Unterricht, Stundenverteilung

  • Hallo neleabels,

    Zitat

    einiges, speziell zu Klassenarbeiten und Klausuren, ließe sich auch überhaupt nicht mit den Apos und Lehrplänen hier in NRW vereinbaren


    das würde mich wirklich interessieren. Was ist da bei euch anders?

  • Zitat

    Original von bonzo12
    das würde mich wirklich interessieren. Was ist da bei euch anders?


    Zum Beispiel die Zeitdauer, die in der Sek II. 90min nicht unterschreiten darf. Geschlossene und halboffene Aufgabenformen sind nur begrenzt möglich. Nachschreibetermine sind verbindlich, Diktate gibt es kaum, Übersetzungen (im Englischunterricht) überhaupt nicht. Die Gestaltung von Klassenarbeiten und Klausuren zielt prinzipiell in Richtung der Aufsatzform.


    In Englisch habe ich deshalb auch das Problem der langen Texte in schlechter Sprache, was enormen Korrekturaufwand bedeutet. Die NRW Lehrpläne in Englisch verlangen die sogenannte "Positivkorrektur", d.h. jeder Sprachfehler darf nicht nur angestrichen, sondern muss mit einem korrekten Alternativvorschlag versehen werden. (Bei manchen Klausuren wäre es für mich weniger Aufwand, einfach alles neu zu schreiben...) Wenn es schlecht läuft, schmeißen die Schüler alle gelernten Methoden über Bord, greifen in der ersten Minute der Klausur zum Stift, schreiben ununterbrochen bis zur 90. Minute und geben alles ungelesen ab.


    Ich versuche konsequent überlange Texte einzudämmen. In den ersten Klausuren mache ich die Anfertigung eines Entwurfs obgligatorisch und zum Teil der Inhaltsnote. Den muss ich nicht sprachlich korrigieren, habe aber den Vorteil, dass da von den Schülern schon viele Gedanken geordnet und deshalb auch Fehler vermieden werden.


    Obergrenzen in der Textlänge mache ich grundsätzlich bei den Aufgaben des Anforderungsbereiches I (Reproduktion von Inhalten.) Bei den Analysefragen bearbeite ich vorher die Methoden im Unterricht und mache klar, dass ich inhaltlich nur das werte, was zur Fragestellung passt, Fehler aber voll zähle. Unmäßige Wiederholungen werte ich als stylistische Schwäche. Das ganze mache ich den Schülern transparent und lasse sie auch wissen, dass eine knappe Klausur, die etwas auf den Punkt bringt, immer die bessere Klausur ist!


    Letztlich gibt es nicht viele Möglichkeiten, Klausuren zu kürzen....


    Nele

  • Hallo neleabels,
    da seid ihr deutlich schlechter dran als wir. Aber zunächst die Zeitdauer bei Arbeiten. Es geht nicht um 90 Min, sondern um zwei/drei oder fünf (!) Schulstunden. In Englisch-Oberstufe lasse ich in Klasse 12 nur 90 Min schreiben, in Klasse 13 dann einmal 180 Min, kurz vor dem Abi. In Deutsch gehe ich erst vor dem Abi auf 180 Min.
    Das System der Positivkorrekturen kenne ich so nicht, ich mache das natürlich in Ansätzen, kann aber die Länge der Antworten per Wortzahlvorgabe eindämmen, die Note ergibt sich aus dem Quotienten von Fehlerzahl/Wortzahl. Demnächst kommt das holistische Korrigieren, da fällt die Wortzahlbegrenzung weg.
    Aber irgendwo sehe ich nicht ein, dass ich für die Klausuren vor dem Abi keine Wortzahlbegrenzung angeben darf. Wer will mir das verbieten?
    Wieso kannst du keine Aufgabenstellung a la "Write at least 350 words on...Do not write more than 450 words" stellen?

    • Offizieller Beitrag

    bonzo


    Das wäre m.E. nicht zulässig, weil die Qualität der Aufgabenlösung schließlich nicht notwendigerweise mit der Wortzahl korreliert.
    Ferner würde bei uns im Zentralabitur eine solche Aufgabe auch nicht gestellt werden.
    Schaut man sich den Erwartungshorizont der Aufgaben im Zentralabitur an, so würde man das System doch pervertieren, wenn man gleichzeitig noch verlangt, dass die Schüler nicht nur die einzelnen inhaltlichen Kriterien erfüllen sollen auch noch dies mit der "geringstmöglichen" Zahl an Wörtern erreichen sollen.
    Ausdruck, Wortschatz und Satzkonstruktionen würden dann doch je nachdem völlig abgewertet werden - sehen wir einmal von notorischen Schwätzern und Vielschwallern ab.


    Gruß
    Bolzbold

  • Hallo Bonzbold,
    das ist aber in BW so üblich, Vorbild dürfte wohl das angelsächsische System sein, bei dem für einen Essay eine bestimmte Wortzahl vorgegeben ist.
    Neben der Wortzahl-Fehlerzahl-Relation gibt es allerdings bei uns auch noch Punkte für Inhalt u. Stil.
    Außerdem: Wenn ein Schüler eine bestimmte Wortzahl als Vorgabe hat, ist der Erwartungshorizont natürlich entsprechend, es wird das gewertet, was innerhalb der verlangten Wortzahl erwartet werden kann - eigentlich kein Problem. Wie gesagt, das wird demnächst anders, das holistische System sieht meines Wissens keine Wortbegrenzung mehr vor, aber da sind wir Englischlehrer noch mehr gestraft. Viele Schüler schreiben doch einfach der Leber nach weg, ohne sich um die sprachliche Form/Richtigkeit zu kümmern.

  • Zitat

    Original von Paulchen
    bonzo12: Nachdem ich deinen Beitrag gelesen habe, stellt sich mir die Frage, wieso du überhaupt noch in diesem Job arbeitest. Das klingt doch alles sehr nach "Ich, ich, ich". Die Schüler fallen aus deiner Sicht anscheinend völlig raus.


    Natürlich gibt es die Sicht auf die Schüler, schließlich hat man den Beruf ja gewählt um mit ihnen arbeiten zu können.

    Allerdings darf man die "betriebswirtschaftliche" Sicht nicht vergessen: innerhalb eines fixierten (zeitlichen und finanziellen) Rahmens sollen bestimmte Leistungen erbracht werden. Wer jetzt die Rahmenbedingungen verschlechtert (Erhöhung der Deputatsstunden, administrativer Zusatzaufwand, Klassengrößen etc.) nimmt in Kauf, dass der output schlechter wird (mit individuellen Unterschieden, das ist schon klar.)

    Vor diesem Hintergrund finde ich den Beitrag von bonzo12 schon berechtigt.


    Und sind wir doch mal ehrlich: in etlichen Kollegien gibt es genug Kollegen, die keine volle Stelle haben, weil sie es als zu aufwändig und arbeitsintensiv empfinden. Es ist nicht so, dass man sich bloß zu organisieren hätte.


    Noch ein paar konkrete Tipps von mir:


    Vokabeltests über in moodle integrierte hot potatoes Übungen machen. Die Auswertung erfolgt automatisch und man kann sich die Ergebnisse als Excel-Liste ausgeben lassen.


    Nach dem ersten Essay in der Oberstufe, den ich für jeden korrigiere, nehme ich weitere nur noch entgegen, wenn man mir mit dem Essay eine sorgfältig gemachte Berichtigung des jeweils vorhergehenden einreicht. Mir ist meine Zeit zu schade, um mich mit Korrekturen zu befassen, die die Sus ohnehin in die Ecke werfen.


    Die minimale Anzahl der für die Mittelstufe vorgegebenen Arbeiten schreiben.


    Bei Arbeiten in der Mittelstufe nur eine und nicht zwei Gruppen, dafür muss man halt besser beaufsichtigen.


    Nachschreibearbeiten erstelle ich nur gegen Vorlage einer Entschuldigung. Diese sind in der Regel (kommt auch auf den Nachschreiber an...) etwas schwerer als die reguläre Arbeit, damit die SuS nicht auf den Gedanken kommen, diesen Service öfter in Anspruch zu nehmen.


    Ähnlich wie nele: in der Oberstufe langes unstrukturiertes Geschreibsel sanktionieren bzw. Bewertungskriterien darlegen und entsprechende Methoden thematisieren.


    Viele Grüße
    Maria, seit zwei Jahren im Geschäft

    Was man zu verstehen gelernt hat, fürchtet man nicht mehr. Marie Curie

    Einmal editiert, zuletzt von Maria Leticia ()

  • Hallo M.L.,

    Zitat

    in moodle integrierte hot potatoes Übungen


    die musst du doch erst erstellen, oder? ich hab mich inzwischen in meine mündllichen Abfragen verliebt. Der Schüler bekommt einen deutschen Satz, der eng an die Vorgabe im Lehrbuch (Cornelsen) angelehnt ist, und schreibt ihn auf Englisch an die Tafel, die anderen Schüler schreiben zur Übung mit. Anschließend wird der Satz - ohne dies als gelernt/ungelernt zu werten, in versch. Tenses gesetzt, als Question formuliert usw. Jedes Abhören ist dadurch eine Übung in Basisgrammatik für alle am Beginn einer Stunde.


    Zitat

    nur eine und nicht zwei Gruppen, dafür muss man halt besser beaufsichtigen


    Ich mach das so: Die Bänke werden luftig im Raum aufgestellt, die Schüler sitzen an der Schmalseite, zwischen ihnen steht eine Tasche, ein Ranzen. Das sieht am Anfang komisch aus, wird aber bis in die Oberstufe von den Schülern akzeptiert und ich hab kaum Stress.


    Zitat

    Nach dem ersten Essay in der Oberstufe, den ich für jeden korrigiere


    Ich lass mir ein, zwei Essays (HA oder Ergebnis d. Stillarbeit) vorlesen u. korrigiere nach Gehör durch Unterbrechung d. Schülers - Fehlertoleranz recht gering!


    Zitat

    Nachschreibearbeiten erstelle ich nur gegen Vorlage einer Entschuldigung


    Es gibt ein Grundsatzurteil, das besagt, dass ein Nachtermin nur dann angeboten werden muss, wenn der Lehrer für das Ausfallen des regulären Termins verantwortlich ist. Daran halte ich mich. Die SuS fehlen selten, da meine Noten recht streng sind und sie eher das Bedürfnis haben, sich zu verbessern.
    So langsam wirds ja mit den konkreten Vorschlägen. Ich habe zu oft junge KollegInnen erlebt, die jahrelang dreiviertel machten, sich plötzlich auf ihre Pensionen besannen und dann mit vollem Deputat nach ein paar Wochen nur noch bleich und hektisch durch das Gebäude rannten.
    Gruß

  • Zitat

    Original von bonzo12
    die musst du doch erst erstellen, oder?


    Ja. Aber für jedes Lehrwerk (mit dem man dann ja jahrelang das Vergnügen hat) nur einmal.
    Außerdem setze ich diese Übungen auch in anderen Zusammenhängen ein z.B. zur Wiederholung von Grammatik und Vokabular in den höheren Klassen oder in Vertretungsstunden. Du darfst halt nicht vergessen, dass es sich um Spanisch 2. Fremdsprache handelt, da ist es nicht so wie z.B in Englisch, dass es a) geeignetes Übungsmaterial b) auf das Lehrwerk abgestimmte Software gibt, bzw. das kommt jetzt erst langsam. Insofern sehe ich das als einen Arbeitsaufwand, dessen Produkte ich funktional einsetzen kann und der letztendlich mir das Leben erleichtert.
    Allerdings schreibe ich in der Oberstufe keine Vokabeltests.


    Zitat

    Jedes Abhören ist dadurch eine Übung in Basisgrammatik für alle am Beginn einer Stunde.


    Reaktivierung der Basisgrammatik gibts bei mir auch zu Beginn fast jeder Stunde, allerdings in kommunikativer Form. In der Regel versuche ich dabei, "alte" Grammatik und Wortfelder zu reaktivieren, indem ich sie mit den gerade durchgenommenen Themen vernetze(n lasse).


    Zitat

    Ich mach das so: Die Bänke werden luftig im Raum aufgestellt, die Schüler sitzen an der Schmalseite, zwischen ihnen steht eine Tasche, ein Ranzen. Das sieht am Anfang komisch aus, wird aber bis in die Oberstufe von den Schülern akzeptiert und ich hab kaum Stress.


    Ich glaube, dazu sind unsere Klassenzimmer zu klein.


    Zitat

    Ich lass mir ein, zwei Essays (HA oder Ergebnis d. Stillarbeit) vorlesen u. korrigiere nach Gehör durch Unterbrechung d. Schülers - Fehlertoleranz recht gering!


    Dann korrigierst du aber nur auf Fehler, oder? Mir ist es wichtig, konkret Anmerkungen zur Struktur und zum inhaltlichen Aufbau der Texte machen zu können (s. meinen letzten Punkt im vorherigen Posting.) Ich persönlich kriege das durch Zuhören nicht hin. Auch hier denke ich, dass es sich um Arbeitsaufwand handelt, der mir später das Leben erleichtert. (Hier ist es auch nicht zulässig, Wortobergrenzen anzugeben).


    Zitat

    Es gibt ein Grundsatzurteil, das besagt, dass ein Nachtermin nur dann angeboten werden muss, wenn der Lehrer für das Ausfallen des regulären Termins verantwortlich ist. Daran halte ich mich. Die SuS fehlen selten, da meine Noten recht streng sind und sie eher das Bedürfnis haben, sich zu verbessern.


    Mein System funktioniert gut. Im letzten Halbjahr hatte ich bei vollem Deputat (alles 2. Fremdsprache-Klassen) drei Nachschreiber. Die Kids stehen auch nicht unbedingt auf das von mir praktizierte Nachschreiben ohne Ankündigung.


    Gruß
    Maria

    Was man zu verstehen gelernt hat, fürchtet man nicht mehr. Marie Curie

    Einmal editiert, zuletzt von Maria Leticia ()

    • Offizieller Beitrag

    Interessante Diskussion.


    Ich bewege mich (durchaus schwankend) so zwischen den Extrempositionen hier.


    Als Personalrätin plädiere ich natürlich dafür, dass die Kollegen nur so wenig wie möglich zeitfressenden Schwachsinn mitmachen - und das ist hier in Hessen immer noch so viel, dass man nur im Idealfalle zu gründlichen Unterrichtsvorbereitungen kommt.
    Und natürlich setze ich mich in dieser Funktion auch oft und heftig für das Veheizen von jungen Kollegen, Teilzeitkräften und Referendaren oder ältere Kollegen, die zu pflegende Familienmitglieder haben, ein, und lege mich nicht selten mit denen an, die meinen "da geht noch was.". In Hessen, vielleicht (?) vor allem in Hessen am Gymnasium, geht nix mehr, was Arbeitszeit angeht. Fortbildungszwang, Dokumentationswahn, Materialien für Uplus erschaffen wenn man krank ist, Massen an Förderplänen, selbstverständliches Ausschöpfen der drei Mehrarbeitsstunden, die für den Notfall gedacht sind, chronische Unterbesetzung, Überstunden als Normalfall, Korrekturvorschriften, die die Positivkorrektur noch überholen - hier gibt es bei einigermaßener reiner Pflichterfüllung auch als Nebenfachlehrer nix mehr unter 50 Stunden die Woche (für wie viele werden wir nochmal bezahlt? 41?), außer für die wenigen ganz Abgebrühten, die dann Mehrarbeit für die Kollegen produzieren.


    Persönlich reicht mir reine Minimal - Pflichterfüllung aber nicht. Die eingesparten Stunden führten nicht zur Berufszufriedenheit. Ich langweile mich mit dem Miniprogramm.
    1. Ich kommuniziere mit und begene den Schülern und (den meisten) Kollegen gerne auch jenseits des Unterrichts. Das belastet mich nicht. Also bleib ich halt noch ein bisschen und rede mit ihnen.
    2. Ich bilde mich gerne fort. Wenn die FoBi kein Sprechsteinscheiß ist. Natürlich mache ich das auch nachmittags, wenns denn da angeboten wird. Ich mag in keiner (auch nicht in nichtberuflichen) Hinsicht stagnieren. Ich habe auch ein Lernbedürfnis! Das tausendste Mal die Frage nach Macbeths Schuldigwerden zu diskutieren oder die Geheimnisse des Gerundiums, lastet mich geistig nicht aus.
    3. Ich mag meine Arbeit. Auch und gerade die Zusatzarbeit als Beratungslehrerin und Personalrätin und Zuständige für die externen Fremdsprachenzertifikate. Ich bin ihr nicht verfallen, sie ist nicht das einzig Gute in meinem Leben, aber ich mag sie. Und - in Kenntnis der Lage meiner arbeitslosen Akademikerfreunde in anderen Berufen - ich weiß sie zu schätzen! Was ich mag und schätze, möchte ich gerne wenigstens gut machen. Perfekt geht eh nicht in unserem lachhaften System, aber gut wär schon wichtig. Das kriege ich im Moment auch noch ganz akzeptabel hin. Melden mir Schüler und Eltern.
    4. Ich habe ein Privatleben. Etwas knapper als bei den meisten Arbeitnehmern, die ich kenne - aber auch nicht nicht-existent. Und dieses pflege und hege ich.



    Sprich: Meiner Meinung nach ist es wichtig zu versuchen, den Dreh zu finden zwischen "bloßem Übrleben im Job" und "die Welt an 24 Stunden am Tag zu retten versuchen und dabei sang- und klanglos unterzehen".


    Keine Schulentwicklungsarbeit zu übernehmen, weil das ja "Zusatz" ist, heißt eben auch keine neuen und spannenden Aufgaben zu haben, nix außer den ausgetretenen Pfaden zu sehen. Schnarch!
    JEDEN angebotenen Job zu übernehmen, heißt, jeden der zu vielen Jobs schlecht zu machen. Darüber müssen sich die hyperengagierten auch klar sein - viel ist nicht gleich viel gut!


    "Seine" Nische zu finden, den Beitrag gut zu leisten, den man auch wirklich leisten kann, ist der Trick. Es langsam angehen lassen. Nicht gleich am Anfang in die Steuergruppen hüpfen! Die Balance zwischen Belastung (ja, ich kann schaffen, wie ein Ackergaul) und Entspannung zu finden (ich kann ebenso intensiv alle 5e Gerade sein lassen, wenn ich merke, es muss sein) ist wichtig. Jobs annehmen, sie in harten Zeiten aber auch wieder abgeben können muss gelernt werden. Andere zur Mitarbeit motivieren. Abgeben, delegieren können. Unter den hyperengagierten Kollegen gibt es ja auch immer wieder die "Alles, was ich nicht selber mache, wird nix !"-Größenwahnsinnigen. Ich habe mal selber dazugehört, da war ich aber noch anderweitig beruflich tätig.


    Prioritäten setzen: Gute Beratungsgespräche mit Schülern führen ist wichtiger als noch einen noch eleganteren Begriff in der Positivklausur zu finden. Wenn die Schüler einem als Mensch und Lehrer vertrauen, und man generell meist gute Arbeit macht, verzeihen sie einem eher auch mal schlappe Stunden, wenn halt mal nix mehr geht. Also geht Gesamtqualität vor Detailverliebtheit. Nehm ich halt den zweitbesten Text, den bring ich aber mit Begeisterung an!


    Ich bin seit 9 Jahren dabei: habe 2 Korrekturfächer, habe fast nur Oberstufe und fast nur LKs - ich bin Tutorin, Klassenlehrerin, PR und Beratungslehrer und biete Cambridge Advanced Kurse an: und ich arbeite nicht mehr, wie in den ersten 2 Jahren, 60 - 70 Stunden/Wo. Auch nicht nur 40 und eher immer noch zu viel - aber doch so, dass ich meinen Mann noch erkenne, wenn er die Treppe runterkommt und meine Eltern und Freunde regelmäßig sehe. Und ich weiß auch, wie ein Kino von innen aussieht und ein Theater und ich mache Sport...


    Vielleicht liegt's daran, dass ich einige Jahre selbstständig war. Organistaion IST wichtig - das hab ich da gelernt. Und vielleicht ist das Vetrauen darin, dass jeder diese Balance finden kann, auch wichtig. Ich halte aber, gerade aus PR-Sicht, nix davon, Kollegen, die komplett am Rad drehen, vorzuwerfen, sie seien unfähig sich zu organisieren. Das ist unfair. Die ersten Jahre sind brutal hart. Und danach muss man sehr hart um diese Balance kämpfen. Und manche von uns sind langsamer und manche sind schneller - wie bei den Menschen eben. Wir sind nicht alle gleich begabt. Und vor allem: nicht alle haben die Bedingungen, das auch erfolgreich zu tun (i.e. die Balance zu finden). All denen muss man helfen und sie nicht runtermachen. Ich bin für ganz starke Netzwerke in der Schule!!! Wir in der OS koordinieren unsere Arbeit sehr eng. Bis hin zu den Einzeltexten, Tests, Erwartungshorizonten, Abitraining, Methodentage, etc. Wir planen gemeisnam, wir teilen Material, wir trösten und wir nehmen auch mal Korrekturen ab, wenn nix mehr geht.


    Das kenne ich aus der Mittelstufe, in die ich abgeordnet bin, anders: da behindert man sich eher gegenseitig und kaum einer lässt sich in die Karten schauen. Die Arbeit ist langsam und zäh - und oft führen koordinative Unfälle zur Mehrarbeit. Das Rad wird täglich neu erfunden. Zum Glück bin ich da nur noch mit 6 Stunden:
    Der Unterschied in der Arbeitseffizienz und auch Qualität ist massiv. Massiv!


    Daher plädiere ich immer wieder dafür, sich unter den Kollegen zu stützen, für Koordination, für Teamarbeit, Materialpools, Think-Tanks und auch soziale Netzwerke. Ja, ich weiß, dass wir dann die paar Faulen mitbedienen und die davon profitieren. So what. Denen gratuliert aber trotzdem keiner zum Geburtstag!



    Liebe Grüße
    Meike

  • Hallo Meike,
    sehr engagiertes Statement, vielem kann ich zustimmen, einiges erinnert mich an die schwärzesten Stunden meines Schulalltages. Es ist sicher blöd, auf meinen Erfahrungsvorsprung von ca. 20 Jahren zu verweisen, aber ich glaube, dass dies doch meine Position prägt. Ich habe in meinem Lehrerleben viele Trends mitgemacht/machen müssen, die ein paar Jahre später nur noch ein müdes Lächeln wert waren. Alle hatten eines gemeinsam: Man investierte sehr viel Zeit für Konferenzen, Fortbildungen etc, in denen einem versprochen wurde, dass die Arbeit dadurch leichter wird. Einzig der Mehraufwand für diese Dinge war konkretes Ergebnis, auf die Arbeitserleichterungen warte ich noch heute. Natürlich tausche ich auch Materialien aus, helfe neuen Kollegen, interessiere mich für neue Trends (beachte bitte mein Fach ITG, das sich mit privaten Vorlieben deckt), aber irgendwo habe ich den Verdacht, dass die Sache mit dem Lernen auf einer völlig anderen Ebene abläuft: Der Mensch isst, schläft, fühlt so wie seit tausenden von Jahren, da wäre es Unsinn, behaupten zu wollen, dass Lernen seit der pädagogischen Erfindung XYZ plötzlich anders läuft. Und da wird man zu Fortbildungen gezwungen, die eigentlich nur de Ego des Veranstalters dienen, die Information wäre in Zeiten des Internets ja irgendwie anders zu übermitteln.
    Ein weiterer Punkt ist mir wichtig: Unser Beruf wird demontiert, du hast in deinem ersten Absatz viele Beispiele genannt. Dazu kommen noch üble Einbußen im Einkommensbereich (kein Arbeitszimmer absetzbar, seit Jahren keine tabellenwirksame Erhöhung d. Bezüge, massive Gefährdung der Pensionsansprüche, usw.). Wie sollen wir denn eine gemeinsame politische Front erreichen, wenn uns im täglichen Leben jeder Laberhannes beweisen will, dass unser Beruf mit der richtigen Methode usw. ein Zuckerschlecken ist? Wie soll da sich etwas ändern, wenn die Mehrheit der KollegInnen täglich der Öffentlichkeit beweist, dass das System doch prima funktioniert?
    Meine Position hat gegenüber Eltern u. Schülern auch Signalfunktion. Ich sage, dass unter den gegebenen Umständen bei den gegebenen Ressourcen eben nur diese Leistung möglich ist, mehr aber nicht. Und schon gibt es andere, die sich mit dieser neuen Methode und jenem neuen Projekt aufblähen und zeigen, es geht doch.
    Dein Appell für die Bedeutung von Netzwerken ist gut und schön, aber in der Realität schmiert dann doch jeder sein eigenes Ego.
    Schau dir nur die Mehrzahl der Threads in diesem Forum an. Da geht es doch hauptsächlich darum, wie man noch besser laminieren kann, wo man noch ausgefeiltere Materialien herbekommt, was man denn noch alles für die Schüler bestellen kann, usw.
    Uff, so langsam wird es Zeit, dass das Fußballspiel anfängt, ich könnte mich echt ereifern.
    Gruß

    • Offizieller Beitrag

    Ich finde, deine Beobachtungen widersprechen den meinen in keinster Weise - plus 20 Jahre oder nicht.


    Netzwerke können funktionieren, ich erlebe es seit Jahren in beiden meiner Fachschaften in der OS. Daher habe ich ein quasi "empirisches" Recht ;) , weiter daran zu glauben.


    Ich erlebe in der Abordnungsschule, wie sie NICHT funktionieren. Der Unterschied zwischen beiden Arbeitsweisen zeigt, wie sehr sich Engagement für kollegiale Kooperation für alle Beteiligten lohnt.


    Fortbildungen sind ja nicht immer zum Thema "Lernen lernen". Die, die ich regelmäßig mache - Personalräteschulungen und -AGs, Beratungslehrertage zu allen Themen der Krisenintervention- und -prävention und die hochprofessionellen FoBi der University of Cambridge bringen mir schon immer viel Neues. Solange dem so ist, dienen sie halt neben meiner Professionalisierung auch meinem persönlichen Vergnügen. Daran sehe ich nichts Verkehrtes. Die Haltung "Beruf darf keinen Spaß machen" finde ich genauso verkehrt wie "Der Beruf muss zuallererst Spaß machen". Es geht weder um das eine noch das andere.


    Wie man die Solidarität unter den Lehrern fördern und das Syndrom, das kranke System dadurch am Leben zu erhalten, dass durch persönliches Engagement die politisch gerissenen Lücken gestopft werden, reduzieren könnte - schwierig.


    Ich kann es jedenfalls nicht dadurch versuchen, dass ich einen Job so lau mache, dass er mich selbst nicht mehr befriedigt. Denn das ist auch Teil meines Lebens: Berufszufriedenheit.


    Ich gehöre aber auch nicht zu denen, die meinen, es sei der Lage dienlich, wenn ich jetzt selbst noch den Besen in die Hand nehme und den Schulhof fege, weil die Stadt dafür kein Personal mehr schickt.


    Und damit bleibe ich - die Wahrheit in dem, was du schreibst durchaus sehen könnend - bei meinem Weg und hoffe, dass der der erstmal der Richtige ist.


    Gruß, Meike


    PS: edit nach einer halben Stunde

    Zitat

    Uff, so langsam wird es Zeit, dass das Fußballspiel anfängt, ich könnte mich echt ereifern.


    0:1 gegen Wales, meine Ex-Heimat, an der ich noch immer hänge.
    Schlecht. Meine Wetten stehen schlecht.
    Und mein Mann meinte vorhin, es könne durchaus sein, dass die eine Chance haben - "englische ( 8o !) Mannschaften sind zuhause ja immer gut."
    Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass die Waliser, hätte er das im Stadion gesagt, ihn dafür in kleine Fetzen zerissen hätten.


    Mal wieder gucken, wie's weiter geht....

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Zitat

    Original von Meike.
    Mal wieder gucken, wie's weiter geht....


    Nun, das hätte sich dann jetzt ja erledigt... ;)


    Ne "Cymru, the country where men are men and sheep are afraid" le

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