Ich brauche Hilfe für eine Schülerin

  • Ein Mädchen aus meiner Klasse (4. Klasse) hat eine ganz, ganz schlechte Rechtschreibung, träumt ständig im Unterricht vor sich hin, ist unaufmerksam, lässt sich leicht ablenken und kaspert gerne rum. Auf ADS wurde sie noch nicht getestet.


    Ich lasse sie dieses Jahr auf LRS prüfen und habe im letzten Zeugnis bereits die Rechtschreibnote aus der Gesamtnote in Deutsch rausgenommen.


    Mein Problem:


    Bei dem gestrigen Diktat hat sie "dicht gemacht". Sie hat während des Diktierens wie eine Wilde Wörter durchgestrichen, wieder hingeschrieben, durchgestrichen, wieder hingeschrieben usw. Nachher war sie so konfus, dass ihr die Tränen in den Augen standen.


    Ich habe sie dann aus der Situation rausgenommen - sie durfte sich mit einem Buch in die Leseecke setzen und sich beruhigen. Konsequenz für mich: Sie bekommt beim nächsten Mal ein Abschreibediktat.


    Eben sprach ich mit der Mutter des Mädchens.


    Bei ihr wurde eine "auditive Wahrnehmungsstörung" diagnostiziert - aber die Eltern haben nie erfahren, was das genau für sie bedeutet.


    Die Mutter hat ganz doll Angst, dass ihre Tochter als "behindert" abgestempelt wird, deswegen wusste die Schule (ich) auch nichts davon. Die Mutter erzählte, dass die Tochter sie zu Hause wahnsinnig macht mit ihren Träumereien, dabei würde sie auch singen und einfach nicht mit den HA beginnen.


    Frage:


    Wie kann ich als Lehrerin da helfen?


    Fühle mich gerade sehr hilflos, zumal ich noch Referendarin bin und die Klasse erst seit 1/2 Jahr als Klassenlehrerin habe.

    ~*~ Lache nicht über jemanden, der einen Schritt zurück macht - er könnte Anlauf nehmen!~*~

    2 Mal editiert, zuletzt von Feenstaubflocke ()

  • Hallo Feenstaubwolke,
    deine Schülerin ähnelt einer meiner. Sie ist auch ständig am träumen, dann mal wieder hippelig und hat auch ihre Lernschwäche (die liegt aber in Mathe). Ich muss der Mutter auch mal beibringen, dass sie sie auf ADHS testen soll.
    Ich an deiner Stelle würde sie an den Jugendpsychiater (auch wenn sich das immer schlimmer anhört als es ist; das musst du der Mutter klar machen) verweisen, dass der ihr Tipps gibt.
    Ich selbst wüsste jetzt auch nicht genau, wie man auf sie eingehen soll. Viele Kids haben eine auditive Wahrnehmungsstörung, da kann man als Lehrer nur andere Lernkanäle bei den Kids ansprechen, d.g viel mit Bildmaterial arbeiten, Arbeitsaufträge zum Lesen geben, aber das ist ebi nem LRS Kind dann auch wieder problematisch.
    Was mir ein wenig geholfen hat, war diese Seite http://www.ads-adhsfundgrube.de/index.php?siteToLoad=1_home da ist einiges informatives drauf. Kannste ja auch der Mutter mal durchgeben

  • Hallo Feenstaubwolke,
    nicht alles was so aussieht ist auch ein ADHS/ADS, auch wenn ein Rezeptblock viele Probleme zu lösen scheint.
    Kurz zum Verständnis: eine auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungstörung (AVWS) hat nichts mit einem ADHS/ADS zu tun!!!
    Beides kann allerdings kombiniert sein. Ein Jugendpsychiater kann da wenig helfen, denn es handelt sich sehr grob gesagt um ein Hörproblem / eine Hörschädigung. Eine AVWS muss medizinisch abgeklärt werden (durch Phoniatrie -> Kinderabteilung einer Hals-Nasen-Ohrenklinik). Dann solltest Du Dir unbedingt Hilfe von einen Hörgeschädigtenpädagogen holen, denn es könnte sonderpädagogischer Förderbedarf vorliegen, der ggf. diagnostiziert werden müsste. Das Verfahren ist in den einzelnen Bundesländern jedoch sehr verschieden. Für Sachsen-Anhalt könnnte ich Auskunft geben.


    erste Orientierung allgemein: http://www.avws.de;


    http://www.schwerhoerigenforum.de/faq/kapitel_avws.html


    http://www.hoeren-macht-schule.de/html/avws.html


    Im Internet findest Du viele Seiten. Weiter Informationen sind in diesem Rahmen nicht möglich, da die Problematik sehr komplex ist.


    Ich hoffe das hilft fürs erste.

  • Tobias:


    Ich dachte immer, eine auditive Wahrnehmungs- Verarbeitungsstörung hat nix mit dem Gehör, sondern mit der Verarbeitung im Gehirn zu tun..... Das Gehör an sich kann doch komplett in Ordnung sein und ein Hörtest bring doch da gar nix, genauso wenig wie der Gang zum HNO, oder?
    Oder hat ein HNO Möglichkeiten zum Testen?? Das würde mich interessieren, weil ich sonst Schüler mit Verdacht auf diese Wahrnehmungsstörungen zu unserer sog. "Frühförderstelle" schicke. Da bekommt man aber manchmal sehr spät Termine......


    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Deswegen habe ich erwähnt, dass er noch nicht auf AD(H)S getestet wurde, da ich weiß, dass beides parallel und gar nicht so selten auftreten kann. :)


    Aber danke für die Links und die Vorschläge...


    Dann trete ich damit an die Mutter heran, richtig?


    Hab gerade von einer Kollegin erfahren, dass auch Ergotherapie hilfreich sein kann.

    ~*~ Lache nicht über jemanden, der einen Schritt zurück macht - er könnte Anlauf nehmen!~*~

  • Ja, das mit der auditiven Wahrnehmungsstörung hab ich auch so verstanden, dass es nicht zwangsläufig heißt, dass das Ohr nicht funktioniert. Die Verarbeitung stimmt halt nicht.


    Also an die Mutter würde ich auf jeden Fall herantreten, schließlich ist es ihr Kind und sie muss entscheiden, was sie für es möchte.

  • Das Ohr hat im Prinzip "nur" eine Weiterleitungs- und Umwandlungsfunktion für Schall. Erst das Gehirn "hört". Das ist wie mit dem Mund - ohne ein funktionierendes Sprachzentrum kann der keine Sprache produzieren.
    Es ist richtig, dass das periphere Gehör (also das Ohr) bei einer AVWS in der Regel in Ordnung ist. Wie gesagt, Hören ist nicht nur die Tätigkeit des Ohres, sondern ein sehr viel komplexerer Vorgang, wo die Hörbahn und Teile des Gehirns beteiligt sind. Die Verarbeitung im Gehirn gehört also zum Hören, deswegen hat es ja auch ein "Hörzentrum".
    HNO-Kliniken haben die Möglichkeit das zu testen. Meist können das aber nur die HNO-Abteilungen des Universitätskliniken. Ein niedergelassener HNO-Arzt macht solche Tests in der Regel nicht. Die ganze Diagnostik ist sehr aufwändig und kompliziert. Es muss ja von ADHS und Lernbehinderung abgegrenzt werden.
    Frühförderstellen können evtl. helfen - hat mit der Organisation zu tun und hängt sicher vom Budesland ab. Zur Diagnostik ist eine HNO-Klink auf jeden Fall zu empfehlen.
    Ergotherapie kann auch hilfreich sein - kommt aber auf den Therapeuten an.

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