Schreib-Blockade während der Deutsch-Klassenarbeit - was macht man da?

  • Liebe Kollegen,


    stellt euch folgende Situation vor: Man schreibt in Deutsch einen Interprtationsaufsatz in der Oberstufe. Eine Schülerin lässt sich die ganze Zeit nichts anmerken und gibt gegen Ende ganz aufgelöst ab. Sie konnte sich offensichtlich nicht richtig konzentrieren. Auf dem Blatt ist so gut wie nichts - vielleicht etwas mehr als eine Seite. Davor hat sie noch ein gutes Konzept zustande gebracht.
    Was macht man da? Eine 5 und abwärts geben? Wie gehe ich mit der Schülerin um? (Sie ist sonst eine der Leistungsfähigeren) Welche Möglichkeiten sind praktikabel, um dem Schüler noch eine Chance zu geben?
    Was sollte man lieber unterlassen?

  • Ich hatte diesen Fall auch kürzlich zweimal, allerdings in Mathe.


    Beim ersten Fall hat mich ein Schüler angesprochen, dass er (nur in Mathe) eine furchtbare Prüfungsangst hat. Ich habe mich dann trotzdem entschlossen -aus Rücksicht auf die gesamte Klasse- nur das zu bewerten was auf dem Papier steht, und das war halt nun mal eine 4,5. Allerdings habe ich ihn aufgefordert, an seiner mündlichen Note zu schrauben, um das auszubügeln.


    Im anderen Fall hat mir eine Schülerin eine gruslige Mathearbeit abgegeben, hat allerdings ihre Nebenrechnungen mit beigelegt, bei denen Brauchbares dabei war. Da habe ich mir dann einfach die Freiheit genommen, das Konzept mit zu bewerten.


    Wäre es für dich auch vorstellbar, dass du den Inhalt des Konzeptes in die Gesamtbewertung mit einfließen lässt?


    Ich weiß auch einen Fall, bei dem ein Kollege mit der gesamten Klasse darüber gesprochen hat, ob es der Klasse etwas ausmacht, dass der betroffene Schüler nochmal nachschreiben darf. Die Klasse hatte dann nichts dagegen. Sicherlich eine seltsame Vorgehensweise (und gewiss nicht meine), doch bei dem Kollegen und der Klasse hat es funktioniert.

    »...Aus Mettwurst machste kein Marzipan! «
    Bernd Stromberg

    3 Mal editiert, zuletzt von Modal Nodes ()

  • Zitat

    Original von Modal Nodes


    Ich habe mich dann trotzdem entschlossen -aus Rücksicht auf die gesamte Klasse- nur das zu bewerten was auf dem Papier steht, und das war halt nun mal eine 4,5. Allerdings habe ich ihn aufgefordert, an seiner mündlichen Note zu schrauben, um das auszubügeln.


    Im anderen Fall hat mir eine Schülerin eine gruslige Mathearbeit abgegeben, hat allerdings ihre Nebenrechnungen mit beigelegt, bei denen Brauchbares dabei war. Da habe ich mir dann einfach die Freiheit genommen, das Konzept mit zu bewerten.


    Das Vorgehen finde ich am ehesten praktikabel. Sicher würde ich der Schülerin auch lieber entgegenkommen und vielleicht nachschreiben lassen, aber dabei läuft man sicher Gefahr, dass demnächst u.U. einige SuS mehr vor einem stehen, die plötzlich auf Blackout plädieren. Und auch sonst gute S. müssen trainieren, in der Prüfungssituation klar zu kommen. Ich könnte mir sonst höchstens vorstellen, dass du Tipps und Hilfen gegen solche Blackouts zur Verfügung stellst.

    • Offizieller Beitrag

    hi,


    ist es nicht in solchen fällen auch sinnvoll, sich mit einem schulpsychologen zusammen zu setzen? das habe ich im letzten schuljahr auch gemacht und mir erst ein paar tipps geholt. im weiteren verlauf kann man ja auch schülerin und schulpsychologen zusammen bringen.


    die ursachen können ja vielfach sein und es sollte ja darum gehen, dass diese bearbeitet werden und man nicht auf dauer hinterher sachen ausbügelt.


    aber das mitbewerten des "schmierpapiers" halte ich auch für üblich - daher sage ich meinen grundsätzlich, dass sie alles abgeben sollen, was sie während der schulaufgabe ge- und beschrieben haben. dies gitl dann aber eben auch für alle.


    das nachschreiben lassen, ohne ein ärztliches attest, halte ich persönlich für fragwürdig - müsste bei uns denke ich eine offizielle erlaubnis vorausgehen, die wiederum am ehesten durch ein ärztliches attest begründet wird (schulpsychologe eben). dies aber sicherlich nur in einem akuten fall (todesfall in der familie o.ä.)


    grüße


    t.

  • Wie stark würdet ihr das Konzept einfließen lassen?
    Die Schülerin hat so ca. eineinhalb Seiten geschrieben, aus denen ersichtlich wird, dass wenn sie auf diesem Niveau weitergemacht hätte, ein gutes bis sehr gutes Ergebnis dabei herausgesprungen wäre. Das Konzept ist wirklich sehr gut - sämtliche wichtigen Punkte sind erkannt erkannt, es sind sehr gute Interpretationsideen enthalten.
    Ich weiß nun nicht, wie stark ich das Konzept gewichten soll/ kann. Sie hat durch das Konzept und das (wenige) Ausformulierte unter Beweis gestellt, dass sie die Geschichte besser geistig durchdrungen hat, als so mancher, der sich über Seiten hinweg ausgelassen und nur Schaum geschlagen hat.
    Eigentlich sehr ungerecht.
    Am Ende steigen mir wieder die Fälle aufs Dach, die einfach nicht kapieren, dass ihre mehrseitigen Schaumschlägereien eine ähnliche Note wie eineinhalb sehr gute Seiten (plus ein sehr gutes Konzept) ergeben.


    Wieviel Gewicht kann ich also dem Konzept zuweisen?

    • Offizieller Beitrag

    Genau wegen der Unmöglichkeit, da eine nachvollziehbare Gewichtung zu finden, würde ich nachschreiben lassen. Oder eine Ersatzleistung (er)finden.


    Ich habe nicht die Erfahrung gemacht, dass dann in jeder Arbeit 5 Schüler einen blackout faken und glaube auch nicht, dass das passiert.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von sparky
    Wie stark würdet ihr das Konzept einfließen lassen?
    Die Schülerin hat so ca. eineinhalb Seiten geschrieben, aus denen ersichtlich wird, dass wenn sie auf diesem Niveau weitergemacht hätte, ein gutes bis sehr gutes Ergebnis dabei herausgesprungen wäre. Das Konzept ist wirklich sehr gut - sämtliche wichtigen Punkte sind erkannt erkannt, es sind sehr gute Interpretationsideen enthalten.
    (...)


    Wieviel Gewicht kann ich also dem Konzept zuweisen?


    Du möchtest wahrscheinlich nur Erfahrungswerte...offiziell wirst du wahrscheinlich kaum etwas hören.


    - bewertung der arbeit wie du sie beschrieben hast mit 5 oder 6
    - konzept gut, gibts ne 4, besser jedoch nicht (in einzelfällen wäge ich ab, je nach dem wie weit das konzept umgesetzt wurde) => begründung: die aufgabenstellung ist immer derart, eine vollständige erarbeitung abzugeben, "was gemeint ist" kann ich nicht (voll) bewerten
    - der schüler weiß in der regel, dass er durch mündliche mitarbeit und in einigen anderen bereichen weiter punkten kann, ohne dass ich ihm eine extra-möglichkeit eröffnen muss, wie z.b. mit einem referat etc.


    wenn der schüler eine prüfungsparanoia hat, weiß ich nicht, ob nachschreiben so sinnvoll ist, denn dann hat er / sie ja dasselbe problem. und ich hätte da für mich ein problem mit der gleichbehandlung.


    ich merke grad, dass ich nicht genau weiß, wo jetzt das problem liegt?


    a) gehts darum, dass der schüler eine schlechte note hat, obwohl er schlauer ist und du hast ein problem damit, ihm die schlechte note zu geben?
    b) du willst dem schüler helfen, weil er prüfungsangst hat?


    bei a) denke ich: that's life, er wird mit der note wahrscheinlich weniger ein problem haben, weil er weiß, wie er gearbeitet hat und was abgegeben wurde.


    bei b) ist die beurteilung erstmal nebensache und es muss geholfen werden, bzw. der schüler muss selbst was in die wege leiten...und als signal könnte die note dienen und die verbalbeurteilung, die du drunter schreibst. und hier könnte man auch so begründen, dass die schaumschläger ihren mund halten.


    grüße


    h.

  • Das Problem hatte ich meiner Unterrichtserfahrung zwei Mal: einmal bei einer Schülerin in einer Klausur und einmal bei einem Schüler, der eine Arbeit als besondere Lernleistung im Abitur verfasst hat.


    Ich hätte Schwierigkeiten mit dem Angebot eines Nachschreibtermins - ich fände das unfair gegenüber den Schülern, die aus welchen Gründen auch immer ebenfalls vor einem Riesenproblem stehen, aber die Herausforderung aufnehmen, kämpfen, machen und tun und es langt dann doch nicht für ein "ausreichend". Da würde ich ja genau die Mentalität bestrafen, die ich eigentlich bei meine Schülern heranbilden möchte. In NRW zumindest wäre ein Nachschreibtermin auch rechtlich problematisch, wenn die Klausur abgegeben ist.


    Was ich damals getan habe und auch immer noch so tun würde, ist der Schülerin verstärkt Gelegenheiten zu geben, die Scharte mit mündlichen und schriftlichen Leistungen auszuwetzen; das war für sie natürlich viel Arbeit hat aber im Endeffekt funktioniert. Natürlich habe ich auch Hilfen und Strategien angeboten, wie Schreibblockaden überwunden werden können. Wenn die Schreibblockade kein Dauerproblem ist, weiß ich nicht, ob man das wirklich psychologisieren muss. Jeder der schreibt, kennt Schreibblockaden - das sollte man nicht überdramatisieren.


    Wenn es denn zu einem Nachschreibtermin käme, sehe ich allerdings auch keine Gefahr darin, dass jetzt massenhaft "Blackouts" fingiert werden. Ich meine sowieso, dass man als Lehrer seinen Schüler nicht immer so misstrauisch daherkommen sollte.


    Nele

    Einmal editiert, zuletzt von neleabels ()

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