ich hole den Thread gerade nochmal hoch.
Denn ich stelle im Augenblick passiert etwas sehr merkwürdiges: Gerade jetzt, wo es mir - nachdem ich mich nun so ziemlich eingelebt habe - an meiner Schule so richtig gut geht, habe ich ab und an "emotionale Flashbacks". Beispielsweise korregiere ich gerade, und plötzlich erinnere ich mich an eine für mich belastende Situation aus dem Referendariat,
Ist doch schön, dass ich doch etwas vom Referendariat "mitbekommen" habe. Vielen Dank auch, liebe Seminarlehrer!
Referendariat komplett verkraftet?
-
-
Ihr macht einem ja mut....
aber nochmal nachgefragt: eas ist denn der genaue kritikpunkt am ref?
eine ungerechte behandlung ist schlimm...ok. viel arbeit schockt mich jetzt nicht so (bin durch mein studium einiges gewohnt). kommt es also doch nur auf menschlichkeit der prüfer an?typ42
-
Naja, bei uns waren bis auf einen die Prüfer gleichzeitig die Seminarlehrer...
Und was mich am meisten ärgerte:
-Erwachsene Menschen (bei uns im Seminar von 25-45 alles vertreten) wurden behandelt wie unmündige, kleine Kinder.
- Man konnte sich ein Bein ausreißen, die Unterrichtsstunde wurde trotzdem in der Luft zerrissen. Mit normalem Unterricht hatte das nichts zu tun.
- Obwohl man im Ref mehr als genug zu tun hat, gab es nette Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wie z.B. das Protokoll vom Vorjahr noch mal wortwörtlich verfassen...
-Statt der bei uns üblichen zwei Wochen Korrekturzeiten hatten die ungeübten Refs nur eine Woche- schließlich braucht der Mentor auch noch eine Woche zum Nachkorrigieren und die armen Schüler sollen wegen dem Ref auf keinen Fall länger warten müssen...Liebe Grüße
Hermine -
Ja, das kenne ich auch. Plötzlich höre ich einen bestimmten Satz in meinem Kopf, der mich kurz wieder grübeln lässt, ob ich das alles überhaupt kann. Manchmal träume ich sogar jetzt noch von Unterrichtsbesuchen.
Ich arbeite nun seit dem Frühjahr 2004 ohne größere Probleme als Lehrer. Die Schüler lernen bei mir durchaus eine Menge - so bilde ich es mir jedenfalls ein - und wir haben ein recht gutes Verhältnis zueinander. Die Eltern haben auch keine großen Kritikpunkte, da kommt nur ab und zu so das typische Meckern wegen einer Note. Der Chef hat mir auch schon gesagt, dass er meine Arbeit gut findet. Doch trotzdem kommt auch nach über 2 Jahren immernoch das ein oder andere aus dem Referendariat hoch, was einem damals so an den Kopf geworfen wurde bzw. was man über mehrere Ecken dann doch mal zu hören bekam.
Wenn nun in nächster Zeit die Visitatoren vom Schulamt in die Schulen kommen, dann habe ich schon jetzt ein mulmiges Gefühl, denn man will ja schließlich nicht, dass man mit schlechtem Unterricht die Bewertung der Schule versaut.
Natürlich ist dieser Gedanke letztlich lächerlich, denn wir alle sind wahrscheinlich viel besser, als wir selbst glauben. Doch das, was einem 2 Jahre lang im Referendariat immer wieder gesagt wurde, hat einfach Spuren hinterlassen, die lange Zeit brauchen um zu verblassen. -
Oh ja, so geht es mir auch hin und wieder. Aber mittlerweile versuche ich mir das bewusst zu machen und drüber zu lachen! Oft klappt das.
Mir passiert es z.B. manchmal, dass ich einen bestimmten Seminarleiter als fiese innere Stimme höre, wenn irgendwas von mir Geplantes im Unterricht doch nicht so läuft, wie ich dachte. Es dauert eine Weile, bis man merkt, dass man dafür nicht in der Luft zerissen wird - den Kindern fällt es meistens gar nicht auf.
Es war auch bei uns ziemlich gruselig im Ref, aber es ist sicher nicht bei allen und nicht überall so! Also, lass dich nicht entmutigen, Typ42!
LG
Melo -
Ich war seither drei Mal im Seminar (im gleichen Gebäude ist auch das Schulamt). Ich kann noch immer nicht dort herumlaufen ohne ein flaues (Angst-)gefühl im Magen zu bekommen. Das liegt aber bestimmt an mir, bin etwas empfindlich mit Ängsten.
-
Zitat
- Obwohl man im Ref mehr als genug zu tun hat, gab es nette Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wie z.B. das Protokoll vom Vorjahr noch mal wortwörtlich verfassen...
Handschriftlich!?!
Nele
-
Naja, zuerst mitschreiben (ja, handschriftlich!), obwohl der SL aus dem Protokoll vom Vorjahr vorlas, dann abtippen und dann für alle nochmal kopieren.
Kein Witz! -
Ich oute mich als psychisch vorbelastet:
Als ich Mentor für unsere Referendare wurde, sollte im Seminar eine Fortbildungsveranstaltung für uns stattfinden. Als ich die Schwelle überschritt, bekam ich Schweißausbrüche ... traurig, aber wahr.
Kann mir mal jemand erklären, was in der Lehrerausbildung falsch läuft?
Ich kenne kaum jemanden, der an diese Zeit nicht voll Grauen zurückdenkt.Was ich am gruseligsten finde ist, dass nach 45 Ausnahme-Minuten-Begutachtung drei Inquisitoren den Daumen nach oben oder nach unten drehen und über den Erfolg oder Misserfolg einer Lebensplanung entscheiden ... bzw. darüber, ob man 5 Lebensjahre "für die Katz" investiert hat.
Falls sich jemand als ungeeignet für den Lehrerberuf erweisen sollte - was ja durchaus sein kann - müssten doch bereits zu Beginn des Studiums die Notbremsen gezogen bzw. Alternativmöglichkeiten aufgezeigt werden.
Erschreckend fand ich die Aussage eines gottgleichen Seminarleiters:
"Die Prüfung ist die letzte Möglichkeit, jemanden der für den Lehrerberuf ungeeignet ist, von den Kindern fernzuhalten."Als ob er dies nach 45 Minuten entscheiden könnte....
PS: Jeden Lehrer, der seine Schüler auf diese Art und Weise beurteilen würde (eine Prüfung von 45 Minuten am Ende des Schuljahres entscheidet über Wohl und Wehe) würde man zu Recht sofort aus dem Dienst entfernen....
-
Schreiben hier nur die User mit schlechten Erfahrungen im Referendariat Beiträge oder gibt es nichts positives über das Ref. zu sagen?
Das werden ja dann zwei "lustige" Jahre.
typ42
-
Hallo typ42
als "schlecht" würde ich das Ref nun auch nicht betiteln- obwohl auch ich albtraumhafte Erfahrungen zum Besten gegeben habe.
Aber ich habe auch furchtbar viel aus dieser Zeit mitgenommen:
- Unser Seminar trifft sich bis heute noch (wir waren aber nur 7)-
wir waren wie Pech und Schwefel, weil wir einfach zusammenhalten mussten.
-Ich habe gelernt, selbstkritisch zu sein (und inzwischen hat das auch wieder ein normales Maß erreicht-während des Refs war es übertrieben)
- Wenn ich mir so anschaue, worüber sich die anderen hier teilweise beklagen, muss ich sagen, ich bin doch relativ gut auf den Schulalltag vorbereitet worden-
wir haben Musterklausuren korrigiert und entworfen, überlegt, was man mit besonders schwierigen Schülern macht, Elterngespräche geübt usw.
-Ich habe gelernt, mich als "Otto-Normal-Ref" gegen über neureichen Pickel-Sprösslingen in einem Nobelviertel-Gymnasium durchzusetzen (und hätte die Schüler manchmal gern gegen zehn Brennpunktschüler ausgetauscht).Was mich am meisten am Ref nervte, war die fehlende Empathie der Seminarlehrer, die immer durch "wir müssen schließlich prüfen, ob Sie belastbar sind" begründet wurde. (Insgeheim denke ich inzwischen, Seminarlehrer rächen ihr eigenes Ref an den neuen Referendaren)
Aber Auch wenn die Zeit knochenhart war, ich möchte sie nicht missen.
Und nicht vergessen: Seminar ist nicht gleich Seminar! Ich kenne auch Komilitoninnen, die begeistert von ihrem Ref waren.
Lass dich nicht zu sehr abschrecken!
Liebe Grüße
Hermine -
typ42: Wenn du dir den Threadtitel ansiehst, wirst du sehen, warum hier hauptsächlich Leute schreiben, die das Ref als nicht so schön erlebt haben. Irgendwo hatten wir auch schon mal einen anderen Thread zu dem Thema, in dem viele User gesagt haben, dass sie ihr Ref als nicht so schlimm oder sogar angenehm empfunden haben.
Wie es bei dir wird, weißt du erst, wenn du es machst.Melo
-
Hallo typ42,
ich habe mein Ref. gerade überstanden und war/ bin eigentlich sehr froh, dass es hier einen Austausch und das Besprechen von - zugegebenerweise in der Ausbildung recht vielen - Problemen und Fragen gibt.
Ansonsten hätte ich mich zeitweise gefragt, ob ich vielleicht persönlich nicht geeignet bin und so weiter. Während des Ref´s kommt neben des "Praxisschocks" ( )
dazu, dass Du irgendwie immer zwischen allen Stühlen stehst und es Schülern, Eltern, Kollegen und Seminarleitern recht machen möchtest. Viele Ansprüche, die man vielleicht noch während des Studiums an sich selbst gestellt hat, werden auf eine Probe gestellt.
@ Hermine: Gut zu hören, dass sich das Maß an Selbstkrititk wieder normalisiert...Eine Freundin von mir bekommt übrigens auch gerade - nach 1,5 Jahren - diese "Flashbacks".
Sicherlich kann und sollte man einige Punkte das Ausbildunngssydtem betreffend grundlegend ändern, aber ich habe in der Ausbildung eine Menge gelernt, auch über mich...
Viele Grüße
phoenixe -
Zitat
Hermine schrieb am 23.10.2006 13:48:
Naja, zuerst mitschreiben (ja, handschriftlich!), obwohl der SL aus dem Protokoll vom Vorjahr vorlas, dann abtippen und dann für alle nochmal kopieren.
Kein Witz!Tja, Arbeitsprozesse und Organisationsformen in der Schule sehen ja oft so aus, als ob sie von Laienschauspieltruppa gemanaged werden - das weiss ich aus eigener Erfahrung. Aber was du da erzählst, übertrifft an Kasperei wirklich alles, von dem ich gehört habe. Was für eine Verschwendung von Arbeitszeit - warum nicht einfach das erste Protokoll erneut kopieren und mit einer kurzen Aktenotiz "in gleicher Form durchgeführt am soundsovielten, diese und jene Abweichung, dieser und jener Personenkreis anwesend" ablegen?
Naja, zumindest muss man sagen, dass auch in der Wahl der Arbeitsformen mittlerweile ein Generationswechsel - zumindest an unserer Schule - stattgefunden hat. Aber wir haben ja auch viele Seiteneinsteiger mit einem Uni- und Wirtschaftsvorleben. Man sieht immer öfter den Laptop bei Konferenzen auf dem Tisch stehen und das Protokoll ist dann abends im Email-Verteiler der Fachgruppe als PDF-Datei verfügbar....
On topic: ich hatte drei sehr kompetente und auch menschlich einwandfreie Ausbilder zu haben - aber ich habe psychisch extrem unter dem Referendariat und dem Panoptikum der Dauerkontrolle gelitten. Auch die verlogene Schizophrenie zwischen den Ansprüchen der wissenschaftlichen Didaktik und der Wirklichkeit des Systems Schule für den Referendar ist kaum zu ertragen. Was würde Fachausbilder wohl sagen, wenn ich die Nachbesprechung einer Klausur so gestalte wie eine durchschnittliche Nachbesprechung eines Unterrichtsbesuchs? Und warum fällt eigentlich seltsamerweise niemandem ein, didaktische Gemeinplätze wie "Lernen unter Stress ist nicht möglich" auf die Lehrerausbildung anzuwenden? Oder umgekehrt solche pädagogischen Prinzipien der Lehrerausbildung wie "wer nicht tough genug ist, darf eben nicht durchkommen" offen und ehrlich in den Schulen zu praktizieren? Fragen über Fragen...
Der Antritt der festen Stelle war trotz einer sehr viel höheren Arbeitsbelastung wirklich eine Befreiung für mich - aber es hat eine ganze Weile gedauert bis ich mich wieder von der völlig krankhaften Selbstüberforderung ("für jede Unterrichtsstunde eineinhalb Stunden Vorbereitung!") gelöste hatte...
Nele
-
Hallo zusammen,
ich bin seit Ende letzten Schuljahres mit meiner Ausbildung fertig. Seit diesem Schuljahr unterrichte ich mit vollem Lehrauftrag, im letzten Schuljahr waren es 18 Stunden plus Seminar/Lehrproben/Prüfungen.
Momentan genieße ich es, auf meine "alten" Unterlagen zurückgreifen zu können. Wobei ich auch sagen muss, dass ich in den 2 Jahren Direkteinstieg wirklich sehr viel gearbeitet/vorbereitet habe. (Ich habe fast keine Stunde von Kollegen übernommen.) Aber dies scheint sich nun eben auszuzahlen.
Vermissen tue ich die Abwechslung des Seminartags. Irgendwie war es nett, mal aus der Schule rauszukommen und sich mit Kollegen auszutauschen, abends ein Bierchen trinken zu gehen oder sich im Seminar eben auch einfach mal wie die Schüler benehmen zu dürfen.
Mit dem einen Seminarleiter habe ich sogar immer noch telefonischen Kontakt bzw. Austausch von Unterrichtsmaterial per E-mail.
Der andere war sehr nett, hat mir jedoch irgendwie zu viel gemacht und unseren Seminarkurs deswegen wohl irgendwie eher eingeschüchtert als aufgebaut. Sein Skript war (u.a.S.*) und meist auch nur abgekupfert, Schriftgröße 9, Seitenränder max. 1 cm, keine Absätze, keine Bilder etc. Eben genau so, wie man es ja eigentlich nicht machen sollte.Gelernt habe ich, glaube ich, am meisten von meinen Mentoren bzw. einfach learning by doing.
Insgesamt bin ich froh, dass die Zeit vorbei ist, da man irgendwie nie fertig war.
Ich möchte sie aber, und auch die Kontakte die daraus entstanden sind, nicht missen.
Genervt hat mich die Bürokratie und die Unprofessionalität der Seminarverwaltung und des Regierungspräsidiums. Die sollten alle jeden Tag danken, dass sie verbeamtet sind.
Viele Grüße
Super-Lion* unter aller Sau
-
Zitat
neleabels schrieb am 23.10.2006 21:02:
On topic: ich hatte drei sehr kompetente und auch menschlich einwandfreie Ausbilder zu haben - aber ich habe psychisch extrem unter dem Referendariat und dem Panoptikum der Dauerkontrolle gelitten.Das kann ich so unterschreiben. Kann über meine Ausbilder keine Horrorgeschichten erzählen, fand sie menschlich durchweg angenehm - und meine auch, im Seminar was gelernt zu haben. Aber der Stress durch die Dauerprüfungssituation ist schon eine echte Grenzerfahrung, selbst wenn alles rund läuft.
-
Zitat
alias schrieb am 23.10.2006 16:15:
Kann mir mal jemand erklären, was in der Lehrerausbildung falsch läuft?
Ich kenne kaum jemanden, der an diese Zeit nicht voll Grauen zurückdenkt.Ich denke, dass Referendaren oftmals nicht die Möglichkeit gegeben wird, sich selbst zu entwickeln und einen eigenen Unterrichtsstil zu finden. Wie häufig das so ist, kann ich natürlich nicht einschätzen. Bei mir selbst war es jedenfalls so. Es ist zwar relativ lange her, aber ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass mir ständig vorgehalten wurde, dies oder jenes nicht „eingesetzt“ zu haben. Die Stunde konnte noch so gut gelaufen sein, immer kam hinterher die Frage: „Warum haben Sie ... nicht eingesetzt?“
Genau das erlebe ich zur Zeit auch bei den Referendaren an unserer Schule.
Eine von ihnen hatte vor ein paar Tagen einen Unterrichtsbesuch.
Ich kam zufällig ins Lehrerzimmer, als die Auswertung gerade im Gange war, und ich hörte den Satz: „Die Schüler haben zwar sehr engagiert mitgearbeitet, aber so richtig gut war die Stunde trotzdem nicht. Sie hätten wenigstens in den letzten zehn Minuten noch Methode X anwenden können!“Rein theoretisch hat die Referendarin (die nach dieser Auswertung psychisch nicht in der allerbesten Verfassung war) nun aus dem Unterrichtsbesuch folgendes gelernt:
Wenn die Schüler engagiert arbeiten, dann muss man trotzdem den Lernprozess abbrechen, um noch alle denkbaren Methoden einsetzen zu können (weil die Dame von der Uni das halt so sehen will). Die Methodik wird also zum Selbstzweck, und was bleibt der Referendarin anderes übrig, als sich in Zukunft daran zu halten?Übrigens kenne ich die Klasse, um die es ging – eine kluge, aber (noch) relativ schwierige Klasse (Klasse 11, erst wenige Wochen bei uns, also komplett neu zusammengewürfelt, 26 Jungs / 3 Mädchen, teilweise noch „Machtkämpfe“ – manchmal auch mitten im Unterricht).
Wenn diese Klasse „sehr engagiert mitgearbeitet“ hat, dann muss der Unterricht auch sehr gut gewesen sein.Am selben Tag habe ich mir übrigens noch die Unterrichtsvorbereitung der Referendarin angesehen, und ich glaube, ich bin blass geworden: 20 (!!!) Seiten! Für 45 Minuten Unterricht! Das wird so verlangt.
Wer denkt sich so etwas aus?
Vermutlich wird die junge Kollegin an unserer Schule bleiben und im nächsten Schuljahr eine Vollzeitstelle besetzen. Dann wird sie 26 Wochenstunden unterrichten; das wären dann 520 Seiten Vorbereitung pro Woche. Da habe ich aber noch gar nicht die Nachbereitungen einbezogen.Alles in allem glaube ich, dass in unserem Beruf während der Ausbildung (und auch darüber hinaus) einfach zu viele Leute etwas zu sagen haben, die – um es mal ganz vorsichtig auszudrücken – von Unterricht nicht besonders viel Ahnung haben.
Gruß
Animagus
-
Zitat
Tja, Arbeitsprozesse und Organisationsformen in der Schule sehen ja oft so aus, als ob sie von Laienschauspieltruppa gemanaged werden - das weiss ich aus eigener Erfahrung. Aber was du da erzählst, übertrifft an Kasperei wirklich alles, von dem ich gehört habe. Was für eine Verschwendung von Arbeitszeit - warum nicht einfach das erste Protokoll erneut kopieren und mit einer kurzen Aktenotiz "in gleicher Form durchgeführt am soundsovielten, diese und jene Abweichung, dieser und jener Personenkreis anwesend" ablegen?
Weil, so erklärte mir der SL auf unsere Nachfrage:"Sie lernen ja dann gar nichts!"
Allerdings gab es zu der Zeit (2001!) zumindest bei den Lehrern dieser Schule ein gewaltiges Defizit an technischer Aufklärung- der Französisch-Fl tippte munter seine Arbeitsblätter mit der Schreibmaschine, der Deutsch-Fl hatte teilweise sogar noch Matrizen-Arbeitsblätter
ZitatAlles in allem glaube ich, dass in unserem Beruf während der Ausbildung (und auch darüber hinaus) einfach zu viele Leute etwas zu sagen haben, die – um es mal ganz vorsichtig auszudrücken – von Unterricht nicht besonders viel Ahnung haben.
Nunja, bei uns unterrichten die Seminarleiter nach wie vor- sind also eigentlich normale Lehrer mit einem Zusatzausbildungsauftrag- und die prüfen auch- es kommt nur noch stichprobenweise ein oder zwei Prüfer aus dem KuMi dazu.
Und da denke/dachte ich mir schon, dass gerade die noch Ahnung von Unterricht haben müssten... Immerhin musste ich nur für die Lehrproben diese 20seitige Kasperei verfassen-ansonsten genügte pro Stunde ein Blatt, auf dem aber peinlichst genau die vermutliche benötigte Zeit, Inhalte, Sozialformen und LZKs stehen sollten. Und wehe, ich benötigte für den Einstieg nicht die angegeben 3 Minuten, sondern 5 oder gar 6...
Irgendwie kriegen die Seminarleiter den Bogen zwischen ihrem eigenen Unterricht und denen der Refs nicht so ganz...
Liebe Grüße
Hermine -
Hi,
ich bin mitten im Ref. und merke das ich mit der ganzen Situation nicht so toll umgehen kann. Viele überangepasste Referendare und eine absolutes Systemdenken erzeugen bei mir eine Mischung aus Wut und Traurigkeit. Dabei sind einige Ansätze des Seminar wirklich gut, aber durch die Absolutheit wird alles zerstört. Hinzu kommt, dass bei UB mit unterschiedlichem Maßstab gemessen wird und die Beratungsgespräche teilweise im Vergleich alles andere als gerecht sind. Da geht es nicht darum, dass man einen guten Draht zu den Schülern hat und diese bestmöglich auf ihre Prüfung und ihr Leben vorbereiten will, nein da geht es nur darum, ob man den Seminargedanken zu 100 % umsetzt und sich immer schön einsichtig und überangepasst verhält. Es kann doch nicht der Sinn sein, im Referendariat Marionetten zu züchten und die besonders zu belohnen die ihre Persönlichkeit an der Eingangstür zum Ref. abgegeben haben? Ich bin von dem ganzen Ref. total enttäuscht und merke, dass mir durch meinen Gerechtigkeitssinn manchmal die Tränen in den Augen stehen. Ich hoffe, dass ich einen Weg finden werde gelassener zu werden. Letztendlich mache ich das Ref. nur weiter, da mir die Arbeit mit den Schülern wirklich am Herzen liegt.
LG
Sams -
Mein Referendariat liegt bereits über 25 Jahre zurück, dennoch denke ich noch heute mit Groll daran, denn ich hatte eine Fachleiterin, die zwar kompetent war, aber einen Tick hatte, der uns allen zu schaffen machte. Sie wollte immer, auch in der Anfangsphase, 100%ige Stunden sehen, wie so etwas gehen kann, habe ich bis heute nicht begriffen und sie lud uns immer zu sich nach Hause ein, jeder musste etwas selbst Gebackenes/Gekochtes mitbringen und die Stunden bei ihr waren immer Zeitverschwendung, diese Zeit fehlte uns an anderer Stelle bitter. Mir ist es meistens gelungen, mich mit Ausreden "abzumelden", aber ich war auch in der "glücklichen Lage" zwei Kinder und einen kranken Mann zu haben, da gab es immer mal Möglichkeiten zu sagen, ich kann nicht. Auch ihre Urteile waren teilweise sehr ungerecht und kaum zu begründen. Viel schlimmer war der andere Fachleiter. Er war in höchstem Maße inkompetent, forcierte Unterricht wie zur Nachkriegszeit, auch hatte er von Beurteilung keine Ahnung, sondern ging immer nach Phi mal Daumen und wen er auf dem Kieker hatte, dem ging es schlecht (ich gehörte als Ältere zwar nicht dazu), so dass sich unser Fachseminar sehr solidarisch gegen ihn aufgelehnt hat. Seit dieser Zeit habe ich eine Fachleiterphobie! Meinen Referendaren ist diese zugute gekommen, denn ich habe von den Fachleitern immer eine stichhaltige Begründung verlangt und das hatte sich dann herumgesprochen, so dass meine Ref. wenig zu befürchten hatten.
Ja, so kann ein Lebensabschnitt nachhaltige Wirkung haben. Es ist aber besser, diese Zeit abzuhaken und vorwärts zu blicken. Ich habe mich oft gefragt, wie solche Leute überhaupt haben Fachleiter werden können, aber ich muss ja nicht alles verstehen.LG Lieselümpchen
Werbung