Spickzettel im Heft - wie ahnden?

  • Zitat

    robischon schrieb am 30.12.2005 12:53:
    ...


    Einkaufszettel.
    Kalendernotiz.
    Klausur.


    Na, wer findet den Eindringling?


    Oder noch etwas ausführlicher:
    Warum sollte das Gedächtnis das einzige Hilfsmittel sein?
    (Ist es ja im übrigen nicht; in fremdsprachlichen Klausuren dürfen in NRW ein- und zweisprachige Wörterbücher benutzt werden.)


    Weil Lernen ein Verknüpfungsprozeß ist (du sprichst ja selbst vom "Spinnennetze knüpfen"); die Leistung in der Vorbereitung auf die Klassenarbeit/Klausur besteht nun darin, dass man sich selbst ein tragfähiges Netz knüpft, das auch abrufbar sein soll.


    Erlaube ich die Zuhilfenahme schriftlicher Notizen, so gefährde ich ja gerade das Knüpfen von Netzen; wenn ich etwas abschreibe, ist noch nicht gewährleistet, dass ich es verstanden habe. Etwas Schriftliches in der Hand zu haben, kann auch eine trügerische Sicherheit vermitteln.


    Dass eine Kalendernotiz und eine Klausurvorbereitung etwas kategorial völlig Anderes ist, führe ich hier gar nicht erst weiter aus.

    Einmal editiert, zuletzt von philosophus ()

  • Zitat

    Enja schrieb am 30.12.2005 12:52:
    Ich weiß. Schüler, die so etwas tun, sind absolute Ausnahmefälle..... :D


    Meinen Alltagseindrücken zufolge besteht die Bevölkerung Deutschlands auch überwiegend aus Kindern...

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Ich ermuntere meine Schüler ausdrücklich, Spickzettel zu schreiben - auf möglichst kleines Papier.


    Damit zwingen sie sich, das WESENTLICHE zusammenzufassen und zu rekapitulieren.


    Falls jedoch ein Schüler einen derartigen Zettel in der Klausur einsetzt, werden alle Aufgaben, zu denen verwertete Punkte auf diesem Zettel stehen, in der Wertung nicht berücksichtigt.


    Durch einen Spickzettel würden, falls ich anders verfahren würde, die Schüler ohne Zettel benachteiligt. Eine sture - Abgeschrieben?-Sechs!-Haltung DROHE ich zwar an, wende sie jedoch nicht an ;)


    VanderWolke
    Schade, dass die Spielwiese emgs momentan geschlossen ist.
    Findest du vielleicht eine andere als das LF?

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Zitat

    alias schrieb am 30.12.2005 14:46:
    VanderWolke
    Schade, dass die Spielwiese emgs momentan geschlossen ist.
    Findest du vielleicht eine andere als das LF?


    Ich habe jetzt nichts so Schlimmes gefunden. Nur weil seine Beiträge etwas "quergebürstet" sind, soll er zu EMGS - oder habe ich etwas Wesentliches überlesen?


    Sein Schielen auf die Signaturen finde ich zwar etwas befremdlich, aber nicht gravierend.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • philosophus

    Zitat

    Erlaube ich die Zuhilfenahme schriftlicher Notizen, so gefährde ich ja gerade das Knüpfen von Netzen


    und wenn es eigene notizen sind?
    wie soll dadurch das eigene "netz" gefährdet sein?

  • Dass Lehrer meinen, alle außer ihren Berufskollegen seien Kinder und müssten dringend gemaßregelt werden, ist eigentlich ein Vorurteil. In Wirklichkeit denken Lehrer nicht so. Denke ich. Oder hoffe ich. Oder so in der Art.


    Die Gebrauchsanweisung von Herrn Endres geht in etwa so:


    Überlege, was du wohl an Informationen für die Arbeit brauchst.
    Schreibe das auf ein DIN A 4-Blatt.
    Lies es durch. Zu groß.
    Schreibe den Text auf ein Blatt, dass nur halb so groß ist.
    Immer noch zu groß.
    Schreibe den Text auf ein Blatt, dass nur halb so groß ist.
    ....
    Falte den Zettel ganz klein zusammen und schiebe ihn in deinen Strumpf oder an einen ähnlichen Ort.
    Während der Arbeit fühlst du ihn dort.
    Brauchen wirst du ihn nicht mehr.


    Das Seminar wurde von unserer Schule angeboten. Wir fragten uns schon, was wohl passiert, wenn die Kinder diese Ratschläge befolgen und dabei erwischt werden.


    Grüße Enja

  • Liebe Enja,


    ich gaube, ich würde es nie wagen, in den Socken meiner Schüler nach Spickzetteln zu suchen :D - wenn sie sie an solch schwer "zugänglichen" Orten während der Arbeit aufheben, habe ich gegen solche Spickzettel nichts einzuwenden...
    Die Idee finde ich gut!


    Liebe Grüße:


    Kelle.

  • Ich habe mich mal mit einem Oberstufenschüler - den ich nie im Unterricht hatte, kurz bevor ich von meiner Ausbildungsschule wegging, also kein Sinn im "Gutwettermachen" - ziemlich lange über Spickzettel unterhalten. Er mag eine Ausnahme gewesen sein, aber er fand's wirklich ehrenrührig und billig. Unfair gegenüber der Klassengemeinschaft, faul, dumm, all diese Dinge sagte er und nicht ich - weshalb er vertrat, dass so etwas auch deutlich bestraft werden müsse. Fand ich interessant.


    Was das Netze-Spinnen angeht, oute ich mich als jemand, der auch lange und gern den Weg gegangen ist, man müsse ja nichts wissen, sondern nur wissen, wo's steht. Nachdem ich mir für die Diss (mühsam) all die früher nicht gelernten Daten und Namen und Zusammenhänge nachträglich zusammentragen musste, bin ich eines Besseren belehrt. Man muss bestimmt nicht alles auswendig wissen, aber fehlen die Grundlagen - als selbstverständliches Wissen im Kopf verfügbar -, können auch keine Zusammenhänge entstehen. Alles nachgucken zu müssen führt nur dazu, dass man nur noch das, was man in dem Moment in der Zusammenfassung nachgeguckt hat, reproduzieren kann, aber erst einmal nicht mehr weiter transferieren kann.


    Ein einfacheres Beispiel: Warum Rechtschreibregeln und Wortschreibungen lernen, wenn doch auch jeder Erwachsene hin und wieder einen Duden oder ein Rechtschreibprogramm benutzt? Duden im Diktat zur Verfügung stellen, und schon besteht das Problem nicht mehr? Doch - weil ich, wenn ich alles nachschlagen muss, nicht mehr flüssig schreiben kann bzw. anfange, Wörter mit schwieriger Schreibung zu vermeiden. Erst wenn ich mir bei den Grundlagen sicher bin, ist der Duden ein gutes Hilfsmittel für die restlichen zwei oder drei Prozent, bei denen ich mir immer noch nicht sicher bin.


    Deshalb halte ich es für sinnvoll, wenn ein Aspekt schulischen Lernens das Auswendiglernen, das Verfügbarmachen von Wissen ohne Hilfsmittel abdeckt. Darüber, worauf sich diese Grundlagen beziehen bzw. was zusätzlich an Hilfsmitteln erlaubt sein sollte, kann man natürlich streiten.


    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • Enja: Gegen dieses Spickzettelsystem ist ja auch nichts zu sagen. Ich lasse meine Schüler auch zu Übungszwecken Spickzettel schreiben. Wenn Herr Endres allerdings sagt, dass der Spicker in die Socke gesteckt werden soll, meint er damit bestimmt nicht, dass dieser auch benutzt werden soll. Er soll wohl vielmehr die Sicherheit vermitteln, gut vorbereitet zu sein. Oder sehe ich das falsch?

  • Genau, Paulchen, so verstehe ich das auch! Es ist nur eine psychologische Stütze, die einem Sicherheit geben soll, ohne dass man sie jedoch einsetzt!

  • Zitat

    Darüber, worauf sich diese Grundlagen beziehen bzw. was zusätzlich an Hilfsmitteln erlaubt sein sollte, kann man natürlich streiten


    stimmt, wolkenstein, darüber könnte man streiten.
    ich denke an solche dinge wie notizen, nachschlagewerk, taschenrechner, wörterbuch... nicht für den nachträglichen ersterwerb von wissen oder informationen, sondern als mittel zur kontrolle, zur absicherung.
    so wie kinder mit denen ich gearbeitet hab, es gemacht haben.
    wenn sie mir fragen stellten, konnte ich in der regel einfach "ja" sagen.
    "stimmt es dass tyrannosaurus mit zwei n geschrieben wird?"


    wer den spickzettel aus einem nicht allgemein zugänglichen versteck holt (es gibt noch kompliziertere als die socken) um sich zu vergewissern, der betrügt oder plagiiert doch gar nicht.
    für lehrer nicht so ohne weiteres einzusehen.

  • Er meinte es wohl so, dass man den Spickzettel dann wie einen Stein im Schuh hat und einem das ein beruhigendes Gefühl vermitteln soll. Sicher wollte er nicht raten, den zu benutzen.


    Spickzettel werden wohl eher weniger benutzt, weil sich Schüler unfairerweise einen Vorsprung vor den anderen verschaffen wollen, als vielmehr, weil sie einfach panische Angst haben.


    Bei uns ging es damals in den Sprachen um die Angst, die eine entscheidende Vokabel nicht zu wissen, die einem den Inhalt des zu bearbeitenden Textes erschließen würde. So hatten unsere Lehrer uns das jedenfalls angedroht. Deshalb hatten wir diese Mini-Lexika im Strumpf. Tatsächlich waren in dene kompliziertere Vokabeln gar nicht zu finden. Ich bin mir relativ sicher, dass niemand die Dinger wirklich benutzt hat. Dazu hätte man rausgehen müssen.


    Aber das Gefühl, man könnte, war irgendwie beruhigend.


    Die Aktion, den Inhalt der Arbeit möglichst raumsparend unterzubringen, finde ich übrigens sehr effektiv. Mal drüber nachzudenken, was man denn nun eigentlich für die Arbeit genau wissen muss, bringt eine ganze Menge.


    Arbeiten, für die mehr gelernt werden muss, als man überhaupt im Kopf so auf die Schnelle mal unterbringen kann, sind auch typische Spickzettel-Hochkonjunktur-Arbeiten.


    Meine Jüngste sollte in der 5. Klasse die europäischen Staaten, ihre Hauptstädte, die Gebirge, die höchsten Berge samt deren Höhe, die wichtigsten Wasserwege und Wirtschaftszweige, sowie die Bodenschätze auswendig lernen. Dazu hatte sie etwa eine Woche Zeit. Das war für sie nicht machbar. Sie hat in aller Gemütsruhe eine Fünf geschrieben.


    Ich habe mir dann mal die Mühe gemacht und den Kontakt zu den Familien gesucht, deren Kinder die Einsen geschrieben hatten, um herauszubekommen, wie die das angestellt haben. Das fand ich interessanter, als über Sinn oder Unsinn dieser Arbeit zu diskutieren. Spickzettel waren es jedenfalls nicht. Die wären viel zu umfangreich geworden.


    Grüße Enja

  • Hallo finchen,
    ich bin so vorgegangen wie ursprünchlich geplant, bzw. werde das offiziell am Di bei Rückgabe der Arbeit tun (wenn der Direx nicht unerwarteterweise etwas dagegen hat): Die Aufgabe wurde mit ungenügend bewertet, was dazu führte, dass die ganze Arbeit nun mangelhaft ist. Auf Anraten meiner Kollegin wird es vor Ausgabe der Arbeiten noch einen "Vortrag" für die ganze Klasse geben was die Konsequenzen von Mogelein diesmal und in Zukunft angeht (Androhung, die ganze Arbeit 6 zu nennen). Natürlich ohne Nennung des Namens der Schülerin. Bin gespannt, wie viele die Köpfe einziehen werden. Mit der Schülerin werde ich auch noch kurz persönlich sprechen.


    So ist das Vorhaben.


    viele Grüße,
    Juliet

    Traue jemandem etwas zu und er wird sich darum bemühen, diesem Vertrauen zu entsprechen. (Don Bosco)

  • Hallo Juliet,


    dein Vorgehen finde ich - auch in Anbetracht deiner Lage (Ref und Direx) - gut. Ich glaube, ich wäre an deiner Stelle ähnlich verfahren. Heute sieht das bei mir auch anders aus, weil ich ja nicht mehr "unter Beobachtung stehe" und keinem mehr Rechenschaft schuldig bin (naja, offiziell ist man das als Ref im eigenverantowrtlichen Unterricht ja auch nicht, aber die Realität sieht ja oft anders aus...).
    Ich wünsche dir für nächste Woche viel Erfolg und werde an dich denken.
    Erzähl doch mal, wie Madame es aufgenommen hat, ja?


    Liebe Grüße:


    Kelle.

Werbung