• Hallo zusammen,


    der Sohn guter Freunde besucht die 7,Klasse einer Realschule. Der Lehrer hat am Anfang des Jahres bereits ein Konto für die Klassenfahrt eingerichtet, so dass die Eltern schon einzelne Beträge einzahlen können. Jetzt hat der Lehrer geäußert, dass er keine LUST auf eine Fahrt hätte und somit auch keine für die Klasse stattfinden soll.
    Die Eltern kennen die rechtliche Lage nicht gut...daher habe ich gerade im Schulgesetz nachgeschaut. Darin steht, dass es Aufgabe der Schulkonferenz ist, solche zu regeln.


    Hat jemand von Euch einen Tipp, wie die Eltern die Klassenfahrt retten können????


    Wäre euch für eure Antworten dankbar.
    Gruß
    Straeumerin

  • Hi, Straeumerin,


    das habe ich in meiner langen Dienstzeit häufiger erlebt, dass Klassenlehrer/innen sich gweigert haben, auf Klassenfahrt zu gehen. (Zwingen kann sie niemand, weil die Klassenfahrt ja selbst bezahlt werden muss.) Deshalb bin ich umso mehr gefahren, denn ich finde gerade die Klassenfahrt für eine Klasse sehr wichtig. Und Klassenfahren sollen im Sinne der Klassengemeinschaft auch stattfinden.8o
    Du solltest zuerst einmal das Votum der Eltern der betr. Klasse einholen, ist die Mehrheit dafür, dann würde ich dieses Anliegen der Schulleitung vortragen. In der Regel findet diese dann Fachlehrer/innen in der Klasse, die diese Klassenfahrt übernehmen. Häufig sind es die Sportkollegen, die eher bereit sind, im Sinne der Klasse, dann die Fahrt zu organisieren und durchzuführen.
    Ich hatte vor einigen Jahren den Fall in einer 10. Klasse. Meine Klasse sollte und wollte mit mir nach England fahren, der Klassenlehrer der Parallelklasse hatte aber keine Lust oder wollte zum Paddeln irgendwo in Deutschland fahren, das aber wollten die Schüler/innen nicht. Ich hatte in dieser Parellelklasse auch Unterricht und wurde dann von der Schulleitung auf Druck der Eltern damit beauftragt, zu prüfen, ob wir diese Klasse nicht mit nach Canterbury nehmen können. Natürlich konnten wir und es gab auch Kollegen, die diese Klasse begleiteten. Es war eine sehr schöne Klassenfahrt und alle waren zufrieden.


    LG Lieselümpchen :)

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich! (Afrikanisches Sprichwort)
    :)

    Einmal editiert, zuletzt von lieseluempchen ()

  • Zumindest in Niedersachsen ist es so, dass kein Lehrer zu einer Fahrt mit Übernachtung gezwungen werden kann, auch nicht durch Konferenzbeschlüsse. Und das ist auch sinnvoll, denn:


    Auf einer Klassenfahrt besteht rund um die Uhr Aufsichtspflicht. Es ist nicht zumutbar, dass ein Lehrer pauschal dazu gezwungen werden soll, auch über Problemfälle eine 24 Stunden Aufsicht zu übernehmen. Wenn etwas passiert, kann der Lehrer eventuell gegenüber dem Dienstherrn (der zuerst eventuell Schadensersatz leisten muss) regresspflichtig werden.


    Die Kostenerstattung für Klassenfahrten ist nicht garantiert. Bei uns müssen Lehrer vor der Klassenfahrt unterschreiben, dass sie auf den vollständigen Ersatz von Auslagen (Fahrtkosten, Übernachtung) verzichten, wenn die Haushaltsmittel nicht ausreichen.


    Eine Klassenfahrt ist ein 24-Stunden-Dienst. Diese Überstunden bezahlt einem keiner.


    Zusammenfassend: Klassenfahrten sind eben keine "normalen" Dienstreisen, die der Arbeitgeber einfach anordnen könnte.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • An der Hauptschule, an der ich ein Jahr lang mitgearbeitet habe, sind mehrtägige Klassenfahrten abgeschafft worden. Mehr als Tagesausflüge gibt es dort nicht mehr.
    Auf meine Nachfrage, warum dies so sei bekam ich eine (in meinen Augen recht einleuchtende) Erklärung:


    - Viele Etern können und wollen die Kosten für eine Klassenfahrt nicht bezahlen, was zur Folge hat, dass die Lehrer oftmals Monate lang dem Geld hinterherrennen und es teilweise nie zurück bekommen


    - In jeder Klasse gibt es mehrere "Problemschüler" die man aber nicht rund um die Uhr bewachen kann - da ist Ärger vorprogrammiert, wenn jemand "aus der Rolle fällt" (es gab wohl mehrfach Prügeleien, Alkoholkomsum und Sachbeschädigung auf Klassenfahrten)


    - Wenn etwas dergleichen passiert, muss der Lehrer "den Kopf dafür hinhalten" und im Zweifelsfall für den Schaden aufkommen - das Risiko ist vielen zu hoch


    Ich habe selber eine zehntägige Klassenfahrt mit einer sechsten (Gesamtschul-) Klasse nach Sylt gemacht und habe gesehen, wieviel Freude es den Kindern bereitet hat (sei es die Vorbereitung im Unterricht oder auch die Aktivitäten auf der Insel) und wie förderlich dieses Gemeinschaftserlebnis für den Zusammenhalt in der Klasse war. Grundsätzlich würde ich deshalb auch immer dazu tendieren, mehrtägige Klassenfahrten zu organisieren und zu begleiten.
    Wenn ich allerdings eine Klasse habe, bei der ich ständig Angst haben muss, dass jemand groben Blödsinn macht (wie oben beschrieben), hätte ich auch ganz ehrlich keine Lust dazu, das Risiko auf mich zu nehmen und würde deshalb eine Klassenfahrt ablehnen.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von MYlonith
    ich zahle keinen Cent für die Fahrt. Man hat in RLP z. B. 2-4 Freiplätze


    In meiner alten Schule hatten wir dazu mal eine Konferenz, in der gesagt wurde, dass wir diese Freiplätze nicht annehmen dürften, sondern auf die Schüler umlegen müssten. Wir müssen so gut wie alles selbst bezahlen und haben z.B. für eine Fahrt, für die wir ca. 120 Euro zahlen mussten, irgendwas zwischen 10 oder 20 Euro erstattet bekommen.


    An Schulen, die ich kenne, wird meist auch die Zahl der Klassenfahrten stark eingeschränkt (nur noch eine oder zwei pro Schulzeit), da viele Eltern kein Geld haben und auch die Fördervereine nur bedingt einspringen können (die Hälfte oder ein Drittel der Schüler finanziell zu unterstützen schafft auch der beste Förderverein nicht).

  • Das Thema ist zwar schon ein wenig älter aber nun einmal einige Anmerkungen zum Thema:


    Warum muss der Lehrer das Geld einsammeln, ein Konto anlegen, sich um Mahnverfahren kümmern?


    Wenn es sinnvoll ist Klassenfahrten zu organisieren - soll es diensltich angeordnet werden.


    Die Schule muss über das Sekretariat die Formalien abwickeln - also Geld einsammeln, Reise buchen usw. . Wer bis zum Abreisetag nicht bezahlt hat fährt nicht mit.


    Vertraglich werden die Eltern darüber informiert, wenn ein Schüler wegen massivem Regelverstoß vorzeitig zurückgeschickt werden muss, sind die Kosten von den Eltern zu tragen.


    Es ist dann eine Dienstreise deren Reisekosten über die Reisekostenabrechnung voll zu erstatten sind incl. Verpflegungsmehraufwand und Trennungsgeld, ist bei allen Beamten so, wieso bei den Lehrern nicht???


    Zudem ist ein Bereitschaftsentgeld für die 24 Stunden-Vollüberwachung zu leisten.


    Wenn der Dienstherr das nicht will, gibt es keine Klassenfahrten.


    Ich finde die Haltung einiger Lehrer zwar lobenswert (Freiplätze nehmen wir nicht an, wir verteilen es auf die Schüler, es macht ja auch ein wenig Spass, wir verdienen doch nicht schlecht, da können wir doch mal 300 Euro selber bezahlen usw.)(pers. Anmerkung: Ich verzichte auf meinen Lohn, der Job mach ja so viel Spass)


    Wenn mein Arbeitgeber mich für eine Woche zur Fortbildung schickt, macht es hier und da auch Spass, trotzdem wird die Fortbildung bezahlt.
    Mein Geld bekomme ich für meine Arbeit mit einer entsprechenen Qualifikation - die Höhe ist mehr als gerechtfertigt - daher muss ich davon nicht noch eine Fortbildung finanzieren.


    Ich habe den Eindruck, viele Lehrer lassen sich durch die Erwartungshaltung von Schulleitung, Schülern, Eltern, Kollegen so in die Ecke drängen, dass man nur unzufrieden und im Extremfall krank werden kann.


    Mehr Selbsbewusstsein und Rechte einforden, Erwartungshaltungen kritisch hinterfragen, und genau klären, auf welchem rechtlichen Unterbau gewisse Anforderungen (Erwartungen) stehen, das würde hier und dar die Arbeitsplatzqualität verbessern.


    Gruß


    E_T

    • Offizieller Beitrag

    Inzwischen ist es in NRW wieder so, dass die Lehrer die Freifahrten annehmen dürfen. Sie müssen also nicht mehr zahlen.
    Aber als Lehrer in NRW kann man trotzdem nicht zu einer Fahrt gezwungen werden. Wer nicht fahren will, fährt halt nicht.


    Oft findet sich dann aber ein anderer Lehrer, der (wie Lieselümpchen schreibt) die Fahrt begleitet.


    kl. gr. Frosch

  • Ich bin auch grad dabei umzudenken, bislang habe ich auch immer alles brav selber bezahlt, Klassenfahrten sind ja auch eine tolle Sache für die Schüler! Aber jetzt werde ich das eher nicht mehr tun, aus Prinzip. Aber sicher bin ich noch nicht.


    Ich bin am Freitag von einer Klassenfahrt mit meiner 9 wiedergekommen, vier Tage Stress: wenig, dafür schlecht geschlafen, ständige Kopfschmerzen, auch noch Aufregung wegen der begleitenden Lehrer der Parallelklasse, was mich am meisten gestört hat. Meine Schüler waren allerdings toll, jedenfalls, für eine Neun. Ich betrete im Anschluss an die Fahrt das Lehrerzimmer und nahezu jeder Kollege sagt mir: Boah, du siehst aber fertig aus. Nervig!
    Im Gegensatz dafür werde ich belohnt dadurch, dass ich sehe, wie meine extrem schwierige und pubertierende Außenseiterin in die Klassengemeinschaft integriert wird und (das hatte ich seit Monaten nicht mehr gesehen) aus vollem Herzen lacht und mir am Ende sagt: "Nee, das war schon okay hier."


    Niemand kann einen Lehrer verpflichten, aber das ist wieder so eine Berufsethos-Frage: Fahre ich, oder fahre ich nicht? Ich fände es fair, wenn man nichts bezahlen müsste!

    There is a difference between knowing the path and walking the path. (Matrix)

    • Offizieller Beitrag

    Bei uns an der Schule wird das mit den Fahrtkosten mal so und mal so gemacht.


    Da wir nichts erstattet bekommen, war es beispielsweise bei einer Klassenfahrt, die ich begleitet habe so, dass die eine Lehrerin die Fahrtkosten auf die Schüler umgelegt hat und die andere das eigentlich nicht machen wollte. Damit die Beträge der Klassen dann gleich waren, die gezahlt werden mussten, haben wir dann alle Fahrtkosten umgelegt.


    Die Freiplätze bei der Unterkunft wurden von den Lehrern wahrgenommen.


    Da es natürlich ein Mehraufwand ist, den mir niemand bezahlt, habe ich daher bei meiner Klassenfahrt, die ich gerade plane, die Fahrtkosten auf die Schüler umglegt und die Freiplätze den Lehrern zur Verfügung gestellt. Auch so habe ich noch Mehrkosten, wie wenn ich zu Hause bleiben würde. Natürlich finde ich eine Klassenfahrt und auch eine Abschlussfahrt wichtig. Da mich aber niemand gefragt hat, ob ich die Klassenleitung in dieser Klasse möchte und einfach vorausgesetzt wird, dass am Ende der 10. Klasse genau diese Fahrt stattfindet und von mir begleitet wird, empfinde ich es auch als mein Recht, die zusätzlichen Kosten weitgehend auf die Schüler umzulegen.

  • Zitat

    Original von Kiray
    das ist wieder so eine Berufsethos-Frage: Fahre ich, oder fahre ich nicht


    Nein, nein, nein. Das ist KEINE Frage des Berufsethos.

    Der Berufsethos ist kein Allgemeinethos sondern bezieht auf das Handeln im Beruf. Den Möglichkeiten dieses Handelns im Beruf sind durch materielle Mittel und verfügbare Zeit Grenzen gesetzt. Wenn ich in meinem Beruf an diese Grenzen stoße und deshalb ein Handeln unterlasse, das eigentlich im Sinne meines Schützlings/Kunden/Klienten wäre oder das dieser im Zeifelsfall sogar dringend benötigt, verstoße ich deshalb noch nicht gegen den Berufsethos. Ein drastisches Beispiel: ein Arzt handelt nicht unethisch, wenn er nicht die vom Patienten dringend benötigte aber von der Versicherung verweigerte Behandlung aus eigener Tasche bezahlt.


    Wenn bei dem Problem, dass Schülern eine Klassenfahrt entgeht, weil der Lehrer keine Privatmittel aufwenden will, tatsächlich ein ethischer Verstoß vorliegt (was ich persönlich nicht glaube), dann ist dieser beim Handeln des Dienstherren zu verorten - dieser fordert einerseits eine sinnvolle pädagogische Maßnahme, verweigert aber andererseits die nötige Finanzierung und drängt damit den Lehrer in einen Gewissenskonflikt. Auf einer sehr viel weniger drastischen Ebene ist dies qualitativ das gleiche Problem wie beim Arzt - dem Lehrer wie dem Arzt wird die ethische Verantwortung für ein Dilemma aufgelastet, das er weder verursacht hat noch mit seinen Mitteln lösen kann.


    Man darf sich als Lehrer auf KEINEN Fall in ein ethisch-moralisches Bockshorn jagen lassen à la "wenn du nichts aus eigener Tasche zahlen willst, bist du ein schlechter Lehrer, weil du nicht brenntst." Auf einer höheren Ebene ethischer Reflexion ist das sinnvollere Verhalten ohnehin, den Zugriff auf die Privatbörse prinzipiell und generell zu verweigern, denn nur so kann eine klare politische Entscheidung darüber herbeigeführt, was die Schule leisten kann und will, was langfristig im Interesse aller ist, Lehrer und Schüler. Sich auf das Ansinnen einzulassen, prolongiert dagegen den ethischen Übergriff und das Rumgeeiere.


    Persönlich bin ich übrigens der Meinung, dass das keine abstrakten Überlegungen sind, sondern dass die überbordende Erwartungshaltung, unter der wir alle zu leiden haben, zum guten Teil durch die schein-idealistische Selbstentsagung der Kollegen in den 70ern verschuldet ist.


    Soweit meine Sonntags-Abstrakta, wo du doch das schöne Fach Philosophie unterrichtest. :)


    Nele

    Einmal editiert, zuletzt von neleabels ()

  • Zitat

    Original von Straeumerin
    ...... Jetzt hat der Lehrer geäußert, dass er keine LUST auf eine Fahrt hätte und somit auch keine für die Klasse stattfinden soll.
    Die Eltern kennen die rechtliche Lage nicht gut...daher habe ich gerade im Schulgesetz nachgeschaut. Darin steht, dass es Aufgabe der Schulkonferenz ist, solche zu regeln.


    Hat jemand von Euch einen Tipp, wie die Eltern die Klassenfahrt retten können????
    .....


    Wenn der Kollege äußert, das er keine LUST habe, ist dies vermutlich nur eine unglücklich gewählte Formulierung. Ich nehme an, dass er sich auf Grund verschiedener Vorkommnisse in der Klasse nicht in der Lage sieht, die Verantwortung für eine derartige Fahrt zu übernehmen.


    Ich war auch schon in der Situation eine geplante Klassenfahrt abzusagen. Das Verhalten mehrerer Schüler der Klasse untereinander und gegenüber den Lehrkräften war pubertätsbedingt so problematisch geworden, dass die Klasse schon im normalen Schulumfeld schwer zu steuern war.


    Wenn sich bereits im Vorfeld abzeichnet, dass eine Klassenfahrt chaotisch verlaufen wird, MUSS diese abgesagt werden. Sonst bekommt man als Lehrer haftungsrechtliche Probleme und Vorwürfe der Eltern nach dem Motto: "Das hätten Sie doch vorhersehen können...."


    Zu retten ist die Fahrt vielleicht durch einen Vertrag zwischen Schülern, Eltern und Lehrer, in dem sich die Eltern schriftlich bereit erklären ihr Kind beim geringsten Vorfall innerhalb von x Stunden (je nach Fahrtstrecke) selbst von der Jugendherberge abzuholen oder das Taxi zu bezahlen, in das der Lehrer den Schüler setzt, sowie die Entscheidung des Lehrers bedingungs- und diskussionslos zu akzeptieren.


    Wenn eine derartige Konsequenz droht, reguliert sich in der Regel auch das Verhalten ;)

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    2 Mal editiert, zuletzt von alias ()

  • Kleiner grüner Frosch,
    hast du den Link zu der neuen Regelung, dass in NRW Freiplätze wieder angenommen werden dürfen`?

    Wir helfen einem Menschen mehr, wenn wir ihm ein günstiges Bild seiner selbst vorhalten, als wenn wir ihn unablässig mit seinen Fehlern konfrontieren.
    A. Camus

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