Alternative zum Lehrerjob...?

  • Hallo miteinander!
    Ich bin neu hier, habe mich ein bisschen eingelesen, in vielen Beiträgen Bekanntes und Vertrautes gefunden, und möchte daher hier nun eine Überlegung/Frage posten, mit der ich mich schon eine Weile trage, und zu der ich gern Meinungen und Ratschläge hätte.
    Kurz zu mir: Ich unterrichte seit 7 Jahren (+ Ref.) D und E an einem Gym. in NRW. Verbeamtet mit Vollzeit. Derzeit maßgeblich Sek. I-Klassen und nur einen Sek. II.-Kurs, sozusagen mal zur Abwechslung, weil mich die Oberstufen-Korrekturen schon über die paar Jahre hinweg mitunter schier aufgefressen haben. Nun habe ich weniger Korrekturen, aber viel mehr mit Erziehungsarbeit zu tun aufgrund mehrerer pubertierender 7. und 8. Klassen.
    Mein Job fordert mich sehr. Schon seit Jahren, das ist nichts Neues.
    Grundsätzlich mache ich ihn gern, d.h. ich unterrichte gern, ich bereite gern vor und ich mag meine Schüler. Das alles stresst mich prinzipiell nicht, sondern hält mich soweit halbwegs munter bei der Stange. :)
    Aber alles übrige ist mir vielfach so lästig, also alle anderen sogenannten Lehrerfunktionen, der ganze Verwaltungsapparat, die müßigen Konferenzen, die Extraaufgaben, die man so nebenbei erledigt, und vor allem die ewigen Korrekturen (ja, auch mit hauptsächlich Sek. I) - ich habe das Gefühl, ich werde nie fertig und nie habe ich genug getan. Stichwort Perfektionismus ;)
    Da ich in dem Zusammenhang zu wenig motiviert bin mich im Rahmen von Schule noch mehr einzubringen um ggf. befördert zu werden, überdenke ich nun eine andere Alternativen um einfach wieder "zufriedener" zu werden und einfach mal raus komme aus diesem Beruf, den ich immer öfter schon latent als "Tretmühle" begreife.
    Ich will nicht MEHR im Rahmen von Schule, d.h. meiner Schule arbeiten - ich möchte gern was anderes arbeiten. In einem Bereich, der meinen Präferenzen (z.B. U-Materialien entwerfen) mehr entgegenkommen könnte, also - ziemlich naheliegend - einem Schulbuchverlag.
    Als freie Mitarbeiterin. Auf dass ich an meiner Schule Stunden reduzieren könnte um an dieser Stelle mehr zu machen.
    Hat jemand von euch Erfahrungen damit? Und weiß jemand, ob Schulbuchverlage überhaupt Bedarf haben an Kräften mit meinen Fächern (und Berufspraxis)? Ich hatte sehr gute bis gute Examen. Spielt das bei den Verlagen eine große Rolle?
    Darüber hinaus: Es geht nicht nur um Schulbuchverlage als Alternative. Vielleicht haben andere unter euch andere Modelle innerhalb des Unterrichtens (auch außerhalb vom herkömmlichen Schuldienst) gefunden, in denen sie mehr "Zufriedenheit" erreichen. Denn darum geht´s mir in erster Linie.
    Würde mich über Antworten sehr freuen!
    Antigone

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  • Der Autorentraum wird von vielen geträumt - daher ist die Konkurrenz sehr groß. Du kannst natürlich dine Arbeitsblätter oder Materialien einem verlag anbieten - davon leben kannst du (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) nicht.


    Wir hatten vor kurzem eine Autorenlesung. Der Autor erklärte, dass von den 17 €, die sein Buch im Laden kostet, gerade mal 75 cents bei ihm ankommen. Der Rest sind Herstellungs-, Vertriebs-, Werbungs- und Verwaltungskosten.


    Die Verlage haben zudem meistens ihren bewährten Autorenstamm, der oft an Hochschulen oder Ausbildungsseminaren das "Basissalär" bezieht.


    Du kannst dich natürlich mit deinen Materialien bei bestimmten Spezialverlagen bewerben, wie z.B. bei RAABits oder den Fachzeitschriften wie "Praxis Schule" usw., die für einzelne Beiträge dann Honorare ausloben.


    Ansonsten gab's die Frage zu Alternativen ja schon häufiger:
    Berufsalternativen!!!
    Verbeamtete Lehrerin: Kündigen und freie Wirtschaft?
    Alternative zum Lehrerdasein
    Berufsalternativen für verbeamtete Lehrer!?
    Arbeitsloser Lehrer - welche Möglichkeiten?
    Suche DRINGEND Lehrer-Stelle, wer weiß von einer freien Stelle an GS oder Privatschule????
    Zweites Mal nicht bestanden- was nun?
    Wer ist schon zum 2.Mal durchs 2.Staatsexamen gefallen?
    und die recht gute Zusammenfassung der Alternativen auf
    http://www.autenrieths.de/links/linkfort.htm

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Hallo,


    ich bin seit zwei Jahren Autorin in einem Schulbuchverlag (freie Mitarbeiterin), allerdings mit anderen Fächern als deinen, sodass ich nicht zu allen Aspekten, die du anführst etwas sagen kann.


    Neben zwei Korrekturfächern (die ich auch habe) ist eine Autorentätigkeit eine große zusätzliche Arbeitsbelastung. Termine sind strikt einzuhalten und zu wenig Zeit um die Lektionen zu schreiben ist eigentlich immer. Mir persönlich hat diese Zusatzbelastung allerdings geholfen, meine schulischen Verpflichtungen besser zu organisieren, sie strukturierter anzugehen und letztendlich schneller zu erledigen.


    Ansonsten kann ich das, was du dir von einer Autorentätigkeit an außerschulischen Erfahrungen erhoffst, unterstreichen: man kommt mit Kollegen mit anderen Erfahrungen und auch Wissen und aus unterschiedlichen Bundesländern zusammen und lernt und erfährt vieles, von dem man an seiner Schule nie gehört hätte. Ich bin der Meinung, dass das auch Rückwirkungen auf meinen Unterricht hat, da ich Lernprozesse anders initiiere und auch einen geschulteren Blick für Materialien entwickelt habe.


    Autorentätigkeit als freier Mitarbeiter macht man bis zum Erscheinen bzw. Verkauf des Produkts allerdings für lau, d.h. wenn man Stunden reduziert, zahlt man diesen Luxus erst einmal aus eigener Tasche. (Und reich wird man auch nach Erscheinen des Produkts nicht, da hat alias schon Recht).


    Ich habe bei meiner Bewerbung damals den Eindruck gewonnen, dass es gerne gesehen wird, wenn man bereits für einen Verlag tätig war bzw. dass relevante Veröffentlichungen z.B. auch in didaktischen Fachzeitschriften vorliegen oder Vorträge und Fortbildungen gehalten wurden. Falls du Interesse hast, würde ich mich allerdings trotzdem bei den Verlagen initiativ bewerben (oder bei Verlagsveranstaltungen oder Vorträgen mal die Damen und Herren zunächst ansprechen.)


    Als Mittel zur Steigerung der persönlichen Zufriedenheit habe ich auch die Arbeit im Bereich der Schulentwicklung kennengelernt ggf. auch mit außerschulischen Partnern wie Stiftungen etc. Man muss zwar auch hier sehr viel Arbeit reinstecken, wenn das Vorhaben allerdings gelingt und Strukturen geschaffen wurden, die den Arbeitsalltag der Kollegen hilfreich begleiten und unterstützen, fand ich das eine interessante Erfahrung über die eigentliche Unterrichtstätigkeit hinaus.


    Viele Grüße und alles Gute


    Maria

    Was man zu verstehen gelernt hat, fürchtet man nicht mehr. Marie Curie

    Einmal editiert, zuletzt von Maria Leticia ()

  • Hallo!
    Danke für eure informativen Rückmeldungen, alias und Maria!
    Ich vermutete schon, dass ich die Autorentätigkeit aus Unwissenheit soweit ein bisschen idealisiert habe, nun sehe ich das aber schon etwas klarer und nüchterner.
    In einem Anfall von Übermut habe ich heute Nachmittag dennoch die drei größten Verlage antelefoniert, von denen mich 2 nun direkt aufgefordert haben meine Bewerbungsunterlagen zu senden, da sie generell interessiert seien und überhaupt immer wieder Bedarf an Autoren mit Berufspraxis hätten. Der 3. Verlag will mich zurückrufen. Nun, mal sehen, was passiert, evtl. ja gar nichts weiter, zumal ich keine Veröffentlichungen oder ähnliches vorweisen kann und vor dem Hintergrund möglicherweise einfach nicht qualifiziert genug bin.


    Maria,
    deine Beschreibung der Tätigkeiten klingt trotz der Darstellung widriger Umstände sehr interessant.
    Wie werden denn solche Projekte abgerechnet? Gibt es eine vorher vereinbarte und vertraglich festgehaltene Pauschalsumme, die dann nach Veröffentlichung gezahlt wird?
    Und ja, obwohl ich einige sicherlich ganz gute Materialien in petto habe, bin ich mir nicht sicher, ob eben das in solchen Projekten gefagt ist, wie alias ja andeutete? Geht es nicht vielmehr um die Neuerstellung von Materalien, speziell zugeschnitten auf die Bedürfnisse, Gegebenheiten, Themen von Neu-Lehrwerken oder auch z.B. um das Aufreißen neuer didaktisch-methodischer Perspektiven o.ä.?!
    Und arbeitest du denn parallel zu den anderen Tätigkeiten noch Vollzeit an deinem Gymnasium?
    Ich würde mittelfristig gern auf ca. 18 Stunden reduzieren, zumal ich eine Fahrtstrecke von 40 Min. zu meiner Schule habe, und dann ggf. auf 4- Tage-Woche umstellen könnte. Dann hätte ich 1- 2 Tage pro Woche Zeit für alternative Tätigkeiten. Finanziell wäre das bedingt durch 2 immer noch vernünftige Gehälter innerhalb unserer Familie machbar, selbst wenn dann eben das Honorar für den Schulbuch-Job erst "später" eintrifft. Ich möchte halt sehr, sehr gern noch mal was Neues machen, bevor ich mich in den kommenden 30 Jahren nur noch mit ein- und demselben befasse.
    Grüße,
    Antigone

  • Hallo Antigone,


    was die Art der Projekte angeht, fallen mir spontan folgende ein: Erstellung neuer Lehrwerke/Überarbeitung bereits vorhandener Lehrwerke (je nach Zielgruppe, ob Anfängerunterricht oder Oberstufenbuch wird sich auch die Autorentätigkeit inhaltlich anders gestalten), Veröffentlichen eigener Materialien mit oder ohne didaktischen Kommentar (wie von alias erwähnt), Verfassen von Übungsmaterialien (mit oder ohne Lehrwerksbezug), Erstellung der Lehrerhandreichungen, Bearbeitung bereits vorliegender Materialien wie z.B. Abituraufgaben.


    All diese Projekte finden in der Form unterschiedlicher Arbeitsorganisation statt und die Abrechnungsmodalitäten sind ebenso vielfältig und unterschiedlich und reichen von der einmaligen Honorarzahlung bis zur Umsatzbeteiligung.


    Ich habe trotz meiner Tätigkeit eine volle Stelle am Gymnasium, da ich maximal vier Stunden reduzieren würde, aber der Meinung bin, dass ich mit dieser Reduktion aufgrund meines Plans, verschiedener Konferenzen und anderer Zusatzveranstaltungen genauso lange an der Schule wäre, wie jetzt mit meinem regulären Deputat.


    Ich wünsche dir viel Erfolg für deine Bewerbungen. Den Autorenmarkt in deinen Fächern kenne ich zwar nicht, allerdings meine ich festgestellt zu haben, dass gute und engagierte Autoren gesucht sind.


    Viele Grüße


    Maria

    Was man zu verstehen gelernt hat, fürchtet man nicht mehr. Marie Curie

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