Beziehung zur Klasse

  • Hallo Forum,
    ich studiere Gymnasial-Lehramt (Mathe, Physik) in Bayern und muss in meinem studienbegleitenden Seminar ein Referat über Schüler-Lehrer Beziehung halten.
    Daher meine Frage an euch:
    Wie ist euer Verhältnis zur Klasse im Allgemeinen?
    Habt ihr zu verschieden Klassen verschiedene?
    Seid ihr eher distanziert oder "nahbar"?
    Hat sich das im Laufe der Jahre geändert?
    Ist euer Verhalten von der Altersstufe abhängig?


    Ich würde mich über einige Antworten freuen.


    Gruß,
    Franke

    Student LAG M/Ph

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    • Offizieller Beitrag

    Wie ist euer Verhältnis zur Klasse im Allgemeinen?
    Was ist denn "die Klasse im Allgemeinen?" ;) Das Verhältnis zu meinen Schülern ist gut. Ich mag sie, ich respektiere sie. Sie sind der Grund, warum ich mir Schule in Hessen in einem von mir ungeliebten System noch "antue", und zwar recht gern. Ich mag sogar die "Nasen" ;) Sie melden mir regelmäßig desgeichen zurück (ich frage nämlich am letzten Tag des Schuljahres nach. Anonym).


    Habt ihr zu verschieden Klassen verschiedene?
    Nicht wirklich. Wir wachsen immer irgendwie zusammen. Manchmal dauert's drei Monate länger, manchmal ist es "Liebe auf den ersten Blick"... ;) In Tutorenkursen ist es einfacher, weil man eben per definitionem auch mal privat kommuniziert.


    Seid ihr eher distanziert oder "nahbar"?
    Im gesunden Bereich dazwischen. Kein möchtegern-Kumpel (finden die Schüler meist zum Kotzen), keine ferne Lichtgestalt. Ansprechbar halt. Humor ist wichtig. Ich kann nach zwei Wochen alle Namen. Ich frage die Schüler nach Interessen und wie es ihnen geht. Und will es wirklich wissen. Und wenn sie mich nach meinen Interessen fragen, kriegen sie eine Antwort. Etc.


    Hat sich das im Laufe der Jahre geändert?
    Nachdem ich davon Abstand genommen habe zu glauben, was mir die Ausbilder im Referendariat erzählen wollten (gib Schülern den kleinen Finger (=private Informationen) und sie reißen dir die Hand ab (=? was auch immer man sich da vorstellen sollte), habe ich gelernt, dass man sogar Kurstreffen bei sich zu Hause machen kann, ohne dass die Schüler die Einrichtung zerdämmern oder sich neugierig auf die Suche nach meiner Unterwäsche begeben. Im Gegenteil: sie sind ausgesprochen höflich und respektvoll...


    Ist euer Verhalten von der Altersstufe abhängig?
    Klar. Wer geht denn um Gotteswillen mit einem 5.klässler genau so um wie mit einem jungen Mann in der 13?

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Erstmal vielen Dank für deine Antwort

    Zitat

    Original von Meike. In Tutorenkursen ist es einfacher, weil man eben per definitionem auch mal privat kommuniziert.


    Was sind denn Tutorenkurse? Ist mir aus meiner eigenen Schulzeit und meinen Praktika unbekannt.


    Zitat

    [/i]Orginal von Meike[i] Klar. Wer geht denn um Gotteswillen mit einem 5.klässler genau so um wie mit einem jungen Mann in der 13?


    Das man sie altersgemäß anders behandelt ist mir durchaus klar. Ich meinte vielmehr, ob man z.B bei 5 Klässlern sehr viel nahbarer ist, weil sie es noch gewohnt sind von der Grundschule, dann während der Pupertät sehr distanziert. Ich hoffe es ist einigermaßen verständlich was ich sagen will.


    Gruß,
    Franke

  • Wie ist euer Verhältnis zur Klasse im Allgemeinen?


    Im Allgemeinen gut. Ich bin durchaus bereit, auf die Schüler "zuzugehen" und gehe zunächst einfach immer davon aus, dass sie bestimmte Freiräume nicht ausnutzen und gestehe deshalb diese Freiräume am Anfang zu. Sollte sich heraus stellen, dass das nicht klappt, werden diese Freiheiten wieder eingeschränkt (fast noch nie nötig gewesen).


    Ich versuche, meine Schüler zu verstehen - was nicht immer klappt.
    Ich nehme meine Schüler ernst - und glaube, dass sie das merken.


    Es gibt einige Dinge, die erwarte ich von meinen Schülern - erbringen sie diese "Leistungen", kann man mit mir glaub ich ganz gut leben.


    Habt ihr zu verschiedenen Klassen verschiedene (Verhältnisse)?


    Ja. Wie oben schon gesagt, wenn die Freiräume ausgenutzt werden, werden sie eingeschränkt. Wenn aus meiner Sicht selbstverständliche "Leistungen" (Zuverlässigkeit, Bücher meist dabei, Hausaufgaben meist gemacht, ein merkbares Bemühen, sich zu verbessern, ein gewisses Maß an Höflichkeit untereinander und zur Lehrkraft usw) nicht erfüllt werden, gibt's weniger Freiräume, mehr "Druck" und auch weniger Witze im Unterricht. Hängt auch vom Alter der Schüler ab, siehe unten.


    Seid ihr eher distanziert oder "nahbar"?


    Ich hoffe, dass ich nicht distanziert wirke. Nahbar find ich gut, aber nicht kumpfelhaft. Ich habe kein Problem, wenn ich es für sinnvoll oder nötig erachte, meine e-mail Adresse oder auch die Telefonnummer an Schüler zu geben (NOCH NIE ausgenutzt worden).


    Die meisten Klassen wissen nach kurzer Zeit etwas über mich persönlich - entweder weil sie fragen und Antwort bekommen, oder weil ich wenn's grad in den Unterricht passt, auch was von mir erzähle (Englischunterricht: Mein halbes Jahr in den USA z.B.).


    Ich weiß auch meist ein paar Dinge über meine Schüler (zumindest die, die ich mehr als zwei Stunden in der Woche habe). Wenn ein Schüler ein Problem hat, kann er gern mit mir reden - habe ich das Gefühl, er hat eins, biete ich ihm an, mit mir zu reden (Heute Geschichtsleistungskurs-Klausur geschrieben, letzte vor dem ABI, in der Klausur wird ein Mädchen plötzlich sehr unruhig, stellt sich raus, dass sie bei einer Frage keine Ahnung hat, weil sie in der Stunde, in der das besprochen wurde, nicht da war und die Mitschülerin, von der sie sich die Unterlagen hat geben lassen, geschlampt hat ... ich hab ihr bei der Abgabe gesagt, dass ich Pausenaufsicht hab und wo ich stehe - sie meinte: "Hilft ja nichts". Darauf ich: "Naja, zum Ausschimpfen vielleicht?").


    Hat sich das im Laufe der Jahre geändert?


    Ja. Man ist am Anfang wohl unsicher und hält dadurch auch die Schüler auf Distanz, man will sie gar nicht so ranlassen und auch nicht so viel von sich preis geben (ging wenigstens mir so). Auf der anderen Seite hatte ich Wunschvorstellungen von einem vertrauten Umgang mit Schülern, die ich jetzt nicht mehr habe - weil ein klitzekleines Bisschen Distanz einen erst in die Lage versetzt, den Beruf länger auszuüben.


    Ist Euer Verhalten von der Altersstufe abhängig?


    Ja. Je nach Alter können Schüler mit Freiräumen umgehen oder nicht. Je nach Alter gibt es Dinge, die man anspricht (oder nicht ansprechen sollte).


    Edit, weil Antwort dazwischen: Ich bin mir manchmal nicht sicher, ob dieses vertraute, nahbare den Schülern der 5. Klasse immer so gut tut - ich hab auch manchmal den Eindruck, als würden sie sich ... schwer zu formulieren ... eher einen Lehrer als eine Mutti wünschen (kommt jetzt bestimmt falsch rüber ... aber ich weiß im Moment nicht, wie ich es besser formulieren soll).

    • Offizieller Beitrag

    Als Tutor ist man sozusagen "Klassenlehrerin", die es ja aber mangels Klassen im Kurssystem nicht mehr gibt. Bei uns ist das immer der Lehrer/dieLehrerin des ersten LKs.
    Wir kümmern uns um all die täglichen Sorgen, sind Ansprechpartner, beraten, helfen bei der Organisation des Abiturs, etc.


    Zitat

    Das man sie altersgemäß anders behandelt ist mir durchaus klar. Ich meinte vielmehr, ob man z.B bei 5 Klässlern sehr viel nahbarer ist, weil sie es noch gewohnt sind von der Grundschule, dann während der Pupertät sehr distanziert.


    Distanzierter nicht. Anders halt. Der Tonfall ist anders, das Vokabular, die Witzstruktur (die Kleinen kapieren Ironie noch nicht, die Pubertierenden mögen sie nicht immer und die Oberstufenschüler stehen drauf) ... dasselbe gilt für die Menge des freien Arbeitens, die Art der Arbeitsaufträge (wie eng organisiert), die selbsttätigkeit, die ich Schülern zutraue, etc pp. Das ist unendlich und lässt sich hier kaum vollständig wiedergeben.

  • Zitat

    Original von Franke
    Wie ist euer Verhältnis zur Klasse im Allgemeinen?


    Zu meiner eigenen Klasse ist mein Verhaeltnis sehr gut. Ich mag sie, sie moegen mich (naja, die meisten moegen mich...die anderen haben mehrheitlich eingesehen, dass sich nix an der Situation aendern wird und sie sich deshalb besser mit mir abfinden). :D Mit meiner Klasse bin ich meist relativ locker und spassig...obwohl sie wissen, dass bei mir schnell Schluss mit lustig ist, wenn sie es zu weit treiben. Generell wissen sie aber, dass ich sie mag. Deswegen verkraften sie es auch, wenn ich mal sauer werde.


    Zitat

    Original von Franke
    Habt ihr zu verschieden Klassen verschiedene?


    Ja. Es laeuft sehr nach dem Motto: "Wie's in den Wald reinruft..." Meinen Mathekurs mag ich nicht besonders, weil ich viele schwierige Schueler drin habe (aber eben auch sehr nette). Meine Stufenleiterin weiss es und wir versuchen es mit verschiedenen Strategien. Gelegentlich fuehl ich mich aber wie eine schlechte Lehrerin, weil ich mit ihnen einfach nicht richtig klar komme. X(


    Zitat

    Original von Franke
    Seid ihr eher distanziert oder "nahbar"?


    Kommt auf die Klasse an. :) Die Kinder in meiner meinen eigenen Klasse wissen recht viel ueber mich...die in meiener Mathegruppe wissen kaum was (weil wir einfach keinen Raum haben um auch mal rumzualbern).


    Zitat

    Original von Franke
    Hat sich das im Laufe der Jahre geändert?


    Das werden wir wohl noch sehen. Ich bin ja erst im ersten Jahr. :)


    Zitat

    Original von Franke
    Ist euer Verhalten von der Altersstufe abhängig?

    Nicht wirklich. Allerdings unterrichte ich derzeit nur innerhalb des 5. Schuljahres (Primarstufe, waere in Deutschland 4. Klasse). Als ich im Praktikum die 7./8. hatte, war ich aber auch nicht anders, glaube ich.

  • Vielen Dank für die bisherigen Antworten.
    Worin seht ihr die Vorteile, bei eurem Weg "die Beziehung zu führen"?


    Habt ihr auch private Aktivitäten, bei denen ihr Schüler seht? z.B Sport.
    Wie verhaltet ihr euch da ihnen gegenüber?


    Ausser Nighthawk und Meike:
    Hattet ihr schon mal Probleme, weil ihr zu viel Privates preisgegeben habt?



    Gruß,
    Franke

    Student LAG M/Ph

    2 Mal editiert, zuletzt von Franke ()

  • Spontan ist mir auf deine Fragen mein Prüfungsschwerpunkt für das Fach Pädagogik im Ref eingefallen. Thema war "die Klasse als soziale Gruppe".
    In diesem Zusammenhang habe ich ein Buch gelesen, dass mein Päda-Fachleiter wohl als "Klassiker" bezeichnet hätte. Wenn ich mich richtig entsinne war es von Ulich und hieß "Gruppendynamik in Schulklassen".


    Hier wird aus dem Blickwinkel von sozialen Rollen auch ziemlich ausführlich das Thema "Verhältnis Lehrer-Klasse" angesprochen. Vielleicht würde dir das ja als theoretischer Unterbau weiterhelfen.

    • Offizieller Beitrag

    Stichwort "Vorteile" :
    Ich wäge ja nicht ab:"in Klasse xy willst du dich so oder anders verhalten".
    ich versuche , wie man heute so schön sagt, authentisch zu sein. Ich kann immer nur ich sein. In alen Klassen und mit den von Meike erwähnten altersbedingten Unterschieden.


    ich will nicht der Kumpel meiner Schüler sein. davon haben sie genug, und die sollen sie sich selbst aussuchen. ich habe einen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Den verbinde ich (automatisch) mit meiner Persönlichkeit.


    Da ich in einer Kleinstadt unterrichte und auf einem Dorf nebendran wohne, sehe ich immer mal Schüler. Wie ich mich ihnen gegenüber verhalte ? Völlig normal.
    SCHÜLER SIND MENSCHEN.
    LEHRER SIND MENSCHEN.


    und zur letzten Frage: nein, hatte ich noch nie. Ich rede auch nicht über Intimitäten, weder mit meinen SChülern noch mit Kollegen. :D

  • Schubbidu
    Danke für den Tipp. Ich schau mal, ob ich das in der Uni-Bib finde.


    Friesin
    Natürlich kann man nur eine Person sein. Aber man kann, meiner Meinung nach, sicher sehr woh bewusst entscheiden, inwieweit man für eine Klasse nahbar ist. Z.B Ich notiere mir die Geburtstage der Schüler und gratuliere ihnen.


    Es müssen nicht gleich Intimitäten sein. Denkbar wäre auch, du hast deine e-mail Adresse einer Klasse gegeben und daraufhin kriegst du vermehrt Spam-Mails.



    Gruß,
    Franke


  • Dazu kann ich nichts sagen, da ich, wie gesagt am Abendgymnasium nur Erwachsene unterrichte.


    Nele

    Einmal editiert, zuletzt von neleabels ()

  • Zitat

    Original von Franke
    Worin seht ihr die Vorteile, bei eurem Weg "die Beziehung zu führen"?


    Was meinst du denn damit? Ich find's schwierig nicht ich selbst zu sein. Deswegen find ich meine Matheklasse ja so schwierig, weil ich einfach nicht ich selbst sein kann. Ich mecker staendig nur und wir koennen keine Spiele spielen, weil sie sich nicht benehmen koennen. Die ganzen Aktivitaeten, die ich mit meiner eigenen Klasse problemlos machen wuerde kann ich mit der Gruppe gar nicht erst angehen, weil's nicht funktionieren wuerde. Die Gruppendynamik ist ganz anders als in meiner Klasse.


    Zitat

    Original von Franke Habt ihr auch private Aktivitäten, bei denen ihr Schüler seht? z.B Sport.
    Wie verhaltet ihr euch da ihnen gegenüber?


    Nein, weil ich ne halbe Stunde von der Schule entfernt wohne. Meine Schule ist in der Pampa, umringt von vielen Doerfern und Hoefen.


    Zitat

    Original von Franke
    Hattet ihr schon mal Probleme, weil ihr zu viel Privates preisgegeben habt?


    Wie meinst du das denn? Was glaubst du denn, dass wir denen da erzaehlen? :D
    Meine sollten heute verschiedene Saetze bilden. Sie wissen, wie alt ich bin...und dann wurde ich kurzerhand als "The ancient Miss S...." (aehm, ich bin 25!) in den Satz mit eingebaut. Nachdem ich ihnen saemtliche Saetze verboten hatte, in denen ich ("ancient" oder nicht) oder irgendwelche Hunde aus Kanonen geschossen werden (ja...meine Klasse ist damit etwas eigenartig), hat ein Scherzkeks kurzerhand meine Mutter als Bestandteil seines Satzes genutzt (statt Miss S. nahm er dann eben Mrs S. um zu testen, wie weit er den Scherz denn treiben konnte.)
    Meine Reaktion? "Are you dissing my MUM? My mum is SCARY...you don't want to diss my mum. Otherwise, we might have to have a little chat about being respectful towards teaching staff." Meine Klasse fand das recht lustig und mein Scherzkeks wusste, dass er jetzt wohl besser nen Rueckzieher macht, ohne, dass ich ihn gleich ankeifen musste. Besonders wenn ich den letzten Satz fallen lasse, wissen sie, dass es bis hier hin geht und nicht weiter.
    Meine Kids wissen ueber mich Bescheid aber sie haben keine Infos, die sich gegen mich benutzen koennten....nicht, dass es irgendwas gibt, wofuer ich mich schaemen muesste.

  • Zitat

    Original von Franke
    Habt ihr auch private Aktivitäten, bei denen ihr Schüler seht? z.B Sport.
    Wie verhaltet ihr euch da ihnen gegenüber?


    Bis jetzt war ich noch nicht in der Gelegenheit. Wenn, würde ich mich ihnen gegenüber normal Verhalten, was meinst du mit der Frage? Ich hätte z.B. kein Problem damit, wenn meine Schüler meinen nackten Allerwertesten in der Sauna sehen. :tongue:


    Zitat

    Hattet ihr schon mal Probleme, weil ihr zu viel Privates preisgegeben habt?


    Nö, noch nie. Aber als Lehrer muss man ein sehr feines Gespür für Grenzziehungen entwickeln und genau wissen, wie weit man gehen darf (in beide Richtungen) und wie man eine Grenze zieht, ohne verletzend zu sein!


    Nele

  • Private Aktivitäten, bei denen ich Schüler sehe ...


    Ich spiel Gitarre in einer Band ... die letzten zwei Jahre hatten wir öfters Auftritte und da waren auch mal Schüler ... die finden es cool (haben z.T. sogar die CD gekauft ;) )


    Ich frag sie halt, ob ihnen die Musik gefällt, wir reden über Musik usw.

  • Hallo Franke,


    erst einmal viel Erfolg für dein Referat. Vllt kann ich dir ein paar hilfreiche Hinweise geben.


    Wie ist euer Verhältnis zur Klasse im Allgemeinen?
    Ich habe die Frage jetzt nicht als eine Frage nach der Bewertung des Verhältnisses verstanden, sondern mehr nach der Gestaltung desselben.
    Es ist ein Geben und ein Nehmen auf allen Ebenen des menschlichen Zusammenwirkens. "Die Klasse" ist natürlich ein Verallgemeinerung, trifft aber immer dann zu, wenn ich neu in eine Klasse komme, die ich vorher noch nicht kannte (z.B. Vertretungsunterricht, neues Schuljahr). Dann nehme ich die Schülerinnen und Schüler als "die Klasse" wahr. Im Allgemeinen bin ich zunächst sehr offen und gebe der Klasse einen Vertrauensvorschuss und nehme diesen aber auch selbst in Anspruch. Auf dieser Basis wird dann schrittweise über das zu gestaltene Verhältnis verhandelt. Manchmal endet es harmonisch und zu aller Zufriedenheit, manchmal beißen sich alle Beteiligten die Zähne aus und man kommt auf keinen grünen Zweig.


    Habt ihr zu verschieden Klassen verschiedene?
    Ja, s.o. Ich nehme meine Verhältnisse zu den Klassen, die ich unterrichte, als sich ständig in Veränderung befindliche Prozesse wahr. Ich bemerke, dass ich sehr viel Gestaltungsmacht besitze, diese Prozesse v.a. zu Beginn des Verhältnisses, zu beeinflussen. Beispiele: in meiner 7. Klasse ist das Verhältnis zum größten Teil der Schüler z.Z. sehr harmonisch und von Vertrauen geprägt. Da nehm ich mir gerne mehr Zeit. In der 8., die ich nur 1x die Woche in den späten Randstunden unterrichte und die einen sehr auf Hierarchien wert legenden Klassenlehrer haben, würde ich das Verhältnis als Zweckgemeinschaft mit dem Ziel des schnell herbeigeführten Unterrichtsendes beschreiben. Da läuft zwischenmenschlich nicht viel. Den 8-klässlern stehe ich auch als "Wand" zur Verfügung, an der sie sich mal die Hörner abstoßen können. Ich seh's sportlich.


    Seid ihr eher distanziert oder "nahbar"?
    Je größer der Altersunterschied zwischen mir und meinen Schülern wird, desto mehr kann ich mich "nahbar" geben und auch mal das "Mutter-Tier" raushängen lassen ohne mich über mich selbst wundern zu müssen. Bei den älteren bin ich eher distanziert, aber nicht abweisend. Da habe ich meine eigene Rolle vermutlich noch nicht ganz gefunden.


    Hat sich das im Laufe der Jahre geändert?
    Ja und Nein. Springt mir eine 5. Klasse auf der Nase herum, dann kann ich SEHR distanziert sein. Sehe ich meine ehemaligen Schüler aus meiner alten Klasse, die sich jetzt in der S1 tummeln, dann bemerke ich da ein ganz anderes Band als noch vor 2 Jahren, als sie in der 10. waren. Sie erwarten, dass ich sie als "gereifte" Menschen wahrnehme und das zeige ich ihnen gerne. Dann müssen wir meistens schmunzeln.


    Ist euer Verhalten von der Altersstufe abhängig?
    Im Allgemeinen ja, aber kann auch individuell ganz verschieden sein.


    Worin seht ihr die Vorteile, bei eurem Weg "die Beziehung zu führen"?
    Ich lerne sehr viel auch über mich selbst.


    Habt ihr auch private Aktivitäten, bei denen ihr Schüler seht? z.B Sport. Wie verhaltet ihr euch da ihnen gegenüber?
    Hatte ich während des Refs. Jetzt gottseidank nicht mehr.


    Hattet ihr schon mal Probleme, weil ihr zu viel Privates preisgegeben habt?
    Bei Schülern noch nicht, die sind meistens sehr tolerant,offen und humorvoll. Bei Kollegen schon eher. Da stößt man eher mal auf Neid, Missgunst oder Vorbehalte.


    Gruß
    klöni

  • Zitat

    Original von klöni
    Habt ihr auch private Aktivitäten, bei denen ihr Schüler seht? z.B Sport. Wie verhaltet ihr euch da ihnen gegenüber?
    Hatte ich während des Refs. Jetzt gottseidank nicht mehr.


    Darf ich fragen was dich daran gestört hat?

  • Ich versuche Privates und Berufliches so gut wie nur möglich zu trennen. Die Schüler, so gern ich sie habe und/oder als Menschen schätze, gehören einfach in des zweiten Bereich. Sorry, folks!

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