Rechtschreibung und Zeichensetzung im Cyberspace

  • Kleiner grüner frosch: ja, ich tippe etwas (aber nur etwas) schneller ohne großbuchstaben (und auch ohne zahlen). ist eine sache der gewohnheit, glaube ich.


    aber um das hier richtig zu stellen: ich bin nicht für die konsequente kleinschreibung allgemein, sondern ich bin einfach nur faul.
    hier wird glaube ich gerade auf zwei ebenen diskutiert: keine großbuchstaben aus bequemlichkeit in gewissen foren oder mitteilungen einerseits und andererseits die vertreter der kleinschreibung.

  • Ja, das mit den verschiedenen Ebenen stimmt.


    Ich bin zwar ein Befürworter der gemäßigten Kleinschreibung, schreibe aber deshalb trotzdem nach den geltenden Regeln - zumindest bei "offiziellen" Anlässen. In Chats o.ä. lasse ich die Großschreibung indes, genau wie Linna, aus reiner Bequemlichkeit weg - an der Computertastatur ist es kein großer Aufwand, beim Handy (meiner Meinung nach) schon, wodurch das Schreiben einer Nachricht dort dann deutlich länger dauern würde (was sicherlich auch vom jeweiligen Handy etc. abhängt).


    Und Jotto, ich nehme mir wiederum heraus, im Privatgebrauch zu schreiben, wie ich mag. Das heißt natürlich nicht, dass ich vollkommen auf Rechtschreibung und richtige Interpunktion verzichte, doch sehe ich da keinen Grund, alles haargenau zu beachten. Ich schreibe bei handgeschriebenen Texten niemals alles klein, das mache ich, wie eben gesagt, nur am PC/Handy. Insofern unterlaufen mir dabei nur wenige Fehler - meine Mutter (als Beispiel) schreibt jedoch gerne noch nach der alten Rechtschreibung. Soll sie doch, es kann einem ja niemand vorschreiben, wie man private Texte zu schreiben hat. Ganz abgesehen davon, dass die gemäßigte Kleinschreibung nun wirklich nicht den von dir genannten besoffen und mit nur einer Kontaktlinse geschriebenen Nachrichten entspricht - andere Fehler natürlich schon, die man eben auch nicht begründen kann. Das Schreiben mit gemäßigter Kleinschreibung hingegen empfinde ich dann eher als reflektiertes Verhältnis zur Sprache: Wir kennen die Regeln, unterwerfen uns ihnen aber nicht. Was nützlich ist (also z.B. der Verständlichkeit dient) ist gut, der Rest vernachlässigbar. So schreibe ich doch privat auch mal "Waschmittel alle" und eben keinen ganzen Satz - schlimm?
    Ich würde den SuS dennoch keine Texte mit gemäßigter Kleinschreibung vorlegen (es sei denn, das wäre Thema, was mir an einer Schule aber unwahrscheinlich vorkommt), um diese nicht zu verwirren. Aber das wäre dann für mich auch kein privater Rahmen mehr.


    Ich weise erneut darauf hin, dass Chats/Foren und ähnliche Dinge keinen so schriftlichen Charakter wie beispielsweise Romane haben, sondern irgendwo zwischen Schriftsprache und mündlicher Sprache stehen (vielleicht tatsächlich eher Chats als Foren) und daher auch anderen Regeln unterworfen sind.


    Und am Rande: Sinn und Zweck von Schrift ist es, Gedankliches zu verschriftlichen und Schriftliches zu 'vergedanklichen', über Raum und Zeit hinweg. Regeln sind sinnvoll, da ansonsten vor allem bei nennensweter räumlicher und/oder zeitlicher Trennung (aber auch sonst) das Verstehen erschwert würde. Was aber nicht dazu führen darf, dass man die Beziehung zwischen dem Schaffenden (das heißt uns, den Sprachteilhabern) und dem Geschaffenen (das heißt der Rechtschreibung) pervertieren darf - wir müssen die Regeln unserem Sprachgebrauch anpassen, nicht uns ihnen bedingungslos unterwerfen (dies ist nun aus dem Gedächtnis paraphrasiert und müsste so oder so ähnlich stehen in: Nerius, Dieter (2007): Deutsche Orthographie.). Dieser Gedanke gilt für mich besonders für den privaten Bereich.

  • Hallo allerseits,
    wenn jemand ein kurzes Posting von 4 oder 5 Zeilen in Kleinschrift schreibt, dann lese ich das ohne Mühe.
    In Chats und SMS schreibe ich auch durchgehend klein.
    Ellenlange Foren- Beiträge in Kleinschrift verweigere ich dagegen, weil ich zu faul bin, das zu lesen. Es dauert für mich länger, weil ich genauer hinschauen muss.
    Und warum soll ich mir mehr Mühe machen, wenn der Schreiber sich weniger Mühe machen wollte?


    Zu den Beiträgen mit mit vielen Fehlern:
    Mich stören solche lieblos hingetippten Beiträge auch, wo schon in der Thread-Überschrift der erste Tippfehler zu finden ist.
    Gerade im Moment versuche ich, meinen Drittklässlern beizubringen, dass man sich sein Geschriebenes nochmal durchliest, um vergessene i-Punkte, Umlautstriche, Buchstaben oder Wörter zu ergänzen.
    Und von Lehrern erwarte ich einfach, dass sie das tun.


    Gruß moonlight

  • Ich frage das jetzt aus wirklichem Interesse, nicht (nur), weil ich diskutieren möchte: Findet ihr es wirklich anstrengender, Texte mit gemäßigter oder konsequenter Kleinschreibung zu lesen? Zumindest bei gemäßigter Kleinschreibung (also Satzanfang und Eigennamen groß) empfinde ich das nämlich überhaupt nicht so (wieder mal der Vergleich mit anderen Sprachen - ich finde es nicht anstrengender, einen französischen oder englischen Text zu lesen, nur weil dort bspw. Substantive eben nicht groß geschrieben sind). Also habt ihr vielleicht irgendwelche Beispiele oder könnt ihr womöglich genauer erklären, wieso das für euch anstrengender ist?!
    Es mag ja sein, dass ihr Sätze direkt mithilfe (oder mit Hilfe???) der Großschreibung direkt strukturiert, jedoch glaube ich eigentlich gar nicht, dass das geht - dafür halte ich die Satzstellung wiederum für zu frei. Ich persönlich müsste dennoch den ganzen Satz lesen - ob mit oder ohne Großschreibung.
    Oder aber ist es vielleicht einfach nur die grundsätzliche Meinung, die ja auch moonlight zum Ausdruck bringt: Wer sich die Mühe nicht macht, gut zu schreiben, ist die Mühe nicht wert, gelesen zu werden?! Dies könnte ich bei Texten mit sehr vielen Fehlern durchaus verstehen (und befinde mich dann dabei wohl einfach auf einem anderen Grad als ihr, auf dem die gemäßigte Kleinschreibung schlicht und ergreifend nicht zu den groben Fehlern gehört).

  • Ich frage das jetzt aus wirklichem Interesse, nicht (nur), weil ich diskutieren möchte: Findet ihr es wirklich anstrengender, Texte mit gemäßigter oder konsequenter Kleinschreibung zu lesen?


    Ja. Für mich persönlich ist das ein deutlicher Unterschied. Aber das liegt, wie gesagt, daran, dass ich mich an die standard-orthographischen Markierungen durch Großbuchstaben gewöhnt habe.


    Zitat

    Dies könnte ich bei Texten mit sehr vielen Fehlern durchaus verstehen (und befinde mich dann dabei wohl einfach auf einem anderen Grad als ihr, auf dem die gemäßigte Kleinschreibung schlicht und ergreifend nicht zu den groben Fehlern gehört).


    Schlechtes Deutsch hat für mich nichts mit konsequenter Kleinschreibung zu tun, das sind zwei verschiedene Kategorien.


    Was ich allerdings überhaupt nicht verstehe, ist, wieso Kleinschreiben einen Geschwindigkeitsvorteil bringt. Diese Begründung ist mir völlig rätselhaft.


    Nele

    • Offizieller Beitrag

    Was ich allerdings überhaupt nicht verstehe, ist, wieso Kleinschreiben einen Geschwindigkeitsvorteil bringt. Diese Begründung ist mir völlig rätselhaft.


    Nele


    Du sparst dir die Großstelltaste zu drücken :D


    Und ich gebe Nele Recht: Kleinschreibung und fehlerhaftes Deutsch sind zweierlei Paar Schuhe. Ja, wenn jemand seine Beiträge so daherschleudert, ohne bzw. mit stark fehlerhafter Kommasetzung, und dann noch inkonzinn schreibt oder arg verkürzt, ja, dann frage ich mich in der Tat, warum ich dem antworten sollte. Er nahm sich nicht die Zeit, vernünftig zu schreiben, warum sollte ich sie mir dann nehmen zum Antworten? Gerne sieht man solche Rechtschreibfragmente in Erstlingsposts, gerne auch verbunden mit einer Art Forderung hier ans Forum.
    Das Argument :Ich bin hier in einem Forum, da achte ich nicht auf Rechtschreibung, empfinde ich als Armutszeugnis für einen Lehrer.


    P.S.

    Zitat

    Ich habe an mich selbst den Anspruch, meine Gedanke auf eine elegante, abwechslungsreich zu lesende Weise zu verfassen. Sprache ist für mich ein Spielzeug und rhetorische Stilmittel eben nicht nur ein abzufragender Schulstoff.


    Nele, ich hoffe, du siehst es mir nach: weder passte eine Alliteration in meinen Text -- noch bekam ich einen schicken Chiasmus hin-- mea culpa 8)

  • Ich frage das jetzt aus wirklichem Interesse, nicht (nur), weil ich diskutieren möchte: Findet ihr es wirklich anstrengender, Texte mit gemäßigter oder konsequenter Kleinschreibung zu lesen? Zumindest bei gemäßigter Kleinschreibung (also Satzanfang und Eigennamen groß) empfinde ich das nämlich überhaupt nicht so (wieder mal der Vergleich mit anderen Sprachen - ich finde es nicht anstrengender, einen französischen oder englischen Text zu lesen, nur weil dort bspw. Substantive eben nicht groß geschrieben sind).

    Ja, vermutlich weil ich mich an die Großschreibung gewöhnt habe und sie beim Lesen als Signale zur Orientierung im Satz verwende. Im Englischen vermisse ich sie keinesfalls; andererseits ist beim Englischen die Wortstellung weniger flexibel als im Deutschen. Ich habe etliche Romane in Kleinschreibung gelesen, hatte man in den wilden Siebzigern, das war jeweils anstrengend.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

    • Offizieller Beitrag

    Die Diskussion ist ja sehr spannend.
    Noch 2 Sachen wollte ich hinzufügen (wobei ich auch die Groß- und Kleinschreibdiskussion allgemein sehr spannend finde):


    Es geht mir hier v.a. um Lehrer und u.a. auch um (laut Profil) studierte Deutschlehrer.


    Und die 2. Sache hat Jotto so schön auf den Punkt gebracht:

    Zitat

    Da braucht man sich nicht über das schlechte Lehrerbild wundern, wenn in
    einem der wichtigsten Lehrerforen hier in D geschrieben wird wie
    nachts im Partyzug besoffen mit nur einer Kontaktlinse und Handschuhen
    auf dem Handy.


    Entschuldigt bitte, dass ich das Zitat manuell eingefügt habe - das Zitieren während des Verfassens eines Beitrags hat gerade irgendwie nicht geklappt.


    Ich meinte tatsächlich die Leute, die Beiträge ungefähr in der Art schreiben:


    "Hilfe bei Refrendarsstunde
    Habe bald meine UPP. Und ich Weiß nicht, was ich machen soll. Meine mentorin Sagt das ich rechtschreibung als Thema machen soll. Das Thema das ich gerne machen würde sind ist aber gramatik. Was ihr denn?"


    Solche oder ähnliche Beiträge begegnen mir in letzter Zeit sehr oft und ich würde behaupten, dass solche - nicht nur inhaltlich, sondern v.a. auch sprachlich "hingerotzten" Beiträge - ein doch eher merkwürdiges Licht auf uns Lehrer werfen und dass sich die Beiträge mit einer solchen Sprache hier in letzter Zeit häufen.
    Und ich überlege mir, ob sowas inzwischen salonfähig wird, ob es daran liegt, dass einige Beiträge von Handys o.ä. geschrieben werden oder ob es schlicht Zufall ist. Interessant finde ich auch, dass diejenigen, die hier für die richtige Groß- und Kleinschreibung plädieren (wenn ich es richtig überschlagen habe), nicht mehr die absoluten Junglehrer oder Studenten sind, sondern eher die User, die schon länger hier schreiben und wohl größtenteils schon deutlich 30+ sind. Ist es eine Sache der Generationen?


    Sehen das die Studenten und Refs hier anders?

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke zumindest (steht ja auch in meiner Signatur), dass einige Fehler auf Handy-, Smartphone- und Tablet-Tastaturen zurückzuführen sind. Das empfinde ich auch nicht als ganz schlimm. Sicherlich kann man auch am Tablet seine Beiträge korrekturlesen, aber Tippfehler (auch Groß/-/Kleinschreibung) schleichen sich da schneller ein.


    kl. gr. Frosch

    • Offizieller Beitrag

    Reffi hat nochmal deutlich geschrieben, was ich meine, ich scheine mich irgendwie nicht verständlich machen zu können. Fred, und wenn du im Privaten Sütterlin rückwärts, klingonisch oder Esperanto schreibst, das alles muss und will ich gerne akzeptieren und habe keinerlei Recht, dir das madig zu machen. Hier im LF schreibt man vielleicht in seiner Freizeit, aber trotzdem beinahe immer irgendwie beruflich. Wenn man von Kollegen Hilfe wünscht, dann möge man doch bitte so schreiben, dass die Angesprochenen es ohne Probleme lesen können und auch glauben können, es wirklich mit einem Kollegen zu tun zu haben.
    Reffis Beispiel ist übrigens nicht überzeichnet, sowas haben wir hier wirklich schon gehabt.

    Bolzbold #5

    Gutmensch und Spaß dabei (= das GG und der Diensteid sind schon 'ne gute Sache 😉)

    "Und hast du die Ausrufezeichen bemerkt? Es sind fünf. Ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt." (T. Pratchett)

  • referendarin, ich bin ganz deutlich 30+.
    bei einer referendarin allerdings, die - als zukünftige deutschlehrerin - eine grausame rechtschreibung hatte (die vorsilbe "ver" mit "f" zu schreiben war da noch fast harmlos) standen mir die haare zu berge, als hätte ich in die steckdose gefasst. das schlimme war, dass sie die fehler auch nach meiner korrektur im entwurf so belassen hat (war das peinlich, als die fachleiterin sie deswegen zurechtgewiesen hat) und es auch gar nicht schlimm fand, wenn sie rechtschreibfehler an die tafel oder unter schülerarbeiten geknallt hat.


    neleabels, der mensch ist ein gewohnheitstier und ziemlich seltsam noch dazu. ich kann nicht erklären, warum ich es bequemer finde, die shift-taste nicht so häufig zu bedienen wie ich eigentlich sollte, ich finde es aber wirklich bequemer, ist keine ideologische sache.

  • Okay, ich finde es interessant, dass es für manche eine Schwierigkeit ist, Texte mit gemäßigter Kleinschreibung zu lesen. Ich muss schlichtweg sagen, dass ich das bisher kaum gemacht habe, daher ist es mir vielleicht noch nicht so aufgefallen - ich hätte halt bloß gedacht, dass man sich daran gewöhnt, gerade, wenn man ein ganzes Buch liest.


    Ich finde aber auch, dass es immer seltsam ist, wenn Lehrer/innen (oder jene, die es mal werden wollen) dann argumentieren, dass sie nicht auf die Rechtschreibung achten. Irgendwie finde ich ja doch, dass man als (vor allem Deutsch-)Lehrer ohnehin nicht mehr wirklich darauf achten müssen sollte. Von daher stimme ich euch voll und ganz zu, was eure Beispiele anbelangt (ich wollte ja "gebe ich euch R/recht" schreiben, aber hätte jetzt vor lauter Gedanken zum Thema nachschauen müssen, was denn nun richtig ist^^).


    Auch nochmal zur Schwierigkeit: Bei meinem Handy müsste ich bei T9 umstellen, dass ich nun großschreiben will. Ansonsten schreibt es von ganz alleine alles klein (das mag man umstellen können - ich kann es nicht^^), da ist es mir tatsächlich zu viel Aufwand, das jedes Mal umzustellen. Insbesondere, wenn ich nur mal schnell eine SMS verschicken will. Die Frage ist hier bestimmt auch, wie oft man über solche Medien kommuniziert.

  • Wie es hier schon mehrfach erwähnt wurde, kommt es auf den Adressaten und die öffentliche Wirksamkeit an. Ich arbeite mit Erwachsenen, denen ich meine Handynummer gegeben habe, damit sie sich umkomplizierter per Sms melden können. Häufig schreiben meine Studis alles klein, was ich nicht schlimm finde, da die Großschreibung auf einem Handy wirklich lästig ist. In meinen Antworten halte ich mich dagegen an die Regeln, da ich der Ansicht bin, dass ich als Lehrerin einen anderen Status zu wahren habe. In Gesprächen über Handys, Emails etc. wurde mir berichtet, dass genau das auch wahrgenommen wird. Es wird genau unterschieden, wer wie schreibt und von mir wird erwartet, dass ich korrekt schreibe. Die Erkenntnis, dass es hier Unterschiede gibt, halte ich für einen Gewinn, da es meine Studis dazu bringt, über Sprache nachzudenken.
    In meinem Freundes- und Familienkreis bin ich da entspannter, wobei ich beobachte, dass bei Rundmails und SmS nur immer mehr Wert auf die richtige Schreibweise gelegt wird, obwohl da nur zwei Lehrer sind, die sich darüber mokieren können. Es scheint also auch ein Phänomen des Alters und der zunehmenden Professionalisierung im eigenen Beruf zu sein.
    Allerdings erlebe ich es auch in anderen Foren, dass User um korrekten Gebrauch der Schriftsprache gebeten werden, was häufig zur Folge hat, dass die Kritisierten sich nur noch einmal melden. Ich bin dazu übergegangen Foreneneinträge, die mir zu viel Mühe machen, zu ignorieren. Ich muss mir bei Korrekturen schon Grausames durchlesen, da brauche ich das privat nicht auch noch.

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