Tabellarische Zeugnisse

  • Hallo zusammen!


    Ich habe schon die Suche betätigt, aber nichts gefunden, also:
    Wir wollen an meiner Schule über Zeugnisse in tabellarischer Form nachdenken, d.h. die verbale Beurteilung wird dann nicht mehr in Fließtext geschrieben, sondern in irgendeiner Form von Tabelle/Raster dokumentiert.
    Hat jemand von euch Erfahrung mit dieser Form gemacht?
    Gibt es irgendwo im Netz Beispiele, wie so etwas aussehen könnte?


    LG pinacolada (die jetzt ihre "normalen" Zeugnisse weiterschreibt)

  • Huhu pinacolada!


    Guck mal bei http://www.scola.de und dann den link zu "Dannewerker Modell" - das ist ein Tabellen-Zeugnisprogramm; allerdings weiß ich nicht, ob das auch in NRW verwendet werden kann/darf/soll, da SCOLA an sich für Schleswig-Holsteiner Schulen entwickelt wurde. Ich selbst habe zzt. meines Referendariats in S-H damit gearbeitet und gute Erfahrungen gemacht! =)


    Liebe Grüße und noch "frohes Schaffen", ;)
    Fine2311, deren Zeugnisschreiberei seit diesem Schuljahr in neuer Schule sehr vereinfacht ist :D

  • also an meiner vorherigen schule (nrw) werden solche tabellenzeugnisse seit 2 schuljahren verwendet und ich fand sie gut :)


    es gab zu allen bereichen (arbeits- und sozialverhalten, deutsch, mathe und su) so 5-10 sätze, die man innerhalb von 4 stufen (sicher, überwiegend, teilweise, noch nicht) bewerten konnte.
    die leistungssätze selbst waren wortwörtlich aus dem lehrplan, d.h. man musste als lehrer zu festen leistungsbereichen stellung nehmen.
    z.b. ...kann Wörter lauttreu schreiben... oder ... verfügt über eine Orientierung im Zahlenraum bis 20...
    usw



    am ende gab es auch ein bisschen platz für bemerkungen, dort habe ich im 1. schuljahr auch kurz was zur lernentwicklung geschrieben...




    lg,
    silke

  • Hallo!
    Danke euch beiden!
    Da habe ich ja schon mal einen Eindruck.
    Silke, wurden die Tabellenzeugnisse von euch selbst "gebastelt" oder wurde das auch mit einem Computer-Programm gemacht?
    Schön ist ja schon mal zu wissen, dass es auch in NRW möglich ist.
    Was haben denn die Eltern dazu gesagt?
    Mein Mann meinte (unqualifizierterweise natürlich ;) :( "Na, da wollt ihr es euch wohl einfach machen, was?"
    Mmh...
    LG pinacolada

  • nein, es gab ein festes formular für jedes schuljahr, auf das sich alle grundschulen dieses kreises geeinigt hatten. das ist ein word-dokument, in dem ich dann am pc entsprechend ankreuze und reinschreibe.


    es ist nicht einfacher, ein kind mit diesem zeugnis zu bewerten, speziell in klasse 1 und 2 nicht!!! :)
    ich habe noch nie ein berichtszeugnis gesehen, in dem zu wirklich allen diesen vernindlichen punkten stellung genommen wurde. oft liest man doch sätze wie "er war ein lieber schüler, der die lerngruppe dadurch... bereichert hat. rechenaufgaben im zahlenraum bis 20 kann er schon geschickt lösen ... usw.


    in dem tabellenzeugnus, wie ich es kenne, muss ich als lehrer ja zu vielen festen bereichen aus dem lp stellung nehmen und das kind genau einordnen, während man im reinen berichtszeugnis oft zu dem einen punkt bei 3 kindern was geschrieben hat, bei anderen kindern wieder etwas anderes beschrieben hat usw.
    diese zeugnisse sind jedoch super vergleichbar und ich muss natürlich auch alle bereiche, die bewertet werden müssen, durchgenommen haben, damit sie bewertbar sind ;)
    z.b. muss ich im su bewerten, ob und inwiefern das kind bereits kleinere versuche durchführen kann. das muss dann natürlich im unterricht auch vermittelt worden sein.


    natürlich kommen auch die einzelnen fächer samt noten auf diesem zeugnis vor, in den klassen, in denen dies vorgeschrieben ist.


    lg,
    silke

  • Zitat

    Original von silke111
    in dem tabellenzeugnus, wie ich es kenne, muss ich als lehrer ja zu vielen festen bereichen aus dem lp stellung nehmen und das kind genau einordnen, während man im reinen berichtszeugnis oft zu dem einen punkt bei 3 kindern was geschrieben hat, bei anderen kindern wieder etwas anderes beschrieben hat usw.


    DAS denke ich nämlich auch, dass man wirklich bei jedem Kind zu jedem Kind immer auf der Höhe der Zeit bzw. des Leistungsstandes sein muss.
    Aber ausführlich darüber Auskunft zu bekommen, ist ja auch eigentlich das Recht der Eltern (und Kinder).
    Bin mal gespannt, wie bei uns die Diskussion läuft.
    LG pinacolada

    • Offizieller Beitrag

    Wir haben seit 2 Jahren zusätzlich zum Berichtszeugnis Lernentwicklungshefte. Die wurden von 2 Kolleginnen unserer Schule erarbeitet. Sie haben sich unendlich viel Mühe gegeben und den Lehrplan bis ins Kleinste aufgedröselt.


    Leider führt das dazu, dass diese Hefte nur unter erheblich mehr durchgemachten Wochenenden/Nächten auszufüllen sind als man dann ohnehin in der Zeugniszeit schon hat, denn die Berichte musst du eh noch schreiben. Die beiden Kolleginnen haben das selber leider noch nie ausfüllen müssen.


    In diesem Jahr gibt es nun die Möglichkeit, in der Schuleingangsphase mit einem vorgegebenen tabellarischen Zeugnis zu bewerten. Wir haben uns das angeschaut - und uns dagegen entschieden.
    Denn:


    1. Viele Punkte waren extrem abgehoben. Wir schaffen es unter den veränderten Bediungenen in diesem Bundesland und in einem sozial schwachen Einzugsbereich kaum noch, den quirligen, kleinen Kindern die grundlegenden Lese- und Rechenfähigkeiten beizubringen, damit sie in der 3. Klasse Land sehen. Das heißt, wir haben 2 Möglichkeiten: a) Die wichtigsten Dinge gründlich und für viele Kinder verständlich unterrichten, Pfiffige bekommen Zusatzaufgaben, ein Teil des Stoffes muss dann im Schnelldurchlauf oder gar nicht unterrichtet werden. (Wir haben einen Rahmenlehrplan, der eigentlich nur verlangt, dass 60% der Unterrichtszeit auf die Inhalte verwendet werden und der Rest für Aktuelles. Es steht nicht drin, dass man jeden Inhalt unbedingt schaffen muss.) Möglichkeit b): Wir schaffen alle Inhalte, dann alle im Schnelldurchlauf, d.h. die Pfiffigen kommen mit, der Rest sieht bald keinerlei Land mehr. Wir haben uns für a) entschieden. Wie sollen wir also diese ganzen abgehobenen Punkte bewerten? (Und: Ja, ich mache guten, straffen, strukturierten Unterricht, aber Kinder sind keine Maschinen und richten sich nicht unbedingt nach den Ideen von Rahmenlehrplankomissionen.)

    2. Viele Punkte waren extrem schwammig formuliert. Die hätten wir erst mal mit "Leben" füllen müssen. Also "Punkt A ist mit einem Kreuz ganz links zu versehen, wenn das Kind das und das kann." Das für 4 Seiten Zeugnis, wobei es extrem differenzierte Meinungen in unserem Team gibt. Da hätten wir entweder für 3 Wochen vom Unterricht freigestellt werden müssen oder 6 Wochen nicht mehr schlafen dürfen. Beides ist nicht zumutbar.


    3. Der Punkt 2 hätte bei vielen Eltern zusätzliche Fragen und Unsicherheiten aufgeworfen. Wir müssten uns also mit jedem Elternhaus hinsetzen und ihnen das Zeugnis und dessen Formulierungen erklären nebst Zusammenstellungen von Lernstandstests, an denen wir detailliert erklären können, warum das Kreuz in Punkt 1 da und in Punkt 120 dort ist.


    4. Unter den gegebenen Arbeitsbedingungen ist es nicht möglich, jedes Kind in jedem kleinsten Detail haargenau einzuschätzen. Der wunderschöne Unterricht, in dem alle still und fleißig lernen und die Lehrerin als Beraterin am Gruppentisch sitzt und einzelnen Kindern hilft oder diese beobachtet - also das, was wir in der Uni gelernt haben - ist blanke Theorie. In der Praxis haben wir in den Eingangsklassen jeweils mindestens 5 Kinder, die aus emotional-sozialen oder lernschwierigkeitsbedingten Gründen eine Einzel- oder Kleingruppenbetreuung und ständige Aufmerksamkeit eines Erwachsenen benötigen würden, um effektiv zu lernen. Und alle anderen haben ja auch noch ein Recht auf die Lehrerin.


    Edit:
    5. Wir hätten noch mehr testen müssen. Unsere Kinder füllen eh schon ständig Lernstandstests aus, da wir ja Grundlagen für die Berichtszeugnisse brauchen und den Eltern auch die Entwicklung des Kindes darlegen möchten. Wir hätten nun noch viele zusätzliche Tests für alle diese Punkte entwerfen und durchführen müssen. Dies führt zu einer weiteren Reduzierung der zum Einführen, Üben und Wiederholen von Lerninhalten nötigen Unterrichtszeit geführt, was letztlich insbesondere den leistungsschwächeren Kindern schadet.



    Ein Berichtszeugnis hat mich im letzten Schuljahr 5 Stunden pro Kind gekostet vom ersten Wort bis zum Einheften des Duplikates in die Schülerakte. Dieses tabellarische Zeugnis würde erheblich mehr Zeitaufwand kosten, erheblich unsicherer in der Aussage sein und erheblich anfechtbarer sein.
    Wir fanden das Zeugnis so einfach unpraktikabel.


    Edit:
    Wenn ihr sowas macht, sucht euch praktikable, verständliche Kriterien, die sich aus dem normalen Unterricht heraus einschätzen lassen und für die ihr dann nicht noch 1 Stunde zusätzlich für Tests abknapsen müsst.


    Conni

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

    2 Mal editiert, zuletzt von Conni ()

  • Hallo Conni!
    Vielen Dank für deine ausführliche Einschätzung!
    Da merkt man, dass ihr euch schon sehr intensiv damit auseinandergesetzt habt.
    Ähnliche Bedingungen wie ihr haben wir hier auch (mitten im Ruhrgebiet) und das


    Zitat

    Original von Conni
    praktikable, verständliche Kriterien, die sich aus dem normalen Unterricht heraus einschätzen lassen


    wird der Punkt sein, an dem ich meine Entscheidung festmache!


    Mal schauen, wie weit wir morgen mit diesem Thema kommen, heute habe ich mir das Dannewerker Modell von fines link mal angeschaut und habe da schon ganz gute Eindrücke bekommen, die ich auf den ersten Blick eigentlich ganz umsetzbar fand.
    LG pinacolada

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