U-Reihe Lyrik GK Deutsch 11 - Rap/Hip Hop?

  • da stehe ich wieder vor dem alten Problem - Lyrik in der Oberstufe - wie bring ich das Thema an die Klasse?
    Ich soll es in der 11 machen, obwohl es mit Sicherheit auch in 12 oder 13 und im Abi drankommt. Deshalb kann ich diese Reihe etwas "freier" planen, mit individuellen Schwerpunkten.


    Leider habe ich bisher erst einmal diese Reihe durchgeführt, sie war sehr kurz und sehr frontalunterrichtslastig, weil ich wenig Zeit hatte.


    Nun habe ich mehr Zeit und vor allem einen kleinen, aber schweigsamen Kurs. Die tauen im Frontalunterricht kaum auf und ich denke, die werden Lyrik auch erst mal langweilig finden.


    Ich suche Tipps und Vorschläge sowie Texte und Arbeitsblätter für die Reihe.
    Hat das jemand schon mal "kreativ" angepackt? Ich mag gerne expressionistische bzw. moderne Gedcihte ... politische Lyrik finde ich auch interessant .. ich werde gleich mal bei Amazon und bei Cornelsen schmökern ...
    Wäre aber für JEDE Anregung dankbar. Biete im Austausch dazu andere Themen an, zu "Kommunikation" habe ich beispielsweise viel und auch zu "Werbung". Dann habe ich noch ein paar gute Stunden zu "Woyzeck" - hat sogar die oben geschilderte Klasse in Aktivität gebracht:-)


    kleiner Nachtrag: Bekomme morgen das Waldmann-Buch (produktiver Umgang mit Lyrik). Gekauft habe ich mir die Lernhilfen von Bange zu Lyrik (3 Bände) - sehr nett, aber wenig didaktische Hinweise drin.
    Im Internet schien mir "Lyrik nervt. Erste Hilfe für gestresste Leser" interessant zu sein. Kennt das jemand?

    2 Mal editiert, zuletzt von Micky ()

  • Gedichtpuzzle finde ich gut, es schärft den Blick für formale Strukturen und hat was spielerisch-wettbewerbsmäßiges. Wenn es eine Berufsschule ist, mal überlegen, ob man thematisch was drehen kann. Nicht unbedingt mit "Liebe" einsteigen, sondern mal mit Gedichten zu anderen Themen: Alltagsstress, Job, Fussball.

  • Hallo und danke für deine Anregungen,


    es ist eine Abiturklasse (machen die Erzieherausbildung) - das Zentralabiitur ist zwar anders, aber doch sehr in Richtung allgemeinbildend...


    hat jemand eine Idee für eine Einstiegsstunde? Das Metrum bestimmen lernen etc.

  • Tja, ausgerechnet mit dem Metrum einsteigen ?(... Scheint mir eher ungünstig, wenn Du Schüler packen willst.


    Ich habe neulich mal eine Einheit (im Kopf) grob geplant, sie aber aus Zeitgründen nicht durchführen können :rolleyes:.


    Die Idee war ungefähr folgende: Gerade NICHT mit dem Metrum einsteigen, sondern erst mit Texten, die NICHT metrisch gestaltet sind. Dazu wollte ich Raps und Slam-Poetry verwenden, die beide die Schüler ja eigentlich ansprechen sollten. Im Rap-Bereich hat etwa "Fiva MC" (eine Dame, glaub ich, aus Berlin) extrem gute Texte, die man wunderbar analysieren kann - schaus Dir mal auf Youtube an! Was Slam-Poetry angeht, ist der Verlag "Voland und Quist" zu empfehlen. Das Besondere: Hier gibt es die Texte nicht nur als Bücher, sondern es ist immer eine Audio-CD oder DVD dabei, sodass man hören und/oder sehen kann - und das ist wirklich auch für Schüler ein Erlebnis, die Körperlichkeit der Vorträge ist teilweise wirklich erschlagend, die Kraft der Stimme, das Atmen, die Grimassen (auf DVD), der Schweiss.


    Weiter in der Einheit: Einer ersten Diskussion über die entsprechenden Texte sollte DANN eine Blickverlagerung in Richtung "echter" Lyrik folgen. Die Einführung in die Metrik hätte sich dann aus folgender Überlegung ergeben: Beim Rap ist ein Rhythmus vorgegeben, beim Slam ist die Betonung frei - in beiden Fällen hängt die Betonung des Textes an einer Person, da der Text ja für den Vortrag durch eine (bestimmte!) Person geschrieben wurde. Verlagern wir nun unsere Aufmerksamkeit auf Texte, die dazu gemacht sind, gelesen zu werden oder von vielen memoriert und rezitiert zu werden, muss die Betonung anders geregelt sind. Hier sind wir beim Metrum.


    Denn, egal welche Mystizismen mancher Studienrat erfindet: Das Metrum ist zunächst dies: Eine gleichmäßige Regelung der Betonung zur Erleichterung des Lesens und Sprechens unbekannter Texte.


    Grüße
    Unter uns

  • 1.000 Dank!


    ich hab mir was überlegt und werde berichtem, wie es gelaufen ist - habe Szenen aus "8 Mile" und versuche noch was der Slam-Poetry-Frau runterzuladen ...dann hab ich zwei Texte gefunden (wikipedia - gekürzt und leicht verändert) und eine Rap-Anleitung .. dann sollen die mal machen

  • Also, ich hab in endloser Arbeit versucht, die DInger von youtube runterzuladen - ist mir nicht ganz gelungen, aber ein Bekannter von mir wird sich der Sache annehmen und das auch schaffen:-)
    Hab die SuS dann vors Internet gesetzt, sie sollten sich "Beziehungsweise" von Nina Sonnenberg mal anhören (das ist wirklich Slam Poetry). Dann haben sie sich auch Sachen von ihr angehört, die eher schon in den Rap-Bereich gehören ("Frühling").
    Dann habe ich Teile aus "8 Mile" gezeigt... 3 sog. "Battles", da liefern sich zwei Rapper einen improvisierten Wettstreit, indem sie in Rap-Manier etwas über den anderen oder sich erzählen, kann auch deftig werden (mussten das mit Untertitel gucken, man verstand kaum ein Wort:-)
    Die Klasse war wach! Ich habe dann ganz simpel an der Tafel in einer Tabelle festgehalten, was Rap/Hip Hop ausmacht und was Slam Poetry. So viel Beteiligung hatte ich noch nie! Es fielen auch schon Worte wie "Rhythmus" und "Betonung" ...
    Dann hatte ich bei wikipedia Artikel über beides gefunden und stark gekürzt, die haben wir dann gemeinsam gelesen.
    Nächste Woche sollen die ihre Rap-Musik mitbringen incl. Texte, dann hören wir erst mal.
    Bei wikipedia stehen auch die Merkmale bzw. die Techniken von Rap/Hip Hop, jeweils mit Beispielen ... ich werde auch noch gucken, ob ich ein paar exemplarische Slam Poetry-Texte finde, dan können die sich aussuchen, was sie schreiben:


    1.) slam Poetry
    2.) eigener kurzer Rap
    3.) Battle


    Dazu hab ich "free loops" (Hintergrundbeats) aus dem Internet runtergeladen (legal:-), da können sie sich dann einen aussuchen, wenn sie mögen und das - bei Option 2 oder 3 - zu ihrem Text laufen lassen.
    Ich denke, damit bin ich eine DS gut beschäftigt.


    Weitere Planung: Schwenk zu Gedichten und Metrum bekommen ... man könnte ja versuchen, ein Gedicht zu diesen loops zu lesen und dann festellen, dass das bei menachen Gedichten ganz einfach ist, weil es da ein festes Versmaß gibt.


    Und dann befürchte ich, wird der Zauber vorüber sein:-(


    Die SuS haben schon gefragt, ob wir nicht eine Reihe zu "Rap/Hip Hop" machen könnten... ich wies dann auf das Niveau des Abitur-Bildungsgangs hin .... ein Kollege von mir hast das in einer 11 (Fachabiturienten) gemacht ... da war das was anderes ... die Klasse hatte Spaß.
    Aber vielleicht kann man ja da einen Schwerpunkt drauf setzen und ein "klassisches" Gedicht mit einem Rap-Song oder einem Poetry Slam-Stück vergleichen? Was meint ihr?

  • Zu youtube.


    Benutze Mozilla Firefox (ist eh besser als IE) und downloade den "Download Helper". Dann kannst du youtube-Sachen runterladen. Auf jeder youtube-Seite gibts nämlich rechts die URL. Dann hast du sie im .flv-Format. Das spielt z.B. Windows Media Player nicht ab. Gibt aber jede Menge freie Tools, die .flv zu .mp3 oder ähnlichem machen.
    Ich wusste das alles auch nicht, habe aber einfach bei google dann "youtube runterladen" eingegeben und schwups hatte ich die Antwort. Man muss nicht immer alles wissen, man muss nur wissen, wo es steht. ;)

  • Zu Rap/Hiphop findest du bei den Musikkollegen zusätzliche Infos:


    http://www.dirk-bechtel.de/index.htm
    (hier gibt's auch DIE Mailingliste für Musiklehrer, in der mittlerweile 1000 Kollegen eingeschrieben sind)


    und ein gutes Forum:
    http://www.dirk-bechtel.de/forum


    Literaturempfehlungen zu Hiphop:
    http://www.dirk-bechtel.de/tipps2.htm


    weitere Links:
    http://www.autenrieths.de/links/linkmusi.htm#20Jahrhundert

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Na, Glückwunsch erstmal, dass der Einstieg so gut gelaufen ist! Youtube-Donwloads sollten kein Problem sein - s. die bisherigen Tipps.


    Aber zurück zur Lyrik: Die ganze Sache klingt ziemlich gut durchdacht, wenns läuft, würde ich es erstmal laufen lassen und eventuell einzelne "traditionelle" Sachen an den Texten der Kids erproben (wie etwa rhetorische Figuren). Zur "traditionellen" Lyrik muss Du aber sicher so oder so kommen, und da würde ich Deine Befüchtung teilen:


    Zitat

    Und dann befürchte ich, wird der Zauber vorüber sein:-(


    Vielleicht lassen sich aber Wege finden, damit der Zauber nicht völlig erlischt. Man könnte mit Audiopräsentationen von lyrischen Texten einsteigen oder spielerische (produktorientierte) Zugänge bevorzugen. Das "Gedichtpuzzle" hatte ich ja schon erwähnt. Spontan würden mir noch weitere Sachen einfallen, die ich aber nie ausprobiert habe. Man könnte z. B. Gedichte vertonen lassen, wobei ich nicht unbedingt meine "rappen" lassen, sondern etwa auch einen Vortrag mit Geräuschen. Wäre allerdings sicher aufwändig. Vielleicht ist es auch interessant, die Schüler selbst etwas dichten zu lassen, etwa die Schlussstrophe eines Gedichts, das hier noch einmal eine Wendung nimmt. Spontan fällt mir z. B. Trakls "Im Winter" ein:


    Im Winter


    Der Acker leuchtet weiß und kalt.
    Der Himmel ist einsam und ungeheuer.
    Dohlen kreisen über dem Weiher
    Und Jäger steigen nieder vom Wald.


    Ein Schweigen in schwarzen Wipfeln wohnt.
    Ein Feuerschein huscht aus den Hütten.
    Bisweilen schellt sehr fern ein Schlitten
    Und langsam steigt der graue Mond.


    Ein Wild verblutet sanft am Rain
    Und Raben plätschern in blutigen Gossen.
    Das Rohr bebt gelb und aufgeschossen.
    Frost, Rauch, ein Schritt im leeren Hain.


    Letzte Strophe weglassen, Schüler eine Strophe erfinden lassen (idealerweise im selben Metrum, ist allerdings nicht ganz leicht, formale Aufweichungen wären also sicher auch okay), die Lösungsvorschläge diskutieren. Das sollte idealerweise schon etwas über das Gedicht offenbaren - worum geht es: Landschaftskitsch? Gruselige Atmosphäre? Dann Schlussstrophe als "Lösung" zeigen - mit etwas Glück gibt es Aha- und Ekel-Effekte.


    Wie gesagt, sind nur unerprobte Ideen - und vermutlich willst Du ja in Richtung "Gedichtinterpretation" gehen, was früher oder später sicher zum Nachlassen der Beteiligung führt. Trotzdem... Berichte doch einfach mal, wie es weiterläuft und was Du noch probierst!


    Ach so, noch hierzu:


    Zitat

    Aber vielleicht kann man ja da einen Schwerpunkt drauf setzen und ein "klassisches" Gedicht mit einem Rap-Song oder einem Poetry Slam-Stück vergleichen? Was meint ihr?


    Ja, ich denke, das sollte gehen. Vermutlich wird es umso gewinnbringender, je niveauvoller der Rap/Slam ist - da es hier aber eine Menge guter Sachen gibt, sollte das eigentlich kein Thema sein. Ich bin mir z. B. ziemlich sicher, dass Du in "Beziehungsweise" die meisten rhetorischen Mittel findest, die auch in Gedichten wiederkehren. Wie gesagt, halte ich für einen absolut gangbaren Weg - nicht Rap/Slam und Lyrik strikt getrennt, sondern als Teile eines Kontinuums.

  • Tach zusammen,


    der Weg ist sicher gut und pädagogisch nachhaltig, habe allerdings letzte Woche von einem tragischen Fall aus dem Regierungsbezirk Kiel gehört, in dem sich eine Fachleiterin entblödet hat, nach Monaten, in denen sie den produktionsorientierten Ansatz als probat und interessant vorgestellt hatte, diesen in einer Examenslehrprobe kategorisch abzulehnen: zu wenig Niveau. Nun ja, wer daran glaubte, dass das irgendetwas mit Ausbildung zu tun hat, der ist einmal mehr eines Besseren belehrt.

    "Wir operieren in dem Gebiet, das zwischen den besten Absichten und dummem Zufall liegt. Unser Leben ist ein einziges Glück im Unglück. Und dieser Umstand verleiht all unseren Handlungen etwas unfreiwillig Komisches." (aus: "Die Enzyklopädie der Dummheit")

    • Offizieller Beitrag

    Wie niveauvoll eine produktionsorientierte Reihe ist, hängt von der Reflexion der Produkte ab und ist nach oben offen, je nachdem, was für Instrumente mn den Schülern an die Hand gibt.


    Nach dem Rap weitermachen kann man damit


    - sich aus einer Sammlung aus Gedichten verschiedener Epochen (ohne Titel und Autor kopiert) das persönliche Lieblingsgedicht aussuchen. Versuchen in Worte zu fassen, warum man es mag. Sich des Gedichtes - nachdem man Autor und Epoche weiß - verantwortlich anzunehmen und Nachforschungen zum Autor und zur Epoche anstellen und eine persönliche Deutung unter Einbeziehung des Erfahrenen vornehmen. Dies in einer Minipräsentation vortragen. Normalerweise findet dann plötzlich ein recht hoher Identifikationsfaktor satt - mit Epoche, Autor, Gedicht.


    - Ein Gedicht in Partnerarbeit nach bestimmten Merkmalen (Kreuzreim, 4 Strophen, 3 Naturmetpahern, 2 Enjambements, 2 Personifikationen, 2 Alliterationen) selbst verfassen aus einer Auswahl von Themen. Erklären, wie und warum dieser Stilmittel im eigenen Gedicht wirksam sind.


    - Gedichte umschreiben (Perspektivenwechsel, Ort/Zeitwechsel, Epochenwechsel, Parodie, Parallelgedichte, ...), dazu vorher natürlich darüber sprechen, wie das funktioniert und wie das aussehen müsste.


    Interpretationen als Dialog oder Schreibkonferenz verfassen, eine facebook-Gruppe zu Lieblingsgedichten gründen und dort Informationen und Meinungen zusammentragen, dort Gedichte weiterschreiben.


    Mal hier rein gucken http://www.lehrer-online.de/deutsch-lyrik.php da gibt es mehr als genug spannende Methoden.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

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