Lässt es sich vermeiden, Lieblingsschüler zu haben?

  • Hallo zusammen!


    Lässt es sich vermeiden, Lieblingsschüler zu haben? Das man das eigentlich nicht sollte, ist mir schon klar, aber ich merke es ja jetzt schon bei mir, dass mir einige Schüler so auf die Nerven gehen, dass ich schon Pickel bekomme, wenn ich nur an sie denke. Das mir die anderen Schüler "lieber" sind, ist doch nur logisch, oder?
    Oder ist es verwerflich, die Kinder, die sich vernünftig betragen, zumindest einigermaßen motiviert sind und einen nicht dauernd beleidigen lieber zu mögen, als jene Schüler, die dauernd Chaos verbreiten, nicht lernen wollen und rotzfrech sind? Ich versuche natürlich, mir davon nichts anmerken zu lassen, aber ich kann nicht leugnen, dass ich eben einige Schüler lieber mag als Andere.


    Geht es Euch auch so? Wie geht Ihr damit um? Man sollte als Lehrer ja alle Kinder gleich behandeln...

  • Hallo Finchen!


    Ganz klar, du bist ein Mensch mit Gefühlen und da kannste nix machen!


    Ich finde es völlig normal, dass man den einen Schüler mehr mag als den aneren oder andersherum!


    Die Kunst liegt halt einfach nnur dadrin es die Schüler nicht merken zu lassen und bei Benotungen so weit wie möglich objektiv (völlige Objektivität halt ich für unmöglich) und vor allem fair zu bleiben.


    wenn du das schaffst, und davon geh ich mal aus, bist du auf der absolut sicheren Seite!


    Und ja, auch ich habe schüler die ich lieber mag als andere. Sie sind mir halt einfach sympathischer. Behandeln tu ich sie aber alle gleich. Die Kinder können ja nix dafür, dass sie in meinen Augen als Arschlochkinder (Frei nach M. Mittermayer) auf die Welt gekommen sind. Sowas gibts!
    Man kann ja nun echt nicht jeden mögen!


    LG Sunny!

    Tschacka!


    <img src="http://img113.imageshack.us/img113/6624/zwanzigklein7xb.jpg">

  • Es ist eine Gradwanderung...
    Schüler haben dafür ein Auge und können dann schon mit Vorwürfen kommen. Ich ziehe es dann vor zu sagen, dass die Leistung, die der Bevorzugte erbracht hat, schon eine bessere Note gerechtfertigt (versuche nach jeder Stunde mündliche Noten zu machen) als die schlechte Arbeitsmoral des "Anschuldigers".
    Ich habe auch Schüler, die ich gerne mag, sehe dann schon den Menschen dahinter und glaube zu erkenne, dass der was wird. Wie auch immer, ich versuche es und bis jetzt gelingt es mir gut.
    Grüße

    Ich denke schneller als ich schreibe...

  • Ich glaube, der erste Schritt ist, sich einzugestehen, daß man einige Schüler sympathischer findet als andere. Wenn man sich dieses Problems bewußt ist, und es nicht von sich weißt, dann ist man beim Umgang mit allen Schülern und der Objektivität in der Bewertung der Leistung aller Schüler schon ein ganzes Stück weiter.

  • Wenn man das wissenschaftlich angehen möchte, kann man auf eine ganze Reihe erhellender Studien zurückgreifen.


    Einen guten Einstieg bietet die "Sozialpsychologie der Schule" von Jürgen Jahnke.


    Grüße Enja

  • Ich finde es als Schülerin eigentlich normal,weil es umgedreht ja auch so ist.
    Schlecht ist es nur, wenn man es als Schüler spürt und ungerecht behandelt wird,was ja auch vorkommt.


    Aisha

    Träume nicht Dein Leben,lebe Deinen Traum

  • "Die Kinder gerecht zu behandeln bedingt auch, sie ungleich zu behandeln."
    (Aus einem Ratgeber für Papas.)


    Es ist also nicht so ganz einfach.
    Wenn ein Lehrer versucht allen Kinder die gleichen Chancen zur Leistungserbringung einzuräumen und systematisch zu benoten ist schon viel gewonnen. Na ja, und die Klassiker wie "was schwafelst Du da, komm' mal an die Tafel" bzw. "du bist ja noch dümmer als deine Brüder vor dir" gehören in die Mottenkiste.


    Und eine gute Freundin mit Überblick sagte neulich:
    "Deine Tochter hätte mit der Lehrerin garantiert Probleme bekommen, wenn Du nicht gut mit der gekonnt hättest."
    (Töchterchen wird nicht "Liebling" werden. Wichtiger ist mir, dass ihre Lehrerinnen ihr eine gewisse Leistungsfähigkeit zutrauen.)
    Es liegt wohl nicht nur an den Kindern, ob sie denn "Lieblinge" werden, sondern auch an der Gesamtkonstellation.



    - Martin

    Acht Semester mitlesen ersetzt das Lehramtsstudium. ;)

    Einmal editiert, zuletzt von oh-ein-papa ()

  • In meiner eigenen 4. Klasse fallen mir keine "Lieblingsschüler" bzw. nur Lieblingsschüler ein. Da habe ich mich über die Jahre an alle "Macken" gewöhnt ;) und kenne ja auch die netten Seiten. Die hat jedes Kind. Als Fachlehrerin ist es manchmal schwer, diese zu entdecken, da einige Kinder sie zunächst oder dauerhaft erfolgreich verbergen...


    Aber ich gestehe: ich habe Lieblingseltern. 8o Da freue ich mich immer schon auf die Gespräche bei Elternsprechtagen oder Elternabenden. Weil sich aber meine Kontakte mit allen Eltern auf genannte Anlässe plus Klassenfeste beschränken, sehe ich da keine Probleme...

    • Offizieller Beitrag

    Also ich stelle natürlich auch fest, dass ich einige SchülerInnen mehr und andere weniger mag. Das ist ja umgekehrt nicht anders. Wenn Menschen aufeinander treffen, können sie sich entweder "riechen" oder eben nicht. Das gilt ebenso für das Lehrer-Schüler-Verhältnis.


    Was ich jedoch ganz bewusst zu vermeiden versuche, ist, dass das in die Note mit einfließt. Natürlich kann ich mich von unbewussten Mechanismen nicht freisprechen, wenn man jedoch weiß, wie die Sympathie den Blick trüben kann, dann kann man sich einigermaßen davon befreien.


    Ich habe aus eigener Erfahrung schon festgestellt, dass ich kein Problem damit habe, einem Schüler eine gute oder sehr gute Note zu geben, wenn die Leistung stimmt. Da ist mir meine Sympathie oder Antipathie völlig wurscht - und das gilt für beide Richtungen. Schüler, die ich mag, können genauso eine fünf bei mir bekommen wie Schüler, die ich nicht mag, eine eins bekommen können.


    Das teile ich allen meinen Schülern zu Beginn eines jeden Schuljahres explizit mit, damit sie wissen, woran sie sind. Das macht aus meiner Sicht viele Schüler authentischer, sie schleimen weniger, sagen dafür aber auch mal ihre Meinung. Letzteres ist auch gut so - jeder Schüler bei mir weiß, dass man für das sagen der eigenen Meinung über mich als Lehrer keine bessere oder schlechtere Note bekommt.


    Gruß
    Bolzbold

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke auch, dass man da nicht so einfach mit "ja oder nein" antworten kann. Menschen sind wir alle - und andere Menschen sind uns sympathischer oder weniger sympathisch. Profis sollten wir auch alle sein, also sollte die Sympathie möglichst wenig - bestenfalls gar keinen - Einfluss auf den Umgang mit Schülern haben.
    Gleich behandeln kann man nicht alle Schüler - soll man auch gar nicht: Der, der aktuelle Probleme hat und dem es schlecht geht, wird natürlich über einen gewissen Zeitraum mehr Aufmerksamkeit bekommen, als der, dem es gut geht und der in keinster Weise auffällt (immer in der Hoffnung, dass man durch diese Aufmerksamkeit das Problem beheben kann - und in der Hoffnung, dass man bei denen, die nicht auffallen, keine Probleme übersieht: den Gedanken finde ich am allerschrecklichsten!)).
    Ist das gerecht? Vielleicht nicht, aber ich sähe keine Möglichkeit, wie man mit Schülern, die sich mit Privatem, Gesundheitlichem oder Psychischem herumschlagen, sonst begegnen sollte. Man kann ja schlecht sagen: "Ihnen stehen dieselben Xzig Minuten Gesprächstermin zu wie allen anderen. Also, schießen Sie mal los (auf die Uhr guck)!"
    Und natürlich gibt es auch viele Schüler, die man persönlich einfach richtig gern hat und (hier denke ich an meine 5. Klasse) echt zum Knuddeln und zum Klauen findet. Auch da muss man Profi genug sein um sie nicht andauernd(! manchmal ist sicher okay... ;) ) zu beglucken, bemuttern und - als Konsequenz - einzuengen. Das finde ich manchmal schwer, grad bei den Kleinen.


    Wichtig finde ich eines: ALLE Schüler sollten immer merken, dass man sie als Schüler und Menschen, für die man verantwortlich ist, respektiert. Auch die, bei denen man, wären sie z.B. Nachbarskinder und keine Schüler, (ich zitiere hier jemanden weiter oben) "Pickel kriegen" würde. Und ich finde schon, dass das geht.


    Übrigens habe ich noch eine Entdeckung gemacht in den paar Berufsjahren, die ich auf dem 'Buckel' habe: Es hat schon Schüler gegeben, bei denen ich mir innerlich "OhmeinGott!!" dachte - sehr wenige nur, aber immerhin... und zu denen ich - nach langen Gesprächen unter vier Augen und dem Versuch, die Hintergründe ihres "kotzbrockigen" Verhaltens zu ergründen - im Laufe der 2 Jahre, die ich sie unterrichtete, ein gutes, einmal sogar ein wirklich sehr gutes Verhältnis entwickelte und sie zu mir. Und das lag erstaunlicherweise daran, dass ich mir an bestimmten Punkten des Gesprächs mit ihnen dachte "Guckste mal - sowas hab ich doch mit 15 / 17 / 19 auch gesagt / gedacht....!" :)


    Oft sind es die eigenen Schwächen, die man besonders ätzend findet, wenn man sie in anderen wiederfindet - und ich war z.B. mit 16 , 17 eine echte Bockigkeitskünstlerin... eine richtig renitente Kröte :D !

  • Eigentlich sind Spekulationen hier gar nicht nötig, da es umfangreiche Studien gibt. Auch zur Selbsteinschätzung der Lehrer in dieser Hinsicht. Ich würde dringend empfehlen, das mal zu lesen. Das bringt mehr als drüber nachzugrübeln und dann in dieselben Fallen zu laufen.


    Grüße Enja

    • Offizieller Beitrag

    Vielleicht möchten aber einige spekulieren oder haben sogar andere Erfahrungen gemacht als die wissenschaftlichen Ergebnisse sagen? Die basieren ja in der Regel auf empirischen Erhebungen, die Spielräume in jede Richtung offen lassen.


    Mir persönlich fällt es leichter innerlich neutral zu bleiben, desto jünger die Kinder sind. Keine Ahnung, ob das bei jedem oder den meisten so ist, bei mir ist es so.


    Gruß leppy

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