Ruhe in 1. Klasse reinbringen

  • Hallo!


    Ich hab eine kleine Frage, bzw. ein kleines Problem.
    Ich bin ja in einer ersten Klasse drin, aber nicht als Klassenlehrerin, hab aber Deutsch und Sport, also relativ viel Stunden.


    Eigentlich ist das eine ganz liebe Klasse, ein oder zwei Jungs, die sich manchmal nicht so ganz an die Regeln halten.


    Seit ein paar Wochen, kann es nicht so genau sagen, vielleicht auch schon länger, hat es etwas umgeschwenkt. Trotz Ruhezeichen, ak. Signal und und und dauert es ewig, bis die Klasse bei mir leise ist. Vor allem, wenn ich vorne stehe und etwas erklären will.
    Dann hab ich zur Zeit zwei Jungs, die total aufmüpfig sind.
    Sie widersprechen mir dauernd (denke, um zu provozieren), reden ständig dazwischen und geben "doofe" Kommentare ab.
    Heute hab ich ein Gespräch mit einem Jungen geführt, mal sehen, ob es was gebracht hat. Er wird gleich auch immer aggressiv anderen Kindern gegenüber, schreit laut, obwohl ich oft danebenstehe.


    Das, was mich eher beschäftigt, ist, dass sie bei der Klassenlehrerin viel ruhiger sind. Sie muss nicht so lange warten. Natürlich auch nicht immer, aber es herrscht schon mal eine ruhigere Grundstimmung. :)
    Ich weiß, dass sie Kids in Deutsch schon mal etwas lauter sind, weil sie leise vor sich hin lesen, aber manchmal hilft einfach gar nichts mehr.


    Heute saß ich auch wieder hinten drin, um meine Sachen zu korrigieren und ich weiß, dass sie eine ganz andere Art an sich hat, wie ich. Aber das nagt gerade schwer an meinem Selbstwertgefühl. Natürlich finde ich da auch ein klitzekleines bisschen Neid.


    Ich denke natürlich, dass es an mir liegt, an meiner Art, dass ich zuwenig positiv verstärke und eher gleich schimpfe. Obwohl es im Ref ja hieß, dass ich die Ruhe in Person wäre und eine Engelsgeduld hätte. Das ist wohl bei den Erstklässlern verschwunden.
    Vielleicht liegt es auch an meinem Unterricht, aber Deutsch ist gerade so stressig. Druckbuchstaben einführen, am besten gleich drei in der Woche, dann noch Schreibschrift und diese Woche kam noch das Muttertagsgedicht dazu.
    Ok, ich jammere, aber oft krieg ich einfach keine so tollen Stunden hin, denn wenn ich mir Zeit lasse, hinke ich so hinterher.
    Und natürlich ist MeNuK und Englisch viel spielerischer und Mathe vielleicht anpruchsvoller, als Buchstaben nachzuspuren und zu schreiben.


    Vielleicht habt ihr ja ein paar Tipps, wie ich mehr Ruhe in die Klasse bringen kann,, wie ich die beiden Jungs dazu kriege, dass sie nicht so aufmüpfig sind. Oder wie ich an mir arbeiten kann, auf was ich verstärkt achten sollte.


    Vielen Dank schon mal!


    Liebe Grüße
    Tiggy, die gerade etwas frustriert ist

    Verstehen kann man das Leben nur rückwärts,
    leben muss man es vorwärts. (Sören Kierkegaard)

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  • Liebe Tiggy02,


    ich fühle mit dir.


    Ein paar Fragen stellten sich mir bei deinem Bericht:


    Wer "hetzt" dich so, dass du 3 Buchstaben pro Woche, Muttertagsgedicht und Schreibschrift eibführst? Ich mache weniger mit meinen Erstis.


    Liegt dein Unwohlsein und das der Klasse u.U. an Überforderung aller?


    Versuche, bei deinem Stil zu bleiben! Im Referendariat hast du die Bestätgung bekommen, dass deine Unterrichtsart bei den Kindern ankommt. Lass dich bitte nicht verunsichern!
    Sprich doch mal mit den Kindern darüber, was du für Veränderungen beobachtest hast. Sie können dir sicherlich interessante Antworten geben, was sie für mögliche Ursachen halten.



    LG


    Ulli

  • Hallo Ulli!


    Tja, wer hetzt mich so....
    Wir sind insgesamt drei erste Klassen. Es ist mein erstes Jahr nach dem Ref und ich bin natürlich schon noch etwas unerfahren. Sehr oft dankbar, dass ich mich mit den Kolleginnen absprechen kann, aber seinen eigenen Stil kann man da nicht unbedingt durchsetzen. Mit dem hab ich mich schon abgefunden, schon allein, weil ich nicht Klassenlehrerin bin und nicht immer allso so machen kann, wie ich gern möchte.
    Die anderen Kolleginnen wollten nach den Osterferien mit der Schreibschrift anfangen. Ich fand es eigentlich noch zu früh, aber wenn ich erst später begonnen hätte, wären mir wahrscheinlich die Eltern und mein Rektor im Nacken gesessen.
    Einige Eltern hatten sich anfangs schon mal "beklagt", weil wir zwei Buchstaben den anderen Klassen hinterher waren. War aber aus dem Grund, weil ich eine Woche krank war.
    Es hat auch Vorteile, wenn es nur eine Klasse in der Stufe gibt.


    Ich denke, dass vieles an mir liegt. Ich merke, wenn ich selbst etwas chaotisch bin, dann übertrage ich das sofort auf die Klasse.


    Grüßle
    Tiggy

    Verstehen kann man das Leben nur rückwärts,
    leben muss man es vorwärts. (Sören Kierkegaard)

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  • Hallo Tiggy,


    also 3 Buchstaben pro Woche plus zusätzlich Schreibschrift finde ich schon sehr viel.
    Wir haben ganz lange nur einen Buchstaben pro Woche eingeführt, seit ca. Ostern sind es schon 2-3 (meistens 3), jetzt sind aber meistens nur noch Buchstabenkombinationen wie st oder ähnliches dran, wo das Schreiben selber nicht mehr geübt werden muss. Dafür haben wir aber mit der Schreibschrift noch nicht angefangen! Sobald es damit losgeht, werden es wohl wieder weniger Buchstaben pro Woche sein, alleine wegen der vielen Seiten in den Arbeitsheften, die zu jedem Buchstaben abgearbeitet werden sollen (in der Druckschrift)...


    Wie viele Stunden pro Woche hast du denn überhaupt für Deutsch zur Verfügung? Das ist ja schon ein riesiger Unterschied, ob man als Klassenlehrer sich die Zeit so aufteilt, wie man sie braucht (und das ist für Deutsch, so wie du es beschreibst, schon sehr viel), oder ob man mit der begrenzten Zeit zurecht kommen muss.


    Seit wann wird überhaupt in der 1. Klasse Deutsch von einem Fachlehrer unterrichtet? Ich dachte immer, dass in allen Bundesländern in der 1. (und 2.) Klasse fächerübergreifend vom KL unterrichtet wird (Grundlegender Unterricht heißt das bei uns). ?(



    Hat denn dein Gespräch mit den beiden Jungs was gebracht?
    In meiner Klasse ist ein Junge, der von Anfang an auch sehr frech war, äußerst unruhig, sich nicht zurück halten konnte und sich für den Mittelpunkt der Klasse hielt. Mittlerweile hat er sich sehr, sehr stark zum Besseren geändert (sagen alle Lehrer in der Klasse). Zum einen habe ich mit ihm ein positives Verstärkersystem eingeführt, auf das er sehr stolz war. Ich glaube aber nicht, dass dieses die größten Veränderungen bei ihm bewirkt hat. Das zweite war nämlich, dass fast von Anfang an eine Sonderpädagogin mit ihm ein individuelles "Programm" durchführt. Einmal in der Woche trifft er sich mit ihr und sie machen irgendwelche Spiele, bei denen er lernt, sich zurückzuhalten, seine Aggressionen in den Griff zu bekommen und Frust abzubauen.
    Vielleicht habt ihr ja auch zumindest einen Sozialpädagogen, die sind ja auch speziell ausgebildet. Und diese Einzelförderung tut zumindest bei meinem echt gut, er geht gerne hin und macht wahnsinnige Fortschritte. Das wäre in der Klasse so nicht möglich gewesen.


    Liebe Grüße
    Biene Maja :)

  • biene maja: 3 Buchstaben in der Woche pack ich nicht; zwei sind es aber gerade schon. Ja, es sind auch Buchstabenverbindungen dabei, aber auch noch einige Buchstaben aus dem Alphabet.
    Bei den Verbindungen wird das Schreiben auch eher in den Hintergrund gerückt, weil die Buchstaben ja schon bekannt sind. Trotzdem braucht es Zeit, schon allein die ganzen Sachen in den Schreiblehrgängen und Arbeitsheften zu machen.


    Ich hab 8 Stunden in der Woche oder besser gesagt vier 70min Blöcke (wurde in der Schule so eingeführt).
    Ich bin kein Fachlehrer, sondern Ko-Klassenlehrerin. ;)
    Die Klassenlehrerin hat nur 14 Stunden Lehrauftrag und dann wurden die Stunden eben so aufgeteilt. Ich bin ja nur KV für dieses Schuljahr.


    Zu den Jungs: Am Freitag gings mir so schlecht, war nicht in der Schule.
    Mit zwei Jungs haben wir auch ein Verstärkersystem, bei denen klappt das richtig gut, aber einer davon war auch wirklich extrem auffällig in seinem Verhalten.
    Bei dem besagten Jungen war es anfangs nicht so. Er ist sehr verschmust und anhänglich. Ich möchte bei ihm eigentlich jetzt nicht auch och ein solches System einführen.
    Am Donnerstag hab ich ja mal mit ihm geredet, hab ihm auch gesagt, dass ich das erstmal mit ihm bereden möchte, bevor ich mit der Mama telefoniere.
    Konnte aber jetzt noch nicht feststellen, ob es gewirkt hat.


    So, war mal wieder lang.


    Ich freu mich noch über ein paar Antworten.
    Schönen Sonntag noch!


    Tiggy

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  • Am Montag war der eine Junge wieder genau wie vorher, also hatte das Gespräch mit ihm nicht wirklich was gebracht, obwohl ich den Eindruck hatte, als ich mit ihm gesprochen habe, dass er schon geknickt ist.
    Also habe ich mit der Mama telefoniert, die dann auch noch mit ihm gesprochen hat.
    Am Dienstag und heute war es ein bisschen besser, aber noch nicht hundertprozentig. Doch immerhin etwas!
    Ich frage mich natürlich, an was es liegt, denn vorher war er eigentlich nicht so. Vielleicht ist es auch nur eine Phase.


    Gestern wollte ich zum Abschluss noch mit der Klasse ein Spiel spielen, aber das hab ich dann abgebrochen, weil es zu laut war und ein paar Kinder Quatsch gemacht haben.
    Heute hat es dann besser geklappt.


    Hab mir außerdem das Buch "Bei Stopp ist Schluss" gekauft und werd es mal lesen.

    Verstehen kann man das Leben nur rückwärts,
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    • Offizieller Beitrag

    @Tiggy


    Den Stress, wenn sich Eltern aufregen, kenne ich. Das nervt wirklich, v.a. wenn man das zum ersten Mal macht.
    Es bringt aber nichts, die Kinder und dich so zu stressen, dass ihr euch nicht mehr wohl fühlt, nur um den Stoff zu schaffen.


    Ich musste als Referendarin mal in 2 Stunden einen Buchstaben "durchhetzen" und fand das so schrecklich, dass ich dann als Klassenlehrerin lieber die Elternmeckerei in Kauf genommen habe.


    Ich habein meiner Klasse mit Anlauttabelle begonnen, war dadurch anfangs mehrere Buchstaben zurück gegenüber beiden Parallelklassen. Später hat sich das wieder ausgeglichen, da meine Schüler durch Schreiben mit der Anlauttabelle weniger Lautdifferenzierungsübungen und weniger Buchstabenerkennungsübungen brauchten und eben nur noch das Schreiben im Vordergrund stand.


    Vor einem Jahr habe ich dann etwa alle 3 bis 4 Schultage einen neuen Buchstaben (bzw. Buchstabenverbindung) eingeführt. Abgeschlossen war der Lehrgang nach den ersten 4 Wochen der 2. Klasse.
    Schreibschrift habe ich im März begonnen, das lag aber am Arbeitsheft, da MUSSTE man ab einem bestimmten Buchstaben anfangen mit Schreibschrift und die haben auch schon im 1. Schuljahr die kleinen Schreibzeilen für Klasse 2 eingeführt, was für viele Kinder eine Überforderung war. Anfangs habe ich 2 Wochen keine neuen Druckbuchstaben eingeführt und ein paar Schreibschriftbuchstaben geübt statt dessen, dann kam ein Druckbuchstabe pro Woche, dazu gehörend der Schreibschriftbuchstabe und 2 Buchstaben in Schreibschrift, die aus der Druckschrift schon bekannt waren. Irgendwann hatten wir aufgeholt. In der Zeit habe ich aber kaum noch Geschichten geschrieben mit den Kindern und sie hatten nur noch Schreibschrift als Hausaufgaben.
    Insgesamt war das sehr stressig und wir führen in unserer Schule ab sofort Schreibschrift erst im 2. Schuljahr ein.


    Wegen der Disziplin:
    1. Deine Kollegin hat Klassenlehrerbonus.
    2. Wenn ihre Art ganz anders ist als deine, hast du schlechte Karten.
    3. Kinder verändern sich. Manche sind von Anfang an aufmüpfig, andere später, manche nie.
    4. Mit dem Jungen reden, mit der Mutter reden und Verstärkerpläne sind gute Ideen. Ansonsten bin ich inzwischen auch dazu übergegangen, weniger zu reden und zu erklären und stärker zu fordern. Bei manchen aufmüpfigen Kindern hilft es, wenn ich eine Aufforderung wie eine Schallplatte freundlich aber bestimmt mehrere Male wiederhole.
    5. Wenn das nicht hilft, dann lasse ich je nach Situation schonmal ein Kind eben "sitzen". Lieber habe ich 22 Kinder, die voran kommen und auf die ich eingehen kann und ein oder 2, die nichts machen, als dass von den 22 Kindern 15 total abgelenkt sind, während ich mich um 1 oder 2 heulende, schreiende Verweigerer kümmere, die dann vielleicht jeder 3 Wörter schreiben, wenn ich je 20 Minuten auf diese Kinder individuell einrede. Individuelles Lernen und individuelle Zuwendung funktionieren im Rahmen des zur Verfügung stehenden Personal- und Materialschlüssels und denen sind Grenzen gesetzt. Bei einem meiner notorischen Verweigerer habe ich mit sofortigem Kontaktabbruch und deutlicher Zuwendung zu lernwilligen Kindern, die Hilfe benötigen, übrigens die besten Erfolge - und natürlich dann Zuwendung wenn das Kind arbeitet.
    Das ist aber natürlich immer eine individuelle Situation und kommt auch aufs Fach an.


    Grüße,
    Conni

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

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