Rückgabe von Klausuren Sek. II mit dem Ziel, dass Korrekturen auch wahrgenommen werden

  • Ich sitze im Moment über den Oberstufenklausuren in Deutsch und brauche wohl nicht zu betonen, dass diese Korrektur zeitintensiv ist und man sich viel Mühe gibt. Mühe nicht nur mit der Erstellung des ausführlichen Bewertungsbogens mit integriertem Erwartungshorizont, sondern auch mit der Korrektur am Text selbst.


    Ich stelle immer wieder fest, dass ICH zwar lange über den Klausuren sitze und mir Mühe gebe, dass DIE SCHÜLER dann aber sich nur die Note anschauen oder mal durch ihre Klausur blättern und dann war es das.


    Das möchte ich bei der nächsten Klausurrückgabe verbessern. Dafür beabsichtige ich bisher, in der Stunde vor der Rückgabe ein Blatt auszugeben mit angestrichenen Passagen, bei denen die Schüler herausfinden sollen, warum ich diese angestrichen habe, und eine Verbesserungsvorschlag machen sollen.
    Nun möchte ich aber auch, dass die Schüler sich die Korrekturen am Rand anschauen. Meine erste Idee war hier, dass ich zunächst die Klausuren ausgebe und erst am Stundenende den Bewertungsbogen mit der Note.
    Was haltet ihr von der Idee und/oder habt ihr andere oder bessere Ideen?

    • Offizieller Beitrag

    ein Bekannter (Fach: E) hatte sich über genau dasselbe Vorgehen seiner Oberstufenschüler geärgert.


    Er schrieb dann die Korrekturen jeweils auf ein schmales Extrablatt, das er während der Korrektur zeilenparallel anlegte. Diese Extrablätter behielt er zunächst für sich. Den Schülern gab er nur die Klausur samt der Note zurück.
    Von 22 Schülern wollte nur eine die Anmerkungen sehen 8o


    was ich damit sagen will:


    ich glaube kaum, dass du dauerhaft erreichen kannst, dass sich die Schüler deine Notizen anschauen und zu Gemüte führen.
    Sieh es doch anders herum:


    vieleicht sind deine Noten immer transparent genug ?? ;)

  • ;( Vielleicht sind sie transparent genug. Ich möchte ja aber, dass die Schüler auch was tun bis zur nächsten Klausur. Sprich: einige Schüler habe ich schon in der 11 gehabt, jetzt sind sie in der 13, und seit der 11 machen einige haufenweise Modusfehler, ich habe Übungen gegeben, nix. Ich streiche einigen immer wieder dieselben Formulierungen an.
    Ich habe ja keine Freude daran, wenn ein Schüler immer wieder nicht über seine 4 rauskommt, ich hätte gerne eine Verbesserung! Und bilde mir ein, dass die Korrekturen vielleicht ein Anhaltspunkt für das eigene Arbeiten sein könnten.
    Nun könnte man sich eigentlich auch die Kommentare sparen - darüber schimpfen die Schüler aber auch bei den Kollegen. Hm.

  • Zitat

    Original von Friesin



    Ist man nicht verpflichtet, die Korrekturen zu benennen ?


    Das weiß ich nicht, für mich ist es klar, dass ich möglichst transparent korrigiere. Für andere nicht so. Aber wer will das kontrollieren? Eine Fachaufsicht, wie es sie wohl in anderen Bundesländern gibt, haben wir nicht.

  • In der Oberstufe macht man es eigentlich nicht mehr. Zumal das auch auch wieder neue Arbeit bedeutet (ich habe das Gefühl, dass ich eigentlich nur Stapel wegarbeite. Einer weg, zwei neue da). Meistens korrigiere ich aber auch so, dass ich eine bessere Formulierung vorschlage, wenn ich das Gefühl habe, dass die Schüler nicht auf eigene kommen.

  • Bei uns wurde so auch noch in der Oberstufe verfahren.


    Man könnte natürlich eine Verbesserung verlangen, die man dann aber nur überfliegt. Das erspart zwar Arbeit, aber wenn die Schüler das mit der Zeit rausbekommen, dass das nicht genau kontrolliert wird, werden sie natürlich ebenso nachlässig.


    Ich glaube, man kann das auch nur mit Mehrarbeit verbinden.


    Eine weitere Möglichkeit wäre, den Schülern nach einer Klausur die Aufgabe zu geben, selbstrelfektiv ihre Arbeit zu erörtern und auf die Fehler einzugehen, eventuell mit ein Beispielsätzen.

  • Zitat

    Original von Josh


    Eine weitere Möglichkeit wäre, den Schülern nach einer Klausur die Aufgabe zu geben, selbstrelfektiv ihre Arbeit zu erörtern und auf die Fehler einzugehen, eventuell mit ein Beispielsätzen.


    Naja, frei nach Adenauer: "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?" - DAS ist die Haltung nach einer Klausur bzw. auf Inhalt und Sprache, was ich auch "nachvollziehen" kann: Nach der Klausur 'schwätzen' wir - bis zum Abitur natürlich - wieder über neue Dinge, mit dem neuen Thema ist auch dieses - und nur dieses - vordergründig interessant.
    Nein, ich glaube, ich möchte, dass meine Korrekturen wahrgenommen bzw. fruchtbar gemacht werden, diese waren bereits viel Arbeit, noch mehr Arbeit muss nicht sein (s. Post davor) - wenn das geht.

    • Offizieller Beitrag

    Ich hatte das Thema in meinem heißgeliebten Grundkurs auch schon mal, letztes Jahr.
    Meine Korrektur sieht meist so aus, dass ich am Rand nur relativ knapp korrigiere- wenn es keine allzu schwierigen Formulierungen sind, müssen die Schüler die in der Oberstufe doch bitte schön können!-
    und dann noch auf ein Extrablatt Bemerkungen zu z.B. Gliederung, Struktur der Arbeit, inhaltlichen Verfehlungen, sprachlichen Fehlern usw. tippe. Das füllt dann tatsächlich auch schon mal ein DIN A 4 Blatt.
    Allerdings hatte ich früher den selben Erfolg damit wie Aktenklammer: Die Schüler guckten sich die Noten einmal an und gaben die Klausur zurück.
    Bis ich das einmal im Kurs thematisierte- ihnen unter anderem auch erklärte, wie viel Arbeit das für mich ist und warum ich denn solange für die Korrektur einer Arbeit brauche und sie wirklich zwang, sich noch fünf Minuten hinzusetzen und das Extrablatt zu lesen.
    Seither bitten mich 2/3 des Kurs darum, ihnen das Extrablatt zu kopieren, damit sie es behalten können. (Zur Erklärung: Wir müssen nach Rausgeben der Klausur dieselbige wieder einsammeln und der Fachaufsicht übergeben- mit allen Korrekturen, Bemerkungen und Extrablättern)
    Aber ganz ehrlich: In der Oberstufe würde ich den Schüler damit nicht mehr hinterherlaufen- manche Schüler sind einfach mit ihrer 4 zufrieden und wollen nicht mehr Mühe investieren- du wirst es nicht schaffen, dass deine Arbeit immer auf fruchtbaren Boden fällt- ich freu mich ehrlich gesagt schon über meine zwei Drittel!
    Liebe Grüße
    Hermine

  • Ich gehe in der Stunde, wo ich die Klausur zurückgebe, ZUERST meine Klausur-Ernte-Liste "Mistakes To Avoid" durch, und die Schüler müssen sich das, was sie nicht von selbst gewusst hätten, notieren mit der Vorgabe, dass sie sich das kurz vor der nächsten Klausur noch mal zu Gemüte führen!


    Ich frage auch immer: "Wer erinnert sich, dass dieser Fehler schon mal in "Mistakes To Avoid" vorkam?" und sehe, wie viele oder wenige sich jeweils melden. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und macht gern immer wieder dieselben Fehler (wie "his love to her" oder "a symbol for", etc pp.)


    Erst dann gebe ich die Klausur zurück. Ich lasse auch eine Berichtigung als Hausaufgabe anfertigen, die ich beim Herumgehen überfliege und abhake. Ich führe wegen der Kopfnoten Buch über nicht gemachte Hausaufgaben, das wissen die Schüler.


    Nein, auch das ist nicht perfekt, aber das ist das Mindeste (und auch schon das meiste), was ich in der Hinsicht mache.
    Gruß,
    putzi

    "I think it would be a great idea." (Mohandas Karamchand Gandhi when asked what he thought of western civilization)

    • Offizieller Beitrag

    Die von putzmunter vorgeschlagene Variante nutze ich auch mit ganz gutem Erfolg in Französisch, in Deutsch finde ich das persönlich eher schwierig.
    Modusfehler könnte man aber in der Tat auch auf diese Weise ansprechen.

  • Zitat

    Ich stelle immer wieder fest, dass ICH zwar lange über den Klausuren sitze und mir Mühe gebe, dass DIE SCHÜLER dann aber sich nur die Note anschauen oder mal durch ihre Klausur blättern und dann war es das.


    Ich kenne das von Aktenklammer beschriebene Problem auch. Einmal habe ich mich fast bis zur Verzweiflung geärgert, als ich eine von mir äußerst gewissenhaft korrigierte Arbeit zerknüllt im Abfalleimer entdeckt habe. Auch hier hatte ich mir sehr viel Mühe gegeben, konstruktive Vorschläge zu machen und positive Entwicklungen anzumerken.


    Ich habe mir angewöhnt meine Korrekturen von schriftlichen Arbeiten als die "individuelle Förderung des einzelnen Schülers" zu betrachten, die von uns Lehrern ja so oft verlangt wird. Wann setze ich mich denn intensiver mit dem einzelnen Schüler und seinem Lernstand auseinander als während der Korrektur seiner Arbeiten?


    Wenn einige Eltern (auch von volljährigen Schülern!) dann von mir mehr Rückmeldung, Förderung und Motivation ihres Kindes fordern, dann verweise ich auf diese Bedeutung der Korrekturen und erkundige mich, wie damit von Seiten des Schülers umgegangen wurde.
    Das sollte man den Schülern vllt auch noch mal verdeutlichen.

  • Ich hab es heute geschafft. :D Ich unterrichte einen Deutschkurs mit den Wechslern von Haupt- und Realschule, ich habe am Montag die Klausur zurückgegeben, unter der bereits stand, welche Fördermaßnahmen ergriffen werden müssen, und habe gesagt, dass wir heute damit arbeiten werden. Heute hatten wir eine Doppelstunde und ALLE meine Schüler hatten ihre Klausur mit und haben sich in die Korrektur gestürzt. Ich war begeistert und habe massenweise Fördermaterial zusammengesucht, die Schüler sind ihre individuellen Schwächen angegangen, dass es eine Freude war! :D:D:D

    There is a difference between knowing the path and walking the path. (Matrix)

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Ich habe ja keine Freude daran, wenn ein Schüler immer wieder nicht über seine 4 rauskommt, ich hätte gerne eine Verbesserung! Und bilde mir ein, dass die Korrekturen vielleicht ein Anhaltspunkt für das eigene Arbeiten sein könnten.


    Ich sehe das auch so. Allerdings ist das "eigene Arbeiten" wiederum etwas, das die Oberstufenschüler eben selbst machen müssen.


    Ich lasse manchmal (wenn ein gewisser Teil des Kurses bestimmte Texterarbeitungsformen nicht ganz auf die Reihe bekommen hat) IN der Stunde ANHAND der Randbemerkungen eine verbesserte Version der summary, der analysis oder des comments schreiben, und es gibt Schüler, die das dankbar entgegennehmen und mich tausendmal fragen und es ganz genau tun wollen, es gibt aber einige andere, die motzen die Stunde durch und wollen alles, nur eins nicht: sich mit ihren Fehlern konstruktiv beschäftigen.


    Das Dumme bei sehr transparenten Noten und ausführlichen Korrekturen ist nämlich Folgendes: Du KANNST ggf. die schlechte Note nicht auf den bösen Lehrer schieben... das ist äußerst lästig für einige (wenige) Schüler. Nach dem Abi hat mir das mal einer beim Abschluss-Sektchen ganz offen, wenn auch mit Augenzwinkern, gesgt: "Frau X, ich hätt immer kotzen können, dass Sie jede Noten detailliert begründet haben. Das ließ echt wenig Spielraum zum Zurückgeben der Verantwortung für meine dauernden 5 Punkte im LK auf Sie!"


    Oh, so very sorry! Prost!


    Und diese Schüler wirst du auch in 100 Jahren nicht dazu bekommen, deine Korrekturen als konstruktiv anzusehen. Oft ist denen einen Abi mit nem 3er oder 4er Schnitt auch recht, hauptsache sie müssen nix schaffen. Okay, kann sich jeder selbst aussuchen wie er's gerne hätt ...

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

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