"Schreib so wie Du sprichst" ?

  • Hallo zusammen,
    ich habe schon öfters gehört, dass man den Schülern bei lauttreuen Wörtern nicht sagen soll "Schreib so, wie Du sprichst" (unter anderem wegen Dialekt). Nur was sage ich dann zu einem Schüler, wenn er ein solches Wort aus irgendwelchen Gründen falsch schreibt?? Und wie bezeichne ich diese Wörter, sodass der Begriff für Schüler verständlich ist?
    Viele Grüße
    SchafimWolfspelz

  • Von welcher Schulstufe sprichst du?
    Von den ganz Kleinen? - Da würde ich gar nichts sagen, sondern hinnehmen, was sie schreiben, und mich für sie freuen, wenn es lauttreu ist --> "Lisa ist lustik und ima frülih" hat gestern ein Mädchen meiner Klasse (6. Schulwoche) geschrieben :D.


    Den Älteren hat man ja schon gesagt, dass man Wörter nicht immer so schreibt, wie man sie spricht, da würde ich einfach auf die richtige Schreibweise hinweisen, bzw. bei 4.Klässlern ev. auch die Regel dazu (nochmal?) erklären.

  • Hallo!


    Ich glaube kaum, dass es eine einfache Antwort auf deine Frage gibt.
    Hängt davon ab, ob das Wort lautgetreu ist oder rechtschriftliche Konventionen eine Rolle spielen.
    Außerdem hängt das meiner Meinung nach auch noch von der Situation ab.
    So spielt die Rechschreibung bei der kreativen Phase von einer Textproduktion eine untergeordnete Rolle. Da stet der Inhalt im Vordergrund. Bei der Überarbeitung dann auch die Rechtschreibung.
    Außerdem sollte man das auch immer vom Kind abhängig machen. Wie schriebt er sonst, welche Rechtschreiprinzipien hat er drauf. Oder hat er große Probleme.


    VG

  • Bei uns heißt dieser Satz:
    Schreibe auf, was du hörst, wenn du hochdeutsch sprichst.


    Das ist bei unserem Dialekt auch durchaus notwendig.

    Wer nie verliert, hat den Sieg nicht verdient.

  • Ich finde, man sollte seinen Schülern ehrlich sagen: "DIESES Wort kannst du schreiben, wie du es hörst".
    Das machen wir auch ....hier in Baden-Württemberg ;) Dem Bundesland
    mit dem besten Hochdeutsch ;)


    Auf jeden Fall gibt es (hochdeutsch hin oder her) wohl in unserer Sprache so viele Schwierigkeiten bei der Rechtschreibung, da hilft sowieso in 80 Prozent der Fälle nur üben, üben, üben....
    daher mache ich den Schülern keine falsche Hoffnungen.......


    Wenn mich ein Kind aber fragt: "Wie schreibt man das ?" und man schreibt das Wort TATSÄCHLICH lautgetreu, dann sage ich es ihm auch, mit dem Hinweis: ACHTUNG, das ist aber nicht bei allen Wörtern so....


    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Hallo SchafimWolfspelz,


    das mit dem "Schreib wie Du sprichst" ist so eine Sache. Ich finde, das klappt gut in der 1. und 2., wo die Kinder damit schnell zu brauchbaren Ergebnissen kommen. irgendwann aber geht es dann nicht mehr weiter, weil dann Ausnahmen etc. hinzukommen. Es muss also bei den Kindern ein Bewußtsein entwickelt werden, wann etwas nicht regelhaft lautgetreu ist.
    Eine gute Zusammenfassung habe ich (mal wieder) bei Sommer-Stumpenhorst gefunden:
    http://www.rechtschreib-werkst…html/schreibsprichst.html


    Vielleicht hilft Dir das weiter?


    Viel Erfolg,
    Biene

    ________________________________________________
    Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht!

  • Nur so nebenbei:


    Ich wehre mich vehement gegen den Begriff "hochdeutsch" in dieser Verwendung.
    Auch der schwäbische Dialekt hat sich im Mittelalter in der 2.Sprachhebung verändert - ist demnach hochdeutsch - im Gegensatz zum Platt..... :D


    Richtig ist:


    "Schreibe auf, was du hörst, wenn du schriftdeutsch sprichst.



    Nebenbei zum Zweiten:
    "Schreib, wie du sprichst" ist eine unfaire Verkomplizierung des Schrifterwerbs gegenüber den Schülern. Wenn man betrachtet, was hirnorganisch beim Lernen passiert, werden dabei nämlich Synapsen erzeugt (und eventuell sogar durch wiederholt falsche Schreibung verfestigt), die später wieder mühsam gelöst werden müssen.


    Das ist ähnlich, wie wenn man das Kind zunächst x-mal im Glauben lässt, 2 mal drei sei sieben - und es sogar darin bestärkt ("Hast du schön gemacht!") um ihm später zu sagen - "Ätschebätsche - stimmt gar nicht!"

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Zitat

    Original von alias




    Nebenbei zum Zweiten:
    "Schreib, wie du sprichst" ist eine unfaire Verkomplizierung des Schrifterwerbs gegenüber den Schülern. Wenn man betrachtet, was hirnorganisch beim Lernen passiert, werden dabei nämlich Synapsen erzeugt (und eventuell sogar durch wiederholt falsche Schreibung verfestigt), die später wieder mühsam gelöst werden müssen.


    Hallo!


    Das widerspricht aber allgemeinen Schreibentwicklungsmodellen (bspw. Spitta).
    Schreiben ist kein Merkprozess sondern eine Anwendung impliziter Rechtschreibprinzipien.


    VG

  • DAs ist wohl alles auch Klassenstufenabhängig. Wenn ich zu meinen
    Erstklässlern sage, sie sollen das Wort "Rose" so schreiben, wie sie es
    hören(oder "sprechen", wobei das im (Süd-)deutschen Raum wenig Unterschied macht),
    dann schreiben sie das auch so, weil eben lautgetreu.
    Abgesehen davon, dass sie ja zunächst alles so schreiben wie sie es sprechen. Daher auch der Begriff "lautgetreues Schreiben", der im
    Anfangsunterricht sehr von Bedueutng ist, denn ein Kind, welches
    dazu Ende Klasse Eins nicht in der Lage ist(unabhängig von grammatikalischen Strukturen!!!), hat Schwiergkeiten, die etwas weitläufiger ist.
    Daher würde ich meinen Erstklässlern NIE "verbieten", lautgetreu zu schreiben, das gehört ja wohl zu jedem Schreiblernprozess dazu
    Anders verhält es sich beim Lesen durch Schreiben. Bei DIESEM Prozess schleichen sich tatsächlich und nachweislich Lese-Rechtschreibfehler ein, die nicht mehr auszubügeln sind.


    Doch sehe ich kein Problem darin, Drittklässlern zu sagen: Dieses und jenes Wort darfst du so schreiben, wie du es "hörst". Hören ist für mich ein wenig wichtiger (Kinder, die Gehörtes nicht richtig umsetzen......)


    Bei anderen Wörtern verweise ich auf Rechtschreibregeln oder im Zweifelsfall auf die Tatsache, dass man das Wort einfach üben muss.
    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Zitat

    Original von Panama


    Anders verhält es sich beim Lesen durch Schreiben. Bei DIESEM Prozess schleichen sich tatsächlich und nachweislich Lese-Rechtschreibfehler ein, die nicht mehr auszubügeln sind.


    Hallo Panama!


    Das kann man so nicht sagen.
    Lesen durch Schreiben erst ja erstmal eine bestimmte Sicht auf das Lesenlernen.
    Reichen sagt ja, dass die Kinder "wie von selbst" lesen lernen. Irgendwann springt sie das Wort an und sie können lesen.
    Dass sich dadurch Lese-Rechschreibehler einschleichen ist ein bisschen vereinfacht.


    Findet kein Rechtschreibunterricht statt, wie es nach dem großen Freien-Schreiben-Boom wohl passiert ist, kann es tatsächlich große Probleme geben. Die Kinder schreiben immer wie sie es hören.


    Viele Grüße

  • Hallo Dave!
    Aus der Praxis sprechen kann ich auch nicht (zumindest nicht was Reichen anbelangt), denn ich habe noch nicht
    ausschließlich nach Reichen gearbeitet. Allerdings weiß ich, dass es
    mittlerweile Studien gibt die besagen, dass es im LRS-Bereich Schwierigkeiten geben kann, wenn man eben NUR nach Reichen arbeitet. Ich will da auch nicht darüber diskutieren, ich denke, jeder Lehrer hat das Recht, nach seiner Überzeugung methodische und didaktische Möglichkeiten auszuschöpfen. Ich schließe diese Methode
    für mich nur aus, berufe mich allerdings auf LRS-Spezialisten und nicht auf meine persönliche Erfahrung mit der "ausschließlich-Reichen"- Methode.
    Aber ich denke, dass ist mit vielen Dingen so.... angefangen von Freiarbeit über Wochenplan über Montessori über Walldorf ............
    Wir sind ja Gott sei Dank noch recht frei in der Methodenwahl :)


    Grüße
    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Zitat

    Original von Panama
    Allerdings weiß ich, dass es
    mittlerweile Studien gibt die besagen, dass es im LRS-Bereich Schwierigkeiten geben kann, wenn man eben NUR nach Reichen arbeitet.


    Hallo!
    Wie ich gesagt habe.


    VG

  • Zitat

    Original von Dave
    ....
    Findet kein Rechtschreibunterricht statt, wie es nach dem großen Freien-Schreiben-Boom wohl passiert ist, kann es tatsächlich große Probleme geben. Die Kinder schreiben immer wie sie es hören.
    ...
    .


    Und genau deshalb bekomme ich einen dicken Hals, wenn ich den Lobgesang auf diese Methode höre. Ich habe in Klasse 5/6 große Mühe, den Schülern verfestigte Rechtschreib-Fehlerstrukturen wieder abzugewöhnen. Und die Kinder haben ebenfalls große Mühe, weil sich diese Strukturen ins Hirn "gefressen" haben. Für die "fitteren" Kinder ist diese Methode sicher spaßig und nett. Für die Schwächeren jedoch verhängnisvoll. Und die haben es auch ohne diese Methode schwer genug.


    Wir sind in der Methodenwahl nicht frei. Wir haben die Pflicht, die beste Methode für die Kinder zu wählen. Wir haben ebenfalls die Pflicht, den Kindern das Lernen nicht zu erschweren.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Zitat

    Original von Dave
    Das widerspricht aber allgemeinen Schreibentwicklungsmodellen (bspw. Spitta).
    Schreiben ist kein Merkprozess sondern eine Anwendung impliziter Rechtschreibprinzipien.


    Das ist - mit Verlaub - Unsinn. Wer sich Worte nicht merkt, kann sie auch nicht schreiben.
    Lernen ist ein hirnorganischer Prozess. Ich empfehle die Lektüre von Manfred Spitzer und anderen Hirn-Lernforschern, die das Lernen von der medizinisch-hirnorganischen Seite her untersuchen.


    Wenn man verstanden hat, wie unser Gehirn lernt, kommt man zur einfachen Erkenntnis:
    Unser Gehirn ist ständig damit beschäftigt, Neues zu lernen. Wer es damit beschäftigt, FALSCHE Dinge zu lernen, vergeudet Energie und beschäftigt das Gehirn mit unnötigen mit zeitfressenden "Aufräumarbeiten" - die von manchen Kindern nicht geleistet werden können.


    Es gibt ein spaßiges Experiment dazu:


    Stellt vor euch auf den Tisch eine Weinflasche mit einem locker aufgesetzten Korken. Ihr stellt euch in zwei Meter Abstand davor, lauft schnell auf die Flasche zu und streckt kurz vor dem Tisch die Hand aus, sodass diese knapp über den Korken hinweg trifft. Der Korken darf nicht getroffen werden. Das wiederholt ihr 9 Mal. Bei 10 Mal wird genau derselbe Ablauf eingehalten, mit dem kleinen Unterschied, dass nun der Korken weggeschnippt werden soll. Beobachtet, was passiert.


    So funktioniert Lernen: In 90% der Fälle wird die zuvor gelernte Bewegung ausgeführt - man trifft den Korken nicht.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Lieber Alias!
    Willst du jetzt wirklich darüber diskutieren, ob wir beim Rechtschreiben Regeln, Rechtschreibgespür usw. brauchen oder ob wir es schaffen, alle notwendigen Wörter auswendig zu lernen?
    Das beim Lernen Fehler notwendig sind, dürftest du auch einsehen.


    Ich verstehe dein Problem also nicht. Dein Verweis auf Spitzer ist in diesem Zusammenhang nicht wirklich sinnvoll.


    Bei Interesse kannst du ja mal bei Norbert Stumpenhort reinschauen.



    VG

  • Zitat

    Original von Dave
    Lieber Alias!
    Willst du jetzt wirklich darüber diskutieren, ob wir beim Rechtschreiben Regeln, Rechtschreibgespür usw. brauchen oder ob wir es schaffen, alle notwendigen Wörter auswendig zu lernen?


    Nein. Über "Rechtschreibgespür" müssen wir nicht diskutieren. Das gibt es nicht. Zum Auswendiglernen: Ja. Unser Gehirn erleichtert sich jedoch die Arbeit, indem es Strukturen (=Regeln) bildet, nach denen es Wörter gruppiert. Werden Worte in falschen Gruppen geordnet, lassen sich diese nur schwer wieder herauslösen.

    Zitat


    Das beim Lernen Fehler notwendig sind, dürftest du auch einsehen.


    Fehler sind nicht notwendig. Sie kommen vor. Und sie sollten - um effektiv zu arbeiten - schnell korrigiert und so weit wie möglich vermieden werden

    Zitat


    Ich verstehe dein Problem also nicht. Dein Verweis auf Spitzer ist in diesem Zusammenhang nicht wirklich sinnvoll.


    Ich verstehe, dass du das Problem nicht verstehst

    Zitat


    Bei Interesse kannst du ja mal bei Norbert Stumpenhort reinschauen.


    Danke. Ist bekannt. Leider wird er nur oberflächlich gelesen und umgesetzt. Bei Stumpenhorst ist die Lehrerkorrektur der frei geschriebenen Texte von zentraler Bedeutung.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    5 Mal editiert, zuletzt von alias ()

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von alias


    Das ist - mit Verlaub - Unsinn.


    Ich habe das Gefühl, dass du dich leider immer noch nicht näher mit entsprechenden Schreibentwicklungsmodellen befasst hast, aber immer wieder gerne verkündest, dass die doch alle Unsinn seien...
    Da wir die Diskussion (nicht nur einmal) schon hatten, gehe ich jetzt mal nicht näher darauf ein.
    Ich halte es allerdings nicht für Unsinn zu verstehen, dass die Kinder beim Schreibenlernen verschiedene Entwicklungsstufen durchlaufen, die sie auch dringend benötigen, um zu einer gefestigten Rechtschreibung zu gelangen.


    Gruß
    Melo

    Für mich gibt es wichtigeres im Leben als die Schule.


    (Mark Twain)


    Auf dem Weg zur Weltherrschaft! :teufel:

  • Zitat

    Original von alias
    Ich wehre mich vehement gegen den Begriff "hochdeutsch" in dieser Verwendung.
    Auch der schwäbische Dialekt hat sich im Mittelalter in der 2.Sprachhebung verändert - ist demnach hochdeutsch - im Gegensatz zum Platt..... :D


    Deswegen wären ja auch aus linguistischer Sicht nicht die Kategorien "Hoch-" und "Niederdeutsch" angebracht sondern nur die Kategorie "Standarddeutsch".


    Aber dat daut den kinners nix nützen. ;)


    Nele

  • Melosine


    Bitte lies meine Antworten richtig. Ich behaupte nicht, dass die Schreibentwicklungsmodelle Unsinn sind.
    Die Behauptung, dass kein Merkprozess stattfindet, ist jedoch wirklich Unsinn.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

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