In den Abituraufgaben in Deutsch in NRW taucht immer wieder als weiterführender Schreibauftrag auf, die Schüler sollten einen Leserbrief schreiben, in dem sie sich mit dem und dem Thema oder der und der Frage befassen, schreiben.
Aber ein Leserbrief ist m.E. eine Textsorte, in der die Texte eher kurz sind, da sie sonst Gefahr laufen, gar nicht veröffentlicht zu werden, oder aber sie werden gekürzt.
Ist eine solche Aufgabe mit der Vorgabe "Leserbrief" dann nicht eigentlich 'falsch' oder 'schlecht'?
Abitur Deutsch NRW: weiterführender Schreibauftrag "Leserbrief"
-
-
Ich halte eine solche Vorgabe für eher ungünstig (um nicht das schöne Wort "abstrus" zu bemühen.) Der Arbeitsauftrag zielt ja wohl auf eine erörternde Stellungnahme, aber das sind der Alltagserfahrung nach Leserbriefe ja nun gerade nicht - die meisten sind eher Einmalschüsse mit einer - oft polarisierten - Aussage. Abgesehen davon, dass die Zuschriften, die in den Leserbriefsparten der Zeitungen abgedruckt sind, ja schon redaktionell gekürzte Varianten der Ausgangstexte sind; gibt es also überhaupt soetwas wie eine verbindlich definierte Textsorte "Leserbrief"?
Nele
-
Ich halte die Vorgabe "Leserbrief" hier auch für irreführend, da ich, wenn ich meinen Schülern die Aufgabe stelle, sich mit einer Frage zu befassen, von ihnen erwarte, dass sie alle oder doch zumindest viele Seiten des Themas beleuchten. In einem Leserbrief (der zudem noch, wie du richtig anmerkst, eine bestimmte Länge nicht überschreiten darf) wird in der normalen Lebenswelt, wenn überhaupt, doch nur eine Seite zum Vorschein gebracht.
Den Leserbrief, so wie ihn Nele beschreibt, mache ich in meinen Klassen dann, wenn die lineare Erörterung eingeführt wird, also in der Mittelstufe.
Gibt es bei euch im Abitur Mindest- oder Höchstvorgaben von Wörtern? Im Normalfall gibt es ja da eine redaktionelle Beschränkung.
Liebe Grüße
Hermine -
der leserbrief ist hier an der realschule eine beliebte abrundung des textgebundenen aufsatzes (=Textanalyse). wird in der zehnten gemacht und soll letztlich zweierlei:
a) das textverständnis noch einmal vertieft darstellen
b) eine erörterung ersetzen, dazu: bis vor einigen jahren war die königsform des aufsatzes an der rs die erörterung. zum glück wurde sie langsam zurückgedrängt, der erörternde teil am ende des textgebundenen aufsatzes ist noch so eine art relikt (ebenso bewerte ich ihn übrigens auch).sinn und zweck?
die formalen vorgaben eines leserbriefes kennen sie. ich gebe ihnen dabei nicht den umfang vor, mache ihnen aber klar, dass sie ihn gefälligst nicht so hinrotzen sollen, weil sie damit ja auch in die öffentlichkeit gehen und das da drin auch auf sie zurück fällt (und später dann auch auf mich als deutschlehrer )
als "realitätsnahe form der erörterung finde ich ihn daher nicht so schlecht. die vorgaben müssen ihnen halt klar sein.
grüße
h.
-
Hallo Hawkeye,
nichts für ungut, für eine Abrundung in der zehnten Klasse RS oder in der neunten Klasse Gy finde ich den Leserbrief noch in Ordnung. Lasse ich persönlich übrigens auch nur in der Zusatzaufgabe zur Textanalyse z.B. einer Kurzgeschichte schreiben oder als Übung im Unterricht.Aber Aktenklammer bezieht sich doch hier auf einen Leistungskurs Deutsch und dazu noch auf Abituraufgaben- da finde ich die Aufgabe ziemlich "daneben", weil einfach die Ansprüche doch höher sein müssten.
Liebe Grüße
Hermine -
-
Hermine: das war mir schon auch klar.
ich denke, ich wollte zweierlei: einerseits sagen, dass das bei uns zehntklass(-realschul-)standard ist und dort am ehesten auch hingehört, gelernt wird das grundgerüst in der achten (thema zeitung).
andrerseits aber auch darauf hindeuten, dass ich (persönlich) finde, dass letztlich kaum eine textform per se "zu einfach" ist. es kommt doch immer darauf an, was erwartet wird. das bemerke ich doch auch allzuoft bei "deinen" 9 klässlern vom gy, die dann bei mir in der zehnten an der rs auftauchen (wegen englisch, latein, mathe) und komischerweise nicht wissen, wie man einen leserbrief schreibt oder mir eben müll abliefern.
und ich denke doch (hoffe mal), dass der leserbrief nicht die einzige aufgabe im abitur sein wird...
grüße
t.
ps: und hmm sorry, gibts in nrw mittlerweile auch zentrale aufgaben? als ich dort 1989 abitur gemacht habe, gabs das nämlich noch nicht...
-
Hallo Hawkeye,
dann sind wir uns ja einig
Das Problem mit dem Übergang kenne ich gut, ich weiß, dass unsere Schüler vom Gy, die auf die Realschule wechseln, sich immer denken, dass sie alles eh schon können und dann Mist abliefern. Gerade, was in Deutsch bei euch verlangt wird, ist gar nicht ohne... Und der Leserbrief wird bei uns tatsächlich nur en passant behandelt, entweder als Mini-Teilaufgabe oder als nichtbenotete Übung.
(Andersrum gibt es auch RS Schüler, die ganz stolz über den M-Zweig zu uns kommen und dann einfach nicht mitbekommen, dass sie vielleicht noch eine Fremdsprache nachlernen müssen und da nicht nur die Grundbegriffe- sie waren ja schließlich immer gut in der RS und fallen dann erstmal bei uns durch- aber das ist jetzt ganz OT, sorry!)
Ja, in NRW gibt es seit letztem- eigentllich diesem- Jahr auch das Zentralabitur. Leider weiß ich nicht, wie viele Aufgaben da dann zur Auswahl stehen.
Das kann dir bestimmt Aktenklammer näher erläutern.
Liebe Grüße
Hermine -
Ja, wir haben ein Zentralabitur, jetzt im 3. Jahr. Es gibt 4 Klausuren, aus denen sich die Schüler eine aussuchen müssen.
Es gibt 3 verschiedene Aufgabentypen in verschiedener Kombination, z.B.- Analyse eines Sachtextes und weiterführender Schreibauftrag
- Analyse eines Sachtextes und Vergleich mit einem literarischen Textes
- Analyse eines Sachtextes und umfangreicherer Schreibauftrag
- Vergleich zweier Sachtexte und weiterführender Schreibauftrag
- Analyse eines literarischen Textes und weiterführender Schreibauftrag
- Vergleich zweier literarischer Texte
- ....Insgesamt 9 Typen, die wir mit den Schülern üben sollen.
Werbung