W-Fragen oder: Das perfekte Unterrichtsgespräch

  • Hallo!


    Demnächst steht bei mir wieder ein Unterrichtsbesuch an. Beim letzten Mal hat meiner Fachleiterin das Unterrichtsgespräch von mir nicht gefallen. Nun frage ich mich, wie eigentlich so ein perfektes Unterrichtsgespräch aussehen sollte.


    Keine W-Fragen? (Geht das überhaupt? Und sind W-Fragen nicht manchmal auch wichtig? Wann zum Beispiel?)
    Möglichst wenig lenken oder möglichst viel lenken?
    Und auf was muss ich noch achten?


    Ach ja, es handelt sich bei mir um eine zweite Klasse in Religion. Aber Antworten für andere Klassenstufen wären auch interessant.


    Maren

  • Um W-Fragen zu umgehen, ist es immer gut, wenn du statt überhaupt zu fragen, nur Impulse setzt. Also: Nicht fragen, sondern nur einen Aussagesatz formulieren oder sogar einen stummen Impuls setzen. Generell habe ich immer versucht, vor den Besuchen in Ruhe zu überlegen, wie ich den Einstieg in das Gespräch möglichst offen hinkriegen kann, und hab mir konkrete Formulierungen überlegt und auch aufgeschrieben. Das gibt Sicherheit. W-Fragen sind in der Regel deshalb nicht so günstig, weil sie nicht zu einer Diskussion einladen, sondern ein Frage-Antwort-Spiel einleiten. So legst du die Kinder sehr stark fest.


    LG
    Britta

  • W-Fragen sind dann problematisch, wenn sie extrem lenkend sind.
    Faustregel für mich: Eine Frage, die man mit einem Wort beantworten kann sollte man sich sparen. Und solche Fragen sind meist W-Fragen.


    Im offenen Unterrichtsgespräch versuche ich eigentlich gar keine Fragen zu stellen, sondern nur einzelne Impulse zu setzten. Die Schüler haben dann das Gefühl, nicht nur Pingpong mit dem Lehrer zu spielen, sondern den Unterrichtsinhalt im wesentlichen wirklich selber zu erarbeiten. Außerdem bleibt dann, zumindest wenn man dem Konstruktivismus Glauben schenkt, mehr hängen.

    • Offizieller Beitrag

    Ich versuche, statt Frage-Antwort Ping Pong zu spielen, mit meinen Schülern annähernd "normale" Gespräche zu führen. Und das schätzen sie und reagieren darauf auch gut und vor allem in längeren Beiträgen und ehrlicher und offener. Dazu ist es wichtig, immer wieder kontroverse Statements zu loben, Andersdenkende zu ermutigen, Geduld mit langsam Sprechenden zu haben, wirklich (!) Meinungen einzuholen und nicht nur antizipiertes Wissen abzufragen.

    Ich habe nicht X Fragen/Impulse, die ich nacheinander "beackere" (richtig/falsch- fertig!), sondern ein Thema, das ich mit den Schülern wirklich zu diskutieren versuche. Kann sein, dass da auch mal was rauskommt, was ich so nicht erwartet habe oder wozu ich anders denke. Gut so (fachliche Definitionen etc ausgenommen). Kann man später wieder aufnehmen.


    Teile dieses UG können fachliche oder lenkende Fragen sein, eher aber andere Gesprächsteile: z.B. auch provokative oder absichtlich dämliche statements meinerseits, interessante Behauptungen oder Zitate, nur einen Gesichtsausdruck oder kurze Anstöße wie "Aha!?" oder "Interessant!" "Weiter!" "Gut so!" "Sie kommen der Antwort näher!" "Sie machen das toll, hören Sie nicht auf!" oder ganz normale Fragen, die man in einem Privatgespräch auch stellen würde, wie "Wie finden Sie das jetzt?" "Woher wissen Sie das?" "Kennen Sie das persönlich auch?" "Wer sieht das auch so/anders?" "Interessant - Können Sie das bitte ausführen?" "Das ist ja spannend - fahren Sie bitte fort!" "Klingt spannend - ich kann es mir nur noch nicht so ganz vorstellen, wie meinen Sie das?" "Gut! Ich kann mir gut vorstellen, dass es dazu auch noch andere Meinungen gibt!" "Gute Idee. Aber reicht Ihnen das? Gibt es dazu noch mehr?" "Fragen Sie doch mal die anderen dazu!" "Kann jemand hier noch ergänzen?" "Weitere Ideen?" So in der Art. Mit Lob kombinieren ist ganz wichtig.


    Wichtig ist, den Schülern den Freiraum zu geben, dass SIE das Gespräch so weit wie möglich führen. Je weniger du nachhaken musst, desto mehr merken sie sich.
    Auch wichtig: Darauf achten, dass die Schüler - eben auch wie in einem normalen Gespräch - mit sich gegenseitig reden und Bezug aufeinander nehmen. In einer normalen Gesprächssituation würden ja auch nicht drei Leute hintereinander denselben / ähnlichen Text abspulen und dabei nach vorne auf den Barkeeper gucken. Ich bitte immer darum, dass man schon dagewesene Beiträge mit einbezieht, dass man die anderen fragt, dass man icht MICH, sondern sich gegenseitig anguckt, wenn man redet, sich gegenseitig kommentiert und korrigiert. Dauert ne Weile, ist aber der Gesprächskultur, der Konzentration, der Wahrnehmung der anderen und der Beschäftigung mit dem Thema sehr dienlich.


    Also warum nicht den Ball zurückgeben: "Fragen Sie doch mal X, der hat eben was Kluges dazu gesagt!" "Das kann bestimmt der Kurs beantworten!" "Wer kann hier weiterhelfen?" "Wer kann nochmal auf das, was Y gesagt hat, eingehen?" "Die Musik spielt nicht hier vorne, SIE sind die Hauptpersoen! Finden Sie's raus!" etc.


    Dazu trägt massiv bei, wenn man nicht immer frontal vor den Schülern steht. Ich steh mal an der Seite, oder protokolliere nur (meist) schweigend an der Tafel oder auf Folie Stichworte, oder, wenn's den Schülern ganz schwer fällt, setze ich mich mitten zwischen die Schüler. Das hat einen großen Effekt: nach einer Weile werde ich nicht mehr als "großer Dirigent" sondern für die Diskussion als Teil des Kurses
    wahrgenommen und man bespricht vieles sehr konstruktiv unter sich.


    Es muss auch nicht jeder sprachliche oder fachliche Fehler mitten in der laufenden Diskussion penetrant kommentiert werden. Manches können sie gegenseitig korrigieren, manches kann man aufschreiben ud hinterher freundlich richtig stellen. Es nervt die Schüler, wenn man in jeden Satz platzt und "That would rather have been present perfect" "klugscheißt". Inhalt ist Inhalt und Sprache ist Sprache. Jedes zu seiner Zeit. Gilt natürlich nicht bei inhaltsverfälschenden Patzern o.ä..


    Die Schüler brauchen den kleinschrittig lenkenden Lehrer zum Diskutieren weniger, als man so denkt. Mit ein bisschen Training.


    Mein Tipp: trau dich, weniger Lehrer und mehr Gesprächsteilnehmer zu sein.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Zitat

    Moebius schrieb am 14.05.2006 19:28:
    W-Fragen sind dann problematisch, wenn sie extrem lenkend sind.
    Faustregel für mich: Eine Frage, die man mit einem Wort beantworten kann sollte man sich sparen. Und solche Fragen sind meist W-Fragen.


    Verstehe ich nicht, warum das W-Fragen sind.

    Zitat


    Im offenen Unterrichtsgespräch versuche ich eigentlich gar keine Fragen zu stellen, sondern nur einzelne Impulse zu setzten. Die Schüler haben dann das Gefühl, nicht nur Pingpong mit dem Lehrer zu spielen, sondern den Unterrichtsinhalt im wesentlichen wirklich selber zu erarbeiten. Außerdem bleibt dann, zumindest wenn man dem Konstruktivismus Glauben schenkt, mehr hängen.


    Kannst du das mal beispielhaft machen? Kann mir gerade nicht vorstellen, wie man so eine ganze Unterrichtsstunde laufen lassen kann. Bis jetzt hatte ich es so gelernt, dass Impulse den Einstieg in das UG oder feV sind.


    Ich hatte eigentlich das Gefühl, Marens Fachleiter will auf die (neuen) Operatoren hinnaus. Es gab mal eine zeitlang die Auffassung, W-Fragen möglichst zugunsten der neuen Operatoren zu vermeiden. Durchgesetzt hat sich das aber nur im Bereich der (schriftlichen) Arbeitsanweisungen. Allerdings hängen einige Fachleiter immer noch daran.


    Prinzipiell empfiehlt sich eine Fragetechnik von weit nach eng, wenn es um das Erarbeiten neuer Komplexe handelt. Am Ende kann auch mal eng-weit stehen, wenn man etwas Erlerntes im Transfer oder als Problematisierung behandeln will.


    Gute Unterrichtsgespräche sind zudem durch möglichst wenig Lehrerecho und durch das Trainieren vollständiger Antworten geprägt. Oft wird der Fehler gemacht, sich mit den richtigen Stichwörtern der Schüler zufrieden zu geben.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Ich weiss nicht, ob des Dir hilft...aber....


    Für meine Deiutsch-Prüfung habe ich gerade gelernt, dass Aufforderungen häufig besser sind, da sie die Schüler eher dazu anhalten in ganzen Sätzen zu antworten. Zumal (laut Autor Hans Aebli) Aufforderungen ohnhin nur umgestellte Fragen sind.


    Gruß
    Sinfini

    Es gibt keine andere vernünftige Erziehung, als Vorbild sein, wenn es nicht anders geht, ein abschreckendes. (A. Einstein)


    Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin und niemand ging, um einmal nach zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge! (H. Pestalozzi)


    Im ganzen ist man kummervoll und weiß nicht, was man sagen soll. (W. Busch)

  • Zitat

    Timm schrieb am 14.05.2006 20:37:


    Verstehe ich nicht, warum das W-Fragen sind.


    War vielleicht etwas missverständlich ausgedrückt. Ich meinte: die meisten Fragen, die mit Wieviel, Wer, Warum, ... beginnen lassen sich mit wenigen Worten beantworten und bieten nicht unbedingt Anlass zu Schüler-Schüler Gesprächen.


    Zitat

    Timm schrieb am 14.05.2006 20:37:


    Kannst du das mal beispielhaft machen? Kann mir gerade nicht vorstellen, wie man so eine ganze Unterrichtsstunde laufen lassen kann. Bis jetzt hatte ich es so gelernt, dass Impulse den Einstieg in das UG oder feV sind.


    Naja, wenn man zum Beispiel nach einem Einstiegsimpuls die ersten 2-3 verschiedenen Wortmeldungen hatte würde ich nicht Fragen "Was ist den jetzt davon richtig?", sondern eher sagen "Ok, wir haben jetzt 3 verschiedene Vorschläge.", dann fangen die Schüler ganz von selbst an, die verschiedenen Aussagen zu vergleichen, etc. .
    Auch kann man sich ganz gut Impulse überlegen, um den Schülern zu signalisieren, dass man jetzt ganz gerne einen Zusammenfassung für die Sicherung hören würde (Hier reicht eigentlich schon Tafel aufklappen und Kreide in die Hand nehmen oder einem Schüler geben).


    Zitat

    Timm schrieb am 14.05.2006 20:37:
    Ich hatte eigentlich das Gefühl, Marens Fachleiter will auf die (neuen) Operatoren hinnaus. Es gab mal eine zeitlang die Auffassung, W-Fragen möglichst zugunsten der neuen Operatoren zu vermeiden. Durchgesetzt hat sich das aber nur im Bereich der (schriftlichen) Arbeitsanweisungen. Allerdings hängen einige Fachleiter immer noch daran.


    Bei meinen Fachleitern ist es immer sehr gut angekommen, wenn man keine Fragen gestellt, sondern Arbeitsaufträge formuliert hat. Also zB statt "Wie schreiben wir das denn am besten auf?" lieber "Formuliert doch mal einen guten Merksatz." Das funktioniert eigentlich bei fast allen W-Fragen.


    Zitat

    Timm schrieb am 14.05.2006 20:37:
    Prinzipiell empfiehlt sich eine Fragetechnik von weit nach eng, wenn es um das Erarbeiten neuer Komplexe handelt. Am Ende kann auch mal eng-weit stehen, wenn man etwas Erlerntes im Transfer oder als Problematisierung behandeln will.


    Du hast natürlich Recht damit, dass man im Laufe des Gespräches verengen muss, aber meine Fachleiter haben es nicht so gerne gesehen, wenn man dazu mit Fragen gesteuert hat. Wenn man am Ende enger Fragen muss, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen, heißt es auch schnell "Sie mussten zu viel Lenken, ihr Einstiegsimpuls war nicht geeignet, um ohne massive weitere Lehrereingriffe zum Ziel zu kommen." Ich versuche dann eher durch Impulse wie "Das was Ulli gesagt hat, habe ich noch nicht richtig verstanden, das müsst ihr mir noch mal erklären." auf bestimmte Aspekte zu fokussieren.


    Zitat

    Timm schrieb am 14.05.2006 20:37:
    Gute Unterrichtsgespräche sind zudem durch möglichst wenig Lehrerecho und durch das Trainieren vollständiger Antworten geprägt. Oft wird der Fehler gemacht, sich mit den richtigen Stichwörtern der Schüler zufrieden zu geben.


    Stimmt. Und grade wenn die richtigen Stichwörter am Ende nicht kommen, habe ich dann anfangs oft sehr enge W-Fragen gestellt, bei denen die Schüler den richtigen Begriff quasi nur noch einsetzten mussten. So etwas kriegt man dann hinterher in der Stundenbesprechung mit Sicherheit auf's Brot geschmiert.


    Sorry für das Zitier-Chaos und Grüße,
    Moebius

  • Zitat

    Moebius schrieb am 14.05.2006 22:18:
    War vielleicht etwas missverständlich ausgedrückt. Ich meinte: die meisten Fragen, die mit Wieviel, Wer, Warum, ... beginnen lassen sich mit wenigen Worten beantworten und bieten nicht unbedingt Anlass zu Schüler-Schüler Gesprächen.


    Bei den ersten beiden Fragen stimme ich zu. Die Frage "warum" ist doch aber in der Regel eher komplex, in den Sprachen- und Sozialwissenschaften vielleicht mehr als in Mathematik.


    Zitat


    Naja, wenn man zum Beispiel nach einem Einstiegsimpuls die ersten 2-3 verschiedenen Wortmeldungen hatte würde ich nicht Fragen "Was ist den jetzt davon richtig?", sondern eher sagen "Ok, wir haben jetzt 3 verschiedene Vorschläge.", dann fangen die Schüler ganz von selbst an, die verschiedenen Aussagen zu vergleichen, etc. .
    Auch kann man sich ganz gut Impulse überlegen, um den Schülern zu signalisieren, dass man jetzt ganz gerne einen Zusammenfassung für die Sicherung hören würde (Hier reicht eigentlich schon Tafel aufklappen und Kreide in die Hand nehmen oder einem Schüler geben).


    Eben da kann ich nicht mehr folgen. Ich sehe keinen Unterschied, was den Verlauf des Unterrichtsgesprächs betrifft.


    Zitat


    Bei meinen Fachleitern ist es immer sehr gut angekommen, wenn man keine Fragen gestellt, sondern Arbeitsaufträge formuliert hat. Also zB statt "Wie schreiben wir das denn am besten auf?" lieber "Formuliert doch mal einen guten Merksatz." Das funktioniert eigentlich bei fast allen W-Fragen.


    Richtig. Operatoren sind präziser, was den Umfang und die Arten der erwarteten Ergebnisse anbetrifft. Allerdings sind Arbeitsaufträge ja in der Regel die Überleitung von UG/feV zu einer anderen Sozialform (Einzel-, Partner-, Gruppenarbeit).


    Zitat


    Du hast natürlich Recht damit, dass man im Laufe des Gespräches verengen muss, aber meine Fachleiter haben es nicht so gerne gesehen, wenn man dazu mit Fragen gesteuert hat. Wenn man am Ende enger Fragen muss, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen, heißt es auch schnell "Sie mussten zu viel Lenken, ihr Einstiegsimpuls war nicht geeignet, um ohne massive weitere Lehrereingriffe zum Ziel zu kommen." Ich versuche dann eher durch Impulse wie "Das was Ulli gesagt hat, habe ich noch nicht richtig verstanden, das müsst ihr mir noch mal erklären." auf bestimmte Aspekte zu fokussieren.


    Ja, das empfiehlt sich. Ich lasse auch gerne richtige Schülerantworten bei komplexen Problemen noch einmal von einem Mitschüler paraphrasieren. Druckreife Schülerantworten können auch gerne mal den Mitschülern als Ergebnissicherung vom betreffenden Schüler diktiert werden.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Zitat

    Timm schrieb am 14.05.2006 22:34:


    Bei den ersten beiden Fragen stimme ich zu. Die Frage "warum" ist doch aber in der Regel eher komplex, in den Sprachen- und Sozialwissenschaften vielleicht mehr als in Mathematik.



    Eben da kann ich nicht mehr folgen. Ich sehe keinen Unterschied, was den Verlauf des Unterrichtsgesprächs betrifft.


    Das grundsätzliche Problem ist, dass es zu Fragen immer Antworten gibt - und wenn die Antwort gegeben ist, hat sich die Frage in der Wahrnehmung der Schüler meist erledigt. Arbeitsaufträge oder Impulse sind in meinen Augen umfassender und regen zu komplexeren Auseinandersetzungen an.
    Letztlich ist das aber natürlich subjektiv, aber es ging ja ursprünglich darum, was Maren aus der Fachleiterkritik machen kann. Und das, was ich versucht habe zu berschreiben war zumindest in unserem Seminar bei den Fachleitern ganz gerne gesehen.


    Grüße,
    Moebius

  • Zitat

    Moebius schrieb am 14.05.2006 23:07:
    Moebius schrieb am 14.05.2006 23:07:
    Das grundsätzliche Problem ist, dass es zu Fragen immer Antworten gibt - und wenn die Antwort gegeben ist, hat sich die Frage in der Wahrnehmung der Schüler meist erledigt. Arbeitsaufträge oder Impulse sind in meinen Augen umfassender und regen zu komplexeren Auseinandersetzungen an.


    Ich denke, da unterscheiden sich einfach unsere Fächer. Wenn ich im Literaturunterricht frage, warum sich die Romanfigur so verhalte, gibt es eben nicht d i e Antwort, mit der die Frage beantwortet ist. Auch muss immer begründet werden, warum die eigene Antwort eine logisch mögliche ist.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Zitat

    Moebius schrieb am 14.05.2006 23:07:


    Das grundsätzliche Problem ist, dass es zu Fragen immer Antworten gibt - und wenn die Antwort gegeben ist, hat sich die Frage in der Wahrnehmung der Schüler meist erledigt. Arbeitsaufträge oder Impulse sind in meinen Augen umfassender und regen zu komplexeren Auseinandersetzungen an.


    Ich glaube, daß dies ein eher formales Problem ist.


    Ich kann z.B. fragen: "Wie beurteilen Sie ... ?", "Was verstehen Sie unter ... ? "
    oder "Welche Ursachen hatte Ihrer Ansicht nach ... ?"


    Da gibt es nicht so ohne weiteres eine Antwort.


    Gruß


    Animagus

  • Sicher häng es auch davon ab, wie man als Lehrer insgesamt das UG leitet, da hat schließlich jeder seinen eigenen Stil.


    Bei mir hab ich schon den Eindruck, dass die Gespräche offener und schülerzentrierter verlaufen, wenn ich nicht frage, sondern nur Impulse gebe. Das kann aber auch damit zusammenhängen, dass die Verwendung von Impulsen ein ganz gutes Mittel zur Selbstdisziplin ist. Bei Frgen passiert es mir schon mal, dass ich das Ziel im Hinterkopf habe und die Schüler dann mit zu engen Fragen zu schnell da hin kriegen will. Bei Impulsen bleibt man ganz automatisch offener.

    • Offizieller Beitrag

    Bezug nehmend auf das Ausgangsposting (und nicht auf die danach)....



    Meiner Erfahrung nach ist es stark seminarleiterabhängig, was als ein gutes Unterrichtsgespräch angesehen wird.
    Bei uns war es so, dass die eine Seminarleiterin in Klasse 1/2 viele W-Fragen für nötig hielt und in den höheren Klassen der Grundschule viele Aufforderungen. Bei der anderen Seminarleiterin war es genau umgekehrt. Wenn beide zusammen kamen, saß man also ganz schön in der Patsche.


    Bringe also am besten in Erfahrung, was deine Seminarleiter meinen.


    Meine persönliche Erfahrung: Bei meinen Erstklässlern sind Impulse oder Aufforderungen meist für die Katz, die antworten darauf mit Einwortsätzen. Bei Fragen kommen bei den meisten schon ganze Sätze.


    Grüße,
    Conni

  • @ Conni: Das finde ich immer schwierig, wenn man sich vor allem danach ausrichtet, was die Seminarleiter wollen. In einem bestimmten Rahmen geht das und ist auch sinnvoll, darüber hinaus kann es aber leicht passieren, dass man künstlich rüberkommt, weil eben die Authentizität flöten geht. Das ist dann kontraproduktiv, auch wenn die Fachleiter es eigentlich so wollen.
    Mit der 1 habe ich übrigens ganz andere Erfahrungen gemacht: Mit bestimmten Gesten (die die mittlerweile natürlich kennen) kann ich sie durchaus dazu bringen, komplexere Aussagen zu treffen bzw. zu einem (stummen) Impuls erstmal zu erzählen. Aber da ist sicher jede Klasse anders.


    LG
    Britta

  • Das Thema "W-Fragen" ist für mich ein echtes Reizthema, da ich in meinem Referendariat darunter auch sehr bei einigen Unterrichtsbesuchen zu leiden hatte.


    Ich kann z.B. die Frage "Welche Kontinente gibt es?" ganz einfach umformulieren in "Benenne die Kontinente", habe keine W-Frage mehr aber die Antwort ist genau die gleiche, die ich von den Schülern bekomme.
    Insofern macht es in meinen Augen bei einigen Fragen keinen Unterschied und somit keinen Sinn darauf rumzureiten, dass keine W-Fragen benutzte werden. Auch die Frage "Warum?" kann eine genauso lange Antwort bei Schülern herausfordern wie die Frage "Erkläre..." oder "Begründe..."


    Ein Beispiel für die Wichtigkeit von W-Fragen sehe ich z.B. besonders in den unteren Klassen. Dort sind gerade die W-Fragen sehr wichtig, da die Schüler auch lernen sollen, mit welchen Wörtern (W-Wörtern) Fragesätze allgemein beginnen können. Wieso sollen die Schüler diese Fragewörter lernen, wenn der Lehrer seine Fragen nie so stellt?


    Abgesehen davon kommt es auch ganz auf die Schülergruppe an, ob sie mit den komplexen Aufforderungen wie erkläre, benenne, beschreibe, begründe etc. etwas anfangen können. Ich denke nämlich, diese "Fragestellungen" sind gerade für viele jüngere Schüler noch zu komplex, da es sich um eine höhere Anforderungsebene handelt.


    Im Endeffekt ist es aber gerade im Referendariat wirklich so, dass man sich da von den Seminarleitern "dressieren" lassen muss, sonst bekommt man mit Sicherheit bei einigen Seminarleitern die Quittung.

  • Wenn du tatsächlich möchtest, dass die Kinder die Kontinent aufzählen, dann kannst du natürlich auch die W-Frage stellen. Hier geht es ja mehr um Reflexionsgespräche, da wird ja kein Wissen abgefragt. Ich verwende auch keine Operatoren (oder fast keine) wir begründe, erkläre etc., sondern versuche tatsächlich Impulse zu verwenden. Und da muss ich dir widersprechen: Wenn man die Kinder von Anfang an daran gewöhnt, sind sie durchaus in der Lage, auf so einer komplexen Ebene zu arbeiten. Ich mache das mit meinen Einsern.


    Edit: Was das Ref angeht, stehe ich zu meiner beschriebenen Meinung.

  • Siehst Du... genau das war mein Problem im Referendariat. Ich wollte genau diese Antworten hören, durfte aber keine W-Frage dazu stellen.


    Bei Impulsen gebe ich Dir sicherlich Recht, das kann man schon machen. Ich stelle auch oft einfach Behauptungen auf, die dann Schülerdiskussionen entfachen. Aber ich denke, das löst das Problem des Einsatzes von W-Fragen auch nicht unbedingt, weil nicht der ganze Unterricht nur durch Impulse zu lenken ist (zumindest kann ich es mir nicht vorstellen). Es kommt ja auch immer auf die Unterrichtsphase an.

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