• Aus gegebenem Anlass:
    Welche Gefahren sehen Sie bei wiki und Konsorten?


    Hier mal ein paar ad hoc Gedanken:


    Wiki hat keine redaktionelle Bearbeitung, d.h. u.a.


    1) Wiki mutiert unter anderem zu einem Fachlexikon. Recherchieren Sie einmal technische Begriffe. Sie werden feststellen, dass Sie ohne entsprechende Vorbildung mit vielen Artikeln wenig bis gar nichts anfangen können. In normalen Enzyklopädien wird redaktionell sicher gestellt, dass der durchschnittliche vorgebildete Leser die Artikel verstehen kann.


    2) Artikel, die wenig Interesse wecken, werden von wenigen Usern oder gar Interessengruppen verfasst. Damit tendiert die Verlässlichkeit gegen Null.

    Und der Mann spürte das Wissen bis an die Haarspitzen, als ihm das Konversationslexikon auf den Kopf fiel. (Uli Keuler)

  • DIE ZEIT hat sich mehrfach mit Wikipedia beschäftigt, z.B.:


    http://www.zeit.de/2006/37/wikipedia


    http://www.zeit.de/online/2005/50/wikipedia


    http://www.zeit.de/online/2005/51/wikipedia_wissenschaft


    Mich stört an Wikipedia lediglich der Reiz, den Wiki für Schüler / Studierende ausübt und die "Selbstsuggestion" der Prüflinge, Wiki wäre umfassend, mehrpespektivisch, ausreichend als Quelle für mündliche Prüfungen. Ich habe in diesem Semester wieder mehrere mündliche Prüfungen abgenommen, in denen Wiki erste und einzige Literaturangabe war. Leider waren die meisten dann eben doch nicht so erfolgreich, wie ihnen das Wikipedia in der Recherche suggerierte.


    LG, das_kaddl.

  • Die Artikel über Wikipedia finde ich sehr interessant und werde die Problematik bzw. Gefahr auch mit meinen Schülern durchsprechen. Bei den jetzigen Praktikumsberichten habe sich fast die theoretischen Informationen aus wikipedia gezogen (leider ohne wenigstens die Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler zu korrigieren). Wenn sie dann nächstes Schuljahr die Facharbeiten schreiben, sollten sie mit mehr Quellen arbeiten als nur mit wikipedia ...


    Sind euch evtl. noch weitere Artikel bekannt?

  • Zitat

    Nicht_wissen_macht_auch_nic schrieb am 24.02.2007 11:22:


    1) Wiki mutiert unter anderem zu einem Fachlexikon. Recherchieren Sie einmal technische Begriffe. Sie werden feststellen, dass Sie ohne entsprechende Vorbildung mit vielen Artikeln wenig bis gar nichts anfangen können. In normalen Enzyklopädien wird redaktionell sicher gestellt, dass der durchschnittliche vorgebildete Leser die Artikel verstehen kann.


    2) Artikel, die wenig Interesse wecken, werden von wenigen Usern oder gar Interessengruppen verfasst. Damit tendiert die Verlässlichkeit gegen Null.


    Deine Bedenken teile ich auch. Besondere Bauchschmerzen bereitet es mir, wenn meine Schüler sich für eine Referatsvorbereitung ausschließlich auf wiki verlassen und Texte an- bzw. abgeben, die fast nur aus eben diesen Texten bestehen.

  • Kaddl, vielen Dank für die interessanten Adressen.


    Und, Silja, Ihre Bauchschmerzen teile ich.


    Übrigens ein schönes Beispiel, dass wiki dabei ist, den Status als Enzyklopädie zu verlieren, ist dieser Artikel:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Intel_Core_2


    Wenn Sie sich als normaler Verbraucher vor dem Computerkauf informieren wollen, was denn nun die Vorteile des neuen Core 2 Prozessors sind, werden Sie nur Bahnhof verstehen.


    Oder lesen Sie mal den Artikel über Roland Barthes: Ich bezweifle, dass ein normal vorgebildeter Mensch mit dem Text glücklich werden wird:


    http://de.wikipedia.org/wiki/Roland_Barthes


    Das führt dann in der Schule dazu, dass die Schüler Referate halten, von deren Inhalt sie nichts verstanden haben.

    Und der Mann spürte das Wissen bis an die Haarspitzen, als ihm das Konversationslexikon auf den Kopf fiel. (Uli Keuler)

    Einmal editiert, zuletzt von Nicht_wissen_macht_auch_nic ()

  • Wikipedia mutiert nicht zu einem Fachlexikon - im Gegenteil.
    Viele Fachleute, die sich anfangs vom Wikipedia-Gedanken begeistern ließen und sich an der Ausarbeitung von Artikeln beteiligt haben, kehren der Wikipedia zwischenzeitlich den Rücken - oder werden von der Mitarbeit ausgesperrt.


    Schulen und Hochschulen, die über eine feste IP-Adresse mit dem Internet verbunden sind, sind mittlerweile von der Mitarbeit ausgeschlossen - weil einige Idioten nur Quatsch in die Artikel geschrieben haben. Dummer Nebeneffekt: Nun können auch Lehrer und Professoren ihre Hohlstunden nicht mehr dazu nutzen, die Artikel ihres Fachgebietes zu verbessern.


    Ich habe mich zwischenzeitlich auch wieder ausgeklinkt, nachdem ich erleben musste, dass mühevoll recherchierte Beiträge meines Fachgebietes von irgendwelchen selbsternannten "Hütern der Wikipedia" verstümmelt oder gelöscht wurden. Leider wissen manche Studenten der Betriebswirtschaftslehre über die Kunst der Renaissance oder über Pädagogik scheinbar mehr als ich ... sollen sie ...


    Wer sich auf Wikipedia einlässt, wird bald merken, dass er sich in endlose Diskussionen verstrickt - oder entnervt aufgibt.


    Ein schönes Beispiel für Wikipedia-Auseinandersetzungen sind 2 Stunden des 23.März 2003 Artikeldiskussionen las man übrigens damals noch von unten nach oben ...
    Es könnte auch ein x-beliebiger anderer Artikel sein...
    Recht hat letztlich derjenige, der mehr freie Zeit besitzt, Änderungen in der Wikipedia durchzuführen. Irgendwann gibt einer auf - und der letzte hat Recht.



    Das Ding habe ich kopiert aus:
    http://de.wikipedia.org/wiki/W…Humorarchiv/Mann_und_Frau :D:D



    Die Klagen über die Machtwillkür der "Administratoren" sind Legion.
    z.B. hier:
    http://de.wikipedia.org/wiki/K…:Administratoren-Probleme


    Die Klagen über die "Verpubertisierung" ebenfalls.


    Trotzdem ist es ein faszinierendes Projekt, in dem man unendlich schmökern kann.
    z.B. hier:
    http://de.wikipedia.org/wiki/W…kiReader/Skurriles_Wissen
    http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Ungewöhnliche_Artikel


    http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Wikipedia:Humorarchiv



    Meine absolute Lieblingsseite aus der Wikipedia ist allerdings:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Irrenhaus


    So viel Selbstkritik und -ironie stimmt schon wieder versöhnlich....

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Zitat

    Nicht_wissen_macht_auch_nic schrieb am 25.02.2007 00:30:
    ..........
    Oder lesen Sie mal den Artikel über Roland Barthes: Ich bezweifle, dass ein normal vorgebildeter Mensch mit dem Text glücklich werden wird:


    http://de.wikipedia.org/wiki/Roland_Barthes
    .........


    Für diesen Artikel müsste man eigentlich einen Löschantrag stellen - wegen "Geschwurbel"... :D


    siehe auch
    http://de.wikipedia.org/wiki/Geschwurbel

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Zitat

    alias schrieb am 25.02.2007 01:17:
    Wikipedia mutiert nicht zu einem Fachlexikon - im Gegenteil.
    Viele Fachleute, die sich anfangs vom Wikipedia-Gedanken begeistern ließen und sich an der Ausarbeitung von Artikeln beteiligt haben, kehren der Wikipedia zwischenzeitlich den Rücken - oder werden von der Mitarbeit ausgesperrt.


    Liebe(r) alias,


    es ist bedauerlich, dass man Ihre Arbeit nicht zu schätzen weiß. Allerdings haben Sie meine Ausführungen fehlinterpretiert.
    Die Aussage, dass wiki u.a. zu einem Fachlexikon mutiert, habe ich vom fehlenden Redaktionsgedanken abgeleitet. Im nachfolgenden Beitrag habe ich sie an den Artikel zum Core 2 und Roland Barthes belegt. Ich habe keine Aussagen über die Qualität/Stimmigkeit der Artikel getätigt, sondern auf deren schiere Unlesbarkeit für den normal vorgebildeten Bürger rekurriert. Eine redaktionelle Bearbeitung eines sowohl sprachlich als auch fachlich versierten Mitarbeiters findet bei wiki nicht statt, wie Sie auch den ZEIT-Artikeln entnehmen können. Damit werden Artikel zu lang, zu nebensächlich zu unverständlich. Ob das Ganze dann noch stimmt, ist eine weitere (wenn auch schon ausführlich diskutierte) Frage.


    Ich wusste übrigens nicht, dass Professoren Hohlstunden haben. Bei den geringen Lehraufträgen müssten Sie ja dann in der Tat reichlich Zeit für wiki und Co haben.
    Dass Sie allerdings das Wissen Einzelner an ihrem Ausbildungsstatus fest machen, widerspricht doch dem demokratischen wiki-Gedanken. Folgt man Ihrer Argumentation, müsste auch jeder Hochschulabsolvent vom Fache die Auslegungen eines "Volksschullehrers vom Lande" gering schätzen.... (Um Missverständnissen vorzubeugen: Letztere Meinung teile ich ausdrücklich nicht)


    Und zu Ihrem letzten Beitrag: Das sehe ich auch so. Die hohe Kunst einer guten Enzyklopädie besteht darin, z.B. komplexeste Gedankengänge wie die Barthes konzise einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Darüber wacht bei Brockhaus und Co in letzter Instanz ein guter Redakteur. Bei wiki ist hier Fehlanzeige.


    Ich hoffe aber, der Roland Barthes Artikel bleibt stehen, dass ich ihn im Unterricht als abschreckendes Beispiel verwenden kann.

    Und der Mann spürte das Wissen bis an die Haarspitzen, als ihm das Konversationslexikon auf den Kopf fiel. (Uli Keuler)

    Einmal editiert, zuletzt von Nicht_wissen_macht_auch_nic ()

  • Ich sehe wie das_kaddl das Problem darin, dass Schüler glauben, mit Wikipedia ausreichend auf wissenschaftlichem oder wissenschaftspropädeutischem Niveau vorbereitet zu sein. Das sind sie nciht, und das muss man Ihnen beibringen.
    Das gilt aber für Wikipedia wie für jedes andere Konversationslexikon. *Das* muss man Ihnen sagen, dass Konversationslexika nicht zitierwürdig sind.


    Den Rest der Kritik hier teile ich nicht. Wikipedia ist als Konversationslexikon in manchen Punkten schlechter, in anderen besser als etwa der Brockhaus; große Unterschiede siehe ich nicht.


    Als alter Anhänger der angelsächsischen Philosophie muss ich sagen: Roland Barthes ist selber schuld am Geschwurbel. (Au, au, nicht hauen.)

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Zitat

    Herr Rau schrieb am 25.02.2007 08:37:


    Als alter Anhänger der angelsächsischen Philosophie muss ich sagen: Roland Barthes ist selber schuld am Geschwurbel. (Au, au, nicht hauen.)


    Was ich "Geschwurbel" nenne, sind "Informationen, die keiner braucht:

    Zitat

    Am 25. März 1980 wird er in einen Unfall mit einem Milchwagen verwickelt, an dessen Folgen er am darauffolgenden Tag in einem Pariser Krankenhaus verstirbt.


    Da fehlt nur noch die Angabe der Straße und der Name des Milchwagenfahrers ...

    Zitat

    Da er nicht weiter beachtet wurde, fanden seine Werke nicht einmal in Fachbibliotheken einen Stammplatz."


    Da bin ich froh, dass wenigstens in meinem Regal ein paar Bücher von ihm stehen :D
    Oder es sind Plattitüden:

    Zitat

    Er selbst lehnte Einordnungen nach Einflüssen von Autoren und Kolleginnen und nach Professionen, wissenschaftlichen Richtungen und Schulen ab.


    Barthes strukturalistische Theorien sind an sich schwere Kost. Da ist der Artikel in manchen Bereichen durchaus als Einstiegshilfe brauchbar. Aber in weiten Teilen ist er schlecht strukturiert :D


    Lieber Nicht_wissen..

    Zitat

    es ist bedauerlich, dass man Ihre Arbeit nicht zu schätzen weiß. Allerdings haben Sie meine Ausführungen fehlinterpretiert.
    Die Aussage, dass wiki u.a. zu einem Fachlexikon mutiert, habe ich vom fehlenden Redaktionsgedanken abgeleitet. Im nachfolgenden Beitrag habe ich sie an den Artikel zum Core 2 und Roland Barthes belegt. Ich habe keine Aussagen über die Qualität/Stimmigkeit der Artikel getätigt, sondern auf deren schiere Unlesbarkeit für den normal vorgebildeten Bürger rekurriert.


    Es geht nicht darum, ob die Arbeit geschätzt wird. Ich gehe ja gerade damit konform, dass der Wikipedia die Redaktion fehlt. Will man jedoch als Fachman einen Artikel redigieren, geschieht meistens das, was ich als "Diskussionsablauf" zitiert habe. Das vergrätzt die Fachleute und so gilt für weite Teile der Wikipedia: "Avanti Dilletanti!"

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Zitat

    Herr Rau schrieb am 25.02.2007 08:37


    Den Rest der Kritik hier teile ich nicht. Wikipedia ist als Konversationslexikon in manchen Punkten schlechter, in anderen besser als etwa der Brockhaus; große Unterschiede siehe ich nicht.


    Da würde mich die Begründung doch interessieren.
    Dass Schüler und auch Studenten zunehmend wiki als Quell der Weisheit sehen, liegt u.a. darin, dass die ausführlichen Artikel Vollständigkeit und Tiefgang implizieren.


    Zitat


    Als alter Anhänger der angelsächsischen Philosophie muss ich sagen: Roland Barthes ist selber schuld am Geschwurbel. (Au, au, nicht hauen.)


    Ich hänge auch mehr den angelsächsischen Philosophen an. Allerdings entspringt Barthes' Bedeutung für mich mehr aus seinen Beiträgen zur Literatur-/Kunstwissenschaft...

    Und der Mann spürte das Wissen bis an die Haarspitzen, als ihm das Konversationslexikon auf den Kopf fiel. (Uli Keuler)

    Einmal editiert, zuletzt von Nicht_wissen_macht_auch_nic ()

  • Zitat

    Nicht_wissen_macht_auch_nic schrieb am 25.02.2007 18:06:Dass Schüler und auch Studenten zunehmend wiki als Quell der Weisheit sehen liegt u.a. darin, dass die ausführlichen Artikel Vollständigkeit und Tiefgang implizieren.


    Und nicht zuletzt daran, dass sich die Texte mit Copy-and-Paste so schön einfach weiterverabeiten lassen!


    Nele

    • Offizieller Beitrag

    Im Prinzip bin ich auch kein Fan von wiki und Konsorten, da habe ich schon die wildesten Sachen gelesen, aber eine gute Sache hat es: dass man nämlich die jeweils relevanten (natürlich auch einige nicht relevante) Begriffe im Artikel anklicken und diese Wörter ebenfalls wieder nachgucken kann. Was ich so hasse, wenn sich Schüler über Thema X schlau machen und dazu etwas vortragen, ist, wenn sie jeden zweiten Begriff nicht erklären können, weil sie sich nicht die Mühe gemacht haben, diese auch noch nachzugucken, oder aber- noch öfter - weil sie sie - mangels umfassender Ahnung - diese nicht als nachguckenswerte Begriffe erkannt haben. Das nimmt ihnen Wiki. ab und die Ausrede "ich wusste ja nicht, dass der Begriff auch wichtig ist" gilt nicht mehr.
    Also, für andere Fächer kann ich's nicht sagen, aber für den Englischunterricht ist das ganz wunderbar für das Erstellen von Vokabelfeldern rund ums Thema soundso.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • mit wikipedia habe ich bisher schon einige gute erfahrungen gemacht, aber auch nur auf meinem gebiet: mathe und physik. da es hier meist nichts zu diskutieren gibt (das sind halt größtenteils fakten). aber ich sage meinen schülern auch dazu, dass sie nicht nur bei wikipedia nachschauen sollen, da es teilweise ein sehr hohes niveau hat und zu wenig beispiele und anwendungen hat.


    aber bei anderen fächern kann ih es mr gut vorstellen, dass wikipedia ziemlich schlecht ist, gerade bei themen, bei denen es unterschiedliche meinungen und ansätze gibt. da wird dann meistens bloß einer präsentiert und schon denken die schüler, es gäbe bloß eine meinung.


    letztendlich müssen die schüler aber auch lernen mit wikipedia und generell mit onlinerecherche umzugehen, denn das ist heutzutage eine wichtige und schnelle informationsquelle.

  • Zitat

    Meike. schrieb am 25.02.2007 19:13:
    Also, für andere Fächer kann ich's nicht sagen, aber für den Englischunterricht ist das ganz wunderbar für das Erstellen von Vokabelfeldern rund ums Thema soundso.


    meike,


    Dem stimme ich absolut zu.
    Gruß :D:D
    Fossil

Werbung