Aufhebung der Lernzielgleichheit

  • Hallo!


    Bei einem Mädchen in meiner (2.) Klasse wird womöglich die Lernzielgleichheit aufgehoben (wenn die Eltern es beantragen).


    Leider bin ich bisher im Internet nicht schlau geworden, wie das eigentlich genau ablaufen soll (und mein Chef weiß es auch nicht...).
    Es wurde sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt. Nachdem das Mädchen die erste Klasse wiederholen musste, hätte es sogar einen Platz auf einer Förderschule bekommen (der ihr glaube ich wirklich gut getan hätte), aber die Eltern wollten nicht.
    Bei Aufhebung der Lernzielgleichheit muss das Kind nicht mehr den Stoff mitmachen, den die ganze Klasse macht, sondern bekommt Angebote auf seinem Niveau (auch Proben und Lernzielkontrollen). Da es - außer in Kunst, Musik und Sport - in allen Fächern höchstens (!) auf Erstklassniveau ist, bedeutet das, dass es eigentlich gar nicht mehr am normalen Unterricht teilnehmen kann.


    Wie aber soll ich den quasi Einzelunterricht durchführen, parallel zu meinem normalen Unterricht? Differenzierung ist ja schön und gut, und ich bemühe mich auch im Rahmen meiner Möglichkeiten darum (hier mal mehr/für längere Zeit Material zum Rechnen, dort einen Lückentext statt einem Diktat, ...). Aber dieses Mädchen braucht ja eigentlich einen komplett anderen Unterricht (Zusammenschleifendes Lesen der einfachsten Wörtern, teilweise sogar noch Lautanalyse; in Mathe Rechnen bis 10...).
    Ich kann ihr doch nicht einfach irgendwelches Material und Arbeitsblätter hinlegen und sagen, da mach mal!


    Mein normaler Unterricht beinhaltet zwar schon immer wieder mal Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit, wo die Kinder mehr oder weniger selbstständig arbeiten (wobei ich bei der Gruppenarbeit schon immer wieder nach einzelnen Gruppen sehen muss, damit sie das Richtige machen...). Während dieser Phasen kann ich dem Kind schon etwas erklären oder mit ihm zusammen arbeiten. Aber erstens sind da ja noch die 20 anderen Kinder, die auch Aufmerksamkeit erfordern. Und zweitens machen/erarbeiten wir auch häufig etwas gemeinsam. Was macht das Mädchen dann?


    Bekomme ich dafür eigentlich irgendwelche Hilfen an die Hand? Und wie das ganze Verfahren abläuft, habe ich auch noch nicht herausgefunden. Ich habe nur den Artikel im BayEUG gefunden, in dem es heißt, dass Kinder mit sopäd. Förderbedarf nach Möglichkeit an der Regelschule unterrichtet werden sollen. Aber wie genau funktioniert der Antrag? Was passiert dann?


    Bitte nicht falsch verstehen, ich will das Mädchen nicht einfach auf eine Förderschule abschieben. Im Moment sieht es sowieso eher so aus, als würden die Eltern den Antrag gar nicht stellen wollen. Ich sehe nur nicht, wie das Ganze funktionieren würde und fühle mich etwas überfordert damit. Aber vielleicht könnt Ihr mir da ja weiterhelfen?!


    Vielen Dank fürs Durchlesen und für eure Hilfe!


    Liebe Grüße
    Biene Maja

  • Bei uns nennt man das SPF = Sonderpädagogischer Förderbedarf


    Das Kind bleibt im Klassenverband, wird einige Stunden in d. Woche von einem Sonderschulllehrer unterrichtet
    und die restliche Zeit hältst du sozusagen Mehrstufenunterricht, d.h. versorgst das Kind mit.

  • Bei uns in NRW heißt das GU (gzemeinsamer Unterricht). Ich hatte schon 3 Kinder im Gu. Ein Sonderschullehrer kam maximal für 3 Stunden - manchmal nur für 2 Stunden, den Rest der Förderung habe ich ü+bernommen. Es ist ein Riesendrahtseilakt, aber es klappt in Einzelfälllen - wenn man Klassenlehrer ist mit allen Stunden in der Klasse - das ist meine persönliche Meinung. Ich habe z.B. Kunststunden dafür genutzt, dem Kind neue Dinge beizubringen - wenn alle eine gemeinsame Arbeitsphase haben. Das entsprechende Kind hat dann Kunst hinterher gemacht, wenn ich den anderen etwas neues beibrachte. Auch die Kinder untereinander haben geholfen... Manchmal habe ich die Frühstückspausen genutzt, das entsprechende Kind hat dann nachgefrühstückt, dh. nach der Hofpause. Natürlich muss man sich viele Materialien zusammensuchen und es ist immer eine nicht unerhebliche Zusatzbelastung. Ganz gut waren andere Mathehefte, z.b. Rechenrakete, oder jetzt Flex und Flo. Oft habe ich auch PC Programme eingesetzt, weil sie eine sofortige Selbstkontrolle und Rückmeldung ermöglichten.


    M.E. lohnt sich der GU bei Kindern, die an der Grenze zur Lernbehinderung standen).
    Oft habe ich mich aber gefragt, warum der Aufwand, wenn das Konzept nach der 4. Klasse nicht weitergeführt wird.

  • Hallo!


    Vielen Dank schon mal für eure Antworten und ganz lieben Dank auch für die Tipps mit den Mathebüchern, da kann ich mich schon mal umsehen.
    Ich kann also wahrscheinlich damit rechnen, dass ein Sonderschullehrer mich unterstützt , wenn auch vielleicht nur ein wenig. Aber wie ich auch befürchtet habe, ist es auch viel Mehrarbeit...


    Zitat

    Original von elefantenflip
    Ich habe z.B. Kunststunden dafür genutzt, ... Das entsprechende Kind hat dann Kunst hinterher gemacht, wenn ich den anderen etwas neues beibrachte. ... Manchmal habe ich die Frühstückspausen genutzt, das entsprechende Kind hat dann nachgefrühstückt, dh. nach der Hofpause.


    Ich frage mich nur, welchen Sinn hat es eigentlich, das Kind in der Klasse zu lassen? Eigentlich macht es dann ja ständig etwas anderes als die anderen, es findet doch gar kein gemeinsamer Unterricht mehr statt, oder?


    Zitat


    Oft habe ich mich aber gefragt, warum der Aufwand, wenn das Konzept nach der 4. Klasse nicht weitergeführt wird.


    Ich habe mich auch schon gefragt, wie es danach weitergeht. Kommt das Kind danach auf die Hauptschule? Aber es wird doch wohl viel Stoff fehlen?? Oder kommt es dann doch noch auf die Förderschule?


    Liebe Grüße

  • Ich habe es echt schon erlebt, dass Kinder später wieder dem Grundschul-LP rückgeführt werden konnten. Kommt also vor.


    Ansonsten dann ev. in eine Integrationsklasse.


    Also die oben genannten beispiele sind schon krass.
    In meiner Erfahrung arbeitet das Kind parallel mit seinen anderen Büchern, in M genauso wie in D. und in SU kann es ja folgen. Meistens betrifft der SPF ja nur 1 Gegenstand, höchstens 2.

  • Hallo,


    ich melde mich mal kurz zu wort. wenn mich nicht alles täuscht, heißt das zauberwort das du suchst- ZIELDIFFERENTER UNTERRICHT- ganz grob:


    gleiches Ziel wie alle, aber nicht so ausführlich und langsamer. habe da schon einige erfahrungen sammeln können. macht ne menge arbeit und geht auch in der SEK 1

  • In NRW ist es so, dass das Kind nach den Lehrplänen und Lernzielen der entsprechenden Förderschule unterrichtet wird (im GU). Nur die Kinder mit dem Förderbereich Sprache haben den gleichen Lehrplan. Die meiste Arbeit bleibt beim Klassenlehrer, da die Stunden des Sonderpädagogen nur einen Bruchtteil ausmachen. Wie viele Stunden das sind hängt vom Fördersbereich ab. Ich glaube bei einem Kind mit dem Förderschwerpunkt Lernen wären das 1,7 -2 Stunden pro Woche. Wenn es mehrere Kinder wären wäre es etwas anderes. Da kann schon an allen Tagen eine Doppelbesetzung möglich sein. In einem ersten Schuljahr, indem ich Religion unterrichtet habe, waren 6 GU-Kinder (teils gesitig behindert). Da war die SPL jeden Tag mind. 3 Stunden in der Klasse.


    lg
    Melanie

  • Hallo!


    Lieben Dank für Eure Hinweise und Erfahrungsberichte.
    Bei dem Kind in meiner Klasse handelt es sich um ziemlich umfassende Probleme. In Deutsch hat sie in allen Bereichen Schwierigkeiten (vor allem Lesen, da steht sie auf 6, aber auch Sprache untersuchen, Richtig schreiben, Aufsätze). In Mathe versteht sie so gut wie gar nichts, auch in Geometrie hat sie Schwierigkeiten, wenn es darum geht, logische Muster fortzusetzen etc. Im Sachunterricht tut sie sich sehr schwer, sowohl mit Auswendiglernen als auch erst recht mit dem weiterführenden Denken. Im Unterrichtsgespräch hat sie Schwierigkeiten zu folgen.
    Also durchschnittlich ist sie eigentlich in keinem Fach. In den genannten ist sie sehr schwach und in Kunst, Musik und Sport ist sie eigentlich recht gut (wobei wir noch nichts Theoretisches gemacht haben, auch in Musik nicht).


    Weiß jemand, wo ich das Verfahren für Bayern nachlesen kann? Es scheint ja doch Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern zu geben. Im BayEUG habe ich schon nachgelesen, aber da steht nichts Konkretes drin.


    Vielen Dank nochmals und liebe Grüße
    Biene Maja

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