SUCHE die WAHREN vorteile von jahrgangsmischung

  • gibt es sie???


    habe vor einem jahr eine jahrgangsgemischte klasse übernommen und bin wirklich hochmotiviert herangegangen... nun, ein jahr später, sehe ich das konzept doch sehr kritisch! ich werde das gefühl nicht los, dass es mehr auf sparmaßnahmen (zumindest in bawü) beruht, als auf dem wirklichen pädagogischen effekt. meinen kollegen und auch vielen kollegen an anderen schulen geht es genauso, wir sind frustiert von der doppelten arbeit. vielleicht könnt ihr mir ja ein paar vorteile nennen, die mir nicht aufgefallen sind?! oft kommt ja das argument, man lerne vom anderen. nun ja, auch in einer jahrgangsklasse habe ich eine sehr heterogene kinderschar, so dass auch dort gegenseitiges lernen möglich ist. auch brauche ich die jahrgangsübergreifung nicht, um offen und differenziert (zu) arbeiten (zu müssen), dies tue ich auch in einer regelklasse...


    fragende grüße!

  • in meinen Augen geht es dabei auch hauptsächlich darum, Kosten und Kapazitäten einzusparen


    nicht, dass ich das Konzept an sich schlecht finde, ich denke nur, wie du, dass man auch innerhalb eines Jahrganges differnezieren kann und muss
    Jahrgangsmischung fände ich dann interessant, wenn tatsächlich auch personell aufgestockt würde, und durchgehend zwei Lehrer eine Klasse betreuen - und zwar auch, wenn einer davon krank ist, usw.

    • Offizieller Beitrag

    Mir fallen 4 weitere Vorteile - zusätzlich zu den (von dir erwähnten?) Sparmaßnahmen ein:


    - Sonderschulklassen werden z.T. abgeschafft. (Supersparmaßnahme!)
    - Durch das frühere Einschulungsalter (hier im Land) wird Geld für Kitaplätze gespart. --> Noch mehr sparen!
    - Die Kolleginnen, die das leisten, werden so früh alt, dass sie eh keine Rente mehr erreichen --> Noch mehr sparen!
    - Die einführenden Oberen können sich aufs Hemd schreiben, wie innovativ ihre Bildungspolitik doch ist.


    Sorry, aber ich arbeite auch seit einem Jahr jahrgangsgemischt in einem sozialen Brennpunkt und mir ist der Humor verloren gegangen.


    Conni

  • Oettinger hat sich vorgenommen, als Haushaltssanierer einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.


    Bei den möglichen Einsparmaßnahmen ist der Haushalt "Schulverwaltung" ein dicker Posten.


    Gestern verkündet: Jede zweite Hauptschule soll geschlossen werden.
    Klassen mit 16 Schülern sind nicht mehr zulässig (obwohl gerade dies bei Hauptschülern eine anzustrebende Klassengöße wäre!)


    Stuttgart 21 fordert seinen Tribut.
    (Für Nichtschwaben: Der Hauptbahnhof Stuttgart soll zum internationalen Transitbahnhof aufgewertet werden. Geplante Kosten 2,6 MRD, Landesbeteiligung 700 Mio. - Es werden jedoch bereits jetzt Kostensteigerungebn auf 4,8 MRD erwartet, wovon 1 MRD vom Land zu bezahlen ist .. woher nehmen, wenn nicht stehlen.... plötzlich kostet das für's Land mehr als doppelt so viel wie geplant...
    http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,495398,00.html
    )


    Konsequenz wie bei den Aktiengesellschaften: Man spare am Personal.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Also bei uns in der Schule wird auch überlegt Klasse 1/2 jahrgangsgemischt zu machen. Ich habe damit zwar keine Erfahrungen, sehe das ganze aber sehr skeptisch. In meinen Augen ist es auch vor allem mehr Arbeit für den Lehrer. Und da steck ich meine Energie lieber in andere, wichtige schulische Dinge.
    Bin ganz froh, mal einen Bericht von euren Erfahrungen darüber zu hören.

  • Ich sehe im Moment einen Grund, der liegt im sozialen Bereich. Ich habe einige Kinder, von denen ich glaube, dass sie in einer homogenen Gruppe aufgefallen wären, im ersten Schuljahr wurden sie aber durch die Größeren gedeckelt und fanden ich leichter in die Gruppe ein. Ich bin aber mal gespannt, wie sich sich geben, wenn se die Großen sind.


    Das Überspringen ist einfacher, ich habe einen Schüler, der im Unterricht 2 Jahrgänge durchgearbeitet hat. ohne dass seine Eltern zu Hause viel unterstützt hätten. Das Material ist eben da.....


    flip, die sich aber auch fragt, ob sich der ganze Aufwand lohnt und die ganz klar auch einige NAchteile benennen kann....

  • ja, das mit dem sozialverhalten mag teilweise zutreffen.


    bei deinem anderen punkt bin ich auch mal wieder der meinung, dass das auch eine lehrerin mit einer "homogenen" jahrgangsklasse leisten kann / MUSS! wenn ich merke, dass ein kind schon viel weiter ist, muss ich ihm halt zusätzliches material anbieten, auch wenn es nicht eh schon im klassenzimmer vorhanden ist...

  • Hi!
    Also ich finde, dass es sehr viele Vorteile gibt. Wobei ich selber eine Mischung von 1 bis 4 noch schöner und gewinnbringender für alle finde als diese Mischungen von 1/2 und 3/4.


    Die Kinder lernen viel voneinander: Die Kleinen lernen soviel von den Großen und die Großen wiederum profitieren davon, den Kleinen etwas zu erklären. Es können sich immer wieder unterschiedliche Gruppen von Kindern zusammenfinden, die gemeinsam an einer Sache arbeiten. Kinder, die zum Beispiel im 2. Schuljahr schon sehr fit in sachkundlichen Themen sind, können mit 3. und 4. Klässlern zusammenarbeiten etc.
    Das Durchlaufen der Schuleingangsphase in 1 Jahr ist für die Kinder einfacher, ebenso ein Verbleiben in einer Jahrgangsstufe.


    Wenn die Klassenstruktur mit Regeln und Ritualen so einer Klasse 1-4 einmal steht, dann läuft die Klasse. Noch ankommende Erstklässler integrieren sich schnell und meist problemlos. Sie können von Anfang an auch an ganz andere, für sie spannende Sachen mitarbeiten, weil die Großen z.B. die Aufgabe der Verschriftlichung übernehmen.
    Und noch vieles mehr...
    klar mag sowas anfangs für die Lehrerin aufwändiger sein, aber ich finde es lohnt sich.


    An einer Schule ganz ohne Jahrgangsmischung würde ich nicht arbeiten wollen. An meiner jetzigen Schule gibt es diese 1/2 und 3/4 Mischung und vorher an meiner Ausbildungsschule habe ich die 1 bis 4 -Mischung miterleben dürfen - von daher kenne ich beide.


    Was natürlich nicht schön ist, ist, wenn Lehrer/innen, die eigentlich lieber nach Jahrgangsstufen getrennt unterrichten würden, dann Jahrgangsmischung machen müssen.


    VG


    Viele Grüße

  • Habe sowohl jahrgangsgemischte Klasse 1-4 als auch 1-3 (und auch schon mal jahrgangsreine 3/4) unterrichtest, und meine Traum-Mischung ist 1-3.


    1-4 fand ich recht anstrengend, da war die Altersspanne einfach zu großz.B. war es schwierig, ein Buch zum Vorlesen zu finden, das sowohl die Vierties noch interessant finden, als auch die Ersties schon verstehen. Außerdem hatte ich dann pro Jahrgangsstufe nur fünf Kinder, da war die Freundschaftsbildung schon sehr begrenzt (bekam z.B. zwei neue Erstie-Mädels, die Zweitie-Mädels waren emotional stark an die Dritties gebunden und die zwei Erstie-Mädels konnten miteinander so überhaupt nichts anfangen...)


    Daher: Meine Traum-Mischung 1-3, allerdings nur mit der richtigen Ausstattung (ganz viel Material!), der richtigen personellen Struktur (habe eine pädagogische Assistentin in der Klasse) und Lehrern die freiwillig jahrgangsgemsicht unterrichten!


    Vorteile (wie schon genannt):
    - soziales Lernen (!!!)
    - Anreize durch ältere Schüler
    - keine feste "Klassenlehrpläne", jeder kann mitlernen oder wiederholen
    - neue Ersties werden von bestehender Klassenstruktur aufgenommen und übernehmen Rituale und Regeln schnell


    Das in Fachkreisen oft genannte "Wiederholen oder Überspringen einer Jahrgangsstufe" find ich gar nicht so den Vorteil bei jahrgangsgemischten Klassen, klar bleibt der Lehrer und ein Teil der Klasse erhalten, aber das Kind muss sich immer wieder rechtfertigen, warum es noch ein Jahr länger in der Klasse bleibt - auch über Jahre hinweg. Da wäre vielleicht ein klares "ich wiederhole die Klasse" einfacher als immer wieder gefragt zu werden, warum man denn vier Jahre in der Grundstufe war...

    • Offizieller Beitrag

    Das Wiederholen erlebe ich auch gerade als nicht so angenehm. Mein einer derzeitiger Wiederholer hat alles daran gesetzt, der coolste und frechste und lauteste Junge zu sein. Die anderen haben sich daran orientiert, d.h. ich habe nun auch coolste und lauteste und frechste Erstklässler dabei, unter denen nun auch ein Wettkampf ausgebrochen ist. Da denen, die in der Hierarchie ganz oben stehen, Lob ziemlich egal ist, bekomme ich damit auch immer nur ein paar wieder aus diesem sozialen Kreisel heraus.
    Meine beiden künftigen Wiederholer haben keine Freunde unter den Erstklässlern, werden also erstmal alleine dastehen. Gleichzeitig haben die anderen Kinder -trotz aller Erklärungen - eben doch das Wort "Sitzenbleiben" verwendet. Sicher spielen da auch die Elternhäuser eine Rolle und das wird in 10 Jahren anders ausschauen -wenn es die Altersmischung dann noch gibt. Denn so, wie die Lernergebnisse momentan aussehen, wird das ganze wohl bald wieder still und heimlich zurückgenommen. Unsere jung eingeschulten Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern können eben nicht autodidaktisch lernen und wiederholen, sie brauchen die Anleitung - und einige brauchen sie flächendeckend.
    Mag sein, dass es in einer 1-3 auch ein paar Drittklässler gibt, die wirksam jüngeren helfen und dabei nebenbei ihren eigenen Stoff erarbeiten können. In der 1-2 ist mir sowas nicht begegnet. Meine Parallelkollegin und ich wünschen uns auch eine 1-3, aber dazu bräuchten wir 3 weitere Kolleginnen, die mit einsteigen. Die werden wir nicht bekommen, denn ab Klasse 3 gibt es fast nur noch Oberstufenlehrerinnen bzw. Kolleginnen, die froh sind, dass die Jahrgangsmischung an ihnen vorüberzog.
    Und aufgrund der extrem gestiegenen Anforderungen (Verhaltensauffälligkeiten, Multitaskingfähigkeit-hoch-3) glaube ich auch nicht, dass es dauerhaft einfacher wird. Wir sind eigentlich alle nur noch fertig und viele auch schon dauerhaft gesundheitlich angeschlagen.


    Und an Material haben wir ja doch noch Hefte und Bücher, d.h. für ein Kind, das zwei Jahre in einem durcharbeiten würde, müssten wir einen großen Teil der Schülerhefte kopieren... So kann das eigentlich auch nicht sein, das Geld für das Material müsste eben da sein.


    alias
    Bei uns werden jetzt in den Klassen mit vielen Kindern nichtdeutscher Herkunft die Klassenstärken von 20 auf 26 angehoben. (Grundschule)
    In den Sonderschulklassen entfällt die Teamlehrkraft. Wenn es dann noch die Gemeinschaftsschule gibt, kann man die geringeren Klassenstärken für Hauptschüler gleich mitkillen.


    Und dann darüber meckern, dass Lehrer nicht ausreichend differenzieren. Klar, sobald ich mich klonen darf.


    Conni
    PS: Sorry, dass ich den Thread jetzt so vollmülle, mich kotzt diese ganze Bildungspolitik nur noch an.

  • magst du mehr von dem alltag einer klasse 1-4 berichten ? ist es nicht noch viel schwerer die übersicht zu behalten ? etc.

  • Hallo,


    ich habe zwar keine altersgemischte Klasse, aber es ist schon lange mein Traum... warum?


    Ich habe bei den Pfadfindern immer mit altersgemischten Kindern gearbeitet, dort mussten sie so Art Erprobungen ablegen, um gewisse Auszeichnungen zu erhalten.... also z.B Nenne mir 5 Pflanzen ect.
    Es war immer wieder zu bemerken, dass Kinder die neu dazukamen zu Beginn kaum bis garnicht diese Erprobungen machten. Je länger sie bei uns im Gefüge waren, umso mehr strengten sie sich an, und nicht zu letzt, weil die Großen ihr Vorbild waren....


    Strukturen der Stunde waren immer gleich, ich habe kaum Zeit dafür Aufwenden müssen diese aufzuarbeiten, weil Kleine von Großen lernten. Große hingegen wussten viel mehr, gaben ihr Wissen weiter ect.


    Dass man viel Material haben muss kann ich mir vorstellen, mich würde auch interessieren, wie es so läuft mit jahrgangsgemischten Klassen, kann mir jemand davon erzählen?


    LG MM

  • Ich unterrichte eine jahrgangsgemischte Klasse 1/3, die nächstes Jahr eine 2/4 wird. Obwohl ich in BaWü bin, haben wir freiwillig kombiniert und sehen in der Wahl 1/3 vor allem den Vorteil, dass die Kinder weiter auseinander sind als in 1/2 und durch diese Spanne mehr voneinander profitieren. Außerdem ist es weit nervenschonender als die Kombi der beiden unteren Klassen. Die 3er sind schon recht selbstständig, haben gewisse Methoden- und Personalkompetenzen, die man bei 2ern erst anbahnen muss. Die 1er laufen quasi mit, werden für Basisinhalte ab und an zur 'Konferenz' gerufen, arbeiten ansonsten aber wie die Großen mit Arbeitsplänen.Meine Hauptaufgabe als Lehrerin ist es inzwischen, die Kompetenzbündel ordentlich zu schnüren, sie den Kindern in Form von Materialangebot bereitzustellen und Hilfestellungen zu geben. Nochmal anders als in einer Jahrgangsklasse, in der ich auch schon über Jahre offen gearbeitet habe.

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