Sollten Kultusminister eigene Lehrerfahrung haben?

  • Seit letzter Woche haben wir in Bayern ja ein neues Kabinett und damit auch einen neuen Kultusminister und neuen Staatssekretär. Bei der Betrachtung der beiden fällt auf, dass sie in ihrem bisherigen Leben mit dem Thema "Schule" so gut wie nichts am Hut hatten. Minister Spaenle ist studierter Theologe, hat mal beim BR und bei der Bundesbahn gearbeitet (http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Spaenle), sein Staatssekretär ist Fachtierarzt für Schweine und sollte eigentlich Landwirtschaftsminister werden, scheiterte aber am Proporzdenken und wurde jetzt halt mit dem Staatssekretärposten abgefunden (http://de.wikipedia.org/wiki/Marcel_Huber).


    Meine Meinung ist eigentlich die, dass ein Kultusminister bzw. wenigstens sein Staatssekretär Ahnung von Schule haben, sprich über eigene Lehrerfahrung verfügen sollten, da sie sonst zu sehr von ihren Beratern abhängig sind bzw. gerade unter den Lehrern zu wenig Akzeptanz finden. Was soll mir kleine Studienrätin denn ein Tierarzt erzählen können??
    Allerdings hat ein Sozialminister auch keine Altenheimerfahrung, Gesundheitsminister sind so gut wie nie Ärzte...


    Ich habe mir mal den Spaß gemacht und in den anderen Ländern recherchiert, was den beruflichen Hintergrund der Minister anbetrifft. Nur in Thüringen, NRW, Schleswig-Holstein, Meck-Pomm, Brandenburg, Hamburg und Bremen waren die Minister selbst mal Lehrer!! Mindestens ebenso viele Minister sind studierte Juristen...


    Was denkt Ihr über dieses Thema?

    • Offizieller Beitrag

    Fachtierarzt für Schweine ?????? Wenns nicht so traurig wäre, würde ich sagen: :rofl:


    Andererseits kann ich mir vorstellen, dass Minister, die in grauer Vorzeit mal ein paar wenige Stündchen Untericht gehalten haben und aus welchen Gründen auch immer das wieder fallenließen, die aber meinen, voll den Durchblick zu haben, auch viel Schaden anrichten können.


    Hmmmm.... irgendjemand in diesen Etagen sollte doch von der Materie Ahnung haben... *grübel*

    • Offizieller Beitrag

    Der kultusministerielle Supergau - Karin Wolf in Hessen - hat immer wieder drauf rumgeritten, dass sie sich auf Ihre eigenen Berufserfahrung beziehen kann und weiß, was an den Schulen läuft.


    Ich ergänze: sie hat ein paar Jahre lang kleine Gruppen in Reli an einer ( wenn ich mich recht erinnere) konfessionellen Mädchenschule unterrichtet.
    Das bildet bestimmt den Alltag eines Lehrers an einer Brennpunktschule oder eines Menschen mit zwei Korrekturfächern an einer Oberstufe aureichend ab... X( ... naja, so waren dann ja auch ihre Entscheidungen. :rolleyes:

    • Offizieller Beitrag

    Bayerns bisheriger Kultusminister hatte Unterrichtserfahrung- und einige seiner Entscheidungen (wir kürzen einfach mal den Lehrplan verbal, damit haben wir den G8 Stoff doch wunderbar gekürzt, wer braucht denn in Textzusammenfassungen schon einen Basissatz?) sind trotzdem so übel, dass einem nur noch schlecht werden könnte.
    Ich mache meine Akzeptanz eher an den nachvollziehbaren Entscheidungen fest, denn am beruflichen Werdegang.

  • Nö. müssen sie nicht. Wieso auch? JEDER hat Schulerfahrung, da JEDER mal selber Schüler war. Hat die designierte Kultusministerperson schulpflichtige Kinder, ist sie doppelt qualifiziert. Wasserdicht würde die Position aber erst dann, wenn man die Kultusministier nachnamentlich unbenennt, denn wie schrieb anderswo hier jemand im Forum: Es gibt nur zwei Schulexperten - Hinz und Kunz.


    *ironieaus*


    Grüße vom
    Raket-O-Katz

  • vielleicht reichts auhc mit ner Lehrerin verheiratet zu sein und jeden Tag die viele Arbeit mitzubekommen udn sich die Sorgen von ihr anzuhören... aber welcher Politiker nimmt sich schon so viel Zeit für seine Ehefrau.... ömmm... also doch, ja, ich denke, jeder in der Schulaufsicht (auch Schulräte etc. ) sollte mal Lehrer gewesen sein

  • Das supergeilste (entschuldigung den Ausdruck-ich kann nicht anders :rofl: ) Beispiel ist unser derzeitiger KUMi Herr Rau - der
    seine Unwissenheit über Bildung mit dem Begriff des "schulreifen Kindes" (ein spiiiitzen Projekt ...was viel Geld kostet und weder Hand noch Fuß hat)
    geprägt hat. Nur mal so für die Sek-Leute, die sich nicht unbedingt mit den Kleinen auskennen: Den Begriff "schulreif" GIBT ES SCHON JAHRE NICHT MEHR!!!!!! es heißt richtiger "schulfähig" .
    Aber diese Entwicklung hat der Her verschlafen.... wie peinlich! :nixmitkrieg:


    Mein Lieblingsbeispiel ist aber Herr Meyer - Vorfelder..... ein Vorgänger von Rau .... .
    Hat Jura studiert ..... weder Ahnung von Schule NOCH von Sport - Gruß an alle Fußballfans!


    Ich glaub ich werde doch als praktizierende Kinderärztin arbeiten....habe bald alle Kinderkrankheiten meines Kindes durch...... das dürfte genügen, oder????
    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    unser derzeitiger KUMi Herr Rau

    8o der ist doch einer unser user...!! Bisher habe ich das, was er schrieb , immer ganz vernünftig gefunden... 8o !!
    Kultusminister dürfen hier übrigens nicht posten, außer sie sind noch aktiv im Lehramt. Ich werde das gleich mal Stefan melden...


    ;) Meike

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Ja, mach das mal! Das man DEN noch nicht als "Nicht-Pädagoge" enttarnt hat, wundert mich..... naja, Politiker eben. Das Einzige, was die mit uns gemeinsam haben, ist ja die "Wortgewalt" . Da sind wir ja wohl voll drauf reingefallen!


    :rotfl:


    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Mhm. Mal im Ernst, ich glaube nicht, dass ein Kultusminister wissen muss, wie man Französischvokabeln unterrichtet oder den Dreisatz, oder wie man eine Klassenfahrt oder eine Konferenz angeht. Ein Staatssekretär muss als oberster Beamter der Ministerialbürokratie natürlich ein guter Verwaltungsjurist sein und nicht ein guter Lehrer. Es geht meiner Meinung nach auch nicht um eine gute und schlechte Akzeptanz bei den Lehrern im Lande - was von vielen Kollegen gerne vergessen wird, die Schule ist als Behörde Teil der Exekutive und führt auf Weisung durch, was die demokratisch legitimierte Regierung entscheidet. Unsere Mitsprachemöglichkeit ist das gesetzlich geregelte Anhörungsrecht der Verbände und das muss auch genügen.


    Ich kann nur für NRW sprechen, aber wir haben reichlich fachliches Know-How im Schulministerium. Viele der Referats- und Abteilungsleiter kommen aus der Schule und mit den pädagogischen Mitarbeitern, die für drei Jahre ans Ministerium abgeordnet werden, ist auch ein ständiger Austausch zwischen Ministerium und Schule gewährleistet. Fachliche Erwägungen sind hier in NRW immer ein Teil des Entscheidungsprozesses. Ein Minister muss Kompetenzen mitbringen, die dazu beitragen sein politisches Ressort zu entwickeln und voran zu bringen: Führungskompetenz und -stärke, Verhandlungsgeschick, strategische, analytische und organisatorische Intelligenz, rhetorisches Geschick, eine gewisse Grundaggressivität und das nötige Fingerspitzengefühl im Umgang mit der Öffentlichkeit. Er muss ein kompetenter Politiker sein, denn das ist seine Aufgabe.


    Dass in so vielen Ländern ungeeignete Leute Bildungsminister werden, liegt leider Gottes daran, dass Bildungspolitik als Niedrigkompetenzsektor empfunden wird. Fähige Politiker mit Ambitionen zieht es ins Innenministerium, ins Finanz-, ins Justiz- oder ins Wirtschaftsministerium. Das Bildungsministerium ist, neben dem Familienministerium, eben eins der "Mädchenministerien" - wie sagte Schröder so schön norddeutsch, "Familien und Gedöns." Unsere Ministerin Sommer ist damals nicht wegen der o.g. Kompetenzen eingesetzt worden, sondern aus anderen Gründen: sie ist eine Frau, eine mehrfache Mutter, praktizierende Christin, sieht medienwirksam ansprechend aus, ist aufgrund ihrer Herkunft aus Westfalen-Lippe die richtige Wahl zur Erfüllung des Regionalproporz bei der Ämterverteilung - und kommt als Grundschullehrerin und Schulrätin aus der Schule, wovon man sich eine gute Öffentlichkeitswirkung versprochen hatte, à la "die Frau weiß, wovon sie redet", was ja auch das Thema dieses Threads ist.


    Leider ist alles ganz anders gekommen - wie ich damals in einem Radiointerview hörte, ist die Ministerin schon mit einer eher naiven Vorstellung an ihr Amt herangertreten, dass sie so eine Art representative Rolle als "Stichwortgeberin und Inspirationsquelle" habe und nicht etwas ein Ressort der Regierung in eine von ihr vorgegebene Richtung führe. Nach dem, was so den Zeitungen zu entnehmen ist, scheint sie leider tatsächlich und unpolemisch von sehr begrenztem intellektuellen Vermögen zu sein. Sie sei damit überfordert, komplexe Sachverhalte zu durchdringen oder gar zu formen. Sie verhaspele sich in öffentlichen Auftritten; sie könne dem Druck einer kontroversen und schnell geführten Debatte nicht standhalten, geschweige denn dabei an Boden gewinnen. Es ist bitter, das als Lehrer und Kollege sagen zu müssen, aber dem Tenor der Zeitungskommentare und der Verlautbarungen der Opposition nach verkörpert sie wirklich jedes verächtliche Klischee, das die Öffentlichkeit von Grundschullehrerinnen hat. Von ihr wird als von "Püppi" und von der "Polit-Barbie" geredet, man höhnt darüber, dass sie sich für ihre öffentlichen Auftritte coachen lassen muss, genau wie über die kläglichen Ergebnisse dieses Coachings. Als Politikerin ist sie offenbar out of her depth.


    Weiter noch; man sollte die Sonntagsreden ungehört verhallen lassen, Bildungspolitik war noch niemals von irgendeiner besonderen Bedeutung gegenüber den anderen Ressorts. Es kommt ganz allmählich zu einem Bewusstseinswandel, weil die volkswirtschaftlichen Implikationen des Bildungssystems erkannt werden. Sehr viel wichtiger noch, weil die Beispiele von Bayern und Hessen gezeigt haben, dass man mit einer falschen Bildungspolitik Wahlen verlieren kann. Aber die Veränderung in den politischen Mechanismen und der "Hebelwirkung" der Ressorts ist noch nicht sonderlich vorangeschritten und das Bildungsministerium ist immer noch in der zweiten Reihe. Bildungspolitik ist ohnehin ein enges Netz von Parametern eingespannt: fiskale Möglichkeiten, Ansprüche anderer Ministerien, die Vorgaben von Parteiprogrammen und -strategien, Koalitionsinteressen, die Positionen wichtiger Lobbygruppen (z.B. die Kirchen, Arbeitgeberverbände, des Verbandes der (Gymnasial-)Eltern), die Prognosen über das Wählerverhalten. Sachfragen sind nur ein und wirklich nicht der wichtigste Aspekt bei der Angelegenheit. Man kann darüber klagen, aber so funktionieren demokratische Entscheidungsprozesse nun einmal. (Wollen wir tatsächlich eine Regierung, die unbeeinflussbar per Chefdekret entscheiden und durchsetzen kann, was sie als Sachlösung betrachtet?)


    Selbst "nicht-doofe" Bildungsminister sind sehr begrenzt in ihren praktischen Möglichkeiten. Hier in NRW ist die Lage desaströs. Bildungspolitik findet in einem Kräftedreieck zwischen Ministerpräsidentenbüro (Rüttgers hat der Bildungsministerin ihre Sache als Chefsache aus der Hand genommen), der PR-Abteilung der Regierung (in eineinhalb Jahren sind Wahlen!) und last and least dem Bildungsministerium statt. Von irgendetwas, was einer geplanten und konsequent durchgeführten Strategie auch nur ähnelt, kann dabei natürlich nicht die Rede sein.


    Tja, was soll man sagen, ob ein Bildungsminister Lehrer ist oder nicht, ist reichlich irrelevant und ich wüsste nicht, warum ein Tierarzt mit Schweinespezialisierung nicht ein guter Bildungsminister sein kann.


    Nele

    Einmal editiert, zuletzt von neleabels ()

  • Konsequent weitergedacht müsste eigentlich ein Finanzminister grundsätzlich Finanzexperte, ein Innenminister Justizmensch und ein Wissenschaftsminister Forscher sein. Die Realität sieht anders aus und an sich ist der Beruf Lehrer neben Juristen in der Politik doch recht gut vertreten, oder? ;)

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