich würde mich erstmal an EINE Stelle wenden, in deinem Fall soll sich die Mutter ja ans SPZ wenden... Glaube kaum, dass es für die Mutter so hilfreich ist, wenn von verschiedener Seite aus Tests, Gespräche, usw. anlaufen, die Mutter mit ihrem Kind an verschiedene Stellen muss und jeder im Zweifelsfall etwas anderes empfielt (der Markt an gut gemeinten Therapien und Hilfen ist groß!). Für mich klingt das etwas zu sehr nach überstürztem Aktionismus. Damit macht man oft mehr kaputt ("Ich war jetzt bei so vielen Ärzten und Beratungsstellen und weiß gar nicht mehr, was ich machen soll...")


    EDIT: Hast du mal daran gedacht, mit den Eltern ein gemeinsames erzieherisches Vorgehen abzustimmen, bevor man eine Verhaltenstherapie einleited? Evtl. liegen die Probleme ja nicht nur beim Kind sondern auch in der Erziehung? In diesem Fall ist es fraglich, ob eine Therapie so viel bringt.


    Gruß, Andi

  • Wenn ich den Text den Eltern und nicht dem Kinderarzt schicke ist es die Entscheidung der Eltern, ob sie den Text weitergeben - somit brauche ich mir den "Hiermit-entbinde-ich-Sie..."-Zettel nicht ausfüllen lassen... (oder liege ich da falsch?)


    Kinderarzt kann (hab ich hier erfahren und ist auch die schnelle Rückmeldung der Mutter) zum Psychologen überweisen. Und dem würd ich gern die gesamte Arbeit überlassen, er wird schon wissen, welche Test (müsst doch auch zugeben, dass die SPZ-Tests immer total standartisiert sind und die Fragebögen für Lehrer nur auf AD(H)S oder Suizidgefahr zugeschnitten sind - vieles wäre denen nicht aufgefallen, wenn ich nicht noch ne Seite meine Beobachtungen dazugeschrieben hätte) oder welche Therapie das Kind braucht.


    Hauptausschlaggebend war (wie schon gesagt), dass SPZ-Termin einfach ewig lang dauert. Habe ein anderes Kind auch bei dem empfohlenen Psychologen in Behandlung, die Zusammenarbeit klappt prima, er weiß, was er tut und hilft auch gut den Eltern - und wenn er noch eine umfassende Diagnostik für richtig und nötig hält, bin ich auch bereit, den SPZ-Bogen auszufüllen. Aber so ist momentan der schnellere Weg, dem Kind zu helfen ("nur wiegen wird das Schwein nicht dick" und nochmal fast ein Jahr wiegen halte ich in dem Fall nicht den richtigen Weg)



    Achja und: im Normalfall bin ich auch jemand, der lieber erst den Eltern eine Familientherapie empfiehlt als am Kind rumzudoktoren (auch wenn das für die Eltern manchmal einfacher ist). Aber ich kenn das Kind, ich kenne die Eltern, ich beobachte die Problematik und ich merke, dass hier das Kind Hilfe braucht, neue Verhaltensmuster zu erlernen.

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