Aggressiver Schüler...

  • Zitat

    Tina34 schrieb am 09.03.2006 23:27:
    Hallo,


    so krass gibt es das bei uns nicht - aber durchaus Wohnblocks, wo sich die Nationalitäten bündeln. Die wollen das aber so - mir schräg gegenüber ist ein Block komplett in türkischer Hand - die bleiben immer unter sich und grüßen nicht mal.
    Liegt nicht an uns - mit den Albanern, Philippinas, Iranern, Irakern, Amerikanern und Koreanern in der Straße haben wir Deutschen guten Kontakt - und wer erscheint wohl nie zum Grillen? Der türkische Block. :) Irgendwie läuft da was schief. 8o


    LG
    Tina


    Hallo Tina!
    Vielleicht ist die Erklärung einfach. Mir haben es die Kurden (Türken) so erklärt, dass sie manches Fleisch nicht essen und es teilweise als Provokation empfinden, zu solchem Essen eingeladen zu werden.
    Ich hatte sie einfach mal gefragt, als wir auf einem Schulfest grillten und die Kurden sich abwandten.

  • Zitat

    row-k schrieb am 09.03.2006 23:31:
    Vielleicht ist die Erklärung einfach. Mir haben es die Kurden (Türken) so erklärt, dass sie manches Fleisch nicht essen und es teilweise als Provokation empfinden, zu solchem Essen eingeladen zu werden.
    Ich hatte sie einfach mal gefragt, als wir auf einem Schulfest grillten und die Kurden sich abwandten.


    Ja natürlich, Moslems essen kein Schweinefleisch und sind verständlicherweise skeptisch, wenn die Möglichkeit besteht, dass auf einem Grill Schweinefleisch zubereitet wird. Aber das kann man ja alles regeln, wie ich aus Schulfesterfahrung an einer Schule mit starkem muslimischen Anteil weiss: man hat eben zwei Grills, einen mit Schwein, einen ohne. Fertig, alle sind zufrieden. Aber vielleicht ist das in einer nordrheinwestfälischen Großstadt auch einfacher zu regeln als im Süden der Republik?


    nele

  • Über diesen Umweg kommen wir wieder auf Aggressivität.


    Man muss VORHER schon miteinander reden, also auch fragen, warum plötzlich jemand verstimmt reagiert. Bei den Kurden hat sich das genauso bewährt.


    Wenn man Schüler schon bei kleinsten Unhöflichkeiten auf dieses Fehlverhalten freundlich aber bestimmt hinweist, lassen sie es auch grundsätzlich.
    Ich begegne meinen Schülern grundsätzlich höflichST, fahre aber sofort dazwischen, wenn sie unhöflich oder gar beleidigend sind - auch untereinander.


    Gute Nacht, schlaft alle schön darüber und...

  • Zitat

    leppy schrieb am 09.03.2006 15:03:
    Es ist auch deshalb besser, weil dieser besser aus der Situation zu entfernen ist, ohne selbst etwas abzubekommen (und schon Erstklässler haben Kraft!).


    Auf der reinen Ebene der körperlichen Auseinandersetzungen einige Anmerkungen: Kollegen, denen der Gedanke an körperliche Gewalt große Probleme bereitet und die aber aufgrund der Schulsituation vorhersehbar in die Lage kommen können, in körperliche Auseinandersetzung eingreifen zu müssen, sollten über ein Selbstverteidigungtraining nachdenken. Damit meine ich aber nicht diese albernen Wochenendkurse, bei denen man Fingerumdrehen und ähnlichen Quatsch lernt, sondern z.B. einige Monate in einem Boxverein oder in anderen ernstzunehmenden Kampfsportvereinen. Ziel ist natürlich nicht, Schüler umzuknolzen. Es geht darum, dass man eine realistische Einschätzung erwirbt, was es heißt, zu schlagen und geschlagen zu werden, und was man so aushalten kann, und darüber Souveränität zu gewinnen.


    Mit einigen Jahren Erfahrung im Boxen und Kyokushin-Karate (Vollkontaktkarate): es ist eigentlich ziemlich schwierig jemanden umzuhauen, selbst wenn man es will. Ein Erstklässler ist keine ernstzunehmende Bedrohung. Und auch bei älteren Schülern, wenn man etwas abkriegt, dann kriegt man eben etwas ab. Und wenn schon - es wird nichts passieren, das tut dann vielleicht ein bisschen weh, vielleicht ein blauer Fleck, im Extremfall vielleicht ein blaues Auge. Das ist alles nicht so richtig dramatisch und kein wirklicher Grund, nicht einzugreifen.


    Den Rat, ausgerechnet den Verteidiger wegziehen zu wollen, halte ich für unrealistisch. (Außer, es ist ein so kleines Kind, dass ich es mit einer Hand in der Luft halten kann, während ich mit der anderen Hand den Schläger weghalte.) Erstens ist der Unterlegene in der Regel sowie unten am Boden oder in einer Ecke. Zweitens, wenn ich den Unterlegenen bewege, behindere ich ihn nur dabei sich zu schützen während der Angreifer weiter auf ihn eindrischt. Drittens, was ist das denn für den Verteidiger für ein körpersprachliches Signal? "Ich werde angegriffen und anstatt dass der Lehrer dem Angreifer in den Arm fällt, stürzt der sich auch noch auf mich!?" Das hätte sehr ungünstige Folgen, was die pädagogische Glaubwürdigkeit angeht...


    Nele

  • Zitat

    neleabels schrieb am 09.03.2006 23:54:
    ...Den Rat, ausgerechnet den Verteidiger wegziehen zu wollen, halte ich für unrealistisch. (Außer, es ist ein so kleines Kind, dass ich es mit einer Hand in der Luft halten kann, während ich mit der anderen Hand den Schläger weghalte.) Erstens ist der Unterlegene in der Regel sowie unten am Boden oder in einer Ecke. Zweitens, wenn ich den Unterlegenen bewege, behindere ich ihn nur dabei sich zu schützen während der Angreifer weiter auf ihn eindrischt. Drittens, was ist das denn für den Verteidiger für ein körpersprachliches Signal? "Ich werde angegriffen und anstatt dass der Lehrer dem Angreifer in den Arm fällt, stürzt der sich auch noch auf mich!?" Das hätte sehr ungünstige Folgen, was die pädagogische Glaubwürdigkeit angeht...


    Nele


    Ja, Nele. Es ist aber leider so, dass man sich mittlerweile in Deutschland mehr um die Täter kümmert, als um die Opfer. Der Täter "muss" beschützt werden, nicht das Opfer.
    Solange vor allem "Päääädagoooogen" so denken, wird's nicht besser.

  • Zitat

    row-k schrieb am 10.03.2006 11:33:
    Ja, Nele. Es ist aber leider so, dass man sich mittlerweile in Deutschland mehr um die Täter kümmert, als um die Opfer. Der Täter "muss" beschützt werden, nicht das Opfer.
    Solange vor allem "Päääädagoooogen" so denken, wird's nicht besser.


    Das ist aber nicht nur in Deutschland so und auch nicht unbedingt Schuld der "Päääädagoooogen". Hier in GB hab ich auch das Gefühl, dass vor allem Kinder, die es wirklich nicht verdient hätten, belohnt werden. Warum muss man störende Schüler zum Erlebnistag sonstwohin verschiffen, während die "guten" Schüler im Unterricht sitzen? Warum bekommen Leute, die ihr Hausarbeiten nicht zum Abgabezeitpunkt einreichen, während der Unterrichtszeit nur schwätzen und null an ihren Texten arbeiten, immer wieder und wieder eine Chance die Sachen nachzureichen?
    Warum wird von mir erwartet, dass ich Schülern die Antworten vorsage? Ich soll helfen und nicht deren Aufgaben lösen...da könnte ich den dämlichen Text ja gleich selbst schreiben und für jeden kopieren!


    Also ehrlich, selbst ich bekomme bei sowas schon langsam das Gefühl, dass man ganz schön dämlich sein muss, um sich gut zu benehmen. Schließlich bekommen die schwierigen Schüler doch alle Erlebnisreisen, Geld, Kurse, Gutscheine etc.
    Und warum gibt überhaupt noch irgendjemand die Hausarbeiten rechtzeitig ab? Macht doch eh keinen Unterschied. X(


    Das Einzige, was mich nicht ganz verzweifeln lässt ist, wenn die Schüler, mit denen ich gearbeitet habe (und die die Antworten nicht schlichtweg diktiert haben wollten) ganz stolz zu mir kommen und mir erzählen, dass sie endlich alle ihre Sachen eingereicht haben. Siehste? Geht doch! Klasse. :D Zwar meist auch mit Verspätung, dafür aber selbst geschrieben und aus mehr oder minder eigenem Antrieb. ;)


    Und zum Eingreifen bei Streitigkeiten: Ich hab von meiner Uni aus auch die strikte Anweisung keine Schüler anzufassen. Nicht, weil ich Angst hätte oder unbedingt den Täter beschützen möchte, sondern um Anschuldigungen zu umgehen. Das ist keine Frage meiner "pädagogischen" Ansichten, sondern der rechtlichen Lage an meiner Uni und meiner Schule. :rolleyes:

  • Zitat

    Dejana schrieb am 10.03.2006 12:07:
    ...
    Und zum Eingreifen bei Streitigkeiten: Ich hab von meiner Uni aus auch die strikte Anweisung keine Schüler anzufassen. Nicht, weil ich Angst hätte oder unbedingt den Täter beschützen möchte, sondern um Anschuldigungen zu umgehen. Das ist keine Frage meiner "pädagogischen" Ansichten, sondern der rechtlichen Lage an meiner Uni und meiner Schule. :rolleyes:


    Ja, Dejana, glaub ich Dir. Das rührt ja auch daher, dass die Lehrer, die noch nie mit Schülern klarkamen, MEISTENS irgendwelche Leitern HOCHfallen und sich dort dann austoben dürfen.
    Da können Referendare und STudenten nicht viel dafür, wenn sie so eine Pfeife vor sich haben und die ihnen dann so einen Mist beibringt.

  • Du hast recht.
    Und genau darum geht es, der Fehler liegt im System. Aber manchmal wäre es eben Zeit für ein wenig zivilen Ungehorsam...(Dass das Referendare nicht leisten können ist mir schon klar...)

    ...nur an Blumen fehlts im Revier, ich putze mein Motorrad dafür...

  • Noch was. Dejana schrieb: "Das ist aber nicht nur in Deutschland so und auch nicht unbedingt Schuld der "Päääädagoooogen". Hier in GB hab ich auch das Gefühl, dass vor allem Kinder, die es wirklich nicht verdient hätten, belohnt werden....."


    Als ich neulich mit meiner Schwester (Schweiz) telefonierte, stöhnte die über das gleiche Problem.
    Es sieht so aus, als wenn sich eine Gesellschaft immer nur eine Weile vorwärts und dann wieder rückwärts entwickelt. Wenn das Ganze dann in tiefsten Krisen und schließlich im Krieg endet, ja dann ....


    In Zeiten der Weimarer Republik schienen viele Umstände und Anzeichen ähnlich - bis hin zur Bildungspolitik und zu den Schulexperimenten ....

  • Zitat

    row-k schrieb am 10.03.2006 15:52:
    Es sieht so aus, als wenn sich eine Gesellschaft immer nur eine Weile vorwärts und dann wieder rückwärts entwickelt. Wenn das Ganze dann in tiefsten Krisen und schließlich im Krieg endet, ja dann ....


    Kannst du das mal bitte genauer erklären...ich kann dir nämlich nicht ganz folgen. ?(
    Es ist theoretisch so, dass man sich nach einer Zeit des "Fortschritts" zurück auf angeblich bessere Zeiten und "Traditionen" bezieht und sich diese zurück wünscht. Nun muss das aber auch alles nicht so toll gewesen sein, wie sich manche Leute gerne erinnern. In den Achtzigern gab es hier ähnliche Tendenzen. Rückbesinnung auf vergangene (sichere?) Zeiten in einer Zeit der Unsicherheit. Der damals entstande Lehrplan krankt heute immernoch an den damaligen politischen Einflüssen. Die ganze Übernahme der Lehrzeit durch Mathe und Englisch, immer neue Initiativen, zugeschüttet mit Papierkram, alle Schüler geprüft bis zum Umfallen ohne Ziel und Ende...und ich hab in der 11. dennoch Schüler, die den Unterschied zwischen "here" und "hear", "were" und "where" oder "how" und "who" kaum hinbekommen oder Neuntklässler, die mir erzählen 6 mal 1 wäre 1...weil 1 mal 6 wäre ja 6. :rolleyes:

  • Zitat

    Dejana schrieb am 10.03.2006 19:08:


    Kannst du das mal bitte genauer erklären...ich kann dir nämlich nicht ganz folgen. ?(


    Hallo Dejana!
    Was ich damit meine? Lass es mich mit einem Sprichwort sagen: Wenn es dem Esel zu gut geht, geht er auf's Eis zum Tanzen.
    Gingen in der Weltgeschichte nicht schon genug Kulturen unter, weil sie zu überheblich wurden? Wohl schon.


    Anders ausgedrückt:
    - Wenn eine Gesellschaft Zeiten der Not überwand,
    - wenn sie diese Zeiten schon fast vergessen hat,
    - wenn allgemeiner Wohlstand herrscht, der nach Steigerung suchen muss,
    - wenn der Wohlstand so groß geworden ist, dass man auch Leute mit durchfüttern kann, die es eigentlich nicht verDIENT haben,
    - wenn es nicht mehr (über-)lebenswichtig ist, gut zu arbeiten, viel zu wissen,
    - wenn die Menschen zu viel (Zwangs-)Freizeit, zB. wegen Arbeitslosigkeit, haben und sich in dieser Zeit nur noch mit hirnlosen Sachen beschäftigen,
    - wenn sich zu viele Menschen wieder gern neuen Arten der Gladiatorenspiele widmen,
    - wenn die Menschen sich wieder verstärkt alte Zeiten herbeiwünschen (wobei sie eigentlich nur die Sicherheit einer stringenten Politik herbeiwünschen),
    - wenn sich Menschen wieder nach FÜHRUNG sehnen,


    dann halte ICH diesen Zustand für gefährlich, denn Geschichte wiederholt sich.


    Meine "Wenn-Liste" sieht nicht unbedingt schick aus und ist nicht vom Stein der Weisen abgebröckelt. Bei längerem Nachdenken könnte man die Liste auch ergänzen/verfeinern.
    Ich hoffe, Du weißt trotzdem, was ich meine.


    Zitat


    Es ist theoretisch so, dass man sich nach einer Zeit des "Fortschritts" zurück auf angeblich bessere Zeiten und "Traditionen" bezieht und sich diese zurück wünscht....


    Ja, das besprechen/besprachen wir in "Früher war alles besser". Darum sag ich an dieser Stelle nichts.

  • Zitat

    row-k schrieb am 10.03.2006 21:32:
    Was ich damit meine? Lass es mich mit einem Sprichwort sagen: Wenn es dem Esel zu gut geht, geht er auf's Eis zum Tanzen.
    Gingen in der Weltgeschichte nicht schon genug Kulturen unter, weil sie zu überheblich wurden? Wohl schon.
    ...dann halte ICH diesen Zustand für gefährlich, denn Geschichte wiederholt sich.


    Danke für die Erklärung. :) Ich verstehe das jetzt besser, obwohl ich immernoch nicht genügend Parallelen zur Weimarer Republik finden kann um eine Wiederholung der Geschichte zu befürchten.
    "We learn from history that we never learn anything from history."

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