Angst vor Klassenarbeiten

  • Hallo,
    ich habe ein Nachhilfekind (5. Schuljahr) , welches in Matheklassenarbeiten ständig "versagt". Das heißt, wenn ich mit ihr den Stoff vorher durchgehe kann sie ihn, sie ist zwar etwas langsamer als manch anderes Kind, macht aber dafür meist keine bis wenig Fehler. In Klassenarbeiten jedoch macht sie viele Fehler und schafft auch nur wenig, so dass es meist immer eine fünf wird. Was kann ich tun? ich habe mit ihr Grundlagen (kleines 1+1 zum Beispiel) wiederholt, aber das alleine kann es nicht sein, weil sie ja vorher imme alles recht gut kann. Scheinbar hat sie solche Prüfungsangst, dass sie ein Blackout bekommt. Was kann ich tun? Kennt jemand einen ähnlichen Fall?

  • Ich krame den Thread mal aus, weil ich zur Zeit genau das gleiche Problem habe.


    Eine Nachhilfeschülerin von mir (Mathe, 4. Klasse) kann die Aufgaben bei mir und auch wenn sie mit ihrer Mutter übt gut rechnen. Sie hat zwar ab und zu Fehler, aber für eine "Drei" müsste es eigentlich immer ausreichen. Manchmal denke ich vorher sogar, es könnte noch besser werden.
    In den Klassenarbeiten schreibt das Mädchen aber immer wieder Vieren und manchmal sogar Fünfen. Ich bin mit meinem Latein echt am Ende. Sie kann es nämlich eigentlich.


    Auf Nachfrage hat sie mir erzählt, dass sie vor den Mathearbeiten "immer ganz aufgeregt" ist. Leidet sie vielleicht an so heftiger Prüfungsagst, die zur Folge hat, dass sie ihr Wissen nicht abrufen bzw. anwenden kann?


    Ich würde ihr gerne helfen, aber mit rein fachlicher Nachhilfe ist das wohl nicht getan. Zum Psychologen kann ich sie aber deshalb auch nicht schicken. Wie kann ich dem Kind helfen? Was macht Ihr mit solchen Kindern?

  • Hallo,
    solche Kinder habe ich auch öfter gehabt. Die bekommen schon Panik, wenn sie das Wort "Klassenarbeit" nur hören. Ich spreche dann mit den Eltern und bitte darum, die Vorbereitung auf die Kontrollen nicht unter Druck bzw. in Stress ausarten zu lassen. Kleinere Übungsaufgaben, viel Lob, wenn die Aufgaben richtig sind! Nicht schimpfen, drohen, bestrafen oder gar schlagen - das führt nur dazu, dass alles noch schlimmer wird.
    Ich gebe den Eltern dann den Rat, ihren Kindern einen kleinen "Glücksbringer" mit in die Schule zu geben, der während der Kontrolle in unmittelbaren Nähe ist. Er verleiht dem Kind Sicherheit.
    Auch der kleinste Erfolg sollte gewürdigt werden, z.B. 2 Punkte oder 2 Fehler mehr bzw. weniger als in der letzten Kontrolle.
    Nur über einen sehr langen Zeitraum kann man diese Angst abbauen. Manche verlieren sie auch nie. Es besteht aber die Möhlichkeit, den Umgang mit der Angst zu lernen.

    MfG Gina-Maria


    Heiterkeit ist die Mutter der glücklichen Einfälle. (Luc de Clapiers de Vauvenargues)

  • Hallo,
    das Problem der Prüfungsangst haben auch Schülerinnen und Schüler von mir des Öfteren. Zuletzt musste ich einmal eine Arbeit abbrechen, weil ein Junge einen Asthmaanfall bekam und ich ihn auf dem Boden betten musste, wähend andere den Krankenwagen alarmierten... war schon bestürzend.


    Ich "scanne" in solchen Fällen immer die Umgebung:
    - treten die Probleme nur in meinem Fach / überall auf?
    - Machen die Eltern Druck? Ist das Kind übermäßig ehrgeizig oder hat Versagenängste, weil es nicht so gut ist?
    - wie äußern die Probleme sich (Blackout / körperliche Probleme) und wie lange bestehen sie schon?


    Bei solchen Fällen wie meinem Asthma-Schüler (und das war nicht das erste Mal) müssen nach Möglichkeit Profis ran. Wenn es weniger schlimm ist, bestelle ich mir die Schüler zu einem Gespräch in Ruhe (also nicht Pause oder so), wo wir zu zweit das Ganze genau durch diskutieren. Zuhören hilft schon. Es entwickelt sich zudem eine Vertrauensbasis, die man pflegen sollte durch kleine Sympathiesignale am Rande, und die bei Prüfungssituationen hilft. Jeder "Fall" ist auch individuell - Lob zum Beispiel gibt dem einen Kind Sicherheit, andere hingegen hängen in der "Lobfalle" und haben Angst davor, dieses Lob dann nicht mehr zu bekommen, ihr ganzes Selbstwertgfühl hängt davon ab. Da muss man dann eher entwöhnen, ich kann den Tipp zu Loben nur zum Teil unterzeichnen.


    Zudem mache ich den Kindern einige Dinge bewusst, wie
    - Warum empfindet der Körper Angst, warum Herzklopfen -> Wegrenn-Reflex, Extra-Energie usw.
    - Do-s & Don't-s vor einer Klassenarbeit (19 von 20 Vokabeln gewusst, dann eine nicht: eigentlich kann man 95%, aber fühlt sich trotzdem schlecht)... sich nicht 5 min. vorher noch überprüfen oder anderen zuören und sich so verrücktmachen
    - Entspannungstechniken (Kutschersitz; Arme / Hände anspannen / entspannen; mp3-Player)
    - richtige langfristige Vorbereitung von KAs, am Tag vorher nicht zuviel usw.


    Natürlich müssen manchmal auch die Eltern mit ins Boot. Brauchbar ist das hier downloadbare Heft:
    http://www.loys-trainer-gegen-pruefungsangst.de/


    Grüße
    JJ

  • Justus Jonas, ich habe mir das Heft runtergeladen und finde es gut. Wie setzt du es denn genau ein? Gibst du es "nur" den Schülern, die unter Angst leiden oder setzt du es in einer Art Ordinariat auch als U-Gegenstand ein und besprichst die Sachen mit den Schülern?

  • Hi Aktenklammer,
    wenn es sich ergibt, dann spreche ich mit 5ern oder 6ern mal kurz durch, wie man sich auf eine Klassenarbeit vorbereitet. Das Anti-Angst-Heft hab ich aber im Unterricht noch nicht thematisiert; zum einen hat das Thema für manche Schülerinnen unnd Schüler ja keine Bedeutung, weil sie keine Prüfungsangst haben. Zum anderen denke ich, dass betroffene Menschen sich nicht trauen Fragen zu stellen oder gar ihre Ängste und Gefühle in der Klasse besprechen möchten, das ist zu intim. Wenn ich bei einem Beratungsgespräch jemandem das Heft gebe, so erkläre ich kurz den Aufbau und empfehle, das allein für sich selbst durch zu gehen und später mit anderen darüber zu sprechen, beispielsweise mit den Eltern. Ich mache dann auch noch mal ein Gesprächsangebot, doch das wurde bisher nicht in Anspruch genommen - eben weil das eine recht persönliche Sache ist, denke ich.
    Grüße
    JJ

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