• Ich hatte gerade ein Gespräch mit einer Freundin, indem wir feststellten, dass wir beide eigentlich nicht so genau wissen, weshalb man im Unterrichtsgespräch keine "W-Fragen" (Wieso? Weshalb? Warum? Etc.) stellen soll.
    Denn eigentlich regt man die Schüler damit doch zu einem Nachdenken an (z.B. Warum geht eine Kerze unter einer Glaskuppel aus? (tut sie doch, oder? ) ?!


    Habt ihr die Erklärung hierfür?


    LG Schmeili

  • Die sogenannten W-Fragen sind heute nicht mehr ganz so rigoros verpönt wie früher. Vom Grundsatz her geht es aber darum, dass die Fragen meist recht geschlossen sind und nur auf eine bestimmte Antwort hinweisen. Daher soll man eher Impulse geben, die verschiedene Reaktionen zulassen (z. B. die Kerzen unter die Glaskuppel stellen und warten, bis sie ausgeht).


    LG
    Britta

    • Offizieller Beitrag

    Was natürlich im normalen Unterricht völlig hahnbeüchen ist, wenn man allen Ernstes versuchen wollte, die W-Fragen jedesmal durch stille, Bild-, Versuchs- oder sonstwasfürKram- Impulse zu ersetzen.


    Inwiefern es zu gelenkt sein soll W-Fragen zu stellen und inwiefern dies eine geistige Unterforderung der Schüler sein soll, wie es mir seinerzeit im Seminar eigetrichtert wurde, ist mir auch schleierhaft...


    Warum möchten Menschen an etwas glauben?
    Warum schaffen sich Menschen eine Ordnung in ihrem Weltbild?
    Warum ändern sich Werte?
    Wozu braucht der Mensch das Gefühl der Angst?
    Wieso enstehen Gemeinschaften?
    Was macht ein Individduum aus?
    Wieso handelt ein Mensch in bestimmter Art und Weise ?
    etc etc...


    ... alles Fragen, die bei der Arbeit mit Literatur am laufenden Meter auftauchen... und SO einfach und geschlossen sind die Antworten darauf irgendwie gar nicht.


    In normalen Gesprächen in der Kneipe oder daheim fragt man sie doch auch. Und da können sich angeregte Diskussionen über Studnen entspinnen. Wie übrigens auch im Unterricht.


    Also: die modische W-Fragen Phobie vielleicht einfach nicht so ernst nehmen ...?

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Zitat

    Meike. schrieb am 07.01.2007 18:31:


    Also: die modische W-Fragen Phobie vielleicht einfach nicht so ernst nehmen ...?


    Ja, darum ging es mir eigentlich auch gar nicht. Ähnlich wie du waren wir nämlich auch der Meinung, dass W-Fragen nicht unbedingt einen geschlossenen Charakter haben und so kamen wir auf die Frage, wieso sie eigentlich so verpönt sind :)
    Alle reden davon, nur niemand weiß weshalb ;)

  • Also die W-Fragen generell zu verdammen, würde ich auch nicht tun.


    Vielmehr waren bei uns im Seminar die WAS-Fragen ein absolutes no-go. Manche Fachleiter machten da sogar Strichlisten. ?(


    Gruß
    Super-Lion

  • Ich finde grad das "warum" ist doch die zentrale Frage im Literaturunterricht. Zumindest schreib ich es ständig neben irgendwelche Aufsätze und comments.


    Wenn man versucht die W-Fragen zu umgehen, kommen oft so sinnige Arbeitsaufträge, wie "BEschreibe, wie xy..."; "Erkläre, warum..." dabei raus. Ist das besser? Begründe, warum...


    Viele Grüße
    Lolle

  • Wir mussten immer fragen:


    Erkläre...
    Benenne...
    Begründe...
    Beschreibe...


    etc.


    Mich hat es auch wahnsinnig gemacht, denn die W-Fragen waren aus mir nicht herauszubekommen.

  • Komisch, meine Uni hat gar nix gegen W-Fragen (auch wenn sie nicht alle mit W anfangen, auf Englisch zumindest nicht). Sie werden sogar erwartet, denn, was soll ich denn sonst machen? Gedankenlesen hatten wir noch nicht.


    Meine Uni benutzt Bloom's Taxonomy und in den Beispielfragen kommen ganz viele "W-Fragen" vor:
    Knowledge - What is it called? Where does...come from? When did it happen? Who? What types of triangles are there?
    Comprehension - Why does he...? Explain what is happening... So how is Tim feeling at this point? What are they key features?
    Application - What do you think will happen next? Why? So which tool would be best for this?
    Analysis - What patterns can you see in the way these verbs change? Why did the Germans invade? What assumptions are being made...? What is the function of...?
    Synthesis - Compose a phrase of you own using a syncopated rhythm. What is the writer's main point? What ways could you test that theory? What conclusions can you draw?
    Evaluation - Which slogan is likely to have the greatest impact? Should they develop the green-field or the brown-field site? Which was the better strategy to use?


    (Quelle: Questions Worth Asking, Brighton and Hove LEA publication)

  • In meinem Seminar waren die W-Fragen auch nicht grundsätzlich verpönt, solange sie "echte" Fragen waren. Wir wurden dennoch angehalten zunehmend die Operatoren wie erkläre, begründe, überblege,... anzuwenden, da diese die Aufgabenstellungen in allen zentralen Prüfungen einleiten und es den Schülern leichter fällt, wenn sie diese aus dem Unterricht kennen und genau wissen, was sie bei welchem Operator tun sollen.

  • Unsere armen Schülerlein sollen ja auch bloß nicht zuviel nachdenken müssen!
    ;)
    Geschlossene bzw. W-Fragen sind meines Erachtens einfach komplexer. Nehmen wir den Versuch mit der Kerze: Warum geht die Kerze aus?
    Da fühlen sich viele nicht angesprochen, weil sie es nicht wissen. Mithilfe von Operatoren wie "beschreibe, was passiert" oder "vermute, ..." hofft man vielleicht auch noch den letzten zu erreichen. Der könnte sich ja dann auch trauen, was zu sagen. Bei solchen Fragen ist das "richtig oder falsch" noch nicht impliziert. Da kann jeder was dazu beitragen, selbst wenn er keine Ahnung hat.
    Ich denke, das ist die Haltung die dahinter steht.
    Stellt sich nur die Frage, ob man permanent so arbeiten will!
    Es kommt sicherlich auf den Kontext an. Führe ich etwas ein oder geht es um eine Wiederholung bzw. um eine wiederkehrende Arbeitsweise.
    Man kann da den Sachunterricht, bei dem Kinder forschen, entdecken, vermuten, in Begeisterung ausbrechen, etc. sollen nicht mit Literaturinterpretation vergleichen. Einem 11. -Klässler brauche ich nicht mehr mit "Vermute, warum der und der das und das getan hat" kommen. Halte ich auch für absoluten Quatsch und Unterforderung. In der Oberstufe muss man damit leben können, wenn man mal etwas falsches sagt. Wer sich da noch nicht getraut auch bei geschlossenen Fragen eine Vermutung anzustellen, der hat nachher nichts im Studium zu suchen.
    Den 11ern sollte bekannt sein, dass Interpretation immer nur Deutung ist und es im eigentlichen Sinne sowieso kein Richtig oder Falsch gibt. Schließlich zählt ja die Begründung!

  • Zitat

    Padma schrieb am 08.01.2007 09:08:Geschlossene bzw. W-Fragen sind meines Erachtens einfach komplexer.


    Und sie zwingen zur Präzision - unzureichende Präzision sowohl in der Textrezeption wie auch im schriftlichen und mündlichen Ausdruck nehme ich regelmäßig im Unterricht war.


    Das hat schließlich seinen Sinn, dass Notrufmeldungen um eine Kette von "W-Fragen" herum angelegt sind. :)


    Aber die Didaktiktheorie ist ja bekannt dafür, völlig normale und selbstverständliche Sachverhalte des mensclichen Lebens und der menschlichen Sprache aus ideologischen Modegründen zu verdammen...




    Nele

  • Zitat

    Super-Lion schrieb am 07.01.2007 19:01:Vielmehr waren bei uns im Seminar die WAS-Fragen ein absolutes no-go. Manche Fachleiter machten da sogar Strichlisten. ?(


    Warum? Was spricht denn gegen "was-Fragen"? ;)


    Nele

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Aber die Didaktiktheorie ist ja bekannt dafür, völlig normale und selbstverständliche Sachverhalte des mensclichen Lebens und der menschlichen Sprache aus ideologischen Modegründen zu verdammen...

    *heftig mit dem Kopf nick*


    Zitat

    Vielmehr waren bei uns im Seminar die WAS-Fragen ein absolutes no-go. Manche Fachleiter machten da sogar Strichlisten.


    Weil die angeblich zu eng sind. Jedenfalls für die engen Geister im Seminar, die diese Theorie vertreten.


    Was hätten Sie an der Stelle des Protagonisten getan?
    Was halten Sie an dieser Stelle für gerechtfertigt / angebracht?
    Was ist der Sinn des Lebens? ;)
    Was kann ein Mensch tun um...?
    Was soll diese Formulierung an dieser Stelle bedeuten?
    Was könnte der Redner mit X bezwecken wollen?
    Was verstehen Sie unter... (Begriff)?



    Und was ist an solchen Fragen bitte verkehrt?

  • Zitat

    Padma schrieb am 08.01.2007 09:08:
    Warum geht die Kerze aus?
    Da fühlen sich viele nicht angesprochen, weil sie es nicht wissen. Mithilfe von Operatoren wie "beschreibe, was passiert" oder "vermute, ..." hofft man vielleicht auch noch den letzten zu erreichen.


    Das ist sicherlich richtig, aber das war so bei uns im Seminar nicht gemeint.


    Wir sollten nicht fragen "Warum geht die Kerze aus?" sondern sagen: "Erkläre, warum die Kerze ausgeht!".


    Das ist überhaupt kein Unterschied, aber dennoch war nur die zweite Variante ok, die erste nicht, da W-Frage.

  • also bei uns im seminar wird es so gehandhabt, dass ECHTE fragen völlig in ordnung sind. aber fragen, die entweder rhethorish sind oder aber zu dem zeitpunkt von den kindern noch gar nicht beantwortet werden können, sind tabu.

  • Uns hat unser SU FAchleiter gesagt, dass wir keine Fragen (nicht nur W-Fragen) stellen sollen, da es keine echte Fragen sind. Die Kinder wüssten, dass der Lehrer es wisse und würden sich so verar... fühlen. Von daher ist Impulse setzen im Sinne von Beschreibe, erkläre, begründe ... besser, da die Schüler so agieren und nicht nur auf Fragen antworten, die keine echten Fragen sind.


    Im Ref. habe ich es dann so gemacht und heute benutze ich doch wieder viele Fragen :D
    Nof

    Wir helfen einem Menschen mehr, wenn wir ihm ein günstiges Bild seiner selbst vorhalten, als wenn wir ihn unablässig mit seinen Fehlern konfrontieren.
    A. Camus

    • Offizieller Beitrag


    Komisch... Wir auch!


    Wobei sich bei mir eine Hauptseminarleiterin und eine Fachseminarleiterin widersprachen: Eine fand die W-Fragen für Klasse 1/2 noch angebracht, danach sollten sie zurückgehen. Bei der anderen war es genau umgekehrt. Bei einem gemeinsamen Unterrichtsbesuch haben die beiden dann Diskussionen geführt, aber in der Prüfung konnten sie sich trotzdem auf eine Note einigen.


    Unsere Seminarleiterinnen sagten, dass Kinder bei W-Fragen sich zu Kurzantworten hingezogen fühlen, bei Aufforderungen ("Beschreibe..", "Erkläre...", "Begründe...") würden sie mehr von sich geben.


    Beispiel: Beschreibe das Bild!
    "Ähhhhh da äh da ist ein Auto und das is grün und da is ne Katze drauf die hat schwarze Pfoten und ähhhh die Bäume sind grün und ähhh das Haus da das sieht aus wie meins und so eine Jacke hab ich auch......." (Nach 5 min beenden der Beschreibung ohne nennenswerte mathematische Elemente.)


    Und genau darum bin ich z.T. auch zu den W-Fragen zurückgekehrt: Wie viele Kinder stehen schon an der Haltestelle? Wie viele kommen hinzu? Suche eine passende Rechenaufgabe!
    Je nach Art der Fragestellung passen sie z.B. dort besser, wo ich auf etwas Bestimmtes hinaus will und Kinder sich in Details verlieren. Auch bei Kindern, die eine kleinschrittige Hilfe beim Automatisieren bestimmter Fertigkeiten benötigen, stellen W-Fragen eine m.M.n. gute Möglichkeit dar.


    Oder sie verändern die Atmosphäre ("Warum beschimpfst du xyz?" versus "Begründe deine schlimmen Worte xyz gegenüber!")


    Außerdem können sie auch Raum zum Nachdenken schaffen, siehe vorherige Postings.



    Grüße,
    Conni
    PS: Das heißt nicht, dass ich den ganzen Tag nur W-Fragen stelle und nichts andres mehr.

  • Einer meiner FL meinte, dass es sogar sehr sinnvoll ist, SuS beizubringen, selbst W-Fragen zu formulieren. Als Visualisierungsmethode gibt es sogar die "W-Fragen-Uhr", hihi.
    Aber wenn man Schüler anleitet, selbst solche Fragen an einen Text zu stellen und dann zu beantworten, ist man schon einen Schritt in Richtung Analyse gegangen.


    Und pauschale Verurteilungen sind ohnehin selten sinnvoll, oder?

  • Ja, natürlich sind pauschale Verurteilungen nicht sinnvoll. Wir kamen aber eben gerade wegen einer solchen Verurteilung seitens unseres Seminars auf diese Frage.


    Ich finde eure Meinungen und Ansichten dazu echt interessant!!


    LG Schmeili

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