Sind wir bayerischen Lehrer wirklich so schlecht ...

  • Zitat

    Bolzbold schrieb am 19.01.2006 15:31:



    Deine zugespitzte Frage spiegelt aber (nicht unbedingt bei Dir) eine Grundhaltung wieder - nämlich dass sich Lehrer ungerne beim Unterricht beobachten lassen. Man müsste sich fragen wieso. Falls der Unterricht gut ist, braucht man sich keine Sorgen zu machen, falls er das nicht ist, sollte man sich Sorgen machen und ggf. etwas daran ändern.



    Das hängt aber sehr davon ab, wer das Urteil fällt, ob der Unterricht eines Lehrers gut ist oder schlecht.
    Für mich ist es ein Unterschied, ob z.B. ein Elektromeister die Arbeit seiner Gesellen beurteilt (er hat sein Handwerk ja gelernt) oder ob die Arbeit eines Lehrers von jemandem beurteilt wird, der diesen Beruf nie ausgeübt hat.
    Mir ist z.B. vor einigen Jahren nach einer Hospitation (45 Minuten !) vorgeworfen worden, ich wäre nicht fähig, die Schüler zu aktiver Mitarbeit zu motivieren. Es handelte sich um eine Klasse mit normalerweise sehr guter Mitarbeit. In der hospitierten Stunde saßen aber insgesamt fünf (!) für die Schüler und auch für mich fremde Personen im Unterricht, und das in einer Klasse mit 32 Schülern. Es mussten Stühle reingeschleppt werden, und der Raum war rammelvoll – eine Ausnahmesituation für uns alle.
    Jeder, der selbst weiß, wie Unterricht läuft, hätte auch gewusst, dass Jugendliche sich in einer solchen Situation anders verhalten als sonst – nämlich vor allem passiver. Diese fünf Herren wussten das nicht und haben es auch nicht als Argument akzeptiert.
    Mit unserem Fachberater hingegen habe ich kein Problem. Er weiß wenigstens, wovon er redet, wenn er das Wort „Unterricht“ in den Mund nimmt. Seine Einschätzungen sind auch gerecht. Aber er kennt halt die Besonderheiten unseres Berufes, weil er selbst täglich damit zu tun hat.


    Gruß


    Animagus

  • Animagus - so isses.


    Und zu der ganzen Evaluationsgeschichte fällt mir nur ein Spruch ein:
    "Vom ständigen Wiegen wird die Sau nicht fetter."


    Sprich: Die Ressourcen, die in die ganze Überprüfungs- und Evaluationsprozedur gesteckt werden, sollten in die Bereitstellung kleinerer Klassen und bessere Fortbildung sowie in die Ausstattung der Schulen gesteckt werden. Unangekündigte Schulrats- und Schulleiterbesuche sind in meinen Augen "bossing" und machen die Leute kaputt. Wer behauptet, dass ihm ein derartiger Überraschungangriff nicht an die Nerven geht, hat keine.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Hallo,


    vor allem stimmt das mit dem bayrischen Beurteilungssystem so nicht.


    Wir können jetzt zwischen zwei Varianten wählen, eine Beurteilung (Name vergessen) ist mit Punkten für die, die eine Funktionsstelle anstreben. Nur da kommt der Schulrat mehrmals. Wenn du keine Funktionsstelle anstrebst, kommen Schulrat und Schulleiter jetzt anfangs nur einmal, später gar nur noch der Schulleiter.
    Wenn sich der Schulleiter über die Jahre schon ein positives Bild von deiner Arbeit gemacht hat, braucht man eigentlich gar nichts zu befürchten, finde ich.
    Ich seh das neue System extrem gelassen und finde es eher positiv, dass jetzt der Schulleiter miteinbezogen ist, der dich ja ganz anders beurteilen kann, als ein Schulrat, der 45 Minuten da ist.


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"


  • Ich bin mir nicht sicher, wen du widerlegen willst. Hermine und ich sprachen jedenfalls über die Evaluation der Schulen und nicht über die Beurteilung der Lehrer. Und erstere geschieht nicht mit Schulaufsichtsbeamten aus deinem Bezirk.
    Falls das nicht klar war, hoffe ich, es ist es jetzt.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Hallo,


    tja, hätte ich tatsächlich deutlicher ausdrücken sollen. :D


    Ich bezog mich auf das allererste Posting, in dem geschrieben wurde, dass wir bayrischen Lehrer unter Dauerbeobachtung stehen.
    Das kann man sich, wie gesagt, aussuchen. ;) Jedenfalls, wenn man schon verbeamtet ist, wie es davor aussieht, braucht mich nicht mehr so zu interessieren. :D


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • Hallo Tina!
    Ich habe mir die "Dienstliche Beurteilung", also die mit Punkten ausgesucht, aber nicht, weil ich eine Funktionsstelle anstrebe, sondern weil es uns (vom Schulamt u. Personalrat) so empfohlen worden ist. Angeblich steht noch nicht fest, welche Nachteile die "Leitungsbeurteilung" später mit sich bringt. Die Rede war von Aussetzen der Bezügeerhöhungen etc. Leider tickt mein Schulrat etwas seltsam. Ich bin zwar verbeamtet aber noch nicht erstbeurteilt. Das hätte letztes Jahr passieren sollen. Also kam der Schulrat im Januar 2005 zu mir und kündigte nach dem Unterrichtsbesuch an, dass er 2005 noch 2 - 3x zu mir kommen werde wegen der Erstbeurteilung. Ich habe also das ganze Jahr geackert wie blöd, denn die Erstbeurteilung sollte ja nicht so völlig daneben sein - und wer ist nie wieder bei mir aufgetaucht? Klar, der Schulrat.
    Ich habe zwar kein Problem, mir im Unterricht zuschauen zu lassen, was mich aber wirklich stört, ist dieser Druck, jederzeit das komplette Schriftwesen vorlegen können zu müssen. Zudem ist mein Schulrat dafür bekannt, dass er gerade im Schriftwesen irgendwas findet und sich dann daran aufhängt. Zu den Stunden sagt er oft gar nichts oder beißt sich an Kleinigkeiten fest. Es geht ja kaum um den Unterricht, sondern ums Prinzip der Beobachtung, und das stinkt mir.
    Klar, das Thema Evaluation ist ein Anderes, zum Glück waren wir noch nicht dran. Ich weiß nur, dass in einer anderen Schule im Landkreis die Schulleiterin nach der Evaluation nen Nervenzusammenbruch bekommen hat und das ganze Kollegium nur noch mit Magenschmerzen in die Schule geht weil bei ihnen angeblich alles so Scheiße ist, ihnen aber auch keine Wege aus der angeblich vorhandenen Misere aufgezeigt wurden. Und das finde ich ziemlich daneben, zumal bekannt ist, dass bei diesen "Evaluatoren" die gefüchtetsten(?) Ex-Seminarleiter und Pensionierte Grauensschulräte dabei sind. Ist schon der Hammer, da gehen diese Typen endlich in Pension, um dann in den Schulen so richtig aufzumischen.
    Viele Grüße
    rainwoman

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