Schüler im ersten Schuljahr verweigert sich

  • Ich hoffe, ihr könnt mir helfen...


    Im ersten Schuljahr stehe ich kurz vor einem UB in Deutsch. Ein Jung verweigert bei der Klassenlehrerin häufiger die Mitarbeit, sobald er keine Lust mehr hat. Heute war das auch wieder der Fall - nur dieses Mal hat er es bei mir gemacht. Zum ersten Mal.
    Wie geht man damit am besten um? Ich hab ihn heute versucht, durch ein persönliches Gespräch zur Weiterarbeit zu ermutigen, mit vielen weihevollen Worten. Es passierte nichts. Daraufhin habe ich versucht, sein Verhalten zu ignorieren, um es nicht zu verstärken. (Damit er nicht denkt: "Wenn ich keine Lust mehr habe, kriege ich Aufmerksamkeit.")


    Habt ihr Tipps für mich, wie man das Problem besser angehen kann, vor allem im Hinblick auf den UB?


    muckele

  • Wäre es vielleicht möglich, den Schüler für die Zeit des UB anderweitig zu beschäftigen? Z.B. die längst fällige Nachschreibearbeit, das Gespräch mit der Beratungslehrerin oder der Klassenlehrerin, ...?


    Falls du einen Ref oder Assistenten hast, könntet ihr die Klasse für die Zeit des UB teilen (team teaching) und der schwierige Schüler sitzt halt zufällig im anderen Teil??


    Hat bei mir im Referendariat immer ganz gut geklappt.


    Sonst bin ich natürlich auch dafür, dass man mit dem Schüler das Problem bespricht und aufarbeitet. Auf die Schnelle geht das aber selten, deshalb ist die "Isolationsmethode" in dieser Situation vllt die beste Lösung.


    Gruß


    k.


    PS: Ganz gemein: Setze ihn so schnell als möglich in einer Partnerarbeit neben einen schniefenden, kranken Schüler. Die Inkubationszeit für Erkältungskrankheiten beläuft sich auf etwa 4-6 Tage... :D


    Schniefende Grüße aus dem Krankenbett,


    klöni

  • Oder die ehrliche (realistische) Variante:
    Im Entwurf auf das Kind und sein übliches Verhalten eingehen, das zu erwartende Verhalten beschreiben, den Umgang damit andeuten, aber auch schreiben, dass eine Mitarbeit häufig nicht möglich ist.
    So ist die Realität und dies sollte den Fachleitern bekannt sein.
    Hängt natürlich ein bisschen vom Fachleiter und der Unterstützung in der Schule ab.


    Ich finds eigentlich immer krass, wenn Kinder aus dem Unterricht genommen werden, damit das Theaterstück "Unterrichtsbesuch" wie geplant ablaufen kann. (Sorry, ist keine Kritik an den Lehramtsanwärtern, die sich diesen seltsamen Anforderunen der Ausbildung natürlich beugen müssen/sollten.)
    VG

  • Ich sehe das genauso - solche Schüler sind Unterrichtsrealität und damit muss man umgehen können. Ich habe selber gleich drei "schwierige Fälle" in der Klasse und ich weise in meinen Unterrichtsentwürfen für die UB`s immer darauf hin. So ist der Fachseminarleiter informiert und konnte evtl. auftretendes "abweichendes Verhalten" besser einordnen. Beim zweiten und dritten Besuch hat er dann auch besonders darauf geachtet, ob bei diesen Kindern ein Fortschritt in ihrem Verhalten zu sehen ist und vor allem auch, wie ich damit umgehe. Obwohl nicht immer alles glatt ging, habe ich diesbezüglich positives Feedback bekommen und auch ganz viele ermunternde Worte bzw. Tipps um optimaler mit den Kindern arbeiten zu können - vor allem, weil eine Weiterentwicklung deutlich sichtbar war. Nur Mut - jedem FSL, der selber noch unterrichtet, ist klar, dass man nicht nur Musterschüler in der Klasse hat... Sehe es als Chance zu zeigen, dass du auch im Laufe der Ausbildung lernst, mit solchen Kindern und schwierigen Situationen umzugehen.

    Sei immer du selbst! Außer, du kannst ein Einhorn sein - dann sei ein Einhorn! :verliebt:

  • Hallo zusammen,


    würde mich gerne dem Problem anschließen. Zwar nicht in einer 1, sondern in einer 3, aber dafür ebenfalls mit einem sehr verhaltensauffälligen Schüler.
    Seit ca. 2 Monaten ruft er mitten in die Klasse, teilweise Schimpfworte, kriecht unter die Tische, verweigert teilweise ganze Stunden lang die Mitarbeit. Anfangs war dies unabhängig von Unterricht und Lehrer, seit ca. 3 Wochen habe ich das Gefühl, dass er sich insbesondere auf mich einschießt. Er hat mich auch schon indirekt (indem er zu anderem Schüler über mich sprach, als ich in Hörweite stand) beleidigt. Habe schon reflektiert, ob's an meinem Unterricht liegen könnte - aber das ist glaube ich nicht der Grund: er schaltet oft schon ab/um, wenn ich gerade mal 2 Min. in der Klasse bin und völlig unabhängig davon ob wir Tanzen/ Theater spielen/ Englisch-Videos gucken, Stationen bearbeiten etc.
    Droht man ihm an, er müsse den Klassenraum jetzt sofort verlassen, grinst er und sagt "Nö, ich geh' nicht!"
    Elterngespräche haben schon zigmal stattgefunden, Elternhaus ziemlich problematisch. Will er daher vielleicht mit dem ganzen Stören einfach nur meine Aufmerksamkeit?? - Habe es aber auch schon mit Loben und besonders viel Aufmerksamkeit bei ihm probiert: bringt auch nichts! :(
    Auch die Eltern wollte ich in die Ursachenforschung einbinden, aber denen erzählt der Junge auch nichts, wenn sie fragen, warum er so reagiert.
    Wäre über jeden Tipp und Erklärungen / Maßnahmen dankbar.
    Schöne Grüße ?

  • Hase 1505
    Also ich denke, dass das Kind ganz klar um Aufmerksamkeit ringt und diese auch sucht. Es scheint so, dass du sie ihm auch schenkst. Was ja auch verständlich ist, wenn er ständig deinen Unterricht stört.
    Ich nehme an, dass du dich oft nach einer Stunde mit ihm fühlst, als würdest du dich nur um ihn kümmern. Deine ganze Kraft und Ernergie schenkst du ihm, So ging/geht es mir dann immer. Aber ich ziehe da wenn es mir bewusst wird, eine Grenze und weiß, es muss was passieren. Jedenfalls musst du dir dringend überlegen, was du machst, wenn er ein bestimmtes Verhalten zeigt.
    Was machst du, wenn er unter dem Tisch sitzt. Wenn er dich beleidigt, deinen Unterricht torpediert.


    "Droht man ihm an, er müsse den Klassenraum jetzt sofort verlassen, grinst er und sagt "Nö, ich geh' nicht!""


    Ne Frage, hast ihm nur gedroht oder es auch mal durchgesetzt. Ich hatte auch mal das Problem, dass ich ständig als Druckmittel, dass vor die Tür schicken machen wollte und auch gemacht habe. (aber es hat nichts gebracht, es wurde für die Schüler zu einem Spiel... )Aber vielleicht, ist es das was er möchte. Vielleicht solltest du es einfach mal machen. Doch, wenn er nicht geht, brauchst du wieder eine weitere Lösung. Also ich bin in solchen Situationen einfach sicherer geworden, nachdem ich das Buch "Die 1-2-3- Methode vom Verlag an der Ruhr" gelesen habe. Konsequentes überlegtes Handeln ist wichtig.
    Zum Beispiel würde ich ihn, wenn ich ihm drohen will, auszählen. 1 beim ersten, 2 beim 2, 3 du gehst. Geht er nicht muss er die Zeit vor der Tür (Ich begrenze es immer auf 5 minuten, ist lang gegnug für die meisten Kinder. ich gebe ihnen meist eine Sanduhr mit.) in der nächsten Hofpause ableisten. Das trifft die meisten Kinder doch ziemlich, vielleicht gibt es aber noch etwas besseres, was du ihm entziehen kannst.
    Vielleicht würde auch ein Punktesystem helfen...

  • Hallo!


    Wenn sich jemand verweigert, hat er einen Grund für sein Verhalten und er glaubt, dass sein Verhalten richtig ist - zumindest für ihn selbst.


    Glauben zu ändern ist aber sehr schwer, besonders, wenn dafür keine Zeit ist. Also kann man den (für die Allgemeinheit falschen) Glauben in kurzer Zeit nicht ändern, dafür aber nutzen.


    In solchen Fällen drehe ich den Spieß um. Nehmen wir an, gerade ist Mathe: "Soundso! Wenn Du jetzt nicht mitrechnen willst, nehme ich das so hin. Wahrscheinlich ist es zu schwer oder zu leicht für Dich.


    Aaaaber! Ich will, dass Du dann heute gar nicht mehr [...] mitrechnest, auch nicht [...] die schweren Aufgaben.


    Du wirst ja sicher merken, [...] ob Aufgaben schwer oder leicht sind [...] Aber nicht mehr mitrechnen [...] oder auch nur überlegen, wie die Lösung ist, das will ich von Dir ab jetzt nicht mehr!"


    Jetzt muss er nur für sich entscheiden, ob die Aufgaben lösbar sind und rechnet automatisch mit. Auch, wenn er sich meldet, würde ich ihn vorerst(!) nicht antworten lassen, ihn dann aber nach einiger Zeit der "Quälerei" wieder integrieren - logisch - jedoch OHNE weiteren Kommentar á la "Na siehste, geht doch."


    Sollte er stören: "Soundso! Sei still! Du machst nicht mit."
    Wenn gar nichts hilft, kann man ihn immer noch 'rausschicken vor die Tür.


    Gut, wenn man mehr Zeit hat, gibt's noch andere Möglichkeiten.

  • Vielen Dank für die raschen Reaktionen.
    Das Buch "Die 1-2-3-Methode" habe ich mir auch vor Kurzem gekauft. Habe es noch nicht ganz durchgelesen, aber halte bislang auch schon einige Dinge darin für sinnvoll.
    Den Tipp mit dem "Spieß umdrehen" finde ich auch ganz gut - das werd ich mal probieren. Ich denke mittlerweile nämlich auch, dass ich ihm viel zu viel Aufmerksamkeit schenke.
    Schönes Wochenende!


  • Du musst ja komische Kinder bei dir haben. Meine wuerden sich da problemlos mit abfinden. Gut, dann haben sie halt ne Unterhaltung stattdessen und machen nicht mit. Ist denen ganz recht...denn ich stoere ja eh nur ihre Sozialisierungsversuche mit meinem Unterricht.
    Bei einem "Soundso! Sei still! Du machst nicht mit." wuerde ich hoechstens ein verschmitztes Grinsen ernten...wobei einige meiner Schueler das dann natuerlich auch als Aufforderung sehen wuerden um auf dem Boden rumzukrabbeln, durch die Klasse zu wandern oder sich ne Schere zu schnappen und sonstwas zu zerschnippeln. :rolleyes:


    Ich setze meine Nervensaegen derzeit verstaerkt vor die Tuer (mit Arbeitsmaterialien und unter Aufsicht). Das entzieht erstmal das Publikum und hilft dem Rest meiner Klasse wieder zur Ruhe zu kommen (und mir, mich auf meine anderen Problemchenschueler zu konzentrieren). Ausserdem wird jeder "Rausschmiss" im Home-School Diary vermerkt, damit Eltern mir spaeter nicht erzaehlen koennen, sie haetten ja nichts von gewusst. Das sind aber meine "Haertefaelle", die ziemliche Probleme haben Anweisungen zu folgen, Regeln einzuhalten, etc. und deren Verhalten ich einfach nicht mehr ignorieren kann... Gleichzeitig versuch ich bei diesen Schuelern aber auch so viel wie moeglich zu loben. Denn niemand ist immer nur furchtbar.
    Wenn sie im Unterricht keine Lust haben, ist es ganz einfach. Sie haben die Wahl: entweder machen sie es in der Stunde...oder in ihrer Pause. Gemacht wird die Arbeit auf jeden Fall.


    Zusaetzlich schreib ich Namen an die Tafel (einige meiner Kids brauchen die visuelle Verstaerkung...muendliche Warnungen gehen zum einen Ohr rein und zum andern wieder raus). Wenn der Name am Ende der Stunde immernoch da ist, schulden sie mir ihre Pausenzeit. Klappt ganz gut mit meiner Mathegruppe. (In der ist die Zusammensetzung ziemlich happig.)

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