Lehramtsstudium (Chemie, NRW) oder normales Chemiestudium?

  • Hallo,


    ich bin auf der Suche nach Infos über das Lehramtsstudium in NRW auf dieses Forum gestoßen und hoffe, dass ihr mir bei einigen meiner Fragen helfen könnt.


    Zu mir: Ich habe 2006 mein Abi an einem privaten Gymnasium im Kreis Soest/NRW absolviert. Zum Wintersemester 2006/07 begann ich in Krefeld an der dortigen Fachhochschule das kooperative Studium Chemieingenieurwesen. Kooperativ heißt in meinem Falle, dass ich drei Tage pro Woche meine Ausbildung zur Chemielaborantin absolviere und zwei Tage pro Woche studiere. In den "Semesterferien" arbeite ich fünf Tage die Woche.
    Im Sommer 2008 werde ich meine Ausbildung abgeschlossen haben. Dann habe ich zwar schon zwei Jahre studiert - allerdings quasi vier halbe Semester, weswegen ich dann erst die Module der "normalen" ersten beiden Semester abgeschlossen habe.
    Durch meine Ausbildung habe ich einen guten Einblick in die chemische (Groß-)Industrie erhalten. Aufgrund verschiedener Faktoren werde ich momentan immer unsicherer, ob ich wirklich später in der Industrie arbeiten möchte. Die beiden Studienrichtungen in Krefeld (Chemieingenieurwesen und Chemie & Biotechnologie) sprechen mich beide nicht zu 100 Prozent an. Weiterhin stört mich der "Promotionszwang" in der Chemie.
    Ihr fragt euch sicherlich jetzt, warum ich dann überhaupt in Krefeld studiere. Ganz einfach: Mich hat das duale Studium so sehr angesprochen, dass ich mich nicht über weitere Universitäten/Studienmöglichkeiten informiert habe. Ich dachte so nach dem Motto "Studium und Ausbildung bei einer großen Chemie-Firma kann nur gut sein". Über Berufsaussichten/Jobmöglichkeiten habe ich mich nicht weiter informiert - vor allem da ich meine Zusage für die kooperative Ausbildung schon sechs Monate vor dem Abi hatte.
    Das ich beruflich was mit Chemie machen möchte steht so fest wie das Amen in der Kirche ;-). Ich finde dieses Fach einfach klasse. Ich merke aber, dass weder Chemieingenieurwesen noch Biotechnologie das ist, was ich mir für meinen späteren Job vorstelle - ich will halt Chemie machen. Chemie war schon in der Schule mein absolutes Lieblingsfach.
    Aufgrund dessen überlege ich halt im Sommer auf eine Universität zu wechseln. Fest steht, dass diese Uni in NRW liegt und dass ich entweder zur Chemie (Bachelor of Science) oder zum Lehramt Chemie wechseln würde.


    Lehramt war eigentlich immer eine gedanklich versteckte Option für mich, die aber nie wirklich zum Vorschein gekommen ist, da ich sehr auf das duale Studium, von welchem ich seit der 11. Klasse wusste, hingearbeitet habe. Ich arbeite gerne mit Kindern und Jugendlichen (u.a. habe ich zum Beispiel früher eine Kindergruppe in unserer Gemeinde geleitet). Während meiner Schulzeit und auch jetzt im Nachhinein sehe ich den Lehrerberuf als sehr vielseitig und interessant an. Ich hatte in der Oberstufe (und im Abi) auch das Fach Pädagogik, was mir ebenfalls viel Spaß gemacht hat. Nachhilfe habe ich nur kurzzeitig gegeben, aber auch das fand ich interessant.
    Trotzdem habe ich jetzt natürlich große Zweifel die Uni bzw. evtl. auch das Studienfach zu wechseln. Bestärken tut mich aber auch allein der Gedanke, in eine andere Stadt zu ziehen, da ich mich in der Stadt Krefeld nicht wirklich wohl fühle (ich komme vom Dorf...). Es wäre sehr schade um die Freundschaften, die hier während der letzten zwei Jahre entstanden sind. Meine Wohnung müsste ich auch aufgeben (aber das muss ich wohl auch, wenn ich hier weiterstudiere, da ich ab Sommer kein geregeltes Einkommen mehr habe - ich würde wahrscheinlich ins Studentenwohnheim ziehen; das kommt wesentlich günstiger).


    Bleibt die Frage "(Gymansial)Lehramt oder nicht?".
    Wie finde ich am besten heraus, ob mir der Lehrerberuf liegt und Spaß macht? Ich denke natürlich, dass es am besten durch ein mehrwöchiges Praktikum geht. Dies könnte ich aber frühestens zum neuen Schuljahr beginnen, da ich bis Juni einschließlich noch meine Ausbildung mache und diese jetzt sicherlich jetzt nicht kurz vorm Ende abbrechen werde.
    Ich denke es wäre zu schaffen ca. 4 Wochen Praktikum am Anfang des neuen Schuljahrs zu machen und dann zum Wintersemester das Studium an einer anderen Uni als Krefeld aufzunehmen. Wohnungsauflösung etc. könnte im Juli erfolgen. Das Praktikum müsste dann nur in der Nähe meines Heimatortes sein, sodass ich während des Praktikums wieder bei meinen Eltern wohnen könnte. Ich denke, dass es nicht klug ist, an meine alte Schule zu gehen - wie seht ihr das? Am anderen Gymnasium in unserer Stadt hatte ich Chemie-LK, weswegen ich dort auch nicht hin möchte. Mir wäre eine fremde Schule am liebsten, ich denke dort könnte ich die besten Erfahrungen sammeln (an meiner alten Schule würde ich mich in jedem Fall wohl fühlen - egal ob mir das Praktikum Spaß macht oder nicht - ich hoffe ihr versteht, was ich meine).


    Ein normales Chemie-Studium schließe ich momentan auf keinen Fall aus. Nur möchte ich später eigentlich schon ne Familie haben und ich habe das Gefühl, dass das als promovierte Chemikerin erstmal nicht möglich ist. Ich wäre ca. 28 wenn ich mit dem Studium fertig bin und muss dann ja erstmal mehrere Jahre voll arbeiten... Sonst hätte ich nicht studieren müssen. Halbtagsstellen für Chemikerinnen/Chemiker sind definitiv super-selten... Als Lehrerin denke ich, ist eine Familiengründung einfacher.
    Außerdem ist man im Lehrerberuf evtl. flexibler als als Chemikerin. Als solche müsste ich quasi später im Rheinland leben (wenn ich in NRW bleiben würde), denn nur hier findet man die Chemie-Unternehmen.


    Mir schwirren momentan tausend Fragen bzgl. des Lehramtstudium im Kopf herum. Ich schreibe hier einfach mal nacheinander einige auf und hoffe, dass ihr mir in Bezug auf meine Situation antworten könnt/möchtet.


    Welches Lehramt?
    Eigentlich will ich ins Gymnasium, jedoch sind dort die Einstellungschancen nicht der Brüller, oder? Vor allem weil ich ziemlich genau dann fertig werden würde, wenn von 13 auf 12 Schuljahre umgestellt wird. Grund- und Berufsschule scheidet aus. Bliebe Real/Haupt. Später an einer Hauptschule zu unterrichten kann ich mir leider momentan nicht vorstellen. Aber ich glaube, dass wenn man den Schwerpunkt Realschule/Hauptschule studiert beliebig an eine Hauptschule geschickt werden kann.
    Wie sieht das aus, wenn ich Gym/Gesamt studiere? Kann ich dann wirklich nur an diese Schulformen kommen? Oder könnte ich trotzdem an andere Schulformen versetzt werden?


    Bachelor/Master oder "altes Lehramt"?
    Ich glaube, dass ich lieber im neuen System studieren würde - das kenn ich ja schon. Was haltet ihr für sinnvoll? Meine evtl. Wunsch-Uni (Paderborn) hat noch das alte System...
    Ich weiß z.B. von Bielefeld, dass dort im Lehramts-Bachelor erst ein Fach studiert wird, das zweite Fach folgt im Master. Ist dies bei allen Lehramts-Bachelorn in NRW so? Ich würde beide Fächer lieber die ganze Zeit gleichzeitig studieren.


    Einstellung, Versetzung und Co.?!
    Wie werden Refrendar-Stellen vergeben? Kann man Orts- und Schulwünsche äußern? Kriegt jeder Absolvent des 1. Staatsexamens definitiv eine Refrendar-Stelle?
    Lehrer-Einstellungen erfolgen in NRW soweit ich weiß hauptsächlich über die http://www.leo.nrw.de.
    Mich würde aber auch interessieren wie das mit Stellen an staatlich anerkannten privaten Gymansien aussieht. Wie wird man da Lehrer/Refrendar? Bewirbt man sich direkt an der Schule? Bei uns an der Schule hieß es immer, dass der Direktor sich seine "Lehrer aussuchen" darf. Was damit aber genau gemeint ist, weiß ich nicht.
    Kann beliebig in NRW versetzt werden. Wenn ich z.B. in Dortmund arbeite, in Köln aber jetzt dringend Chemie-Lehrer gebraucht werden...


    Studienablauf/zweites Fach!?
    Wenn ich auf Lehramt wechsele, wird mein zweites Fach wahrscheinlich Mathe sein. Das hatte ich ebenfalls als LK. Eigentlich hat es mir auch während der gesamten Schulzeit Spaß gemacht.
    Nur soll Mathe an einer Uni/im Studium ja was ganz anderes sein. Ich hatte an der FH jetzt auch zwei Semester Mathe und habe das dort schon gemerkt. Bin z.B. durch die zweite Klausur gefallen, habe aber beim zweiten Mal bestanden. Ich denke, dass ich mich durch das Mathe-Studium hinbekommen kann.
    Nur würde ich gerne wissen, inwieweit Mathe-Lehramt wirklich lehramtsbezogen gelehrt wird. Haben angehende Lehrer eigene Vorlesungen oder sitzt man mit den Bachelor-of-Science-Mathematikern bzw. den Diplomern zusammen im Hörsaal? Wie ist das z.B. wenn man Mathe auf Realschul-Lehramt studiert. Gibt es da Unterschiede zum Gymnasial-Lehramt im Studium?
    Eine wirklich andere Option für das zweite Fach sehe ich momentan nicht.
    Physik: hab ich zwar echt gerne gemacht, aber ein Studium.... - weiß ich nicht so recht.
    Musik: Bin zwar eigentlich recht musikalisch und spiele auch Querflöte, jedoch eher zum Spaß. Außerdem bin ich gesanglich eher untalentiert und Klavier kann ich (leider) auch nicht spielen.
    Pädagogik/Erziehungswissenschaften: Die Materie interessiert mich zwar, jedoch glaube ich nicht, dass ich das Fach später unterrichten möchte.
    Weitere Fächer kommen - zumindest im Bezug auf Gymansium momentan nicht in Betracht bei mir.
    Ich denke Mathe/Chemie-Lehramt ist eine Kombination, die man gut zusammen studieren kann, oder? Ich stelle mir das aber trotzdem momentan etwas schwierig vor zwei Fächer + Pädagogik zeitlich unter einen Hut zu bekommen, aber ich denke mir, dass das schaffbar ist. Schließlich bin ich nicht die erste, die evtl. Lehrerin werden will.
    Könnt ihr mir was zu Studienorganisaton sagen?


    Ich erwarte auf keinen Fall Antworten auf alle Fragen. Ich bin für jede Antwort von euch dankbar, da ich momentan nicht weiß, an wen ich mich sonst wenden kann.


    Also freue mich auf jede noch so kleine, aber hilfreiche Antwort. Vielen Dank schon mal, dass ihr meinen langen Post gelesen habt.

  • Also generell kann ich dir nur raten:
    Mach erst mal das Praktikum. Wenn du dir wegen der Schulform unsicher bist. Also in Bayern gibt es das Orientierungspraktikum, das man als Lehrämtler vor dem Studium machen soll. Da geht man einfach sowohl ins Gymi, als auch in die Realschule und wenn man mag in die Grundschule, und dann siehst du ja, was dir am ehesten liegt.
    Wenn du dich i der Zwischenzeit schon für etwas beworben hast, was du dann doch nicht werden willst, kannst du doch im ersten Semester ganz problemlos wechseln, ohne groß Zeit zu verlieren.
    Schau nicht zu sehr drauf, wie das Studium aussieht,weil das sollte deine Entscheidung weniger beeinflussen. Wichtiger ist doch, ob der Beruf was später für dich ist!

  • HAllo Sonnenblume,


    ich kenne deine Gedanken nur zu gut. Ich hab während meines Lehramtsstudiums ziemliche Zweifel bekommen und mir überlegt auf Diplom umzuschwenken. Mittlerweile bin ich total froh, dass ich das nicht gemacht habe... Chemie ist ein wirklich schönes Fach zu unterrichten. Allerdings kommt es natürlich auch auf dich an, was du mit deinem erlernten Wissen machen willst. Unterricht ist was anderes als die Forschung. An der Schule wird definitiv nur das elementarste Wissen der Uni benötigt. Ich finde es vorallem spannend mir einen Unterrichtsgang durch die Themen zu überlegen und einen Bezug zum Alltag herzustellen. Ich denke auch, es wäre für dich sehr hilfreich, ein Praktikum zu machen, da du wahrscheinlich nur so einen Einblick in die Arbeit erhältst. Über die Einstellungmöglichkeiten musste ich mir überhaupt keinen Kopf machen. Hier in BW wird jeder Chemielehrer (alle Naturwissenschaften - v.a. Mathe, Physik und Chemie) mit Handkuss genommen und ich glaube auch nicht, dass sich dass in Zukunft sehr ändern wird.


    Gruß, Kiki

    The only time my education was interrupted was, when I was at school. - Mark Twain


    The only time my education was interrupted was, when I was a teacher trainee in Germany!!! - Kiki

  • Hallo Zora, hallo Kiki und auch hallo alle anderen,


    erstmal vielen Dank für eure Antworten, die mich beide bestärkt haben mehr über das Lehramt nachzudenken.


    Mir ist inzwischen noch eine Frage eingefallen:
    Inwieweit lernt man während des Lehramt-Studium Lehrer zu werden? Ich mein damit, ob man wirklich lernt Unterricht zu planen, Noten zu vergeben, mit "Problemschülern" umzugehen, etc.. Oder kommt das alles erst im Referendariat?


    Freue mich sehr auf weitere Antworten. Danke

  • Zitat

    Original von Sonnenblume1987
    Mir ist inzwischen noch eine Frage eingefallen:
    Inwieweit lernt man während des Lehramt-Studium Lehrer zu werden? Ich mein damit, ob man wirklich lernt Unterricht zu planen, Noten zu vergeben, mit "Problemschülern" umzugehen, etc.. Oder kommt das alles erst im Referendariat?


    Das lernt man an der Uni so gut wie überhaupt nicht. Die Seminare in Erziehungswissenschaften sind meistens ein Witz und haben nicht viel mit der Schulrealität zu tun.
    Ich habe an zwei verschiedenen Unis in zwei verschiedenen Bundesländern (NRW und Niedersachsen) studiert und es war diesbezüglich überall gleich.

  • Hallo Sonneblume!
    So jetzt hab ich mal etwas mehr Zeit für ein ausführlicheres Posting! :) Ich kann Finchen nur rechtgeben, man hat zwar Fachdidaktik, aber so einen Einblick in den Unterricht kriegt man erst in den Praktika und natürlich erst recht im Referendariat. Schon allein deshalb ist es echt schlau, ein Praktikum zu machen. Du kannst dir ja ruhig Realschule UND Gymi anschauen, dann fällt dir die Entscheidung leichter.
    Ich bin jetzt fertige Diplombiologin, und ich habe erst am Ende des Studiums bei der Diplomarbeit im Labor begriffen, dass das nichts für mich ist. Hätte ich doch vielleicht schon mal ein Praktikum gemacht, hab ich mir da oft gedacht!
    Jetzt studier ich noch einige Semester auf Lehramt Gymnasium Bio/Chemie, um dann doch Lehrerin zu werden! Ich mach gerade auch ein Praktikum in einem Gymnasium. Ich wollte das einfach machen, um mir sicher zu sein, ob das jetzt wirklich die richtige Entscheidung für mich ist. Und jetzt bin ich mir so sicher, dass ich Lehrerin werden will! Also, wenn du ein Praktikum in der Schule machst, wirst du recht schnell merken, ob das was für dich ist. Halte ruhig mal ein paar Unterrichtsstunden und versuche rauszufinden, ob du mit Kindern gerne umgehst, indem du mal mit ihnen redest.
    Und wegen dem "Lernen Lehrer zu werden" nochmal: Ich kenne einen Diplombiologen, der hat also gar nicht auf Lehramt studiert. Und jetzt ist er Referendar für Bio und Chemie (Chemie, obwohl er im Studium im Nebenfach nur Biochemie hatte), und er macht seine Sache glaub ich ganz gut! Erst im Referendariat lernt man das richtig. Aber in den Praktika kannst du ja schon mal vorfühlen, ob dir das Spaß macht und dir das Unterrichten machbar vorkommt.
    Wegen dem zweitem Fach Mathe: Schau dir im Unterricht auch mal Mathe an. Generell ist es v. a. beim Gymnasiallehramt so, dass man die meisten Veranstaltungen zusammen mit den Diplomlern zusammen besucht.Und klar spielt es ein bisserl eine Rolle, ob das Mathe im Studium machbar ist. Aber meiner Meinung nach sollte man gar nicht so sehr seine Entscheidungen nach dem Studienablauf treffen. Das Studium ist nur eine Phase, durch die man sich manchmal etwas durchbeißen muss, aber deinen Beruf später, den machst du dann den Rest deines Lebens!

Werbung