Freizeit von Mathematik- und Physiklehrern

  • Also ich finde, man kann Sprachen nicht mit Naturwissenschaften vergleichen. Die Arbeitsschwerpunkte sind total anders. Ich unterrichte sowohl Chemie (also kein Physik, aber da gibt es durchaus große Parallelen) als auch eine Sprache. Beide Fächer haben bei mir ungefähr den gleichen Arbeitsaufwand. In der Sprache ist die Oberstufe sehr korrekturintensiv - das ist klar und leider auch sehr ätzend. Allerdings haben es die KAs in Chemie auch in sich, da ich sie nicht so sehr über das Schuljahr verteilen kann. (wer lernt denn noch, wenn ich meine letzte Chemiearbeit schon im April schreiben lasse?) Es kommt dann schon vor, dass ich meine 8 Chemieklassenarbeiten in einem kurzen Zeitraum korrigiere. Da man mit einem Nebenfach mehr Klassen hat, kommt man ungefähr auf die selben Anzahl Klassenarbeiten wie die reinen Sprachlehrer. Meine Schüler fertigen bei Versuchen auch Protokolle an, die ich zusätzlich noch korrigiere. Außerdem hat man mehr Schüler und damit extreme Schwierigkeiten, sich Namen zu merken. Wie macht man dann dabei noch objektive mündliche Noten? Und mein Kontakt zu den Schülern ist in meinen Fremdsprachenklassen viel intensiver und daher auch schöner, da ich sie öfters sehe. Wenn ich viel Unterstufe in der Fremdsprache habe, ist mein Korrekturaufwand in Chemie sogar höher!! Bei Chemieklassenarbeiten muss ich öfters eine Pause einlegen. Dort geht es oft um Feinheiten, die die volle Konzentration benötigen. Ich lasse nicht nur multiple choice Fragen beantworten, sondern die Schüler müssen öfters Sachverhalte in eigenen Worten schreiben. Bei Rechnungen muss ich oft den Rechenweg nachvollziehen, damit ich weiß, wo es hakt - und das kann echt viel Zeit kosten!!! In der Fremdsprache sind es meist Standardfehler, mit denen man es zu tun hat. An den Arbeiten kann ich länger am Stück sitzen. Ich könnte nicht sagen, welches Fach ich lieber korrigiere. Korrekturen sind einfach besch...
    Anfänglich war die Vorbereitung in der Chemie VIEL!!! anstrengender als in der Fremdsprache und benötige viel mehr Zeit. Mit der ZEit wird es einfacher, so dass mir die Stunden leichter von der Hand gehen. Und das hatte nichts mit meinem Fachwissen zu tun, sondern mit purer Didaktik. Allerdings ist es mit der Vorbereitung am Schreibtisch nicht getan. Übrigens gibt es in der Fremdsprache sehr gute Lehrerhandbücher, aus denen man viel übernehmen kann (zur Not auch die komplette Stunde). DAs habe ich in Chemie nicht (ich habe lediglich Sammlungen mit ABs, die ich dann aber immer abwandeln muss) - viele Arbeitsmaterialien muss ich mir daher selbst erstellen, v.a. auch die Stundenstruktur. Versuche muss ich mindestens einmal für mich durchgemacht haben - oft funktionieren sie nach Anleitung nicht und man muss sehen wo der Fehler liegt (für die Fußwege, bis man alles zusammen hat, würde ich oft gerne Wegegeld verlangen!). Mein Kollege und ich stehen öfters mal komplette Nachmittage an Versuchsvorbereitungen. (Hat man in Chemie dann aber alle Stufen mal unterrichtet, dann wird die Vorbereitung weniger - ist aber in der Fremdsprache auch so... nur, dass man da dann keine CHemikalien zusammensuchen muss. In beiden Fächern kann man auch Sparflamme fahren, wenn man will - aber ob das einem die Schüler danken??) Ich kann in der Fremdsprache auch eine Stunde halten, ohne sie vorbereitet zu haben... Vokabelspiele und Diskussionsrunden kann man immer mal machen. Das geht in Chemie nicht. Auch da müssen Spiele vorbereitet werden (abgesehen von den käuflichen Spielen, die nur möglich sind, wenn eine kommplette LPE abgehakt ist)... ICh wäre dankbar für Stehgreifspiele, die auch mal ne Stunde dauern... Außerdem wollen die Fachräume geputzt, die Reagenzgläser gespült, die Chemikalien geordnet werden.( Hier finde ich es auch lächerlich, dass es meinen Nicht-Naturwissenschaftlichen Kollegen zu viel Zeitaufwand ist, mal das Klassenzimmer nach dem Unterricht abzuschließen, die Fenster zu schließen oder das Licht auszumachen -das muss ich in der Chemie vor jeder Pause immer machen! Außerdem muss ich die Versuche soweit wegräumen, dass der Kollege nach mir unterrichten kann.) DAs alles nimmt doch viel Zeit in Anspruch. (Große Pause, was ist das?? Habe ich so eigentlich nie!) ICh habe auch ehrlich noch nie einen Fremdsprachenkollegen in den Ferien an der Schule angetroffen (höchstens mal kurz zum Kopieren), dafür aber regelmäßig meine NAturwissenschaftskollegen (die Sammlung wird geordnet und aufgeräumt). Zusätzlich kommen in BW noch die GFSen dazu. Das sind längere Referate, die als eine KA zählen. Die Schüler sollen da auch Versuche vorführen. Aber auch die wollen vorbereitet werden, und das dürfen sie oft nur an der Schule unter Aufsicht eines Lehrers.
    Stundenplantechnisch hätte ich bei uns an der Schule gerne zwei Hauptfächer, dann hätte ich nicht so viele Hohlstunden (Nebenfächer bekommen bei uns immer die "Randstunden") Somit bin ich oft von der 1. Stunde bis zur 10. Stunde an der Schule. In den Hohlstunden kann ich zwar oft Dinge aufräumen, Versuche kann ich da aber nicht durchführen, da die Chemiesäle besetzt sind und ich sonst keinen Gasanschluss habe. Unterricht kann ich bei dem Trubel auch nicht vorbereiten. Da bleibt dann nur der Abend oder die Wochenenden. Als Vergleich - mein Kollege, der neben mir sitzt (2 Fremdsprachen) hat nie Nachmittagsunterricht...
    Unterm Strich bin ich froh, beides zu unterrichten. Zeitlich gesehen schenken sich beide Fächer m.E. nichts (es kommt sehr auf die Klassenstufen an!) . Einen großen Vorteil haben die Fremdsprachen - man hat die Möglichkeit eines Schüleraustausches - das haben die Naturwissenschaftler nicht! Und meine Kollegen würden schon auch gern mal gehen...) Und ist es nicht so, dass man nur mit einem FAch glücklich wird, das man gerne macht und in dem man gut ist - ungeachtet des Zeitaufwandes? Im Übrigen geschieht bei uns an der Schule noch so viel zusätzlicher Kram mit Arbeitskreisen, Schulentwicklung und ähnlichen (teilweise so unsinnigen Dingen), so dass mein Unterricht und extrem auch meine Freizeit!!! definitiv darunter leidet. Und das sind die eigentlichen Dinge, die mir das LEben schwer machen. 80 Kollegen und jeder gibt seinen Senf zu allem (egal ob es gerade thematisch passt oder nicht!). Ausserdem ist man erst mal aus Prinzip dagegen (dass diese Haltung die Schule aufhält und die Zeit der Kollegen extrem in Anspruch nimmt, ist komplett egal. Bei uns sind das meist die Nicht - Naturwissenschaftler... scheinbar haben die für solche Scherze immernoch genug Zeit... trotz so vieler aufwändiger Korrekturen ;) )


    Gruß,
    Kiki, die sich tierisch über die Osterferien freut, da sie endlich mal Zeit zum Korrigieren und Aufräumen findet...

    The only time my education was interrupted was, when I was at school. - Mark Twain


    The only time my education was interrupted was, when I was a teacher trainee in Germany!!! - Kiki

    2 Mal editiert, zuletzt von kiki74 ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Kiki,
    ich habe deinen Beitrag mit großem Interesse gelesen, allerdings finde ich leider, dass der ganze Thread in ein bisschen "Was wollt ihr denn alle, ich habe es doch sowieso am allerallerallerschlimmsten!" gespickt mit "Und wenn ich zu meinem Kollegen rüberschaue- der hat es viiiiel schöner als ich!" abgleitet.
    Wie aus dem Profil ersichtlich ist, unterrichte ich zwei Hauptfächer und (Danke, G8!)- ich bin zwei Mal die Woche bis zur zehnten Stunde in der Schule. Außerdem ist Schüleraustausch auch nicht nur lustiges Tralala und nettes Rumgereise- ich weiß es, ich komme gerade von einem Frankreichaustausch zurück- sondern ein Haufen Vorbereitung und ich kann die Tage gar nicht mehr zählen, an denen ich bis abends mit meiner perfektionistischen Kollegin da saß und vorbereitet und organisiert habe.
    Übrigens gibt es an meiner Schule auch einen Austauch mit einem asiatischen Land- der überwiegend von Naturwissenschaftlern organisiert wird. Dabei geht es vor allem ums Kennenlernen einer ganz anderen Mentalität und weniger um das Lernen einer Fremdsprache. Wenn dir der Austausch abgeht, dann wäre das Modell doch vielleicht etwas für dich?
    Ja, ich bin auch für ein Arbeitszeitmodell, aber ich glaube immer noch, dass Jammern und uns gegenzeitig beschuldigen oder uns sogar verfluchen nicht weiterbringt. Übrigens finde ich es etwas dreist, wenn sämtliche Tipps- darunter auch eine ganze Menge erprobter und nützlicher- als schlicht undurchführbar abgetan werden, weil man doch lieber weiter jammern und schimpfen will.
    Bei uns in der Schule ist es beispielsweise so, dass Kollegen mit zwei Hauptfächern dafür weniger Deutschklassen bekommen und eher auf ihre Wünsche bei der Klassenverteilung eingegangen wird. Dafür wird die Kollegin, die Ethik und Sport unterrichtet, ständig zu irgendwelchen Ags und Sonderaufgaben verdonnert. Sie hat zwar weniger Korrekturen, lebt aber quasi schon fast in der Schule. Ob das besser ist?
    Liebe Grüße
    Hermine

  • Hallo Hermine,


    ich wollte nicht darstellen, dass ich es am allerschlimmsten habe. Definitiv nicht! Im Übrigen könnte ich das fast jedem Sprachlehrer hier vorwerfen, da ich da immer die gleiche Leier höre. Aber das will ich gar nicht (ich weiss wie ätzend Korrekturen sind). Ich wollte lediglich darstellen, dass es in den anderen Fächern teilweise wohl auch Arbeitsstunden gibt, die wohl doch nicht so offensichtlich für viele sind. Nur hab ich das Gefühl, dass viele Kollegen das oft nicht wahrhaben wollen. Und ja, ich bekomme schon teilweise einen solchen Hals, wenn mir mein Kollege von nebenan immerwieder vorklagt, wie schlecht es ihm geht, weil er so viel zu korrigieren hat und mir dann erzählt, dass ich es mit meinen Fächern viel besser habe. Aber ich sitze auch nächtelang am Schreibtisch und korrigiere, weil ich oft erst um 20 Uhr abends von der Schule nach Hause komme, während er schon um 13Uhr die Segel streicht. Wie das dann bei irgendwelchen Arbeitszeitmodellen gerecht verrechnet werden soll, hab ich keine Ahnung... Wie kann man denn Äpfel mit Birnen am gerechtesten vergleichen?? Übrigens bin ich bei uns an 2 Austauschen beteiligt und weiss, wieviel Arbeit das ist - brauchst du mir nicht zu erzählen. Allerdings, so stressig die Austausche sind, komme ich doch jedes mal wieder erholt an die Schule zurück - so ehrlich muss ich schon sein! Ich denk, da kommt es auch sehr auf den Blickwinkel an. Fakt ist, dass bei uns andere Lehrer mit machen wollen und nicht dürfen. -Die "dürfen" sich dann mit 2 neuen Fächern (für die sie nicht ausgebildet sind!!!) rumschlagen... Für diese Fächer gibt es leider keine Fachräume und auch nicht genügend Kollegen. Trotzdem muss das auf die Beine gestellt werden (NwT ist ja jetzt Hauptfach). Daher gibt es (als Belohnung ;) ) mehrmals im Monat Fachsitzungen dafür...


    Ich finde übrigens deinen Vorschlag sehr schön, dass man im arbeitsintensiverem Fach weniger Klassen bekommt. Nur, wer entscheidet, welches Fach wie arbeitsintensiv ist? Ich könnte das schon allein bei meinen beiden Fächern nicht unterscheiden, obwohl ich da den vollen Einblick habe...


    Grüße,
    Kiki

    The only time my education was interrupted was, when I was at school. - Mark Twain


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    Einmal editiert, zuletzt von kiki74 ()

  • ... ein schwieriges Thema ...


    Gibt es denn Studien, die sich mit der Unerschiedlichkeit der Fächer beschäftigen?
    Ich meine, irgendwodrauf muss sich Hamburg ja stützen, wenn dort bestimmte Fächer eine andere Pflichtstundenzahl mit sich bringen als andere

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Kiki,
    der Vorwurf bezog sich auch nicht im speziellen auf dich, sondern vielmehr ingesamt auf den Thread hier.
    Bei uns in der Fachsitzung Deutsch wurde das mit den Klassenverteilungen mal geregelt und so an die Stundenplanmacher weitergegeben: Wer zwei Hauptfächer hat, bekommt eine Klasse Deutsch weniger. Und dass Deutsch mit eines der korrekturintensivsten Fächer ist,wird hier nicht angezweifelt werden, denke ich.
    Ich persönlich ziehe aber immer noch die Variante vor, weniger über meinen Nachbarskollegen zu jammern und dafür eben diese Energie in meine eigene Arbeit zu stecken. Damit bin ich, denke ich, deutlich entspannter als jene, die jedem Sport, Mathe- oder Ethik-Kollegen von vornherein Faulheit unterstellen.
    Liebe Grüße
    Hermine

  • Zitat

    Original von Micky
    ... ein schwieriges Thema ...


    Gibt es denn Studien, die sich mit der Unerschiedlichkeit der Fächer beschäftigen?
    Ich meine, irgendwodrauf muss sich Hamburg ja stützen, wenn dort bestimmte Fächer eine andere Pflichtstundenzahl mit sich bringen als andere


    Alles was du wissen willst, vielleicht trägt das hier auch zur Objektivierung des Diskussion bei:


    http://fhh.hamburg.de/stadt/Ak…ll/lehrerarbeitszeit.html


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    • Offizieller Beitrag

    Die Vergleicherei macht nicht wirklich Sinn, wir wissen alle, dass man jedes Fach mit mehr oder weniger Engagegment unterrichten kann, und auch, dass da andere Faktoren mit reinspielen.


    Ich zitiere mal das Statement eines anderen Lehrers:


    Die im Zitat zitierte Studie gibt es hier:
    http://www.callnrw.de/php/lett…download/837/download.pdf


    Grundsätzlich arbeiten Lehrer im Schnitt eher zu viel als zu wenig. Egal in welchem Fach - so viel steht fest. Wer seinen Job richtig gut machen will oder ungünstige Bedigungen welcher Art auch immer (Fach / Klassenzusammensetzung / Fahrtzeiten / Stundenplanmacher / sonstwas in der Art) hat - oder gar beides 8o - der arbeitet über 60 Stunden die Woche.


    Bezahlt werden wir übrigens für 41. Man nehme davon Abstand, seinen Stu7ndenlohn auszurechnen. Das frustet.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

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