Motorik/Feinmotorik - Förderung durch die Schule?

    • Offizieller Beitrag

    Ich komme gerade von einem sehr schönen Klassenfest, auf dem natürlich auch kurz über die schon ausgeteilten Zeugnisse gesprochen wurde. Die meisten Eltern wollten nur wissen, ob sie überhaupt zu der angebotenen Sprechstunde kommen müssen. Das war o.k.
    Ein Vater jedoch drohte mir ein ernsthaftes Gespräch an, weil ich eine Bemerkung über die katastrophale Feinmotorik ins Zeugnis geschrieben habe. Das Kind liegt mehr auf dem Tisch, als dass es sitzt, hält den Stift auch mit Schreibhilfe falsch, weiß eigentlich wie es besser ist, hält meine Tipps jedoch nur ein, wenn ich hinter ihm stehe! Die Ergotherapie wurde im letzten Herbst abgebrochen. Angeblich kann die Ergo nichts an der Stifthaltung machen! Stimmt das??? Nun fordert der Vater Förderstunden, weil er der Meinung ist, ich hätte diese Defizite des Kindes korrigieren müssen. Außerdem sei der Grund reine Konzentrationssache. Jeder sieht aber deutlich, dass das Kind erhebliche motorische Probleme und keine Körperspannung hat. Auch der KiGa hat schon auf eine notwendige Therapie hingewiesen, anscheinend haben die Eltern aber nur kurz vor der Einschulung ein einziges Rezept für die Ergo eingelöst.
    Ich schaue jetzt gleich mal nach schriftlichen Bestimmungen o.ä., aber vielleicht kann mir einer von euch schon sagen, ob ich als KL verantwortlich für motorische Förderung bin. Der Vater kann echt unangenehm werden, aber ich möchte ihn im Moment der Chefin vom Hals halten. Die hat genug zu tun.


    Talida

  • Ich habe einen ähnlichen Fall in der 1. Klasse. Ich habe Ergotherapie empfohlen und das Werk " Den Stift im Griff" privat durchzuarbeiten.
    Ergotherapie wurde daraufhin für den älteren Bruder versucht, der nun erhebliche Probleme in der 5. Klasse Gymnasium hat.Die Ergotherapie wurde auch nach kurzer Zeit mit den Begründungen "zu langwierig, bringt nichts, mein Kind hat keine Lust" abgebrochen. Mit meinem Schüler üben die Eltern nun mehr oder weniger erfolgreich. - Malen in vorgegebenen Grenzen ist besser geworden. Es fällt ihm aber sehr schwer, bei großen Druckbuchstaben gerade Striche zu ziehen. Er ist unglücklich mit seinen Ergebnissen und vermeidet längeres Schreiben.
    Ich weiß nicht, wie er in Zukunft Aufsätze bewältigen kann.


    Auf jeden Fall bin ich als Grundschullehrerin zu dem schluss gekommen, dass eine schulische Förderung derartige Defizite nicht beheben kann.


    LG
    Ulli

    • Offizieller Beitrag

    Talida


    Also mein Eindruck: Laut Gesetz bis du für alles verantwortlich. Außer vielleicht dafür, den Kindern ein Frühstück zu servieren oder so.
    Aber mehr als Schreibhaltung korrigieren und vielleicht mal ein differenziertes AB kannst du in einem normalen Rahmen nicht machen, das Kind ist ja nicht allein in der Klasse. Große Defizite lassen sich da nicht ausgleichen. Ich habe 2 Kinder in der Klasse, deren Eltern es nicht einsehen woll(t)en. Bei einem soll jetzt angeblich was passieren (nach fast 2 Schuljahren, ich glaub aber noch nicht dran), die anderen halten Ergo für überflüssig. Das Kind quält sich nun mit Schreibschrift herum.


    Conni

    • Offizieller Beitrag

    Der Meinung bin ich ja auch. Aber diese Eltern gehören zu der dreisten Sorte, die dann beim Schulamt anrufen, allen Seiten etwas anderes erzählen und alle richtig beschäftigen, bis man dahinter kommt, dass das alles Zeitverzögerungstaktiken sind, um nicht selbst tätig werden zu müssen. Dieser Schüler hat wohl die Ergo als ziemlich anstrengend empfunden, so wie alles in der Schule anstrengend ist und den Eltern war beides nach der Einschulung zu stressig. Ich bin echt noch geladen. Es war so ein schönes Fest und dieser eine Satz hat mir fast den Abend verdorben. Ich habe natürlich viele Unterlagen aus meine FoBis zur Förderdiagnostik, aber ich brauche für diesen Fall etwas wirklich Handfestes. Die Formulierungen im Lehrplan sind zu schwammig. Natürlich bin ich verantwortlich dafür, dass die Kinder die Buchstaben formgerecht schreiben und ich korrigiere auch die Stifthaltung. Aber so einen Extremfall hatte ich noch nicht. Dem kann ich keine Schreibschrift beibringen, ich kann die Druckschrift kaum lesen.

  • Ich habe einen ähnlichen Fall in der Klasse. Das Kind ist allerdings ansonsten äußerst begabt und zeigt Anzeichen von ADHS. In Laufe meiner Lehrertätigkeit fiel mir auf, dass vor allem ADHS'ler öfters zu motorischen Problemen, auch in der Feinmototrik neigen.
    Im österr. Lehrplan steht,dass das Kind am Ende der zweiten Klasse eine der Schulschrift angenäherte Form der Schrift erreichen soll. Angenähert ist ein dehnbarer Begriff und ich denke auch,dass du schon sehr viel tust, wenn du ihn soweit es dir möglich ist förderst, ihm differenziertes Material anbietest,... Wir können nicht alle Defizite abdecken, die heutzutage auftauchen. Wenn die Therapie von den Eltern abgebrochen wurde, könntest du das Kind vielleicht noch in einer Förderstunde extra fördern, aber ansonsten...das Schriftbild zählt zur Note, also musst du das miteinfließen lassen.
    Lass dich von dem aufgebrachten Vater nicht einschüchtern.
    Alles Gute
    fairytale

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