Wo kommt die Gewalt her????

  • Jetzt mal echt erbsthaft und eventuell auch naiv gefagt:


    Wo kommt eigentlich diese unglaubliche gewaltbereitschaft bei immer mehr Schülern her???


    Ich weiß, dass so was in der Schule (zumindest in denen die Ich kenne, Sei es als Schülerin, Praktikantin, oder Lehrerin) nicht geduldet wird und extrem geahndet wird. Da kann der Herd also doch eigentlich nicht liegen, oder???


    Ich hoffe/glaube dass es nicht so viele Eltern gibt, die ihre Kinder physisch und psychisch mißhandeln (wobei man gerade an meiner Schulform sowas immer wieder mitbekommt)


    Ich denke, das Jugendliche soweit eigenständig denken können, dass sie ein Videospiel nicht mit der Realität vergleichen oder andersherum.


    Frustration gibt es, keine Frage. Aber ich bin doch nach dem durchfallen durchs Stex auch nicht Amoklaufend durch die Schule oder besser das Seminar gerannt. Fehlt es da an Erziehung, die andere Strategien der Krisenbewältigung vermittelt??


    Ich kann es nicht verstehen, wie ein Kind so asozial (und das meine ich so, denn mit sozialverträglichem Verhaölten hat das einfach nix mehr zu tun) werden kann.


    Und tut mir leid, viel Verständnis à la "Hey, er hatte ne schwere Kindheit" hab ich bei solchen Sachen echt nicht mehr!


    LG, Sunny!

    Tschacka!


    <img src="http://img113.imageshack.us/img113/6624/zwanzigklein7xb.jpg">

  • Hm, ich plag' mich auch grad mit einem ähnlichen Thema rum.


    Ich glaube allerdings
    a) nicht, dass 'heute' mehr Gewaltbereitschaft besteht, als 'früher' (da waren Prügeleien unter den Kindern und 'Kriege' am Schulweg einfach normal, sagt zumindest mein 75-jähriger Schwiegervater) und
    b) nicht, dass Gewalt in den Familien heute so selten ist, wie es nach außen hin scheint (zumindest nicht, wenn ich meinen Schülern so zuhöre 8o ) - es wird geächtet, und darum vielleicht besser versteckt als früher, mehr nicht


    UND: ich bin überzeugt, dass jene Kinder gewaltbereit sind, die selbst Gewalt erfahren


    Außerdem müssen Kinder heute im Vergleich zu 'früher' (wann ist eigentlich 'früher'? - ich denke da immer zwei Generationen zurück, aber da hat vielleicht jeder eine andere Vorstellung) weniger Frust aushalten von klein auf - sie sind es also nicht gewöhnt zu warten, Frust auszuhalten, mal zurückzustecken ... - und dementsprechend können sie es auch nicht.


    *justmytwocents* zu diesem Thema :)

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    müllerin schrieb am 28.03.2006 21:06:


    Außerdem müssen Kinder heute im Vergleich zu 'früher' (wann ist eigentlich 'früher'? - ich denke da immer zwei Generationen zurück, aber da hat vielleicht jeder eine andere Vorstellung) weniger Frust aushalten von klein auf - sie sind es also nicht gewöhnt zu warten, Frust auszuhalten, mal zurückzustecken ... - und dementsprechend können sie es auch nicht.


    *justmytwocents* zu diesem Thema :)


    Das würde ich mit unterstreichen. Wenn ich mir überlege, dass zwei Generationen vor uns teilweise die Prügelstrafe noch galt und aus den Schülern auch keine zwangsläufig gewaltbereiteren Eltern wurden...


    ...im Zuge der verstärkten Entfaltung der eigenen Persönlichkeit, des Verfolgens eigener Interessen und Wünsche und des wachsenden Bewusstseins über die Rechte, die man hat (nicht aber über die Pflichten, die damit in der Regel einhergehen)...


    ...die Frage ist aber auch, ob die Erwartungen an Kinder nicht auch gestiegen sind. Unsere Gesellschaft wird immer mehr zu einer Gesellschaft (vgl. Spiegel Artikel), in der Kinder schlicht "funktionieren" müssen. Und wenn sie das nicht tun, dann haben sie mitunter nicht nur Probleme sondern man sagt ihnen, dass sie Probleme seien.


    Gruß
    Bolzbold

  • Wenn man 2 Ratten in einen Käfig sperrt, leben die ganz friedlich miteinander.
    Mit jeder Verdoppelung, steigt die Aggressionskurve.
    Bis hin, wo sie sich anfangen, gegenseitig aufzufressen.


    Die Geschwindigkeit, mit der wir leben und die auch ständig zunimmt, lässt uns in unserer Wahrnehmung den Lebensraum immer enger erscheinen.


    Bald fangen wir auch an, uns gegenseitig aufzufressen, oder wir tun es schon??

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    fun-system schrieb am 28.03.2006 21:49:
    Wenn man 2 Ratten in einen Käfig sperrt, leben die ganz friedlich miteinander.
    Mit jeder Verdoppelung, steigt die Aggressionskurve.
    Bis hin, wo sie sich anfangen, gegenseitig aufzufressen.


    Die Geschwindigkeit, mit der wir leben und die auch ständig zunimmt, lässt uns in unserer Wahrnehmung den Lebensraum immer enger erscheinen.


    Bald fangen wir auch an, uns gegenseitig aufzufressen, oder wir tun es schon??


    Gute Frage!


    Es stellt sich aber die Frage, ob wir wirklich mit so hoher Geschwindigkeit leben MÜSSEN oder ob wir uns das (un)freiwillig selbst antun. Vielleicht trägt die mitunter einseitige Fixierung auf maximale Entfaltungsmöglichkeiten und Inanspruchnahme aller einem zustehenden Rechte in viel höherem Maße zur Verengung des Lebensraumes bei. Je größer ich meine Kreise ziehen möchte, desto heftiger stoße ich an die Kreise, die mein Nebenmann zieht.


    Gruß
    Bolzbold


  • Wenn ich mit Entfaltungsmöglichkeit die unbegrenzte Messlatte von jenseits der 200 ps-Marke und mit den Miles and miles and more and more gleichsetze,
    dann ja

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    fun-system schrieb am 28.03.2006 22:16:
    Wenn ich mit Entfaltungsmöglichkeit die unbegrenzte Messlatte von jenseits der 200 ps-Marke und mit den Miles and miles and more and more gleichsetze,
    dann ja


    Nun, diese Messlatte meinte ich eigentlich nicht, aber ok. Ich nehme an, Du weißt, was ich ursprünglich meinte. Ansonsten lies nochmal ganz genau nach, dann wirst Du verstehen.


    Gruß
    Bolzbold

  • Zitat

    fun-system schrieb am 28.03.2006 21:49:
    Wenn man 2 Ratten in einen Käfig sperrt, leben die ganz friedlich miteinander.
    Mit jeder Verdoppelung, steigt die Aggressionskurve.
    Bis hin, wo sie sich anfangen, gegenseitig aufzufressen.


    Die Geschwindigkeit, mit der wir leben und die auch ständig zunimmt, lässt uns in unserer Wahrnehmung den Lebensraum immer enger erscheinen.


    Bald fangen wir auch an, uns gegenseitig aufzufressen, oder wir tun es schon??


    Bow, Schüler/Menschen und Ratten. Dann müsste es ja auch mit der Konditionierung ganz einfach funktionieren
    Ich seh schon, wie sich meine Schüler vespern. Na dann Mahlzeit!


    Ernsthaft: Kriminologen widersprechen der gesellschaftlich weit verbreiteten These, die Gewalt(bereitschaft) sei gestiegen. Insofern sind meine und eure Eindrücke gedeckt. Allerdings wird Gewaltanwendung im Einzelfall immer extremer.
    Ich wende mich auch strikt gegen eine billige Kausalität Gewalt/Medienkonsum. Aber wenn alle Dämme gebrochen sind, könnten medial vermittelte Gewaltbilder schon zum Handlungsmuster werden. Dass die Gewaltdarstellung in den Medien extremer geworden ist, kann man wohl leicht im Vergleich der Filme der 50-70er und der ab Ende der 80er sehen. Der ursächliche Zusammenhang ist aber nur eine persönliche Vermutung.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Zitat

    Bolzbold schrieb am 28.03.2006 12:20:


    Nun, diese Messlatte meinte ich eigentlich nicht, aber ok. Ich nehme an, Du weißt, was ich ursprünglich meinte. Ansonsten lies nochmal ganz genau nach, dann wirst Du verstehen.


    Gruß
    Bolzbold


    "Aufklärung ist der Ausgang (Loslösung) des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben(der Unmündigkeit) nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung(Kopf in den Sand stecken) und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen."


    Wie weit sind wir davon entfernt?


    Zugegeben, die Förderung dieses idealtypischen Denkens liegt bei der zunehmenden Freiheit, die wir geniessen, denjenigen, die sie für uns verwalten, nicht sehr am Herzen. Noch nie hatten wir so viele Gesetze!

  • Zitat

    Timm schrieb am 28.03.2006 12:27:
    [
    Bow, Schüler/Menschen und Ratten. Dann müsste es ja auch mit der Konditionierung ganz einfach funktionieren
    Ich seh schon, wie sich meine Schüler vespern. Na dann Mahlzeit!


    Ernsthaft: Kriminologen widersprechen der gesellschaftlich weit verbreiteten These, die Gewalt(bereitschaft) sei gestiegen. Insofern sind meine und eure Eindrücke gedeckt. Allerdings wird Gewaltanwendung im Einzelfall immer extremer.
    Ich wende mich auch strikt gegen eine billige Kausalität Gewalt/Medienkonsum. Aber wenn alle Dämme gebrochen sind, könnten medial vermittelte Gewaltbilder schon zum Handlungsmuster werden. Dass die Gewaltdarstellung in den Medien extremer geworden ist, kann man wohl leicht im Vergleich der Filme der 50-70er und der ab Ende der 80er sehen. Der ursächliche Zusammenhang ist aber nur eine persönliche Vermutung.


    Ich habe neulich einen Bericht gelesen, in dem "Tötungsbereitschaft " untersucht wurde.


    1. Weltkrieg zwischen 30% und 40%
    2. Weltkrieg zwischen 40% und 50%
    1. Irakkrieg 90%


    Das war die 1. Video-Generation, treffsicher, hieb- und stichfest


    Vermutlich sind wir heute bei 100%

  • Wenn wir etwas nur noch durch Gewalt erreichen, wenden wir sie an. Ich weiß nicht, wer das sinngemaß sagte: "Krieg ist Fortsetzung der Politik, nur mit anderen Mitteln."


    Anders gesagt: Wenn uns die Argumente ausgehen, bleibt nur Flucht, Ergeben oder Angriff.


    Die Frage war: "Wo kommt die Gewalt her???" Sie ist uns inneliegend.


    Machen wir uns nichts vor: Auch dann, wenn wir noch so friedliebend scheinen, sehen wir uns zumindest Krimis an. Früher ging man zu öffentlichen Hinrichtungen oder zu Gladiatorenkämpfen. Nebenbei: und heute interessiert sich die Masse für Fußball - ist doch ein besseres Ventil, oder?


  • 1. Wie operationalisiert man Tötungsbereitschaft?
    2. Wer hat diese Studien im WK I und II durchgeführt bzw. wie kam man an eine geeignete Datenbasis?
    3. Welche konkrete Aussage leitest du daraus allgemein zum thread-Thema und speziell zu meinem Beitrag ab?

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.


  • Ja, bei Spinoza ist Gewalt- Trieb und unbewusst und Grausamkeit - Begierde und bewusst.
    als Affekt ein dem Menschen innewohnendes Wesen, woraus folgt:
    dass wir nicht streben, wollen, verlangen, begehren, weil wir es als gut beurteilen, sondern umgekehrt, weil wir darum etwas als gut beurteilen, weil wir es erstreben, wollen, verlangen, es begehren.

  • Zitat

    Timm schrieb am 28.03.2006 13:19:


    1. Wie operationalisiert man Tötungsbereitschaft?
    2. Wer hat diese Studien im WK I und II durchgeführt bzw. wie kam man an eine geeignete Datenbasis?
    3. Welche konkrete Aussage leitest du daraus allgemein zum thread-Thema und speziell zu meinem Beitrag ab?


    1. und 2. kann ich Dir nicht gleich beantworten, da müsste ich erst nachschauen.


    zu 3. Es ist die kausalmechanische Wechselwirkung zu den virtuellen Möglichkeiten und den gebotenen Realitäten.

  • Zitat

    row-k schrieb am 28.03.2006 23:03:
    Wenn wir etwas nur noch durch Gewalt erreichen, wenden wir sie an. Ich weiß nicht, wer das sinngemaß sagte: "Krieg ist Fortsetzung der Politik, nur mit anderen Mitteln."


    Anders gesagt: Wenn uns die Argumente ausgehen, bleibt nur Flucht, Ergeben oder Angriff.


    Carl von Clausewitz, "Vom Kriege". Clausewitz, ein Zeitgenosse Napoleon Bonapartes, legt in dieser sehr lesenswerten Theorie des Krieges dar, dass die bewaffnete Gewalt ein Instrument der politischen Eskalation ist, dass Krieg also keinen Selbstzweck darstellt. Man mag diese Feststellung schätzen oder nicht, sie trifft zweifelslos die Realität.


    Nele


  • Daraus kann man aber auch schließen, dass die Tötungsbereitschaft mit wachsender Distanz zum Getöteten zunimmt.
    Schon im II. Weltkrieg ließ es sich "bequemer" aus einem Flugzeug heraus oder mit einer Rakete oder Kanone töten. Im Ersten WK. gab es viel mehr Mann-Gegen-Mann-Kämpfe.


    Im IRAK-Krieg wurde noch mehr ferngesteuert - wie bei einem Video-Spiel...

  • Zitat

    row-k schrieb am 28.03.2006 23:03:


    Die Frage war: "Wo kommt die Gewalt her???" Sie ist uns inneliegend.


    Machen wir uns nichts vor: Auch dann, wenn wir noch so friedliebend scheinen, sehen wir uns zumindest Krimis an. Früher ging man zu öffentlichen Hinrichtungen oder zu Gladiatorenkämpfen. Nebenbei: und heute interessiert sich die Masse für Fußball - ist doch ein besseres Ventil, oder?


    Ventil – wofür?
    Für die Gewalt, die uns „innewohnt“?


    Sicherlich ist es unbestritten, dass jeder Mensch, bedingt durch die Evolution, ein gewisses genetisches Aggressionspotential in sich trägt. Dies hat aber nur die Funktion, im Falle von Bedrohung ein adäquates Verhalten auszulösen (Flucht oder Kampf). Es führt nicht automatisch zur Lust am Leiden anderer.
    Wenn sich das Volk an öffentlichen Hinrichtungen erfreut, dann muß erst mal jemand da sein, der diese Hinrichtungen anordnet, jemand, der damit eine bestimmte Absicht verfolgt (Abschreckung und zugleich „Volksbelustigung“).
    Bei den Gladiatorenkämpfen war es genauso. Sie waren Bestandteil eines Herrschaftsprinzips, nämlich „Panem et Circenses“.
    Vielleicht kommen wir der Sache damit näher.


    Hinzu kommt meiner Ansicht nach, daß in der heutigen Zeit der Tanz ums Goldene Kalb immer dramatischere Züge annimmt. Es ist uns bloß nicht ständig bewußt, weil wir uns mittendrin befinden.


    Gruß


    Animagus

  • Zitat

    fun-system schrieb am 28.03.2006 22:42:
    Das war die 1. Video-Generation, treffsicher, hieb- und stichfest.


    Medienwirkungsforschung auf Stammtischniveau.


    Schon seit der Antike gibt es grundsätzlich zwei Auffassungen zur Wirkung von Medien:


    - die Nachahmungshypothese (Platon): Medien verderben uns, weil sie uns zur Nachahmung anhalten.


    - die Katharsis-Hypothese (Aristoteles): Weil wir uns an Medien emotional abreagieren, sind wir friedlichere Zeitgenossen.


    Die von Platon vertretene Hypothese ist heutzutage beliebt. Empirisch überzeugend belegt ist sie nicht.

    Einmal editiert, zuletzt von philosophus ()

  • Zitat

    neleabels schrieb am 28.03.2006 23:53:


    ... dass die bewaffnete Gewalt ein Instrument der politischen Eskalation ist,


    Und eine andere Person hat mal gesagt: "Politik ist der konzentrierte Ausdruck der Ökonomie".


    Also: Wirtschaft -&gt; Politk (Eskalation) -&gt; Krieg!


    Vielleicht habe ich mich ja jetzt zu weit aus dem Fenster gelehnt ...


    Gruß


    Animagus

  • Zitat

    Also: Wirtschaft -&gt; Politk (Eskalation) -&gt; Krieg!


    Vielleicht habe ich mich ja jetzt zu weit aus dem Fenster gelehnt ...


    George W. Bush gibt dir Recht...

    Einmal editiert, zuletzt von gelöschter User ()

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