OK, seh ich ja alles ein mit Briefgeheimnis usw., aber wie soll man dann Schüler dauerhaft davon abhalten, Briefe zu schreiben, wenn das "Schlimmste", was ihnen passieren kann, dann dieses Einsammeln ist und am Ende können sie ihre Briefe wieder holen? -- Jaja, ich weiß, man muss inhaltl.-methodisch immer einen so tollen Unterricht machen, dass die Schüler gar nicht auf die Idee kommen, Briefe zu schreiben ...
Wie reagiert ihr auf Schülerbriefchen?
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Du kannst, wenn es wirklich massiv ist, doch das ganz normale Arsenal an pädagogischen Reaktionen und Ordnungsmaßnahmen nutzen, angefangen von Stundenprotokollen, Strafarbeiten bis zu nach Nachsitzen. Da muss man doch nicht gleich diese Briefchen lesen.
Außerdem finde ich das normalerweise wirklich die harmloseste Ablenkung, die es im Unterricht gibt. -
Zitat
Timm schrieb am 21.05.2006 18:16:
Außerdem finde ich das normalerweise wirklich die harmloseste Ablenkung, die es im Unterricht gibt.Finde ich auch, zumal ich selbst Briefe geschrieben habe, sogar noch in der Oberstufe.
lg
lala
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Zitat
lala schrieb am 21.05.2006 19:38:
Finde ich auch, zumal ich selbst Briefe geschrieben habe, sogar noch in der Oberstufe.
Sehe ich auch so, ich war auch nicht anders. Ich schrieb allerdings nur in sehr langweiligen Fächern. Dabei gebe ich mir so viel Mühe, den Unterricht interessant zu gestalten.
Wenn Briefe geschrieben werden, kommt auch Unruhe auf, denn alle anderen kriegen es mit und dann stacheln sie sich gegenseitig an. Ich habe es hier mit sehr kleinen Klassen zu tun.
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Ich lese Briefe sicher auch nicht, aber das Briefgeheimnis gilt meines Wissens nur für geschlossene Briefe. Das Lesen einer Postkarte gilt nicht als Verstoß, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Schnipsel Papier plötzlich unter Schutz steht, nur weil jemand ein paar Zeilen drauf gekritzelt hat.
Den Eigentumsschutz als Argument gegen das Einziehen heranzuholen finde ich auch nicht selbstverständlich, da hier ja faktisch kein materieller Wert vorliegt.
Das von Atreju vorgeschlagene Vorgehen halte ich pädagogisch für höchst fragwürdig, da der Schüler hier keinerlei negative Konsequenzen eines unerwünschten Handels erfährt.
Wenn ein Schüler mal einen Brief schreibt und dabei der Unterricht nicht weiter gestört wird, würde ich das ganze ignorieren. Wenn es wiederholt vorkommt, oder die Schüler sehen, dass ich es bemerkt habe, sammel ich den Brief ohne großes Theater ein und lasse ihn verschwinden. Falls tatsächlich mal ein Schüler am Stundenende drauf besteht, sein Eigentum wieder zu bekommen, würde ich darauf hinweisen, dass er damit ja dann vermutlich damit den weiteren Unterricht stören würde, ich im aber gerne anbiete den Brief bei Direx zu hinterlegen, wo er ihn sich dann am Ende des Schultages abholen kann. -
Zitat
Moebius schrieb am 21.05.2006 21:39:
Falls tatsächlich mal ein Schüler am Stundenende drauf besteht, sein Eigentum wieder zu bekommen, würde ich darauf hinweisen, dass er damit ja dann vermutlich damit den weiteren Unterricht stören würde, ich im aber gerne anbiete den Brief bei Direx zu hinterlegen, wo er ihn sich dann am Ende des Schultages abholen kann.lol
super!!!
Ich mag deine Idee und werde sie umsetzen!!!
lg
lala
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Zitat
Moebius schrieb am 21.05.2006 21:39:
Ich lese Briefe sicher auch nicht, aber das Briefgeheimnis gilt meines Wissens nur für geschlossene Briefe. Das Lesen einer Postkarte gilt nicht als Verstoß,
Wie kommst Du darauf?
Das BVerwG sieht das anders: "Das Briefgeheimnis schützt die Vertraulichkeit von Sendungen mit individuellen schriftlichen Mitteilungen, auch solche in unverschlossenen Sendungen" (BVerwGE 113, 208 [Blockierte Grafik: http://images.rapidforum.com/images/i210.gif])ZitatFalls tatsächlich mal ein Schüler am Stundenende drauf besteht, sein Eigentum wieder zu bekommen, würde ich darauf hinweisen, dass er damit ja dann vermutlich damit den weiteren Unterricht stören würde, ich im aber gerne anbiete den Brief bei Direx zu hinterlegen, wo er ihn sich dann am Ende des Schultages abholen kann.
Ist das nicht eher Schikane? Denn vermutlich würde er damit ja gerade nicht den weiteren Unterricht stören, sondern das ganze in der Pause lesen. -
Zitat
Atreju schrieb am 21.05.2006 23:11:
Wie kommst Du darauf?
Das BVerwG sieht das anders: "Das Briefgeheimnis schützt die Vertraulichkeit von Sendungen mit individuellen schriftlichen Mitteilungen, auch solche in unverschlossenen Sendungen" (BVerwGE 113, 208 [Blockierte Grafik: http://images.rapidforum.com/images/i210.gif])
http://dejure.org/gesetze/StGB/202.htmlZitatAtreju schrieb am 21.05.2006 23:11:
Ist das nicht eher Schikane? Denn vermutlich würde er damit ja gerade nicht den weiteren Unterricht stören, sondern das ganze in der Pause lesen.
Aber vermutlich die nächste Stunde nutzen, um darauf zu antworten.
Der Streit darüber ist müßig, wenn man bestimmte Verhaltensweisen im Unterricht als unerwünscht betrachtet, kommt man nicht umher das Auftreten dieses Verhaltens auch zu sanktionieren. Und ich bin der Meinung, das die Konsequenzen eines solchen kleinen Fehlverhaltens maßvoll, direkt und am besten nonverbal aufteten sollten. Wenn ich bei solchen Sachen jedes Mal eine Diskussion mit dem Schüler anfange, mache ich mich zum Horst. Das Wiedergeben am Ende der Stunde finde ich genau so unpassend - das hieße ja, dass die Schüler im Unterricht nicht aufgepasst, sondern sich mit bekanntermaßen nicht erlaubten Tätigkeiten beschäftigt haben und ich ihnen die "Früchte" dieser unerlaubten Tätigkeit auch noch wieder zugängig mache. Ich mache das Fehlverhalten sozusagen öffentlich, nur um anschließend für alle zu demonstrieren, dass es keinerlei Konsequenzen hat.
Im Übrigen habe ich es (in meiner zugegebenermaßen kurzen) Zeit als Lehrer noch nie erlebt, dass Schüler sich ungerecht behandelt gefühlt haben, wenn ich ihnen ein Briefchen abgenommen habe - allerdings können sich die Schüler bei mir auch darauf verlassen, dass ich nicht reingucke oder die Schreiber durch Vorlesen oder ähnliches bloßstelle. -
Zitat
Moebius schrieb am 21.05.2006 23:50:
Da geht es um die Frage, ob ein Verhalten strafbar ist.
Als Beamter muss man allerdings nicht nur darauf achten, sich nicht strafbar zu machen, sondern man muss auch das Grundgesetz beachten.
Also nochmal, der Klarheit halber: Wer Briefchen lises macht sich nicht strafbar, handelt aber (in der Regel) entgegen seiner dienstlichen Pflichten als Beamter/Angestellter im öffentlichen Dienst. -
Zitat
Atreju schrieb am 22.05.2006 00:20:
Als Beamter muss man allerdings nicht nur darauf achten, sich nicht strafbar zu machen, sondern man muss auch das Grundgesetz beachten.
Also nochmal, der Klarheit halber: Wer Briefchen lises macht sich nicht strafbar, handelt aber (in der Regel) entgegen seiner dienstlichen Pflichten als Beamter/Angestellter im öffentlichen Dienst.Juristisch gesehen ist dein Hinweis sicher richtig - faktisch stellt er uns aber vor ein Problem, weil die beischriebener "rechtlich einzig richtiger Weg" aus pädagogischen Gründen in meinen Augen sehr zweifelhaft ist.
Leider stehen wir immer Häufiger vor solchen Sachen, weil in unserem Verwaltungssystem die starke Tendenz besteht, immer den Weg zu gehen, der juristisch 200%tig einwandfrei ist und in keinster Weise irgendwie angreifbar sein könnte.
Als Jurist hast du immer nur den einzelnen Fall vor dir und entscheidest diesen nach bestem Wissen und Gewissen - aber mit den Konsequenzen leben und arbeiten müssen hinterher wir. -
Das sind mir jetzt zu viele Paragraphen. Für mich besteht das Briefgeheimnis ab dann, wenn nicht gewünscht wird, dass der Inhalt von anderen gelesen wird, also besteht das bei solchen Schülerkritzeleien fast immer.
Heute ist in meinem Unterricht ein Briefchen aufgetaucht. Ich bat darum, dass es weggeräumt wird und nahm vom Verstärkersystem einen Smiley weg. Man kann also negative Konsequenzen ziehen, ohne den Brief abnehmen zu müssen. Außerdem sind die Schüler peinlich berührt, wenn sie merken, dass ich sie ertappt habe, das ist auch schon eine Form der negativen Verstärkung. Für den Rest der 3 Stunden, die ich in der Klasse war, war es ruhig und alle arbeiteten mit, ich habe mich um Schülerorientierung bemüht, was mir heute anscheinend gelungen ist.
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Ich muss zugeben, dass ich bisher nur Briefchen beim Hospitieren habe rundlaufen sehen. Da die Lehrerin vorher schon einen eingesammelt hatte und der zweite Brief direkt an meiner Nase vorbei ging (waren schon sehr dreist) und die Lehrerin es nicht gemerkt hat, hab ich ihn eingesackt und kommentarlos später wieder hingelegt. Beim Wegnehmen haben die Schüler schon etwas dämlich gekuckt, weil sie wohl nicht dachten, dass ich so was mache, wenn ich hinten drin sitze. Hab da auch echt mit mir gekämpft, weil ich ja nicht in den Unterricht eingreifen wollte. Er ging halt so direkt an meiner Nase vorbei...
Hatte aber vielleicht auch den Effekt, dass die Klasse bei mir keine Briefchen geschrieben hat oder ich es einfach nicht gesehen habe
Gelesen hab ich den Brief übrigens auch nicht, weil ich mir überlegt hatte, wie ich mich als Schüler bei so was gefühlt hätte. Außerdem eben wegen der sache mir dem Briefgeheimnis
Liebe Grüße,
Dalyna
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Es ist zwar eine etwas andere Situation, aber ich frage mich gerade, wie ich reagiert hätte, wenn ein Professor mir einen Brief in der Vorlesung oder im Seminar abgeknöpft hätte und diesen zerrissen oder gar vorgelesen hätte. Ich hätte ihn wohl echt gefragt, ob er noch sauber tickt ...
Dennoch finde ich die Sache mit den Briefchen sehr nervig ...
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Unsere Vorlesungen bestanden aus reinen Vorträgen, bei denen höchstens mal am Ende Fragen gestellt werden durften. (Sonst hatten wir natürlich noch Seminare.) Da hätte ein Briefchen wirklich nicht gestört.
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Was ist denn so schlimm an Briefchen. Nur weil sie uns Lehrer stören? Wer von uns hat denn niemals selbst welche geschrieben? Manchmal war das doch wirklich das Aufregendste im Unterricht.
Bei mir in der Klasse gibt es allerdings eine Stunde in der Woche und einen Briefkasten. Da können die Kinder Briefe schreiben und diese werden offiziell verteilt und dürfen auch gleich gelesen werden. Jaden Tag darf man aber Briefe in den Kasten werfen, die zu Hause geschrieben wurden. Ich krieg meistens auch welche.
Lesen darf man diese Briefe nur, wenn sie an einen selbst gerichet sind. Wie soll ich Kindern ansonsten auch klarmachen, dass es ein Briefgeheimnis gibt, das sie einzuhalten haben.
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Ist das nicht wunderbar? Ja, manchmal waren solche Aktionen wie "Briefchen" wirklich das Interessanteste am Unterricht: Unerwartet. Kreativ. Souverän. Provozierend (etwas hervorrufend). Spontan. Emotional. ..... Alles, was man sich in so einem Moment von einem souveränen Lehrer wünschen würde, oder???
Ich habe Briefchen & Co. immer als Herausforderung an den Lehrer genommen und den "Spieß" umgedreht, wo ich nur konnte. Zum Beispiel hatte ich auch ein Poesiealbum, in das mir z.B. die 10jährige Sieglinde geschrieben hat: "Ich kann nicht dichten und nicht schön schreiben, aber Du könntest mir ein braver Lehrer bleiben." Mit herzlichem Gruß
Franz Josef Neffe
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