Schuelerverhalten und Einstellung

  • Hallo,


    Ich weiß nicht, wie es für euch ist, aber heute war noch ein Tag, wo ich dachte, ich bin im falschen Film. Ich komme einfach mit der Arbeitshaltung bzw. Einstellung mancher Schüler nicht klar. Heute morgen in der 10 haben die meisten Schüler weder das Buch noch das Heft dabei, obwohl ich schon darauf hingewiesen habe, dass sie immer ihr ganzes Material haben müssen. Ich weiß, dass die Bücher schwer sind, aber erstens kann ich nicht ständig alles kopieren, zweitens muß ich auch meine Sachen mitschleppen. Antwort von ein paar Schülern: „Warum brauchen wir die Bücher überhaupt?“ Ganz nett war auch die totale Blockadehaltung einer Schülerin. Nachdem wir 3 Mal wiederholt haben, wann man passé composé und imparfait benutzt, weigert sie sich die Übung zu machen (das heißt nicht mal einen Blick auf die Sätze zu werfen), weil sie „nichts versteht“. „Nicht verstehen“ scheint übrigens eine besondere Krankheit zu sein, wenn es darum geht, Hausaufgaben zu erledigen.
    Eine Stunde später in der 11 hat eine Schülerin seit einer Woche kein Buch, weil sie es letzte Woche in der Nachhilfeschule vergessen hat. Wie arbeitet sie, wenn sie z.B. einen Text aus dem Buch lesen muß? Sie benutzt („schnell in einer Freistunde“) das Buch der Freundin. Und wenn die Freistunde nicht reicht? Sie hat die beste Entschuldigung, weil sie kein Buch hat. Ein Bemerkung, weil die Hausaufgabe nicht erledigt wurde? Es ist völlig egal und überhaupt ungerecht, weil sie ihr Buch vergessen hat.
    Eine Stunde später in der 12 hatten die Schüler unter anderem als Aufgabe einen Artikel bekommen, die sie zuhause lesen mussten und eventuell die unbekannten Vokabeln in ein Wörterbuch suchen. Frage eines Schülers: „Was heißt...?“ „Wieso was heißt das? Das war deine Aufgabe die unbekannten Wörter zu suchen.“ „Ich habe sie nicht gefunden.“ Und das stimmt 100% nicht, wie ich es gerade geprüft habe.
    Also, ich weiß nicht, wie man ruhig bleiben kann, aber irgendwann platzt mir der Kragen, vor allem wenn 10. Klassen oder Oberstufen so eine Einstellung haben und dann nur lachen, wenn man ihnen klar macht, das es so nicht geht. Ich kann es auch einfach nicht ertragen, wenn Schülerinnen einfach unglaublich frech werden. Ich bemühe mich ruhig zu bleiben, aber es scheint ihnen alles total egal zu sein. Sie sitzen einfach da, haben üerhaupt kein Benehmen und wundern sich, wenn man etwas Arbeit von ihnen verlangt. Die problematischen Schüler sind nicht nur mit mir so. Ich weiß von Kollegen, dass Emahnungen, Briefe an den Eltern, Gespräche mit den Eltern usw. nichts bringen. Und ich mit meiner ersten Stelle darf zusehen, wie ich mit ihnen klar kommen soll und höre dann von einem Freund so was wie: „Probleme mit Schülern hast du im Gymnasium doch nicht!“
    Wer hat Tipps und Ratschläge? Danke im voraus!


    Gruß

  • Hallo :)


    Du Arme, halt durch. Das kommt mir ziemlich bekannt vor, dabei bin ich noch im Studium.


    Ich versuch trotzdem mal zu helfen (auch trotz geringer Erfahrung...12 Wochen sind ja nun noch nicht viel).


    Unterrichtsmaterial ist bei uns generell in der Schule deponiert (Mangel an einer ausreichenden Anzahl an Schulbüchern). Schüler schreiben entweder die Hausaufgaben ab, oder bekommen die Aufgabe als Kopie mit. An meiner letzten Schule wurden Hausaufgaben generell und in allen Stufen abgeschafft. Die Schüler haben jeweils für mehrere Wochen an einem bestimmten Projekt daheim gearbeitet.


    Ich bin's gewohnt das Schüler kein Zeugs dabei haben. Meine Tasche beinhaltet daher ein extra Mäppchen mit Kulis und Bleistiften, Linealen, Radiergummis etc. zum Ausleihen. Besser als das Gejammer nach dem ewig gleichen Muster "Miiiiiiiiiiiiiisss....I ain't got a pen!"
    Man könnte argumentieren, sie müssen es ja irgendwann mal lernen. Klar, und wenn die Schulordnung selbst mitgebrachtes Material vorschreibt, dann leg ich auch Wert drauf. Allerdings ist man bei manchen Schülern froh, wenn die es schaffen sich selbst in die Schule zu bringen.
    Papier ist normalerweise im Raum vorhanden, bzw. in meiner Tasche. Dadurch wird schonmal dem "Ich kann das nicht machen, weil ich hab dies und das nicht dabei..." vorgebeugt.


    Schüler, die während der Stunde Sachen nicht verstehen (wollen), dürfen gerne ihre Mittagspause zwangsweise mit mir verbringen und wir können die Sachen nochmal durchgehen. :) Ich bin doch großzügig.
    Keine Ahnung in wie weit Nachsitzen bei euch geregelt wird. Kommt halt auf die Schule an.


    Ich hatte übrigens mal ein Mädchen in Tränen beim Nachhilfeunterricht. Die hatte absolute Panik, dass sie vom Gymnasium runter muss. Gibt's bei euch denn keine Noten auf fehlende Hausaufgaben, oder dergleichen?


    Kopf hoch, das wird schon.


    Dejana

  • Hallo Laura,


    auch mir kommt das sehr bekannt vor. Dennoch gibt es ein einfaches Gegenmittel. Mach mit deinen Schülerinnen und Schülern eine Betriebserkundung in einen großen Betrieb. Bitte bei dem Vorgespräch darum, dass man etwas zum Thema Zuverlässigkeit, Arbeitshaltung etc. sagt, wenn man denn Auszubildende einstellen will. Knallhart werden die Betriebsvertreter/innen deinen Schüler/innen sagen, Menschen, die unzuverlässig sind, ihre Arbeitsmaterialien nicht parat haben, keine ordentliche Arbeitshaltung an den Tag legen, die können wir nicht gebrauchen und die stellen wir auch nicht ein. Du sollst mal sehen, wie das wirkt. Dir und mir glauben die Schüler nicht, wohl aber dem Ausbildungsleiter in einem Betrieb. Ich habe damit schon ordentliche Erfolge gehabt.


    Liebe Grüße
    Lieselümpchen

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich! (Afrikanisches Sprichwort)
    :)

  • Hallo Laura,


    Arbeitsverhalten sehe ich als Erziehungsdimension. Das von Dir geschilderte Arbeitsverhalten ist m. E. als Arbeitsverweigerung zu werten, wenn es „chronisch“ ist. Je nach pädagogischer Einstellung - ich bin eher kein Klafki-Fan, der „demokratisch“ und sozialpädagogisch argumentieren würde - ist chronische Arbeitsverweigerung als solche zu sanktionieren - s. Schulgesetz. Erziehungsfragen sind in dem Alter, in dem sich Deine Schüler befinden, oftmals auch Machtfragen - Stichwort: Transaktionsanalyse; es sind Machtspiele, die Du offen legen müßtes. Der Frey gibt hier ausführliche Hinweise über die Zusammenhänge, die Schülertaktiken und die notwendige Reaktion des Lehrers.


    Ich empfehle als Einstieg in diesen Bereich der „Ausübung von Macht im pädagogischen Kontext" ********WERBUNG GELÖSCHT*******


    Gruß, Helen

  • Natürlich rege ich mich auch gerne darüber auf, aber wenn ich dann ganz ernsthaft nachdenke.....ich war doch damals nicht anders....


    Englisch LK: "Your homework?" "Ah....well....."


    (auch wenn ich das jetzt vermutlich nicht laut sagen darf;-))


    Und irgendwie ist doch etwas "Anständiges" aus mir geworden....und aus den meisten Schülern doch auch, wenn man sie mal ein paar Jahre später sieht (bei uns laufen einem in der einen oder anderen Berufsschulklasse auch wieder welche über den Weg).

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

    Einmal editiert, zuletzt von Birgit ()

  • Kleines Beispiel hierzu aus der Praxis:


    Ich hatte meinem 12er LK (!) die Lektüre eines Romans aufgegeben - sie hatten die ganzen Sommerferien und dann nochmal die Zeit bis kurz vor den Herbstferien, also ca. 12 Wochen.
    Als wir dann mit der Lektüre im Unterricht angefangen haben, hat sich herausgestellt, dass fast die Hälfte des Kurses das Buch nicht zuende gelesen hatte. Da ist mir der Kragen geplatzt und ich habe alle mit dem Hinweis rausgeworfen sie mögen bitte erst wieder kommen, wenn sie den Roman fertig gelesen hätten und wüßten um was es darin geht. Eine MItarbeit ohne Textkenntniss ist ja sowieso nicht möglich.
    Reaktion: Schock, Totenstille und dann sind sie gegangen. Mit der restlichen Hälfte konnte ich dann gut weiterarbeiten.
    Die Jungs und Mädels hatten dann durch einen Feiertag eine gute Woche Zeit und kamen dann ganz reumütig wieder im Unterricht an und von da an ging alles bestens.
    Heute haben wir das beste Verhältnis ---

  • Noch ein kleiner Zusatz Birgit: Natürlich gab es auch Bücher, die ich während meiner Schulzeit nicht gelesen habe. Dann muss man allerdings so schlau sein und Wege finden, wie das nicht auffällt. :)

  • Hallo Paulchen,


    also ich glaube, du hast das Beste in der Situation gemacht. Das war auch mutig von dir.
    Nur so eine allgemeine Frage: darf ich so einfach (es gibt natuerlich immer einen guten Grund) einen Schueler aus dem Unterricht "rauwerfen"?


    Gruss


    Ich bin zwar nicht Paulchen, aber ich versuche mal, deine Frage zu beantworten: Soweit ich weiß, darf man das in der Oberstufe - in der Unter- und Mittelstufe aber nicht.

  • Zitat

    Original von lieseluempchen
    ...Dennoch gibt es ein einfaches Gegenmittel. Mach ... eine Betriebserkundung in einen großen Betrieb. ... Knallhart werden die Betriebsvertreter/innen deinen Schüler/innen sagen, Menschen, die unzuverlässig sind, ihre Arbeitsmaterialien nicht parat haben, keine ordentliche Arbeitshaltung an den Tag legen, die können wir nicht gebrauchen und die stellen wir auch nicht ein. Du sollst mal sehen, wie das wirkt. ..


    Das kann ich nur bestätigen. Unsere Schüler/innen staunen nicht schlecht, wenn sie in ihrem Praktikumsbetrieb mitbekommen, wie das wahre Leben ist.


    Probier's aus! Es ist gut investierte Zeit.

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