Chancen der Schüler heute?

  • Welche Chance hat ein Förder, Haupt, Realschüler oder Gymnasiast heute noch auf dem Arbeitsmarkt?
    Gibt es noch genug Ausbildungsstellen für Alle oder nur noch für wenig Ausgesuchte?
    Welche Berufe kann zum Beispiel heute noch ein Förderschüler oder Hauptschüler erlernen,wenn schon für die Meisten mindestens Realschulabschluss verlangt wird oder gar Abitur.
    Meine Klassenkameraden aus der Grundschule mit Hauptschulabschluß haben bis heute keine Stelle gefunden und die mit mittlerer Reife in den Berufen Verkäuferin,Autoschlosser usw.
    In vielen Stellenanzeigen in unserer Zeitung steht mittlerweile der Zusatz ,Übernahme nach der Ausbildung nur bei Notendurchschnitt von 1,
    Ich denke die Politik hat viel zu tun und es genügt nicht, nur Kindergartenplätze kostenfrei zu machen.
    Was macht ein Gymnasiast aus finanziell nicht so gut gestelltem Elternhaus,wenn Studiengebühren anfallen und Bafög wegfällt.Kann man das Risiko eingehen einen Berg Schulden zu machen und wer bezahlt den später, wenn man keine Anstellung bekommt?
    Es wird denke ich doch darauf hinauslaufen,dass eben nur noch Reiche studieren können und schlechter Gestellte nicht mehr.
    Hab mal gelesen in Deutschland gäbe es im Vergleich zu anderen Ländern viel zu wenige Studenten,ob das so stimmt weiß ich nicht.


    Es müsste auch für jeden Jugendlichen ein Ausbildungsplatz geschaffen werden, damit überhaupt mal Perspektiven für die Zukunft vorhanden sind.


    Ich sehe die Zukunft nicht sehr rosig und ich bin überzeugt,es sind auch Gründe mit, warum die Jugend gewaltbereiter und unzufriedener wird und keiner mehr Interesse an Kindern hat.Es wird sich in Zukunft weiter ausbreiten und sicher auch noch verstärken.
    Es wird zuviel in diesen Dingen gespart und an anderen unnützen Stellen herausgeschleudert.


    Aisha

    Träume nicht Dein Leben,lebe Deinen Traum

  • Zitat

    Welche Berufe kann zum Beispiel heute noch ein Förderschüler oder Hauptschüler erlernen,wenn schon für die Meisten mindestens Realschulabschluss verlangt wird oder gar Abitur.


    Ich kenne mehrere Leute, die mit einem einfachen Schulabschluss auf dem Arbeitsmarktzunächst nur unbefriedigende Tätigkeiten ausführen konnten. Das hat sie dann dazu bewogen, einen höheren Schulabschluss nachzuholen. Durch die neu gewonnenen Perspektiven aus dem Arbeitsleben fiel ihnen das leicht. Heute üben sie alle recht ansprechende Tätigkeiten aus. Der Weg aus der Armut ist Bildung!


    Zitat

    Hab mal gelesen in Deutschland gäbe es im Vergleich zu anderen Ländern viel zu wenige Studenten,ob das so stimmt weiß ich nicht.


    In anderen Ländern kann man allerdings auch Dinge studieren, die man hier eher als Ausbildung machen würde. Das relativiert einiges.


    Gruß,
    Remus


    Edit: Ákzent entfernt... Quote eingefügt.

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

    Einmal editiert, zuletzt von Remus Lupin ()

  • Hallo Remus du magst recht haben.Was macht aber derjenige,dem die Intelligenz für einen höheren Schulabschluss fehlt ? Viele Förder- Haupt- sowie Realschüler haben ja jetzt schon keine andere Möglichkeit, als weiter in die Schule zu gehen,um wenigstens etwas Nützliches zu tun.Es hat sich sicher auch die letzten Jahre verändert auf dem Arbeitsmarkt,dahingehend Auszubildende sind zu teuer und neuerdings zu dumm, wenn man den Berichten im Fernseh glauben kann.Es besteht weniger Interesse daran jemanden auszubilden.Was nützt anderseits wiederum eine Ausbildung,wenn danach keine Stellen da sind? Sind wir wirklich dümmer als unsere Eltern oder sind einfach allgemein die Anforderungen sehr gestiegen?Meine Eltern hatten mit Realschule keine Probleme den Beruf zu erlernen,welcher ihnen gefiel.Es muss sich also auch mit den Jahren was verändert haben.Mal sehen was ich später trotz Abitur erreiche und ob Bildung sich wirklich auszahlt.In anderen Ländern wird sicher auch mehr Geld für Bildung ausgegeben.


    Aisha

    Träume nicht Dein Leben,lebe Deinen Traum

  • Da meine Kinder in dem entsprechenden Alter sind (und die Kinder unserer Freunde auch), kenne ich etliche. Was man tut? Man geht weiter zur Schule. Wichtiger als ein hoher IQ ist für das Erreichen höherer Bildungsabschlüsse eine gewisse Einsicht und genügend Geduld und Motivation. Die kommt dann schon, wenn sie erst einmal lange genug vergeblich nach einem Ausbildungsplatz gesucht haben.


    Einen Studienplatz findet man eigentlich immer. Nur eher weniger im Wunschfach. Es wird also irgendwas studiert.


    Grüße Enja

  • Zitat

    Enja schrieb am 02.04.2006 11:09:
    Wichtiger als ein hoher IQ ist für das Erreichen höherer Bildungsabschlüsse eine gewisse Einsicht und genügend Geduld und Motivation.


    Grüße Enja



    Ich meine auch, dass ein wichtiger Beitrag zum Erfolg eben AUCH Fleiß und Motivation ist. Man kann es sich heute auf keiner Schulform erlauben, durch Fehlen und Nichtstun zu glänzen, dafür ist der Markt zu hart.


    Mein Schwager ist selbstständig und er sagt, dass er z.B. die Schüler mit hohen Fehlzeiten gar nicht erst einlädt, da sie seinen Angaben Unzuverlässigkeit befürchten lassen, die er sich nicht erlauben kann. Ich weiß nicht, ob das den Schülern immer so wirklich klar ist.

  • Mein Opa war lange Zeit in Personalverantwortung für einen mittelgroßen Handwerksbetrieb, der jedes Jahr mehrere Lehrlinge einstellte. Anfang der 90er Jahre ist er in Rente gegangen.


    Oft konnten sie die Ausbildungsstellen nicht besetzen, weil sie keine genügend qualifizierten Jugendlichen gefunden haben. Eingeladen wurden sowohl Haupt- als auch Realschüler. Wenn man einen Handwerksberuf erlernen will, aber nach der 10. Klasse noch nicht mal weiss, dass z.B. 1 Meter = 100 cm sind oder wie man den Flächeninhalt von einem Rechteck ausrechnet kann man wohl nicht wirklich erwarten eingestellt zu werden. Das ist Stoff aus der maximal 6. bis 7. Klasse.
    Abgesehen davon waren einige Bewerbungen so mit Fehlern (Rechtschreibfehler, falscher Satzbau, unvollständige Sätze...) übersäht, dass man nur erahnen konnte, was der Bewerber einem mitteilen möchte.
    Es gibt tausende Schüler in diesem Land, die überhaupt nicht ausbildungsfähig sind. Wer die Schuld daran trägt, möchte ich nicht beurteilen, aber es ist schlicht und einfach eine Tatsache.


    Abgesehen davon sind viele Jugendliche einfach unflexiebel. Meine Schwester macht gerade ihren Realschulabschluss und hat ihre Lehrstelle so gut wie sicher. Niemand aus ihrer Klasse ist bereit, für einen Ausbildungsplatz in eine andere Stadt zu ziehen. Wenn´s nicht vor der Haustür ist, drehen sie lieber Däumchen. Auch da kann ich nur sagen: Selber Schuld.


    Es wird immer nur rumgejammert, dass es zu wenige Ausbildungsstellen gibt. Klar stimmt das irgendwie. Das aber auch jedes Jahr mehrere 1000 Lehrstellen unbesetzt bleiben, weil niemand gefunden wird, erwähnt niemand.

  • Als Förderschullehrer hat man da nochmal eine andere Perspektive, und ich muss mich eher Aisha anschließen: auch um die Zukunft einiger meiner Schüler mache ich mir Sorgen, weil sie die Fähigkeiten z.B. für einen Hauptschulabschluss einfach nicht mitbringen. Das hat in dem Fall auch nichts mit Anstrengungsbereitschaft zu tun, im Gegenteil: es gibt Schüler, die durchaus einen großen Ehrgeiz haben, mit der Nase dabei aber immer wieder an ihre eigenen Grenzen stoßen. Und das ist extrem frustrierend! Und gerade für diese Schüler, die sich im grauen Grenzbereich der "fitten Lernbehinderten" bewegen, ist es meist am schwersten, gerade weil sie sich ihrer eigenen Grenzen so sehr bewusst werden müssen. Den Weg in die Werkstatt gibt es oft nur für Schüler mit geistiger Behinderung - und da wären viele lernbehinderte Schüler ja auch überfordert. Andererseits gibt es aber aus verschiedenen Gründen viele "Hiwi"-Jobs nicht mehr; und genau das waren früher die Arbeitsplätze, die für Förderschüler gut geeignet waren, weil man mit Fleiß und Motivation (und eben nicht intellektuellen Fähigkeiten) diese Positionen sehr gut ausfüllen konnte.

    "Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht."
    (afrikanisch)

  • Finchen da stellt sich aber für mich nun eine Frage,woran liegt es, dass man diese Dinge nicht kann trotz der mittleren Reife und wie konnte es überhaupt zu diesem Abschluss kommen?Es würde ja damit auch auf die Lehrer zurückfallen ,nicht nur auf die Schüler.
    Es gibt auch sicher die beschriebenen Jugendlichen aber man kann es nicht verallgemeinern.
    Es kommt denke ich auch darauf an,ob man vom Betrieb in der Stadt einen Wohnraum zur Verfügung gestellt bekommt z.B. Wohnheim gemeinsam mit anderen oder mit 16 allein eine Wohnung mieten muss.Darf man das mit 16 überhaupt?




    Aisha

    Träume nicht Dein Leben,lebe Deinen Traum

  • Zitat

    aisha schrieb am 02.04.2006 12:48:
    Es gibt auch sicher die beschriebenen Jugendlichen aber man kann es nicht verallgemeinern.
    Es kommt denke ich auch darauf an,ob man vom Betrieb in der Stadt einen Wohnraum zur Verfügung gestellt bekommt z.B. Wohnheim gemeinsam mit anderen oder mit 16 allein eine Wohnung mieten muss.Darf man das mit 16 überhaupt?


    Zu dem "verallgemeinern": Klar kann man das nicht verallgemeinern, aber das Statistische Bundesamt gibt auch zu diesem Thema jedes jahr Statistiken raus. Da ist seit Jahrzehnten konstant von 10% Schülern ohne Schulabschluss die Rede, die nicht ausbildungsfähig sind.
    PISA sieht´s noch drastischer. Ca. 20% der Schüler haben nur unzureichende Kenntnisse in den getesteten Bereichen und gehören zur sogenannten Risikogruppe.


    Klar kann man mit 16 von zu Hause ausziehen. Eine Freundin von mir ist auch nach der Realschule mit 16 Jahren 80 Kilometer weit weggezogen in eine eigene kleine Wohnung um eine Ausbildung machen zu können. Das ist eine Frage des Wollens. Gerade die großen Betriebe (z.B. BMW, Siemens, BASF...) haben sogar eigene Wohnheime für ihre Lehrlinge, wo sie für sehr wenig Geld unterkommen können.

  • Mir tun alle leid die keine Chance haben,weil ihnen die Vorraussetzungen fehlen,denn es fehlt somit auch Lebensqualität.Wir werden dann, wenn die Statistik weiter so geht statt 5 Millionen sicher bald 6 oder 7 Millionen Arbeitslose haben und es wird noch viel mehr Schulen wie die in Neukölln geben.


    Finchen ich denke weniger an mich selber aber an die Zukunft Aller



    Aisha

    Träume nicht Dein Leben,lebe Deinen Traum

  • Hallo,


    ich arbeite ja an einem Berufskolleg und die Klassen unserer Vollzeitschulformen (Handelsschule, Höhere Handelsschule, aber auch BGJ) werden immer größer und es gibt immer mehr Parallelklassen (momentan ist die HöHa-Unterstufe 9zügig).


    Es sind sehr viele Schüler darin, die von den allgemeinbildenden Schulen kommend keinen Ausbildungsplatz gefunden haben und sich bei uns weiterbilden. Nur leider sehen das die wenigsten so und nutzen diese Chance. Sie gehen auf eine kaufmännische Schule, weil sie keine anderen Alternativen haben (aus ihrer Perspektive), aber nicht, weil sie sich wirklich für eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich interessieren. Viele sind schulmüde!


    Im Ergebnis sind es dann häufig relativ schlechte Schüler, die ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt nicht wirklich verbessert haben ...


    Doch, ich mach mir da auch häufig Gedanken, was aus meinen Schülern wird und versuche ihnen auch in vielen Einzelgesprächen zu verdeutlichen, dass sie mit Fleiß und Engagement schon einen höheren Bildungsabschluss erreichen können und bessere Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben.


    Aber es ist wirklich so, dass die meisten nicht durchschauen, wie ein Zeugnis mit hohen Fehlquoten (wohlmöglich überwiegend unentschuldigt) auf potzenielle Arbeitgeber wirkt. Die Eigenwahrnehmung ist häufig falsch, viele leiden an Überschätzung der eigenen Fähigkeiten...


    (Natürlich kann man das so auch nicht verallgemeinern, aber es sind meine Erfahrungen der letzten acht Jahre und auf diese beziehen sich auch meine Äußerungen)


    LG
    ramapas

  • Hallo Aisha und ihr anderen,


    bei Wikipedia unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Chance#Ideologie


    sowie unter:


    laaanger link


    gibt es einige Antworten auf die Fragen, die ihr hier diskutiert.


    Daraus geht auch hervor, daß es nichts Gutes bedeutet, Chancen zu haben bzw. daß Chancen immer nicht von objektiven Leistungen für etwas bestimmtes abhängen. Das Risiko fällt also ganz in den "Verantwortungsbereich" des Chanceninhabers. Bessere und höhere Bildung bzw. Qualifikationen sind unbedingte Vorausleistung des Chanceninhabers - ohne Garantie auf etwas.


    Es ist also nichts vorteilhaftes Chanceninhaber zu sein! Es bedeutet schlicht und einfach, dem (Arbeits-) Markt und seinen Nachfragern in jeder Hinsicht zur Verfügung stehen zu müssen, ohne bestimmte Ansprüche geltend machen zu können.

  • Ich sehe ja nicht so richtig, was es für eine Alternative dazu gibt, auf einer geeingneten Schulform den Abschluss zu machen, den man schaffen kann.


    Zitat

    aisha schrieb am 02.04.2006 09:13:
    Gibt es noch genug Ausbildungsstellen für Alle oder nur noch für wenig Ausgesuchte?


    Nur entweder oder, nichts dazwischen?


    Zitat


    In vielen Stellenanzeigen in unserer Zeitung steht mittlerweile der Zusatz ,Übernahme nach der Ausbildung nur bei Notendurchschnitt von 1,


    Sowas kann man ja denken oder vielleicht auch im Bewerbungsgespräch vermitteln, aber mir fällt partout kein Grund ein, warum eine Firma so etwas in ein Zeitungsinserat schreiben sollte.
    Wieviele solche Anzeigen siehst Du denn so pro Woche in Deiner Zeitung???



    - Martin

    Acht Semester mitlesen ersetzt das Lehramtsstudium. ;)

    Einmal editiert, zuletzt von oh-ein-papa ()


  • Die beiden Links lassen sich kurz und knapp auf zwei Schlagsätze reduzieren:


    1. "Vermeintliche Chancen, die durch Bildungsanstrengungen erworben werden, sind eine ideologische Karrotte, die 'the Man' baumeln läßt, um verwertbareres Humankapital verfügbar zu machen."
    2. "Bildungsanstrengungen führen dazu, dass die oberen Bereiche des Arbeitsmarktes durch die größere Verfügbarkeit der Höherqualifizierten dichter wird und damit die Erfolgschancen für den einzelnen realiter sinken."


    Dazu läßt sich jetzt einiges sagen - Antworten auf die hier diskutierten Fragen sehe ich da allerdings nicht.


    Eine Frage vorweg: siehst du die einzige hier implizierte Alternative, den Bildungswettlauf prinzipiell zu verweigern und grummelnd auf das System zu fluchen, tatsächlich als handhabbare Lösung?


    Die Überlegungen, die in den beiden Links dargestellt werden, richten sich auf das kapitalistische System als solches. Die Parameter dieses Systems lassen sich durch uns nicht verändern (daran sind die linken Lehrer der '70er so kläglich gescheitert, woran sie ja noch immer knabbern.) Unsere Anstrengungen als Lehrer und Pädagogen müssen sich aber auf das Individuum beziehen - uns muss es darum gehen, jeden einzelnen so fit wie möglich zu machen, damit er in diesem System bestehen kann. Dazu gehört, dass man ihm Kompetenzen mitgibt, die im Kapitalismus verwertbar sind, auch wenn mir als denkendem Menschen die Nachteile dieses Verdrängungssystems bewußt sind.


    Zweitens: mathematisch gesehen mögen die Implikationen der zweiten Überlegung ja korrekt sein aber sie entsprechen nicht der Realität, in der es nuneinmal einen wachsenden Fachkräftemangel gibt, der von einer sinkenden intellektuellen Kapazität der Schulabgänger begleitet wird. Selbstverständlich steigern Bildungsanstrengungen in einer solchen Situation den Marktwert des einzelnen enorm. Die Arbeitslosigkeit unter Akademikern beträgt 4,1%, die unter Nichtakademikern 9,1%! Natürlich muss man da auch Differenzierungen anbringen - bei Schwachsinnstudiengängen wie Literaturwissenschaft/Geschichte auf Magister, wohlmöglich noch mit anschließender Promotion, braucht man schon ein gehöriges Maß an Anstrengung und Glück, um noch einen Job zu ergattern...


    Drittens: die Artikel, auf die die beiden Links verweisen, durchläuft ein perfider Bruch, eine "faultline" würde ich als Literaturwissenschaftler wohl sagen. Der Haltung Bildungsanstrengungen gebenüber ist kritisch, die größere Konkurrenz in den höheren Bereichen von Bildungskompetenz wird klar bedauert - was offensichtlich den wehmütigen Wunsch impliziert, dass die guten alten Zeiten geringer Konkurrenz doch zurückkehren, in denen man noch von vermassten Brotstudiengängen in Ruhe gelassen wurde und die Ubernahme in gutdotierte Jobs ungeachtet persönlicher Qualifikation garantiert war. Welche Position sich die Verfasser belesener Wikipedia-Artikel in solch einer Konstellation wünschen, dürfte klar sein - und erinnert fatal an die fröhliche Pfründenjagd der '70er Jahre, dem "Marsch durch die Institutionen", der beim Planziel hoher Pensionsansprüche verbunden mit dem Häuschen im Grünen fernab der städtischen Unterschichtsviertel endete. Da kann ich nich so richtig mit... Unhinterfragt bleibt nämlich die Prämisse, was an breiter gesellschaftlicher Konkurrenz denn eigentlich so schlecht ist? Je mehr Kompetenzen in einer Gesellschaft vorhanden sind und je mehr die individuelle Leistungsfähigkeit durch Konkurrenz gefördert wird, desto größer wird der allgemeine Nutzen für die Gesellschaft sein. Mehr Konkurrenz bedeutet nämlich auch, das weniger Menschen von vornherein ausgeschlossen sind. Die Chancen reduzieren sich nämlich nur für diejenigen, die vorher alleinigen Zugang zu den Möglichkeiten hatten! Das zu beklagen, ist der reaktionäre Grundtenor der Artikel.


    Viertens: in einer vermeintlichen Kapitalismuskritik wird in den beiden Artikeln ein fürchterlich utilitaristischer Bildungsbegriff verwendet, der sich nur auf einen mechanischen Kompetenzkanon für die Wirtschaft bezieht. Aber das ist Bildung nicht - Bildung beinhaltet als am weitesten gefasstes Ziel, dass das Subjekt seiner Situation im Diskursgefüge bewußt wird. Ich kann nichts schlechtes daran sehen, dass es das Ziel eines Bildungssystem in einer demokratisch legitimierten Gesellschaft ist, möglichst großen Bevölkerungsteilen zu einem kritischen Bewußtsein zu verhelfen.


    Nele

    Einmal editiert, zuletzt von neleabels ()



  • Hallo Nele,


    mit Antworten meinte ich "Sätze, die das gemeinte Phänomen, was als Problem vorstellig gemacht wurde, erklären könnten" - nichts weiter. Das ist nicht mit Lösungsansätzen zu verwechseln. Durch deine weiteren Ausführungen werden die beiden zitierten Artikelabsätze nicht unwahr. Dein Urteil darüber, es handele sich daher nur um "vermeintliche" Chancen (s.o.), ist allerdings falsch, da mit der Kritik der "Chance" das "vermeintlich" auch gleich wieder gestrichen werden kann. Sich solchen Wahrheiten zu stellen, bedeutet nicht gleich für irgendetwas Partei zu ergreifen oder die Revolution auszurufen! Schließlich versucht man sich doch ein Urteil zu bilden, bevor man Schlüsse für Handlungsalternativen zieht. Ob die endlose Erhöhung des Konkurrenzdrucks ein schönes gesellschaftliches Ziel ist (zum Nutzen von wem eigentlich?), soll dann mal jeder für sich selbst überlegen.


    Ich zitiere Dein Motto: "Ich bin der Herr der Schildkröten - mich halten öffentliche Verkehrsmittel nicht auf!" Muten Roshi
    ;)

  • Mir ist ganz klar,je mehr Bildung und je mehr Flexibilität, umso größer die Chancen.

    Oh ein Papa
    Abgesehen davon das immer weniger Ausbildungsstellen in den Zeitungen stehen,hab ich diesen Zusatz schon öfters gelesen.Sicher nicht wöchentlich aber hin und wieder schon,es fiel direkt ins Auge.
    Mein Cousin (Abitur)hat vor drei Jahren eine Ausbildung in einer großen bekannten Firma begonnen.Von sehr vielen Berwerbern (200) wurden 20 ausgewählt.Es wurde ihnen mitgeteilt die drei Besten werden übernommen.Er hat sich sehr bemüht und gehört bis jetzt dazu.Die Prüfung ist in den nächsten Monaten.Jetzt heißt es aber keiner wird übernommen,es werden sogar noch Stellen zusätzlich gekürzt.Man kann also auch nicht darauf gehen, dass Bemühungen sich immer auszahlen.Durch ein freiwilliges Praktikum in England hat er nun ,zum Glück ,die Möglichkeit dort zu arbeiten.

    Ich selbst fange langsam mit den Überlegungen an,welche Ausbildung oder welches Studium (wenn überhaupt finanzierbar) ich 2008 nach dem Abitur anstreben möchte und wo die größten Chancen später liegen könnten .Ich weiß es nicht.
    Kann überhaupt noch jemand das im vorraus sagen oder ist es auch nur noch ein Pokerspiel?
    Der Beruf soll ja auch Freude machen ,wenn man ihn jahrzehntelang ausführen soll.Sollte man auch die Berufe einbeziehen die einem überhaupt nicht liegen,nur um irgendwas zu haben?
    Ich könnte mir zum Beispiel überhaupt nicht vorstellen in der Krankenpflege zu arbeiten oder gar als Ärztin ,obwohl ich jeden bewundere ,welcher es kann.Bei einem Test im 9.Schuljahr kam raus ,ich sei geeignet als Podologin.Nachdem ich wußte, was das überhaupt ist,bin ich sicher,es wäre gar nichts für mich.Füße anderer Menschen pflegen und behandeln.

    Auf jeden Fall werden wir ,die heutige Jugend, es sehr schwer bekommen eine Möglichkeit zur Ausbildung zu bekommen, sowie einer Anstellung.Viele haben keine reiche Eltern oder erreichen trotz aller Bemühungen nicht den Bildungsabschluss,welcher nötig wäre,um eventuell Erfolg zu haben.Vielen fehlt auch einfach die Unterstützung von zu Hause,wofür man sie nicht verantwortlich machen kann.Es werden ja auch zunehmend immer mehr Eltern arbeitslos durch Stellenabbau,obwohl sie vielleicht 20 oder sogar 30 Jahre lang sehr gute Leistung erbracht haben.


    Lehrer würden auch noch jede Menge gebraucht,wenn ich den Stundenausfall seit Sommer betrachte.Warum stellt man nicht mehr ein" im Sinne der Bildung "und wo es doch Arbeitslose gibt?Fängt es nicht auch hier schon an.


    Aisha

    Träume nicht Dein Leben,lebe Deinen Traum

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