TV-Tipp: Feindbild Lehrer

  • Zitat aus dem ZDF Infotext: Für Bernd Dicks (spickmich.de) "steht fest: in Sachen Feedback gibt es bei den Lehrern noch viel zu tun." Ja gewiss, aber nicht, indem Schüler subjektive Meinung im Netz abladen, wo der Lehrer es möglicherweise noch nicht einmal liest und wo ein Dialog zwischen Lehrer und Bewerter gar nicht stattfinden kann. Das ist so effektiv, als gäbe ich Noten wie ich lustig bin und wäre dann erstmal weg.


    Die Auswahl der Gäste schließt auf den Verlauf einer nachmittäglichen RTL Talk Show, nur auf gebildeterem Niveau.


    Herr Salem-Ex-Schuleiter Bueb kann auch gerne den Führungsmangel an deutschen Schulen bekritteln. Ich erlebe bei uns gerade (mal wieder *seufz*), dass man soviel arbeiten, besprechen, erziehen, pädagogisieren und vielleicht auch führen kann, wie man will. Wenn die Eltern ihren Sprößlingen klassenweise deutlich machen, dass der Lehrer ein überzahlter, unkündbarer fauler Sack ist, den man nicht zu respektieren braucht und wenn nicht zuletzt eben jene Eltern 150% hinter ihren nicht erzogenen Sprößlingen stehen, tja, dann sollten wir vielleicht erstmal über einen Elternführerschein, Elternfortbildungen etc nachdenken, ehe wir wieder alles abbekommen.


    Genervte und frustrierte Grüße
    Raket-O-Katz

  • Die Sendung lässt sich schon jetzt als Stream ansehen, Link siehe oben. Aber vielleicht sollte man sich wenigstens am Wochende damit verschonen...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Gerade gesehn und kann nur noch kotzen :rolleyes:


    Fazit der Diskussion:


    - Beamtenstatus soll aufgehoben werden, damit man Lehrern besser kündigen kann.


    - Fachliche Kompetenz ist unnötig. Jeder Mensch, "der etwas Besonderes kann" und eine starke Persönlichkeit hat, soll Lehrer werden.
    (Würde natürlich dazu führen, dass das Lohnniveau der Lehrer langfristig auf Hartz 4-Höhe sinken würde, wie es ja teilweise jetzt schon der Fall ist).


    - Trotzdem sollen Lehrer natürlich "Übermenschen" sein und stündlich mit ihren menschlichen Schwächen konfrontiert werden / sich selbst damit konfrontieren


    - Reformpädagogik löst alle Probleme


    - Anwesenheit in der Schule am besten bis spät in die Nacht


    - Gymnasiallehrer sind apriori unpädagogische, menschlich verkommene Ausschussware



    Habs mal ein wenig überspitzt, aber letztlich stecken genau diese Gedanken in den Köpfen der "Diskussions"teilnehmer

  • Ich bin es schon lange Leid, mir ständig von Leuten sagen lassen zu müssen, wie ich meinen Unterricht machen soll, die vielleicht viele Ideen zum Schulbetrieb und zu den Fähigkeiten von LehrerInnen haben, aber völlig verlernt haben bzw. nicht wissen (wollen), was es bedeutet, wöchentlich 25,5 Stunden vor einer medienverwöhnten Schülerschaft stehen zu müssen und unter primitiven Bedingungen ein Feuerwerk entfachen zu sollen wie Thomas Gottschalk zu seinen besten Zeiten. Da können wir LehrerInnen nur scheitern! Ich finde auch, dass ReferendarInnen nur unzulänglich auf ihre Arbeitswelt vorbereitet werden. Während sie zig Stunden bzw. Tage für eine einzige Stunde als Lehrprobe aufwenden, sollen sie Ähnliches in ca. 30 Minuten vollbringen, wenn sie dann im Berufsalltag stehen. Was bilden sich die Herrn oder Frauen FachleiterInnen eigentlich ein?! Wer macht denn hier seinen Job nicht richtig? Die FachleiterInnen stammen doch aus demselben großen Pool von angeblich überwiegend unfähigen LehrerInnen. Sind diese vielleicht insofern klüger, als sie herausgefunden haben, dass es viel angenehmer ist, zu kritisieren als unter erbärmlichen Bedingungen selbst zu machen? FachleiterInnen sind dazu da, ReferendarInnen so auszubilden, dass sie in der Lage sind, ohne Burnoutsyndrom in einer vollen Stelle passable Arbeit zu leisten, und nicht völlig realitätsfremde Schaustunden zu provozieren, die das Ego der Damen und Herren befriedigen und gutes Wetter beim Schulministerium machen! - Weiterer Vorschlag an die Herren Plasberg & Co.: Laden Sie bitte für eine Sendung nur LehrerInnen der verschiedensten Schulformen ein, sowohl für die Talkrunde als auch das Plenum / die Zuhörer im Studio. So eine Runde hat - meiner Meinung nach - noch nie stattgefunden und wäre sicher außerordentlich spannend und informativ. Es kann nicht sein, dass ständig Sekundärbetroffene die Lufthoheit für sich beanspruchen, während die Güllekübel über die Lehrerschaft ausgeschüttet werden!

  • Zitat

    Ich finde auch, dass ReferendarInnen nur unzulänglich auf ihre Arbeitswelt vorbereitet werden. Während sie zig Stunden bzw. Tage für eine einzige Stunde als Lehrprobe aufwenden, sollen sie Ähnliches in ca. 30 Minuten vollbringen, wenn sie dann im Berufsalltag stehen.


    Ich finde, dass du es dir hier zu einfach machst, indem du die Fachleiter, die sicherlich, genau wie die anderen an der Ausbildung Beteiligten, nicht alle perfekt sind und einen guten Job machen, als die "Schuldigen" diagnostizierst. Denn ich denke, das langfristige Planen ist eben ein Lernprozess, der einen Ref dann dazu befähigt, hinterher im Alltag "gute" Stunden zu planen.Denn durch das intensive Planen im Ref, durchdringt man eben den Aspekt der Planung und was alles daran hängt und kann diese Kompetenz dann im Alltag umsetzen. Ich sage meinen Reffis auch immer, dass sie nicht mehr diesen Zeitaufwand zum Planen aufwenden können, aber ich sage auch, dass es Sinn macht, da es zum Ausbilden der Fähigkeiten und dem Erlangen von Routine beiträgt. Und ich kann das aus meiner eigenen Erfahrung bestätigen. Habe ich im Ref wochenlang für einen UB benötigt, so plane ich heute eine "normale" Stunde beim Laufen, Abwaschen eben nebenbei und brauch da noch nicht mal mehr viele Notizen für und eine Reihe kann ich in einem halben Tag planen. Für nen UB brauch ich wegen der schriftlichen Ausfertigungen dann ein wenig länger, aber das ist mit einem Nachmittag auch durch.



    Zitat

    Sind diese vielleicht insofern klüger, als sie herausgefunden haben, dass es viel angenehmer ist, zu kritisieren als unter erbärmlichen Bedingungen selbst zu machen?


    Ich empfinde das Kritisieren als nicht angenehmer, im Gegenteil, ich sehe auch meine Aufgabe nicht im Kritisieren, sondern im Beraten, was an Stärken schon ausgebildet ist, weiter auszubauen und noch nicht so ausgebildete Fähigkeiten zu thematisieren und nach Ausbildungschancen zu suchen.


    Zitat

    FachleiterInnen sind dazu da, ReferendarInnen so auszubilden, dass sie in der Lage sind, ohne Burnoutsyndrom in einer vollen Stelle passable Arbeit zu leisten, und nicht völlig realitätsfremde Schaustunden zu provozieren, die das Ego der Damen und Herren befriedigen und gutes Wetter beim Schulministerium machen


    Ich sehe meine Aufgabe als Fachleiterin nicht darin, die Kolleginnen und Kollegen vor dem Burn-out-Syndrom zu bewahren, wobei wir natürlich Möglichkeiten besprechen, wie man diesem präventiv entgegenwirken kann. Aber ich bin der Meinung, dass das System Burn-out hervorbringt bzw. nicht verhindert und ich denke, es ist wichtiger, dass sich das System Schule ändert, wenn man langfristig mehr gesunde Lehrer haben möchte.


    Die Zeit der Schaustunden ist zumindest in meinem Seminar und auch in den angrenzenden vorbei. Es erwartet niemand irgendwelche großen methodisch aufgeschäumte Stunden voller Firlefanz. Es geht im Gegenteil um die Lehrerpersönlichkeit, die Schüleransprache und den Lernfortschritt und ob die methodischen und didaktischen Entscheidungen diesem zuträglich sind.


    Schnuppe

  • Bei uns im Seminar wurde auch immer deutlich gemacht, dass Referendariat und Unterrichtsalltag zwei zu unterscheidende Dinge sind. Im Referendariat soll man zeigen, dass man in der Lage ist, Unterrichtsprozesse sinnvoll und lernwirksam anzulegen, sie durchzuführen und zu steuern sowie sie auszuwerten. Man zeigt quasi innerhalb von 45 Minuten einen verdichteten Ausschnitt aus seiner Lehrerpersönlichkeit sowie die Fähigkeit unter Idealbedingungen kompetent handeln zu können. DAss der Alltag anders aussieht, sollte dabei jedem klar sein. Das ist übrigens in anderen Berufen nicht anders. Ich komme aus der Pflege und auch ich musste für meine praktische Abschlussprüfung eine Pflege zeigen, die im Alltag so nicht in Gänze durchzuführen ist. Aber es sollte doch so viel wie eben geht in den Alltag rübergerettet werden.

  • Zitat

    Original von Schnuppe
    ICh sage meinen Reffis auch immer, dass sie nicht mehr diesen Zeitaufwand zum Planen aufwenden können, aber ich sage auch, dass es Sinn macht, da es zum Ausbilden der Fähigkeiten und dem Erlangen von Routine beiträgt. Und ich kann das aus meiner eigenen Erfahrung bestätigen. Habe ich im Ref wochenlang für einen UB benötogt, so plane ich heute eine "normale" Stunde beim Laufen, Abwaschen eben nebenbei und brauch da noch nichtmal mehr viele Notizen für und eine Reihe kann ich in einem halben Tag planen. Für nen UB brauch ich wegen der schriftlichen Ausfertigungen dann ein wenig länger, aber das ist mit einem Nachmittag auch durch.


    So soll es mit der Planung ja auch laufen - allerdings zeigt die Alltagserfahrung doch, dass dieser Transferschritt von der "detailreichen Analyse des Unterrichts in der Ausbildung" hin zur "intuitiven Umsetzung von Methodenwissen nebenbei" bei Berufsanfängern oft nicht gelingt; dass es vielen Lehrern erst nach einem schmerzhaften Lernprozess gelingt, sich von den Arbeitszeitansprüchen des Referendariats zu befreien und manchen überhaupt niemals.


    Da scheint doch in der Lehrerausbildung ganz regelmäßig ein wichtiges Lernziel verfehlt zu werden - nämlich die Ausbildung zur Kompetenz der Arbeits- und Zeitökonomie, die in der Alltagsarbeit ganz unmäßig wichtig ist! Ohne eine Schuldzuweisung machen zu wollen, ich sehe das Problem darin, dass in der Referendarsausbildung eben dieses Lernziel zum Zufallsprodukt gemacht wird, weil sich man sich in den Seminaren leider oft in dieser Hinsicht für nicht zuständig erklärt. (Ich fühle mich da etwas an die universitäre Didaktik erinnert, die sich für die Anwendbarkeit ihrer Methoden im Alltagsberuf auch eher nur am Rande interessiert.)


    Zitat

    Ich sehe meine Aufgabe als Fachleiterin nicht darin, die Kolleginnen und Kollegen vor dem Burn-out-Syndrom zu bewahren, wobei wir natürlcih Möglichkeiten besprechen, wie man diesementgegenwirken kann.


    Ich denke schon, dass die Verantwortung des Ausbilders da weiter geht - Arbeitsschutz und -sicherheit sind ganz zentrale Elemente der Ausbildung; in meinem eigenen Referendariat und so, wie ich das Referendariat bei anderen beobachtet habe und beobachte, kann ich nur eine allumfassende Grundüberlastung sehen, an Stress, an Arbeitsdruck, an Erwartungshaltung, an Zukunftsangst. Auch hier ohne Schuldzuweisung an individuelle Fachleiterm: diese Umstände legen die Grundlagen für einen Burnout höchst effektiv an - und das lässt sich m.E. nicht durch "wir reden einmal drüber" kompensieren.


    Ich behaupte einfach mal aus dem Bauch heraus, dass langfristig die Burnout-Rate reduziert würde, wenn das Referendariat eine entspannte, menschenfreundliche Ausbildungsform wäre. Dass es sich stressfrei besser lernt, ist schließlich eine didaktische Trivialität!


    Zitat

    Aber ich bin der Meinung, dass das System Burn-out hervorbringt bzw. nicht verhindert und ich denke, es ist wichtiger, dass sich das System Schule ändert, wenn man langfristig mehr gesunde Lehrer haben möchte.


    Absolute Zustimmung! Nur gehört die Lehrerausbildung eben mit zum System.


    Zitat

    Die Zeit der Schaustunden ist zumindest in meinem Seminar und auch in den angrenzenden vorbei. Es erwartet niemand irgendwelche großen methodisch aufgeschäumte Stunden voller Firlefanz. Es geht im Gegenteil sehr viel mehr um die Lehrerpersönlichkeit, die Schüleransprache und den Lernfortschritt.


    Das finde ich sehr, sehr gut!


    Nele

  • Zitat

    So soll es mit der Planung ja auch laufen - allerdings zeigt die Alltagserfahrung doch, dass dieser Transferschritt von der "detailreichen Analyse des Unterrichts in der Ausbildung" hin zur "intuitiven Umsetzung von Methodenwissen nebenbei" bei Berufsanfängern oft nicht gelingt; dass es vielen Lehrern erst nach einem schmerzhaften Lernprozess gelingt, sich von den Arbeitszeitansprüchen des Referendariats zu befreien und manchen überhaupt niemals.


    Dem stimme ich zu, wobei ich auch hier nicht die Alleinschuld bei der Ausbildung sehe, denn ich kann in der sehr begrenzten Zeit, die die Bezirksregierung für Ausbildung vorsieht, nur sehr bedingt ALLES vermitteln, sondern er bleibt oft beim REDEN, und ERFAHRUNGSAUSTAUSCH und VERWEIS auf entsprechende Literatur. ICh bin der Meinung, dass es den Berufsanfängern in den Schulen zu schwer gemacht wird, bzw. der Übergang recht gnadenlos verläuft. Nach dem Motto: Jetzt haben Sie das 2. Stex, nun müssen Sie das alles können.


    Wenn ein Schulleiter ein wenig bei seiner Unterrichtsverteilung darauf achtet, dass ein Anfänger nicht direkt sieben Korrekturen in unterschiedlichen Jahrgängen erhält und nicht die Erwartung gestellt wird, als Neuer, noch nicht verbeamteter Kollege, müsse man überall mitmischen, dann ist der Alltag schon leichter zu verkraften. Und wenn ein Kollegium kommuniziert und sich öffnet, sodass ein Anfänger sieht, dass die Probleme nicht alle nur damit zusammenhängen, dass man anfängt, sondern, dass dies Belastungen sind, die zum Lehrerberuf dazugehören und auch "alten Hasen" Schwierigkeiten bereiten. Die Neigung von Lehrern so zu tun, als ob sie perfekt seien, erleichtert es Anfängern nicht wirklich.


    Zitat

    Da scheint doch in der Lehrerausbildung ganz regelmäßig ein wichtiges Lernziel verfehlt zu werden - nämlich die Ausbildung zur Kompetenz der Arbeits- und Zeitökonomie, die in der Alltagsarbeit ganz unmäßig wichtig ist! Ohne eine Schuldzuweisung machen zu wollen, ich sehe das Problem darin, dass in der Referendarsausbildung eben dieses Lernziel zum Zufallsprodukt gemacht wird, weil sich man sich in den Seminaren leider oft in dieser Hinsicht für nicht zuständig erklärt. (Ich fühle mich da etwas an die universitäre Didaktik erinnert, die sich für die Anwendbarkeit ihrer Methoden im Alltagsberuf auch eher nur am Rande interessiert.)


    Aber wie soll das denn deiner Meinung nach im Seminar stärker forciert werden, als dass man Arbeitsoptimierungsablaufstrategien bespricht/erprobt, Erfahrungen austauscht, auf Literatur verweist? Da wäre ich für einen konkreten Handlungshinweis sehr dankbar.


    Zitat

    Ich denke schon, dass die Verantwortung des Ausbilders da weiter geht - Arbeitsschutz und -sicherheit sind ganz zentrale Elemente der Ausbildung; in meinem eigenen Referendariat und so, wie ich das Referendariat bei anderen beobachtet habe und beobachte, kann ich nur eine allumfassende Grundüberlastung sehen, an Stress, an Arbeitsdruck, an Erwartungshaltung, an Zukunftsangst. Auch hier ohne Schuldzuweisung an individuelle Fachleiterm: diese Umstände legen die Grundlagen für einen Burnout höchst effektiv an - und das lässt sich m.E. nicht durch "wir reden einmal drüber" kompensieren.


    siehe oben.


    Zitat

    Ich behaupte einfach mal aus dem Bauch heraus, dass langfristig die Burnout-Rate reduziert würde, wenn das Referendariat eine entspannte, menschenfreundliche Ausbildungsform wäre. Dass es sich stressfrei besser lernt, ist schließlich eine didaktische Trivialität!



    Was den Druck angeht, so habe ich das Gefühl, dass dieser nicht primär durch die Fachleiter entsteht, sondern eher durch die Schule bzw. die Schulleitungen, die ihre Arbeitskräfte gerne unter Druck setzen, indem sie sie um Extrastunden, -aufgaben, -fahrten usw. bitten und der Referendar keine Wahl sieht, da er nur an das Gutachten denkt, dass eine so große Gewichtung hat. Mein Gutachten ist dagegen ein Witz im Hinblick auf die Wertung und ich sage das meinen Reffs auch ganz klar, denn ich sehe mich in erster Linie als Berater und erst in zweiter als Beurteiler. Aber man kann ja die Lernatmosphäre noch so produktiv und angenehm gestalten, die Angst vor der großen Prüfung am Schluss und der damit verbundenen Relevanz für das Finden einer Arbeitsstelle sind schwer zu verringern, zumindest ist das mein Eindruck.




    Zitat:
    Aber ich bin der Meinung, dass das System Burn-out hervorbringt bzw. nicht verhindert und ich denke, es ist wichtiger, dass sich das System Schule ändert, wenn man langfristig mehr gesunde Lehrer haben möchte.



    Zitat

    Absolute Zustimmung! Nur gehört die Lehrerausbildung eben mit zum System.


    und deswegen bin ich den Schritt in die Lehrerausbildung gegangen, weil ich da etwas verändern will, aber natürlich sind die Rahmenbedingungen zunächst schwer vom Einzelnen zu beeinflussen, aber ich versuche eben über meine Art der Fachleitung zumindest die Angst und den Druck in meinen UBs zu verringern.


    Schnuppe

  • Mal wieder on-topic:


    Latin_Lover, ich stimme zu, das war in der Tat die Quintessenz.


    Ich konnte es leider nicht ganz gucken, da ich es so irritierend (und teilweise langweilig) fand, dass ich zappen musste. Aber mein subjektiver Eindruck war der:


    Auf traten vier Personen, Herr Bueb, die Reformpädagogin Enja Riegel, ein junger Mann von Spick-Mich und eine Dame von der GEW. Was völlig fehlte, war ein Verteidiger des gegenwärtigen Systems, den man ja wenigstens pro-forma hätte einladen können. Mit "Verteidiger" meine ich nicht jemanden, der alles toll findet, aber jemanden, der von der Realität ausgeht, wie sie ist, und ihr auch (!) positive Seiten abgewinnen kann.


    Denn die vier Talkgäste hatten vor allem eins gemeinsam: Sie waren sicher, dass an den Schulen alles Mögliche geändert werden muss. Wobei man sich schon fragen konnte, inwiefern die Schulrealität der meisten Schüler und Lehrer eine Rolle spielte.


    Natürlich gab es im Einzelnen Unterschiede. Herr Bueb und Frau Riegel spielten dabei die Rolle von Rufern in der Wüste und waren beide sichtbar bemüht, sich schon zu Lebzeiten ein Denkmal zu bauen. Bueb redete u. a. davon, dass "Strukturen" sekundär seien und es auf "Persönlichkeiten" ankäme. Aus dieser Richtung kam, wenn ich mich recht erinnere, auch die Idee, Schulen bräuchten vor allem "starke" Personen, egal mit welcher Qualifikation. Auch vertrat er die (und ich denke, hier kann man den Ausdruck gebrauchen) wirklich abstruse These, niemand außerhalb der Schule erfahre, was in den Klassenzimmern vorgehe. Den Schülern sei ihr Unterricht so egal, dass sie zuhause nicht darüber sprächen und sonst beobachte die Lehrer niemand.


    Frau Riegel erzählte vor allem, was sie als Schulleiterin alles geleistet habe, dass alle Lehrer an ihrer Schule glücklich wären und alle Kinder und Eltern natürlich auch. Ansonsten stellte sie fest, Gymnasiallehrer seien grundsätzlich pädagogisch unfähig und guckte sehr betroffen. Sie war auch der Meinung, es bedürfe keiner fachlichen Qualifikation, um an Schulen zu arbeiten, sondern nur einer pädagogischen. Kluge Dinge sagte sie natürlich auch: Dass ein Lehrer mit 350 Schülern sich nicht alle Namen merken könne, z. B. Aber etwas irritierend war es doch.


    Der Mann von Spick-Mich kam in der Diskussion gar nicht vor und war den Selbstbespiegelungen und der Wortgewandtheit der Anderen auch schlicht nicht gewachsen. Aber Bueb und Riegel gaben ihm doch zu verstehen, sie seien auf seiner Seite.


    Die Dame von der GEW war ebenfalls sehr bemerkenswert - wenn ich böse wäre, würde ich sagen: Sie war eben sehr GEW ;). Sie sprach mit sehr tiefer Stimme und wirkte angenehm cool. Aber WAS sie sagte, hat mich teilweise dann doch erstaunt. Man konnte den Eindruck haben, es gehe darum, die unbefriedigenden Besoldungsverhältnisse im Grundschulbereich möglichst so rasch wie möglich auf alle Schulen auszuweiten.


    Frage: "Warum können Lehrer nicht Angestellte sein." Antwort sinngemäß: "Wir als Gewerkschaft haben nichts dagegen. Aber dann bräuchten wir auch das Streikrecht." Aha. Kein Wort dazu, was man nach TVL-Verträgen verdient und das DORT vielleicht ein Argument für das Beamtentum liegen könnte - vielleicht ein schlechtes, aber ein wichtiges. Kein Wort dazu, dass eine Umstellung auf Angestelltenverträge vielleicht doch zunächst einmal bedeuten müsste, über Gehaltsfragen nachzudenken, und zwar grundsätzlich.


    Frage: "Warum müssen Lehrer nur halbtags arbeiten?" Was antwortet die Dame der GEW? Sagt sie: Das stimmt so nicht, es gibt Arbeitszeituntersuchungen, man muss nach Schulformen differenzieren oder irgendetwas dieser Art? Nein. Sie sagt: "Lehrer sollten (!) nicht halbtags arbeiten. Wir wollen Präsenzeiten. Aber dann brauchen wir Arbeitsplätze in den Schulen."


    Nichts gegen Präsenszeiten. Aber so kann man diese Frage einfach nicht beantworten. Das ist erstens unseriös. (Und trifft im Übrigen etwa auf Gesamtschulen, aber auch Gymnasien nachweislich NICHT zu - wobei sich lustigerweise alle mehr oder weniger einig waren, der Fisch stinke speziell vom Gymnasium her...) Und es ist zweitens nicht das, was ich unter Interessenvertretung verstehe.


    Jedenfalls wogte die Diskussion hin und her. Gottseidank war es spät in der Nacht.

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