Fußball, Nationalgefühl und Migrantenkinder

  • Heute zu Schulschluss durfte in meiner Klasse jeder Schüler einen Tipp auf das Spiel Deutschland-Schweden abgeben. Dabei kam es zu einer Konstellation, die mich befremdet hat:


    Die meisten Kinder stimmten erwartungsgemäß für einen Sieg der deutschen Mannschaft. Von den türkischstämmigen Kindern tippte jedoch beinahe jedes auf einen Sieg der Schweden - obwohl diese Kinder bereits größtenteils in der dritten Generation in Deutschland leben...


    Meine Interpretation: Die "Deutsch-Türken" sind noch nicht in Deutschland angekommen, akzeptieren dieses Land nicht als ihre Heimat. Sie spüren, dass sie von vielen Deutschen abgelehnt werden - und lehnen in der Konsequenz und im Umkehrschluss deshalb die Deutschen ab.


    Für mich ist dieses Abstimmungsverhalten ein Zeichen dafür, dass die türkischstämmigen Kinder in einer Parallelgesellschaft leben.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • alias: Deine Beobachtung würde ich gefühls- und erfahrungsmäßig teilen. Allerdings sollte man den Bildungshintergrund betrachten. Ich glaube, je bessere Aussichten Schüler haben, in Deutschland etwas zu erreichen, umso mehr identifizieren sie sich mit dem Land. Ich würde das insofern belegt sehen, als dass doch einige Türken, die es zu einem (bescheidenen) Wohlstand gebracht haben, z.B. "selbstverständlich" ihren Laden mit der deutsche Flagge schmücken.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Zitat

    Timm schrieb am 23.06.2006 18:06:
    ......... als dass doch einige Türken, die es zu einem (bescheidenen) Wohlstand gebracht haben, z.B. "selbstverständlich" ihren Laden mit der deutsche Flagge schmücken.



    Genau dies bemerkte ich neulich im kollegialen Kreise.
    Ich äußerte mich dahingehend, dass ich es sehr nett finde, dass hier alle türkischen Läden und auch die Autos und Fenster unserer türkischen Mitbürger mit deutschen Fähnchen geschmückt seien.


    Der Kommentar aller anderen:
    "Klar, die Türkei spielt ja auch nicht mit.....!"



    In der Schule bemerke ich allerdings anderes.
    Die türkischen und Kinder anderer Nationen fiebern durchaus für Deutschland.
    Die Tipps und Wetten fallen auch immer zugunsten von Deutschland aus.


    Liebe Grüße
    strubbelsuse

  • Hallo zusammen!
    Meine kleinen Türken lassen sich voll und ganz mitreißen und sind alle für Deutschland, eigentlich auch ohne lange zu überlegen.
    Nur einer nicht, der ist für die Türkei. Als ich ihm gesagt habe, dass die doch gar nicht dabei ist, antwortete er nur selbstsicher: "Dann gewinnt die Türkei eben nächstes Jahr!"
    Schon witzig, aber sicher nicht bei der WM
    Viele Grüße, die Schnita

  • Ich kann alias Empfinden überhaupt nicht teilen,
    denn meine Schüler nichtdeutscher Herkunft (zumeist Türken und Araber) fiebern alle mit, laufen mit Deutschlandfahnen behängt zur Fanmeile und stehen absolut hinter der deutschen Mannschaft.
    Anfänglich fragte ich sie, ob sie denn für Dtl. seien. Antwort: "Na klar!"
    Inzwischen hat sich die FRage erübrigt, denn Deutschlandkappen und Trikots sind ja quasi zur Schuluniform geworden.
    Ich find's süß. :)

  • Ich würde die Frage, welche Mannschaft Kinder mit Migrationhintergrund unterstützen, nicht pauschal überbewerten, wenn - anders als in alias' Fall - die andere Nation auch an der WM teilnimmt.
    In meiner neunten Klasse Gymnasium sind drei Schüler deren Eltern aus anderen Ländern kommen. Die Schüler sind sprachlich, kulturell und sozial völlig integriert, von "deutschen" Schülern also absolut nicht zu unterscheiden. Trotzdem sind alle drei "natürlich" für das Land, aus dem die Eltern kommen. Ich sehe da kein Problem...
    Eliah

  • Zitat

    alias schrieb am 23.06.2006 18:01:


    Für mich ist dieses Abstimmungsverhalten ein Zeichen dafür, dass die türkischstämmigen Kinder in einer Parallelgesellschaft leben.


    Jeder, der sehen kann und noch etwas gesunden Menschenverstand besitzt, kann das bestätigen.


    Türken wollen und können keine Deutschen sein, und das ist auch gut so!

  • Vielleicht sollten wir mal bedenken, wie lange es bei unseren Vorfahren gedauert hat, die nach USA auswanderten, bis diese dort integriert waren und die dortigen Sitten und Gebräuche übernahmen - das hat doch auch einige Generationen gebraucht. Und einige "deutsche" Sitten haben sie ja immer noch - ist ja nicht weiter schlimm.
    Gruß venti :)

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Cozumel schrieb am 24.06.2006 14:09:


    Jeder, der sehen kann und noch etwas gesunden Menschenverstand besitzt, kann das bestätigen.


    Türken wollen und können keine Deutschen sein, und das ist auch gut so!


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    Lieber Cozumel!


    Als Moderator möchte ich Dich darauf hinweisen, dass Deine Äußerung politisch sehr grenzwertig ist.


    Gruß
    Bolzbold

  • Hallo,


    so eng sollte man das alles nicht immer sehen.


    Meine Oma kommt ja aus den Niederlanden und wir haben mit der niederländischen Verwandtschaft ein viel engeres Verhältnis als mit der deutschen. Wir essen oft niederländische Gerichte und sind beim Fußball selbstverständlich für die Holländer. Deswegen habe ich aber noch lange kein Problem mit den Deutschen. :D:D


    Vielleicht hat das auch etwas damit zu tun, nicht immer mit dem Strom schwimmen zu wollen. :D


    Aber es dauert scheinbar tatsächlich Generationen, bis man tatsächlich sich ganz einem Land zugehörig fühlt.


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • Dass Menschen deren Vorfahren aus den Niederlanden stammen Sympathie für die hölländische Nationalmannschaft besitzen, ist ja vollkommen normal.


    Dass jedoch von 14 türkischstämmigen Kindern, die bereits in der dritten Generation in Deutschland leben, 12 für SCHWEDEN stimmen, befremdet mich.


    Dazu muss ich vielleicht bemerken, dass in unserer Stadt (Industriestadt mit großen Problemen im Niedriglohnsektor - sprich Arbeitsplatzabbau) türkische "Halbghettos" bestehen, die grauen Wölfe offen agieren und bei den Schülern auch immer wieder Sympathien für El-Kaida geäußert werden. Bei einer Großrazzia wurden in diesem Zusammenhang letztes Jahr in unserer Stadt 80 Wohnungen durchsucht ....


    Das sehe ich alles nicht "eng" - sondern kritisch und besorgt.


    Die einzige Möglichkeit, hier gegenzusteuern ist m.E., dass den Kindern und deren Eltern Perspektiven in Deutschland geboten werden. Von 40 Schülern mit Hauptschulabschluss haben jedoch derzeit erst 6 eine Zusage für eine Lehrstelle, keiner davon ist Türke .....

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Alias,
    mal nur so ein Gedanke ins Blaue hinein- kann es sein, dass die türkischen Schüler einfach nur provozieren wollten?
    Mein Mann hat jahrelang in "dem Ghetto" unserer Stadt gewohnt, früher konnte man dort als Frau nachts nicht allein auf die Straße.
    Heute habe ich den Eindruck, dass überwiegend große Sprüche geklopft werden- aber nichts dahinter steht, außer Unsicherheit.
    Je nach Tradition kann es gut sein, dass manche Familien hier noch nicht ganz angekommen sind, es kann aber auch das Bewußtsein sein, nirgends so "richtig" dazu zu gehören- in der Türkei würden diese Kinder nämlich auch nicht mehr so ohne Weiteres akzeptiert werden.
    Lg
    Hermine

  • Warum eigentlich ausgerechnet Schweden? Bei mir haben nämlich auch viele ausländische Kinder gesagt, dass sie Schweden bei der WM die Daumen drücken.


    Ich hätte eher erwartet, dass sie ein muslimisches Land wie Tunesien oder den Iran nennen.


  • Lieber Bolzbold,
    vielleicht war ich beim Lesen etwas naiv, aber ich habe Cozumels Beitrag so verstanden, das es als durchaus positiv zu bewerten ist, wenn Einwanderer und ihre Kinder nicht plötzlich jede kulturelle Bindung zum ehemaligen Heimatland abwerfen und sich kritiklos assimilieren. Integration statt Assimilation. Mit dieser Interpretation fand ich die Äußerung nicht grenzwertig.


    Gruß,
    Eliah

  • Naja, sie war jedenfalls in keiner Hinsicht eindeutig. Deshalb ist es schon okay, wenn die Mods gucken, was hier verzapft wird 8o
    Gruß venti :)

  • Meine auffälligste Beobachtung zum Thema:


    Während des dritten Vorrundenspiels Deutschland-Ecuador musste ich (leider) arbeiten. Ich stand am Kopierer und hörte einen Riesenkinderlärm auf dem Schulhof. Seltsam, dachte ich mir, öffnete das Fenster und sah ca. zehn türkische Jungen Fußball (!) spielen. Auf meine Frage, warum sie denn nicht Fußball schauen würden, antworteten sie einhellig: "Nö, ist doch langweilig!" 8o
    Bei den Kindern handelte es sich allerdings um jene aus extrem konservativen, bildungsfernen Familien. Von Identifikation/Nationalgefühl wirklich keine Spur...


    LG Lea

  • Sollten sie das denn?
    Ist man integrationswillig und bildungsnah, wenn man die Deutschland-Spiele anschaut?


    Sind Kinder, die lieber Fußballspielen statt es im Fernsehen anschauen, gleich bildungsfern und integrationsunwillig?


    Sorry der Zusammenhang scheint mir etwas fragwürdig.


    Also ich finde eben nicht, dass Kinder mit ausländischer Abstammung für Deutschland sein müssen, nur weil sie in diesem Land leben!


    Es ist schön, wenn unsere Mitbürger mitjubeln und mitfeiern, aber das hat mit Integrationswille nichts zu tun. Denn im Endeffekt geht es doch nur um die Party. Da die Türkei nicht dabei ist und man deshalb nicht feiern kann, sucht man sich eben eine Alternative. Ist nur die Frage, schließe ich mich der Masse der Deutschen an, weil es bei Menschenmaßen immer eine Wahnsinnsparty gibt oder suche ich mir eine andere Alternative?


    Ich bin übrigens für Italien! Bin ich nun bildungsfern?

  • Zitat

    Ich bin übrigens für Italien! Bin ich nun bildungsfern?


    Eher naiv. :D


    Gruß
    Super-Lion

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