ich spiele nach langem Hin und Her nun doch mit dem Gedanken, meine Lehrprobeneinheit zu "Wilhelm Tell" zu halten. Vielfach wurde mir abgeraten - das Stück sei zu schwer, die Inhalte zu abstrakt, zumal für eine 8. Klasse. Andere wieder raten mir dazu und meinen sie hätten gute Erfahrungen gemacht. Ich selbst müsste mich erst richtig in das Stück einlesen, habe was Unterricht anbelangt keine Erfahrung damit.
Unterrichten, werde ich es dieses Jahr so oder so, Lehrprobe hin oder her.
Was sind eure Erfahrungen mit Tell? Gurke oder erste Sahne? Wie haben eure Schüler darauf reagiert, wie kam die Einhet an? Habt ihr vielleicht erst mal eine gewisse Anlaufzeit gebraucht, bis sie auf den Geschack kamen?
Ich wäre sehr dankbar für Erfahrungen, Meinungen, praktische Unterrichtstipps, Literaturhinweise und vielleicht auch Übersichten über schon gehaltene Einheiten (Stoffverteilungspläne) oder auch Stundenentwürfe. Im Gegenzug hätte ich Material zu Antigone oder Kleider machen Leute - oder auch zu Oberstufenthemen in Englisch.
Wilhelm Tell
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Ich erinnere mich an Wilhelm Tell aus meiner eigenen Schulzeit! War furchtbar!
Aber wenn du für Wilhelm Tell brennst, dann kannst du unter Umständen ja auch die Schüler mitreißen?!
Als erstes solltest du überlegen, welche grundsätzlichen Themen denn Wilhelm Tell für Schüler bietet. Das zu beantworten, finde ich schon schwer. Es geht um politischen Widerstand, Nationalstolz, Umgehen mit einer fremden Macht, Mord, Tyrannei... Das sind nicht alles unbedingt Themen, die zu der Lebenswirklichkeit von Schülern der 8. Klasse gehören. Wie kann man dann dieses Stück an sie heranrücken? Vielleicht über den Vater-Sohn-Konflikt? Vielleicht kann man mit der berühmten Apfelschussszene beginnen? Der Sohn bietet nach flüchtigem Nachdenken ein Anknüpfungspunkt für die Schüler. Sie könnten versuchen, sich in diese Situation hineinzuversetzen.
Aber kann man mit Schülern der 8. Klasse über die verschiedenen Motive des Kaisermordes reden?
Das kannst du selbst beantworten, wenn du über deine Lerngruppe nachdenkst. Vielleicht sind die ja gerade an solchen Themen furchtbar interessiert oder es gelingt dir, sie dafür zu interessieren. Man muss ja nicht immer das machen, was Schüler interessiert, so groß ist deren Erfahrungswelt ja nicht.
Ich befürchte aber, dass Diskussionen über das Verhalten der Figuren nur oberflächlich sein können, da die Schüler letztendlich nicht wissen, worüber sie genau reden. Davon abgesehen muss man die Sprache erst einmal in heutiges Deutsch "übersetzen". Das ist ein Hemmschuh für Verständnis und auch Freude am Lesen.
Ein ehrgeiziges Projekt - finde ich, was aber nicht heißen soll "Mach es nicht!", sondern plane sehr genau, wie und womit du Schüler damit begeistern kannst.
Sorry, genauere Tipps habe ich leider nicht! -
Danke inxx - ich bin für jeden Hinweis dankbar! Ja, Lieselümpchen hat mir auch schon den goldenen Tipp gegeben, über den Vater-Sohn Konflikt einen Zugang zu suchen. Meine Klasse ist eigentlich stark. Probleme bereitet mir eher diese Lehrprobensituation, bei der ich mir ja keine Patzer leisten darf. Normalerweise würde ich einfach machen und auch mit Experimentierfreude und Risikobereitschaft rangehen. Ich könnte auch viell offener arbeiten, als für diese LP-Geschichte, bei der es ja auch darum geht, mich zu präsentieren. Seufz.
Ich kann mich aus meiner Schulzeit auch an den Tell erinnern - er war schwer zu verstehen in dem Alter, soweit meine Erinnerung.
Der Text ist auch ganz schön lang. Hat jemand die Erfahrung gemacht, dass man die Schüler doch irgendwie packen kann? Das Stück ist ja eigentlich ziemlich actionreich Wenn ja, wie habt ihr das angepackt? -
Hallo sparky,
ich melde mich jetzt einfach noch einmal, weil sich sonst niemand in die Diskussion einschaltet. Habe mir noch ein paar Gedanken gemacht! Allerdings habe ich Wilhelm Tell noch nicht unterrichtet und auch kein weiteres Material dazu. Kann dir also nur ein paar Gedanken bieten, wie ich daran gehen würde.
Punkt 1: Unterrichtsbesuch, ich würde erst einmal die Reihe planen und dann überlegen, welche Stunde sich für einen Lehrprobenbesuch eignet. Was möchtest denn du von dir präsentieren? Soll es Gruppenarbeit sein, bei der du in den einzelnen Gruppen höchstens ein bisschen eingreifst, aber die Schüler ihre Selbstständigkeit demonstrieren sollen? Oder doch lieber Unterricht, der stärker von dir gesteuert wird? Was wollen deine Ausbilder sehen? Gruppenarbeitsstunden in Lehrproben sind ja risikoreicher, aber bieten auch die Chance auf eine tolle Note, wenn allles klappt. Wenn deine Gruppe leistungsstark ist, dann wird sie dich doch eher unterstützen!?
Punkt 2: Wilhelm Tell, vielleicht bietet ja die Überlegung "actionreich" einen Zugang zu den Schülern. Ich würde auf gar keinen Fall die Schüler den Text alleine lesen lassen. Das ist viel zu schwer und kann jegliches Interesse abtöten. Das Lesen würde ich also am Anfang stark steuern, gemeinsam mit den Schülern erarbeiten, um ihnen den Einstieg zu erleichtern. Ich würde vielleicht auch nur ausgewählte Szenen lesen und bearbeiten und den Rest selbst erzählen. Denn das Figurenenselble ist wahnsinnig umfangreich, es gibt viele Szenen, die den Konflikt beleuchten. Meine Devise wäre wirklich, anfangs stark zu steuern, bis die Schüler sich an die Sprache gewöhnt haben. Dann könnte man z.B. in Gruppenarbeit einzelne wichtige Szenen in moderne Sprache übertragen und raffen und die Schüler vorspielen lassen. Die Vorgabe konnte sein, dabei einen Actionfilm zu drehen. Mir fällt dabei gerade ein, dass der neue Film "Operation Valkyrie"(?) von Tom Cruise über das Hitler-Attentat ja auch ein Bezug sein könnte. Immerhin geht es in dem Film auch um persönlichen Widerstand gegen ein politisches System. (Gedanke ist völlig unausgegoren, aber vielleicht nachdenkenswert!)
Ich würde sehr kreativ mit den Schülern an die Sache rangehen, viel spielen lassen, vielleicht einen gekürzten Actionfilm drehen?, eine Zeitung dazu verfassen aus den verschiedenen Perspektiven (Der Widerständler, der Staatsmacht), eine Gerichtsszene inszenieren, alternative Handlungsläufe (was passiert, wenn Tell seinen Sohn getroffen hätte?) entwickeln lassen etc. Die Betrachtung der Vorfälle aus verschiedenen Perspektiven öffnet die Schüler bestimmt für die verschiedenen Motive der einzelnen Figuren.
Dann habe ich gerade gesehen, das May Frisch einen "Wilhelm Tell für die Schule" geschrieben hat, der die Geschichte aus der Sicht von Gessler erzählt. Vielleicht könntest du auch damit anfangen(weiß nicht, wie dick das Buch ist, veilleicht auch in Auszügen). Dann kennen die Schüler schon den Handlungsverlauf. Die Konfrontation mit Schillers Version stelle ich mir reizvoll vor!
Soviel erst einmal, du kannst dich gern wieder melden, wenn wir die Reihe noch genauer durchdenken wollen. Bleibe gern im Gespräch!
Alles Gute
inixx
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