• Hallo,


    ich bin seit ca. einem Jahr auf meiner ersten festen Stelle. Ausgebildet wurde ich an einer anderen Schulart, wo vieles ganz anders organisiert war und wo auch die Schülerklientel und die Zusammensetzung von Lerngruppen ganz anders war als das an meiner aktuellen Schule der Fall ist.


    An der Schule, an der ich jetzt bin, hatte ich quasi von Anfang an massive Disziplinprobleme. Begonnen hat das Ganze damit, dass ich quasi ohne jede Vorbereitung (und ohne jede Kenntnis der an der Schule üblichen Maßnahmen) in den Unterricht geschickt wurde. Bis ich mich selbst zurechtgefunden hatte, die Schülernamen kannte und wusste, wie bei welchen Regelverstößen reagiert werden muss, war das Kind bereits in den Brunnen gefallen und ich hatte meinen Ruf als die, mit der man's machen kann. Da meine Schule recht klein ist, wusste bald jeder Bescheid.


    Ich habe versucht, alles daran zu setzen, um Disziplin in meine Klassen zu bekommen; leider hat sich die Situation mittlerweile derart verschlimmert, dass einige Eltern gegen mich Sturm laufen und sich permanent bei der Schulleitung beschweren.


    Zwar unterstützt mich die Schulleitung noch, ich ahne jedenfalls, dass ich - wenn ich das Problem nicht in den Griff bekomme - für die Schule nicht tragbar bin.


    Leider ist es hier so, dass die Schüler - im Gegensatz zu meiner alten Schule - nicht mit sich reden lassen, sondern wirklich wie von einem Dompteur gezähmt werden wollen. An ihrem eigenen Verhalten arbeiten wollen sie nicht - ich muss mich halt gegen sie durchsetzen können und wenn ich sie nicht im Griff habe, ist das halt mein Problem. Diverse Gesprächs- und Einigungsversuche meinerseits sind jedenfalls schon kläglich gescheitert - die Antwort, die mir immer nur gegeben wurde, war, dass ich halt strenger sein müsse.


    Meine Kollegen scheinen grundsätzlich ziemlich autoritär im Unterricht aufzutreten; die Mittel der Wahl sind entweder drakonische Strafarbeiten oder das Herunterputzen und "Fertigmachen" von einzelnen Schülern vor der ganzen Klasse.


    Mir wurde im Studium und Referendariat ein vollkomen anderes Lehrerbild vermittelt und ehrlich gesagt, entsprechen obige Maßnahmen weder meiner Vorstellung von dem Beruf noch meiner Persönlichkeit.


    Da ich bisher vor o.g. Maßnahmen eher zurückgeschreckt bin, bin ich jetzt leider der Depp, der sich nicht durchsetzen kann.


    Mir geht es absolut mies, ich bin für eine solche Situation überhaupt nicht adäquat ausgebildet und kann ein solches Lehrerverhalten auch nicht mit meiner Persönlichkeit vereinbaren.


    Leider kommt ein Schulwechsel ja leider erst in zwei Jahren in Frage - ein Jobwechsel kommt aus finanziellen Gründen schlicht und ergreifend nicht in Frage. Würde ich arbeitslos, wäre meine Existenz und die meiner Familie bedroht.


    Leider ist die Situation so übel, dass ich fürchte, über kurz oder lang sowieso gekündigt zu werden. Wie es dann weitergehen soll - keine Ahnung.


    Ich weiß nicht weiter. Mich macht das Ganze psychisch und physisch kaputt. Habe ich wirklich sieben Jahre lang eine Ausbildung absolviert, um jetzt festzustellen, dass alles für die Katz war und ich nun vor den Trümmern meiner Existenz stehe?


    Ich fühle mich als Versager und bin am Ende.


    Viele Grüße,
    Gänseblümchen

    • Offizieller Beitrag


    Leider habe ich da zu wenig Erfahrung, um Dir Tipps zu geben. Das Problem der "domptierten" Klassen kenne ich aber aus der Grundschule. Ich habe mit dem Umgang mit diesen Klassen auch Schwierigkeiten, weil ich eigentlich nicht als Dompteur auftreten möchte, in wenigen Stunden aber nichts anderes durchführbar ist.


    Mir fiel gleichzeitig noch ein, dass Du eventuell durch Abordnung zumindest teilweise an eine andere Schule kommen könntest. Sprich doch mal mit deiner Schulleitung darüber, vielleicht ist es ja zum Halbjahr möglich.


    Gruß leppy

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Gaensebluemchen,


    ich kann dir vermutlich nicht wirklich helfen.

    Zitat

    Gaensebluemchen schrieb am 18.12.2005 10:13:
    Meine Kollegen scheinen grundsätzlich ziemlich autoritär im Unterricht aufzutreten; die Mittel der Wahl sind entweder drakonische Strafarbeiten oder das Herunterputzen und "Fertigmachen" von einzelnen Schülern vor der ganzen Klasse.


    Mir wurde im Studium und Referendariat ein vollkomen anderes Lehrerbild vermittelt und ehrlich gesagt, entsprechen obige Maßnahmen weder meiner Vorstellung von dem Beruf noch meiner Persönlichkeit.


    Meine eigene Erfahrung aus meiner Ausbildungsschule und der Schule, wo ich zuletzt war:
    Wenn du Fachlehrerin bist und die anderen Lehrer überwiegend sehr autoritär auftreten, dann hast du 2 Möglichkeiten:
    1. dich anzupassen. Die Schüler erwarten von dir, dass du "eine richtige Lehrerin" bist und das bedeutet: streng sein, bestrafen. Tust du das nicht, bist du eben "keine richtige Lehrerin" in ihren Augen.
    2. den Schülern klar machen, dass Lehrer/innen auch anders sein können. Das ist extrem schwer und ich habe das nur bei 2 Klassen geschafft, deren Klassenleiterinnen zu den netten und weniger strafenden Kolleginnen der Schule zählten.


    Ich finde es gar nicht gut, dass du einfach so in den Unterricht gesteckt wurdest. Erfahrene Kolleginnen vergessen leider oft, den Neuen die gängigen Schulregeln zu sagen. Irgendwann erfährt man dann "Ach übrigens...." oder wie es mir neulich erging: "Wie, deine Schüler dürfen...? Das ist doch hier ganz anders geregelt."


    Viele Grüße,
    Conni

  • Hallo Gänseblümchen,


    ich kann dich auch nicht wirklich trösten und dir wirklich weiterhelfen, da ich selbst ja noch im Ref bin. Allerdings bin ich an einer Schule, die so zu sein scheint, wie du sie beschreibst, und ich würde viel dafür geben, in dieser sowieso schon schwierigen Zeit wenigstens eine "normale" Schule zu haben. Ich hatte anfangs auch riesige Probleme, mich durchzusetzen und hatte auch das Gefühl, dass mir eine Klasse entgleitet (wie du schon sagst; die Schüler hatten ein Bild von mir, dass sie es mit mir ja machen könnten). Da ich in der Klasse Prüfung machen muss, hat es nichts geholfen: ich musste mich auch da durchsetzen. Und das ging nur mit Strenge, Konsequenz, Strafen. Wie oft ich einen Schüler vor die Tür geschickt habe (in Absprache mit der KL, die das auch macht), Einträge ins Merkheft gemacht habe (dieses muss jeden Tag den Eltern zur Unterschrift vorgelegt werden), Schüler sogar während des Unterrichts von den Eltern habe abholen lassen, mich manchmal ohne ein Wort zu sagen an mein Pult gesetzt und auf Ruhe gewartet habe, mit Schülern einzeln nach der Stunde gesprochen habe... Aber es hat was genützt, mittlerweile läuft es besser. Ich kann dich also nur ermutigen, jetzt anzufangen, "strenger" zu werden und dir Konsequenzen für jedes Fehlverhalten zu überlegen und auch anzuwenden.


    Habe ich es richtig verstanden, dass du keine KL, sondern "nur" Fachlehrer bist? Die haben es ja sowieso immer schwerer, weil sie nicht so häufig in der Klasse sind. Dass du unvorbereitet in den Unterricht geschickt wurdest, finde ich auch gemein. Aber ich drücke dir die Daumen, dass es bald besser läuft. Vielleicht kannst du den Jahreswechsel als Neuanfang nutzen und das auch den Schülern verdeutlichen ("ab sofort gelten hier strengere Regeln..."). Ich wünsche dir viel Erfolg!


    Gruß,
    Patti

  • Hallo,


    mich würde zunächst mal interessieren, um welche Schulform es sich handelt.


    Dann würde ich dir raten, dich mit den jeweiligen Klassenlehrern zusammen zu setzen (falls du das nicht längst getan hast). Was sagen die Klassenlehrer zu der Situation? Mir wäre es als Klassenlehrerin unangenehm, wenn bei einem der Lehrer in meiner Klasse etwas in großem Umfang schief läuft und ich würde versuchen, diese Probleme mit Klasse und der betroffenen Lehrerin zu lösen. (Zur Not hätten wir auch eine Mediatorin, die die Probleme aus einer anderen Position angehen könnte, weil sie nicht in der Klasse unterrichtet.) Ich finde es absolut wichtig, dass man im Team der Lehrer einer Klasse eine klare Linie erkennen kann, deshalb spreche ich mit Kollegen immer die Vorgehensweise ab, wenn massive Probleme auftreten. Leider geht das im derzeitigen Zeitdruck auch mal unter, was ich ziemlich bedauere.


    Wenn du mit den Schülern redest, was kommen denn dann für Vorschläge von ihnen?


    Grüße


    Birgit

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

  • Vielleicht kannst du nächstes Jahr wenigstens andere Klassen bekommen, in denen du noch mal neu anfangen kannst. Dann kannst du gleich in der ersten Stunde den super strengen spielen und später wieder etwas locker lassen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Gänseblümchen,
    ich denke, dass zu deinem Dilemma auch beiträgt, wenn du dich so fühlst:

    Zitat

    Mich macht das Ganze psychisch und physisch kaputt. Habe ich wirklich sieben Jahre lang eine Ausbildung absolviert, um jetzt festzustellen, dass alles für die Katz war und ich nun vor den Trümmern meiner Existenz stehe?


    Ich fühle mich als Versager und bin am Ende.


    denn das scheint auch im Unterricht durch. Folglich denke ich, dass du auch bei dir selbst anfangen und dir Unterstützung für deine Psyche holen solltest: Gibt es in deiner Stadt Supervision führ Lehrer? Das kann unheimlich hilfreich sein.
    Guckst du mal hier zur Info:
    http://www.schulpsychologie.de/kollegen/supervision.htm
    http://www.marianne-franke.de/Berufssupervision.html
    www.supervision-hess-rhpf.de
    http://www.soziales-netz.de/a-z/s/supervision
    Bestimmt gibt es ähnliches bei dir um die Ecke.


    Auf keine Fall solltest du als Einzelkämpferin agieren, da schließe ich mich den Vorrednern an: hol dir alle Hilfe, die du bei Kollegen deines Vetrauens bekommen kannst.


    Das Lehrerbild aus der Ausbildung und Realität manchmal stark auseinendergehen ist eine Erfahrung, die sicher jeder mal macht. Ich denke aber nicht, dass du deshalb alles, was dir wert und wichtig ist, aufgeben solltest. Von einem Extrem ins andere zu fallen ist auch sicher kein Signal, das das Verhalten der Schüler ändern wird. Sicher musst du konsequent auftreten aber


    Zitat

    Mittel der Wahl sind entweder drakonische Strafarbeiten oder das Herunterputzen und "Fertigmachen" von einzelnen Schülern vor der ganzen Klasse.

    DAS kann ja wohl auch nicht die Lösung sein.


    Habt ihr einen guten Vetrauenslehrer? Kann der nicht mal mit dir und der Klasse mediierende Gespräche nach festen Regeln führen?


    Tipps zur Mediation - zum Teil zum Selbermachen (als Klassenprojekt) - gibt es hier:
    http://www.weg-vom-stress.de/M…tion/schule_mediation.htm
    und der weiße Ring bietet dazu auch Unterrchtsmaterialien an
    - ich glaube hier:
    langer link


    Und wenn ich nicht so viel zu korrigieren hätte, würde ich diese unschönen langen Links auch kürzen, mach ich dann mal später.


    Dir alles Gute!! Und ruhige, entspannende Weihnachsfeiertage...!!


    Meike

  • Hallo,


    vielen Dank für eure Antworten!


    Ich bin an einer kombinierten Haupt- und Realschule, wobei das Niveau auch der RS-Klassen deutlich niedriger ist als an einer regulären Realschule. Wir haben außerdem sehr viele Schüler mit ADS, ein Problem, mit dem ich in meiner Ausbildung kaum konfrontiert wurde.


    Die Klassenlehrer tun schon alles Mögliche. Nur wenn sie extremen Druck auf ihre Klasse ausüben, klappt es kurze Zeit besser. In Gesprächen mit ihren Klassenleitern versprechen sie sowieso immer Besserung, haben diesen Vorsatz jedoch meist schon ganz schnell wieder vergessen. Bei ihnen funktioniert nur extremer Druck.


    Grundsätzlich hagelt es immer nur Vorwürfe gegen mich (dass ich nicht hart genug durchgreife), ihr eigenes Verhalten stellen sie jedoch nicht in Frage.


    Das Beste ist sogar, dass SuS, die selbst ständig ermahnt werden müssen, zu Hause heftig dasrüber klagen, dass es zu laut in der Klasse sei. Dass jeder bei sich selbst anfangen muss, um die Situation zu ändern, sehen sie nicht ein. Ich bin in ihren Augen dafür da, sie zu bändigen und wenn ich das nicht kann, ist das mein Problem.


    Langsam fühle ich mich wirklich wie in einem Werk von Kafka. Verstärkt wird das Ganze dadurch, dass 90% aller Beschwerden hintenrum laufen und ich oft nur zufällig davon erfahre.


    Wie gesagt, wenn ich mit den SuS reden will, kommt oft nur der Spruch von den paar Vernünftigen, dass ich strenger sein muss - der Rest der Klasse interessiert sich null für meine Anstrengungen und stört selbst während solchen Gesprächen noch munter weiter.


    Es ist wirklich langsam nicht mehr zu ertragen.


    Viele Grüße,
    Gänseblümchen

  • Zitat

    Gaensebluemchen schrieb am 18.12.2005 10:13:


    Mir wurde im Studium und Referendariat ein vollkomen anderes Lehrerbild vermittelt und ehrlich gesagt, entsprechen obige Maßnahmen weder meiner Vorstellung von dem Beruf noch meiner Persönlichkeit.


    Da ich bisher vor o.g. Maßnahmen eher zurückgeschreckt bin, bin ich jetzt leider der Depp, der sich nicht durchsetzen kann.


    Das Kriterium für die Tauglichkeit einer Theorie ist immer noch die Praxis. Wenn Dein Lehrerbild dazu führt, dass Du zum Putzlappen gemacht wirst, ist es höchste Zeit, dass Du es von der Wand nimmst und in die Tonne trittst.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Reinhold Tyrach


    Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (Groucho Marx)

  • Hallo,


    zunächst einmal tut mir als Mutter, die sich selbst immer bemüht, ihrem Kind klarzumachen, dass man sich zu benehmen hat, leid, dass dies wohl nicht die Regel ist.


    In der Theorie, ist es wohl überall gleich, egal ob ich in der Verwaltung oder ein Lehrer im realen Lehrerberuf:


    So wie es gelehrt wird, funktioniert es leider nur sehr selten.


    Bei mir sind es die Gesetze, die wohl jemand verfasst hat, der vom Guten im Menschen ausgeht und nicht davon, dass es leider (gerade in der Umweltbranche- Abfall) sehr viele gibt, die entweder die komplizierte Materie nicht verstehen oder sie zu gut verstehen und die Lücken suchen.


    Auch die Profs an den Unis gehen davon aus, dass der Mensch auf die bestimmt richtigen und besseren Methoden so reagiert, wie es sich kluge Menschen erdacht haben. Nur waren diese Profs wahrscheinlich noch nie im realen Schulbetrieb.


    Meine Tochter war auch an einer kombinierten Real/Hauptschule. Dort war wirklich der Teufel los. Diziplinprobleme ohne Ende.


    Dabei übersah man dann auch (wohl auch wegen der Masse), dass nicht jede Auffälligkeit nur auf Diziplinlosigkeit beruht, sondern auch auf Mobbing beruhen kann.


    Wenn Kinder allerdings nur Lehrer gewohnt sind, die "richtige" Lehrer sind, was ich furchtbar finde, dann kommen die bestimmt sinnvolleren Methoden gar nicht an.


    Wenn Du über ADS etwas wissen willst, dann kannst Du mich gerne fragen, ich habe (leider) Erfahrungen mit meinem eigenen Kind und habe auch erlebt, wie sich ein solches Kind entwickeln kann, wenn man nicht konsequent mit ihm umgeht.


    Solche Kinder brauchen klare Regeln, klare Anweisungen, Konsequenz, aber auch Verständnis (was nicht heißt, dass Diziplinlosigkeit akzeptiert wird).


    Schade, dass man so junge Lehrer dazu nötigt, die m.E. teilweise überholten Methoden wieder an Bord zu holen.


    Diziplin ist ja ok, Strenge muss ab und an sein, "Strafen" vielleicht auch, aber ansonsten finde ich es schlimm, wenn man nicht vernünftig miteinander umgehen kann.


    Ich wünsche Dir viel Glück.


    Doris

  • Hallo,


    nochmals vielen Dank für eure Antworten!


    Wer weiß denn, wie es personalrechtlich aussieht, sollte ich die Sache nicht in den Griff bekommen? Ich meine, irgendwann/irgendwie muss die Schule ja etwas tun, denn das es so auf Dauer nicht laufen kann, sehe ich selbst.


    Würde ich dann erstmal zur Bewährung an eine andere Schule versetzt oder bekäme ich seitens der SChulbehörde gleich die Kündigung wegen mangelnder persönlicher Eignung bzw. Unfähigkeit überreicht? Meine Probezeit (als Angestellte aus gesundh. Gründen) habe ich übrigens schon hinter mir.


    Auch wenn ich nicht hoffe, dass es so weit kommt, besser ist es schon, wenn ich mich darauf einstellen kann, was mir ggf. blüht.


    @ Doris: Ich habe teils gleich mehrere ADS-Kinder in meinen Gruppen. Meist erfahre ich das dann irgendwann per Zufall, z.B. in einem Elterngespräch. Oft dient es dann zur Entschuldigung dafdür, dass das Kind sich total daneben benimmt. Komischerweise können diese Kinder sich bei anderen Lehrern aber oft völlig normal benehmen. Was kann ich in solchen Fällen tun?


    Im Voraus vielen Dank euch allen!


    Liebe Grüße,
    Gänseblümchen

  • Hallo Gänseblümchen,


    also so etwas macht mich persönlich wütend. ADS kann der Grund für Probleme sein, aber keine Entschuldigung.


    Wenn diese Kinder sich bei anderen Lehrern benehmen können, dann können sie das steuern und es sieht eher nach "Sau raus lassen" aus als nach ADS, das nicht im Griff ist.


    In solchen Fällen plädiere sogar ich dafür, dass man diesen Kindern klar die Konsequenzen aufzeigt. Sprich mit den Kindern und den Eltern, mache klar, dass das Kind sich sehr wohl benehmen kann, sich also im Griff hat und dass es sich wohl deshalb nicht um die Auswirkung von ADS handelt.


    ADS´ler lassen sich natürlich gerne mitreißen, wenn also der Bär steppt in der Klasse, dann sind sie meist in vorderster Front mit dabei.


    Wenn ein ADS´ler gar zu sehr aufdreht, gib ihm eine Auszeit, am besten kurzfristig in einer anderen Klasse, wenn es geht mit einer kleinen Aufgabe (zum Stoff).


    ADS´ler lassen sich leicht anstiften und es gibt Kameraden, die genau so etwas ausnutzen, diese gilt es auch auszumachen.


    Wenn Eltern das ADS als Entschuldigung bringen, dann erkundige Dich nach den Maßnahmen, die bisher von den Eltern getroffen wurden, wie die Struktur zu Hause aussieht, wie konsequent man mit dem Kind umgeht, ob es klare Regeln kennt.


    Man kann keinem vorschreiben, wie er sein Kind behandeln lässt, aber sollten Eltern nur mit Medikamenten arbeiten und sonst nichts tun, dann bringt das nicht viel. Im Elternhaus muss dazu auch viel geschehen, es bedarf diverser Zusatztherapien.(Ergo, VT, diverse Lerntherapien ect....)


    Als Entschuldigung lass es aber nicht gelten.


    Da empfehle ich die Seite:


    www.addwildcat.de


    Diese Mutter hat 3 ADS-Kinder und entsprechend viele Sorgen, aber in Sachen Erziehung hat sie einen klaren Standpunkt:


    Für unmögliches Verhalten ist das keine Entschuldigung.


    Übrigens: Auch nicht gemacht Hausaufgaben können nicht auf ADS geschoben werden.


    Wenn Du mehr Infos brauchst, ich kann Dir Tipps geben, die man auch an Eltern weitergeben kann.


    Die ganz engagierten Eltern bringen übrigens die Entschuldigung ADS nicht, sie arbeiten an dem Problem.


    Doris

    • Offizieller Beitrag

    Doris, ich möchte dir - hier ganz persönlich - mal ein großes Lob für diesen Beitrag aussprechen!
    Ich halte ihn für sehr differenziert und auch mutig, da du bei diesem schwierigen Thema nicht polarisierst und die Unterschiede zwischen krankheitsbedigtem So-sein (an dem man natürlich arbeiten muss, für das das Kind aber nichts kann) und Verhalten (auf das das Kind selbst und auch Lehrer/Eltern Einfluss nehmen können) aufdröselst und nicht in die Schiene "Hat ADS, kann an gar nichts was ändern" verfällst. So ein Denken eröffnet einem ADS geplagten Kind - und seinen Eltern und Lehrern - nämlich ganz andere Möglichkeiten!
    Danke dafür!


    Meike

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Ich habe dein Eindruck, du bringst etwas durcheinander. Strenge und Konsequenz sind für mich zweierlei.


    Strenge heftet immer das Sauertöpfische und Unfreundliche an. Konsequent kann man aber durchaus sehr freundlich und sogar wohlwollend sein.


    Schüler empfinden, das haben sie dir ja selbst mitgeteilt, dein Verhalten als nicht besonders glücklich. Die Frage ist also, wem wirst du überhaupt gerecht mit deinem Lehrerbild.


    Überlege dir mal einen recht genauen Katalog von positiven und negativen Sanktionen. Führe ihn in den Klassen ein, begründe wieso du das machst (mir liegt am Herzen, dass ihr ungestört und gut lernt) und setze ihn konsequent um. Dazu musst du keine unfreundliche, verhärmte Lehrerin werden. Wenn du willst, können wir hier im Forum ja einmal an einem solchen Katalog basteln...

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • hallo gänseblümchen!


    was du schreibst könnte fast mein eigener beitrag sein. es geht mir derzeit ähnlich auf meiner ersten stelle. ich hab lehramt gymnasien "gelernt" und schon im ref schwierigkeiten mit disziplin gehabt, die hielten sich aber noch in zivilen und vertretbaren grenzen. jetzt habich haupt- und realschüler und es gibt klassen, die ich nicht in den griff kriege, insbesondere die, wo ich nur mit 2 stunden pro woche drin bin.


    meine schule gefällt mir eigentlich, ich möchte gern bleiben, habe aber angst, dass man mich nicht behalten wird, wenn ich die lage nicht in den griff bekomme. auch mir sagen schüler, ich müsste "strenger" sein...
    meine schule ist klein, die dinge sprechen sich rum und es gibt bereits einzelne kollegen, die hinter meinem rücken lästern und das bischen autorität, das ich mir erkämpfe zunichte machen, indem sie in meinen unterricht latschen, wenn gerade gruppenarbeitsphase und etwas lauter ist, um zu sagen, dass sie dachten, es wäre vielleicht kein lehrer da und ähnliches...


    auch ich schwanke zwischen den varianten:
    1. sich anpassen an den stil der kollegen und lernen autoritärer / strenger zu sein
    2. versuchen, meinen eigenen weg zu finden.


    ich bin kein autoritärer typ und ich will es auch nicht sein. ich habe schwireigkeiten damit, zwischen schülern und mir ein "gefälle" zu sehen (abgesehen von einem fachlichen), vielleicht bin ich auch nicht erwachsen genug.


    ich weiß nicht, ob ich ein versager bin und den "autoritären weg" nur deshalb nicht wähle, weil ich es einfach nicht kann. ich merke nur, dass ich mich immer unwohler fühle, je näher ich dem stil der kollegen komme. ich kann mich vor die klasse stellen und rumbrüllen und es wirkt auch, ich kann strafarbeiten geben und es wirkt auch, ich ikann die notenkeule schwingen,.... aber ich gefalle mir dabei selbst nicht und das merken auch die schüler.


    ich habe beschlossen, meinen eigenen weg zu suchen. ich versuche gezielt, die eigenverantwortung der schüler zu stärken. setze lärmwächter ein, blaue karten, beobachtungsprotokolle, lerntagebücher, reflexionskarten, portfolios, führe ernsthafte, nicht belehrende gespräche mit schülern...


    es dauert und es klappt nicht überall. ich habe eine klasse, da sehe ich deutlich fortschritte und deshalb bleibe ich dran.


    ich merke, dass mir das schwanken mit autoritären versuchen mehr schadet als nutzt. schwierig natürlich, wenn einem kollegen und die angst, entlassen zu werden im genick sitzen, aber ich werd versuchen, es auf anderem weg zu vernünftigem unterricht zu bringen.


    ich denke auch nach, was ich den schülern beibringen will. ich will ja nicht, dass sie lernen, sich vor dem "längeren hebel" zu beugen, ich will, dass sie verantortung für ihr eigenes lernen übernehmen und überlege, auf welchen wegen sie das lernen können und ihnen dafür hilfen zu geben. dass sie es (noch) nicht können ist klar, zumal, wenn sie es bei kollegen auch gar nicht dürfen. aber noch hab ichs nicht aufgegeben...


    es tut mir gut zu hören, dass es dir ähnlich geht (auch wenn ichs dir natürlich nicht wünsche, dass du solche schwiergkeiten hast) ich denke halt auch, wenn nie einer anfängt, ein anderes lehrerbild zu etablieren, dann wirds sich auch nicht ändern und ich weiß, dass es schulen gibt, wo ein lehrerbild, wie ich es mir vorstelle überwiegt und dort geht es auch nicht "drunter und drüber". ich denke, es ist eine frage der eigenen kraft, vielleicht auch von mut. derzeit reicht es bei mir noch und ich würde dir gern mut machen.


    wichtig ist glaub ich, nicht einfach etwas zu lassen (so z.b. strafarbeiten oder einträge oder rumbrüllen) sondern sich zu überlegen, was man stattdessenn tut, wie man dennoch grenzen deutlich macht, wie man für ihre einhaltung sorgt und wie man das kann, ohne selbst immer den dicken molli raushängen zu lassen. ich versuche, den schülern mehr verantwortung für ihre eigene klasse und das lernen darin zu geben, damit räume ich ihnen auch mehr mitsprache ein. sie gewöhnen sich nur schwer daran, aber irgendwie geb ich die hoffnung nicht auf,...


    liebe grüße,
    gutenmorgen

  • Hallo Timm,


    Zitat

    Timm schrieb am 23.12.2005 19:33:
    Ich habe dein Eindruck, du bringst etwas durcheinander. Strenge und Konsequenz sind für mich zweierlei.
    ...
    Überlege dir mal einen recht genauen Katalog von positiven und negativen Sanktionen. Führe ihn in den Klassen ein, begründe wieso du das machst (mir liegt am Herzen, dass ihr ungestört und gut lernt) und setze ihn konsequent um. Dazu musst du keine unfreundliche, verhärmte Lehrerin werden. Wenn du willst, können wir hier im Forum ja einmal an einem solchen Katalog basteln...


    Das wäre super!


    Allerdings habe ich das zum Teil schon versucht. Aber ich musste leider die Erfahrung machen, dass selbst positive Sanktionen wie "Wenn wir heute gut und zügig unseren Stoff durchbekommen (ihr also entsprechend leise seid und gut mitarbeitet), dann bekommt ihr keine Hausaufgaben auf" keine Ergebnisse gezeigt haben. Leidtragende waren dann höchstens die, die eh ruhig sind und von ihren störenden Mitschülern wieder benachteiligt wurden.


    Gezielt nur den Störern Hausaufgaben aufzugeben, würde nicht funktionieren, da es zu viele sind und sie außerdem sofort in ihr Trotzverhalten verfallen und die Aufgaben einfach nicht erledigen würden. Selbst schlechte Noten als Konsequenz sind einigen von ihnen dann egal.


    Das Problem ist, dass meine Maßnahmen einfach nicht akzeptiert werden bzw. zum Teil sogar durch alle möglichen Manipulationsversuche ausgehebelt werden.


    In der Theorie sind die SuS ja mit dem Maßnahmenkatalog einverstanden. Sie fordern von mir ja schlechte Noten, Strafarbeiten en masse, Herumschreien, usw. - aber nur so lange, bis es sie oder einen ihrer Freunde trifft. Dann bin ich plötzlich total unfair, habe es ja nur auf sie abgesehen, obwohl alle anderen viel mehr stören als sie und überhaupt. Ich hatte sogar schon mal die Situation, dass fast die ganze Klasse beinahe die weitere Mitarbeit verweigert hat, nur weil ich einen sehr beliebten Schüler für seine Störung bestrafen wollte.


    Weiter ist es so, dass die Schüler oft den Maßnahmenkatalog nutzen, um ihre unbeliebten Mitschüler reinzureiten. Da wird dann ein solcher Schüler z.B. unauffällig dazu gebracht, irgendwie aufzufallen, nur um dann vehement eine Strafe für ihn zu fordern. Mir sind diese Spielchen z.T. bekannt und ich verweigere dann natürlich eine Strafe für das Opfer. Natürlich ist damit mein ganzes System mehr oder weniger ausgehebelt, da ich mich ja angeblich selbst nicht an die Regeln halte. Auch kommt sehr oft: "Der X hat ... gemacht, den müssen Sie jetzt bestrafen", was ich natürlich nicht tun kann, ohne es gesehen zu haben. Das ist nämlich auch so ein Problem an meiner Schule: Viele unserer Schüler denunzieren sich gegenseitig ohne jede Rücksicht auf Verluste, schließen sich gegen andere zusammen und nutzen jeden Vorteil aus, den sie sich irgendwie schaffen können.


    Natürlich sind nicht alle so, aber es ist erschreckend, wie wenig Zusammengehörigkeitsgefühl es bei uns teilweise gibt und wie rücksichtslos viele sich verhalten. Da geht es nur um das eigene Wohl bzw. das der Kumpels, die anderen werden eiskalt denunziert.


    An meiner alten Schule war das anders. Da wurde gezielt an Eigenverantwortung und Gemeinschaftsgefühl gearbeitet - hier bin ich als Lehrerin für alles verantwortlich. Eigenverantwortung und Einstehen für eigenes Fehlverhalten gibt es hier nur relativ selten. Der Lehrer hat dafür zu sorgen, dass alles läuft, dass man sich benimmt und dass man was lernt - man selbst muss ja nur stumpfsinnig konsumieren. Der Lehrer muss einen halt im Griff haben, wenn er das nicht kann, ist er halt unfähig.


    Ich habe ja auch schon versucht, die Schüler selbst in die Pflicht zu nehmen, Lärmwächter bestellt und einiges anderes versucht. Geendet ist das damit, dass diese Dinge dazu missbraucht wurden, um andere anzuscxhwärzen bzw. mir der Vorwurf gemacht wurde, dass ich als Lehrerin dafür verantwortlich sei, für Ruhe zu sorgen und das nicht die Aufgabe der Schüler wäre.


    Ich finde das alles ausgesprochen frustrierend.


    Liebe Grüße,
    Gänseblümchen

  • Hallo,


    Zitat

    gutenmorgen schrieb am 27.12.2005 12:00:
    ich habe beschlossen, meinen eigenen weg zu suchen. ich versuche gezielt, die eigenverantwortung der schüler zu stärken. setze lärmwächter ein, blaue karten, beobachtungsprotokolle, lerntagebücher, reflexionskarten, portfolios, führe ernsthafte, nicht belehrende gespräche mit schülern...


    Wie schaffst du es, dass diese Dinge nicht missbraucht werden?


    Lassen sich die SuS auf die Gespräche ein? Redest du mit der ganzen Klasse oder nur mit einzelnen?


    Bei Einzelgesprächen wird bei mir meist Besserung gelobt bzw. nur darauf gepocht, dass andere ja auch stören. Bei Klassengesprächen hört oft nur ein Teil der Klasse zu, der Teil, den es eigentlich betrifft, stört munter weiter. Die braven Schüler sehen sich auch nicht in der Lage, auf ihre störenden Mitschüler einzuwirken, da diese nicht auf sie hören würden. Letztlich bleibt so alles an mir hängen. Die Eltern der betreffenden Schüler reagieren oft recht gleichgültig bzw. sehen ihr Kind eher als Opfer, weil es ADS hat. Oder (haben wir auch) sie sagen, dass sie mit ihrem Kind selbst nicht zurechtkommen, weil das KInd (oder der Jugendliche) eh tut, was er/sie will. Wenn dieser Schüler dann auch noch nicht mal vor der Schulleitung Respekt hat, dann weiß ich auch keine Lösung mehr.


    Was sagt denn die Schulleitung zu deinen Problemen bzw. was sagen die Eltern der betroffenen Klassen? Bei mir ist die ganze Sache ja leider bereits "hochoffiziell".


    Liebe Grüße,
    Gänseblümchen

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