Spiegel: Die Erziehung der Eltern

  • Zitat

    Erika schrieb am 20.08.2005 22:55:
    ..........
    In Finnland läuft einiges anders, es gibt mehr Speziallehrer und Fachkräfte für die unterschiedlichsten Probleme, das ist sicher richtig. Jedoch könnte auch unter hiesigen Bedingungen durch ein bisschen mehr Wissen bei Lehrern vielen Kindern geholfen werden. ........


    Leider sind die Lehrer in Deutschland dumm und unwissend.
    Ich schlage vor, sie gründen einen Verein, sammeln Spenden und verteilen das Buch von Frau Beigel kostenlos an alle Lehrer. Am besten von Haustüre zu Haustüre.

    Zitat

    Außerdem sollten Lehrer mehr um Spezialkräfte bei den Politikern kämpfen, anstatt die Erziehung der Eltern anzuprangern. Eltern werden bei Politikern weniger Ernst genommen, Ihr Lehrer seid doch für sie die Fachleute, nicht wir Eltern.


    Auch mir ist das - nach Ihren Ausführungen - völlig schleierhaft, wie die Politiker auf solche Gedanken kommen können.


    (/Ironie aus)


    Im Ernst: Wozu brauchen wir Spezialkräfte, wenn schon ein bisschen Verständnis reicht?

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Hallo,


    @ Erika:

    Zitat

    Eltern werden bei Politikern weniger Ernst genommen,


    Ich fürchte, da befindest du dich in einem grundlegendem Irrtum - meiner Meinung nach ist das genau umgekehrt.


    Sobald Eltern beginnen Druck zu machen und bei Schulleiter oder Schulamt auftauchen - so ist mein Erleben - wird plötzlich einiges möglich.
    Auch auf höherer Ebene sind dem einzelnen die Hände gebunden - durch den Beamtenstatus sind uns politische Mittel wie Streik untersagt. Du darfst als Beamter nicht einmal einen Leserbrief in deiner amtlichen Funktion schreiben. Politische Einflussnahme läuft über die Verbände - und die haben ja teilweise schon sehr gute Forderungen.


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • Es stehen viele interessante Dinge in dem Link von alias, aber das folgende finde ich noch einmal deutlich erwähnenswert:


    Das Gefälle in Beratungsgesprächen (Lehrer-Eltern) lässt sich nicht verwischen.....
    ...Fairness bedeutet, dass Dilemma der Eltern zu erkennen und angemessen zu reagieren.
    Seite 25 l


    woman123

  • Hallo,


    auf Alias Kommentare antworte ich jetzt mal nicht - ist mir die Zeit zu schade.


    Tina34, wenn tatsächlich nachweisbares Fehlverhalten von Lehrern vorliegt, werden Politiker auch manchmal mobil. Allerdings kommt es mir so vor, dass öfter auch gern unter den Teppich gekehrt wird. Was jedoch grundlegende Veränderungen angeht, werden Eltern wohl kaum als kompetente Gesprächspartner angesehen.


    Als Lehrer weißt du vielleicht besser, was Lehrerverbände fordern. Ich höre und lese eigentlich überwiegend von Forderungen nach kleineren Klassen, weniger Arbeitszeit, mehr Lehrerstellen, Erziehungsnachhilfe für Eltern. Unabhängig davon, dass die Forderungen sicher berechtigt sein mögen, wird sich m.E. dadurch trotzdem nicht so sehr viel ändern. Die Forderungen treffen meiner Meinung nach nicht den Kern.


    Ich habe keine Ahnung, ob Beamte Leserbriefe schreiben dürfen. Im Hamburger Abendblatt schreibt jedenfalls regelmäßig eine Hauptschullehrerin (Karin Brose) seitenweise - immer schön mit Foto - über ihre Erfahrungen mit Eltern, die ihre Kinder verwahrlosen lassen. Sie hat u.a. eine Kürzung des Kindergeldes vorgeschlagen, um die Eltern zur Vernunft zu bringen. Mir stehen immer die Haare zu Berge, wenn ich schon den Namen lese. Ich will nicht abstreiten, dass sie solche Eltern kennt, jedoch glaube ich kaum, dass die Eltern mutwillig und bewusst so handeln. Es gibt sicher unterschiedliche Gründe für das Verhalten der Eltern. Ob Frau Brose wohl auch schon einmal darüber nachgedacht hat, warum die Eltern ihr Leben und die Fürsorge ihrer Kinder nicht im Griff haben? Ein möglicher Grund wären auch schon Entwicklungsstörungen bei den Eltern; Unorganisiertheit und Schlampigkeit können z.B. eine Folge davon sein. Mit Druck wird man sicher nichts erreichen.


    Viele Grüße
    Erika

    "Die Lehrer bezeichnen Lesen, Schreiben und Rechnen als Grundlagenfächer. In Wirklichkeit handelt es sich aber bei diesen Lehrstoffen bereits um sehr komplexe Prozesse, die sich nur bei einer einwandfreien geistigen Verarbeitung der durch die Sinnesorgane aufgenommenen Wahrnehmung erlernen lassen." A. Jean Ayres

  • Hallo,


    wenn diese Lehrerin dort schreibt, dann vermutlich mit Einverständnis des Dienstherrn. Uns wurde im Seminar beigebracht, dass wir uns in der Öffentlichkeit in unserer Rolle als Lehrer nicht äußern dürfen. Einmal habe ich es gewagt, über die schwierige Situation der Aussiedlerschüler mit einem Reporter zu sprechen - und wurde dafür gerügt.


    Falls es dich interessiert - hier einige Forderungen meines Verbandes für die Hauptschule:


    Deshalb braucht die Hauptschule



    Kleinere Klassen und mehr Fördermaßnahmen für lernschwache Schüler
    Ausbau der Ganztagsschulen und Ganztagsangebote
    berufsbezogenes Lernen mit handlungs- und projektorientierten Formen
    mehr Sprachlernklassen und Erhalt des muttersprachlichen Ergänzungsunterrichts
    mehr sportliche und musisch-darstellende Aktivitäten
    zusätzliche finanzielle und personelle Mittel für Brennpunktschulen
    mehr sonderpädagogische und sozialpädagogische Fachkräfte
    ausreichend Fach- und Förderlehrer/innen für individuelle Stützmaßnahmen


    In unserer Supervisionsgruppe kamen wir zu dem Schluss, dass der einzig mögliche Weg für Veränderungen die Eltern sind. Solange sich keiner rührt, besteht wohl für die Politik kein Handlungsbedarf. Da wir Lehrer oft als ewig jammernde Halbtagsjobbler gesehen werden, wäre Elternunterstützung sicher sehr hilfreich.


    Wobei - es kommt auch auf die Qualitäten der Maßnahmen an - ein Schulpsychologe, der nur ratlos mit der Schulter zuckt ist für mich reine Zeitverschwendung, nicht von jeder teuer bezahlten Zusatzkraft geht echte Hilfe aus. Teilweise habe ich mich in dem Bereich auch schon sehr geärgert.


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

    Einmal editiert, zuletzt von Tina34 ()

    • Offizieller Beitrag

    Guten Abend,


    die Idee mit dem Kindergeld finde ich gar nicht so schlecht.
    Manche merken doch erst, das etwas nicht stimmt, wenn es weh tut.


    Man muss sich doch überlegen, was man will: will man die Kinder schützen und vor noch Schlimmeren bewahren oder permanent Verständnis für die Eltern aufbringen, die ihre Kinder im besten Fall vernachlässigen?
    Natürlich gibt es Gründe dafür, dass sie so etwas tun! Eigene schlechte Kindheitserfahrungen, Traumata, mangelnde Bildung, Faulheit - was weiß ich. Verbrecher haben auch Gründe - nur nützt es niemanden etwas (am wenigsten den Opfern), wenn man ständig Verständnis dafür aufbringt, ohne dass es Konsequenzen hat!


    Derjenige, der anderen schadet (in dem Fall seinen Kindern), muss u. U. merken, dass es "weh tut", damit er die Notwendigkeit zur Veränderung einsieht!


    Ansonsten glaube ich, dass man als Elternteil aus einer bestimmten Schicht nicht unbedingt sieht, wie manche Eltern mit ihren Kindern umgehen! Die Eltern dabei nur als arme Opfer zu sehen, hilft den Kindern nicht!


    Aber wirklich helfen würde die Kürzung des Kindergelds sicher auch nicht... :(


    Gruß,
    Melosine

  • Hallo Tina,


    die Forderungen deines Verbandes sind wohl berechtigt und mehr als wünschenswert. Allerdings kommt es sehr auf die Qualität, die Inhalte an, wie du auch schon sagtest. Eine Fördermaßnahme für leseschwache Schüler, die lediglich vermehrtes Üben beinhaltet und eine Fachkraft, die nicht weiß, welche Auswirkungen Wahrnehmungsprobleme haben können (so war es in unserer 1. Grundschule), nützt wohl nur sehr begrenzt. Ein Schulpsychologe oder Sozialpädagoge, der alle möglichen Verhaltensauffälligkeiten nur psychologisch erklären will und kaum oder gar nichts über Entwicklungsstörungen oder auch Hochbegabung weiß, bringt auch eher nicht so viel Hilfe. Ebenso kommt es bei den Ganztagsangeboten sehr auf die Inhalte ebenso auf die Personen an, die sie durchführen.


    Meiner Meinung nach können wahrscheinlich weder allein Eltern noch allein Lehrer etwas bei Politikern bewirken, sondern nur gemeinsam etwas tun. Dafür wäre aber erst einmal Vorraussetzung, dass beide Seiten sich nicht ständig die Schuld für die Probleme einiger Kinder in die Schuhe schieben, was aber zurzeit leider sehr oft der Fall ist. Es fehlt die Einsicht bei vielen Eltern, dass nicht alles an den Lehrern liegt ebenso wie die Einsicht der Lehrer, dass nicht alles am Versagen der Eltern liegt.


    Ich war m.E. bisher immer an einer Zusammenarbeit mit Lehrern interessiert und bin es immer noch. Leider habe ich bisher jedoch leider die Erfahrung machen müssen, dass die Lehrerseite eben meint, alles besser zu wissen, mein Kind besser beurteilen zu können, besser über Ursachen für gewisse Auffälligkeiten Bescheid zu wissen. Wie kann man etwas daran ändern?


    Volkshochschulen scheinen teilweise mehr über z.B. Legasthenie, Konzentrationsprobleme, Hochbegabung, Verhaltensauffälligkeiten zu wissen als Schulen. Das kann doch nicht als normal angesehen werden, oder?


    Melosine, ich glaube kaum, dass du erfolgreiche Lehrerin sein kannst, wenn du versuchst, mit Druck etwas zu erreichen. Genau so wenig können Eltern von ihrer Fürsorgepflicht mit Druck, nämlich Kürzung von Kindergeld, zu dauerhaften Veränderungen bewegt werden. Schulschwänzer können m.E. nicht durch Druck, z.B. durch Polizeibeamte zum Unterricht motiviert werden. Sexualstraftäter können nicht durch Bestrafung von ihrem krankhaften Trieb abgebracht werden.


    Faulheit, Agressivität, Unorganisiertheit, Lustlosigkeit, Böswilligkeit usw., alles hat doch Ursachen, und da müsste m. E. angesetzt werden. Wir sehen doch, wo die Entwicklung hingeht, es gibt immer mehr nicht "Normgerechte". Mit Bestrafungen scheint man keine Verbesserungen erreichen zu können. Es gibt leider zu viele, die so denken wie du.


    Viele Grüße
    Erika

    "Die Lehrer bezeichnen Lesen, Schreiben und Rechnen als Grundlagenfächer. In Wirklichkeit handelt es sich aber bei diesen Lehrstoffen bereits um sehr komplexe Prozesse, die sich nur bei einer einwandfreien geistigen Verarbeitung der durch die Sinnesorgane aufgenommenen Wahrnehmung erlernen lassen." A. Jean Ayres

  • Die "Erziehung der Eltern" ist heutzutage schon lange abgeschlossen, wenn die Kinder in die Schule kommen. Da ist kaum noch was zu machen.


    Aber die Pädagogik als Wissenschaft, die dreißig Jahre lang erfolgreich größere empirische Studien abwehren konnte, die kann noch deutlich verbessert werden. Die Mediziner haben es ja um die Jahrhunderwende vorgemacht.


    Grüße,
    Martin

    Acht Semester mitlesen ersetzt das Lehramtsstudium. ;)

  • Tja, diese "alles verstehen" Nummer, ist so eine Sache.


    Ich denke eigentlich ähnlich, aber wenn ich mir vorstelle, meine Kinder wären Opfer einer Straftat, da weiss ich nicht, ob ich noch irgendein Verständnis aufbringen könnte.....
    Das ist ein sehr zweischneidiges Thema. Solange ich nicht betroffen bin, sieht die Welt doch ganz anders aus.


    woman123

  • Hallo,


    .



    Zitat

    Melosine, ich glaube kaum, dass du erfolgreiche Lehrerin sein kannst, wenn du versuchst, mit Druck etwas zu erreichen. Genau so wenig können Eltern von ihrer Fürsorgepflicht mit Druck, nämlich Kürzung von Kindergeld, zu dauerhaften Veränderungen bewegt werden. Schulschwänzer können m.E. nicht durch Druck, z.B. durch Polizeibeamte zum Unterricht motiviert werden. Sexualstraftäter können nicht durch Bestrafung von ihrem krankhaften Trieb abgebracht werden


    Das kann man so generell nicht sagen - bis jetzt habe ich erst einmal ein Kind durch die Polizei holen lassen müssen - aber das war der Mutter gottlob so peinlich, dass Töchterlein bis Ende des Jahres stets pünktlich und anwesend war. Es kann schon wirken!


    Kürzung des Kindergeldes gibt es zwar nicht, aber man kann ein Bußgeldverfahren einleiten, bzw. erst einmal androhen - auch das hatte schon heilende Wirkung. :D


    Natürlich dürfen solche Maßnahmen erst am Ende eines Problems stehen, wenn alle vernünftige Kommunikation versagt.


    Zitat

    Ich war m.E. bisher immer an einer Zusammenarbeit mit Lehrern interessiert und bin es immer noch. Leider habe ich bisher jedoch leider die Erfahrung machen müssen, dass die Lehrerseite eben meint, alles besser zu wissen, mein Kind besser beurteilen zu können, besser über Ursachen für gewisse Auffälligkeiten Bescheid zu wissen. Wie kann man etwas daran ändern?


    Meine Vorstellung wäre die Zusammenarbeit mit guten Fachleuten - mit wirklich nutzvollen - oft bekommt man nur das gesagt, was man sich mit gesundem Menschenverstand schon selbst gedacht hat. Es wird ja schon Geld für Schulpsychologen, mobilen Sonderpädagogischen Dienst etc. ausgegeben - mir erschienen diese Maßnahmen bis jetzt nicht so übermäßig gewinnbringend, da die Zusammenarbeit zu unkonkret und inkonsequent war. Da hätte ich dann schon lieber eine kleiner Klasse.
    Eine Zusatzbelastung der Lehrer als Psychologe, Sozialpädagoge oder Physiotherapeut kann´s jedenfalls nicht sein - wenn man 29 Stunden auch nur halbwegs guten Unterricht machen will, ist das schon ein Job für sich. ;)


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Erika schrieb am 22.08.2005 22:57:
    Melosine, ich glaube kaum, dass du erfolgreiche Lehrerin sein kannst, wenn du versuchst, mit Druck etwas zu erreichen.


    *seufz* Hier ging es nicht um meinen etwaigen Umgang mit Kindern sondern darum, dass manche Eltern sich nicht um ihre Kinder kümmern, diese verwahrlosen lassen oder ihnen anderweitig schaden!


    Oftmals ist bei diesen Menschen keine Einsicht da, weshalb ich es auch schwierig finde, diesem Verhalten (das ja den Kindern weh tut, sie schädigt) mit dauerhaftem Verständnis zu begegnen.


    Außerdem ist es nicht mein Ziel, die Eltern zu erziehen (auch wenn das Kollegen möglicherweise anders sehen). Ich erwarte von erwachsenen Menschen so etwas wie Selbstverantwortung, was natürlich das Suchen von Rat und Hilfe (auch bei mir) einschließt. Dazu bin ich dann gerne bereit, soweit möglich, aber der Wille zur Veränderung muss da sein.



    Melosine

  • Zitat

    oh-ein-papa schrieb am 22.08.2005 23:03:



    Aber die Pädagogik als Wissenschaft, die dreißig Jahre lang erfolgreich größere empirische Studien abwehren konnte, die kann noch deutlich verbessert werden. Die Mediziner haben es ja um die Jahrhunderwende vorgemacht.


    Hallo "Papa",


    ich möchte dich in diesem Zusammenhang etwas fragen: An welche Art von Studien denkst du (bezüglich des Inhalts und der Methodik)?
    Möglicherweise lässt sich ja in der Pädagogik so gut wie nichts objektivieren?
    Nichtsdestotrotz geht auch mir der Gedanke an pädagogische Studien im Kopf herum, besonders wenn ich den gegenwärtigen sinnlosen Aktionismus im Bereich der Bildungspolitik sehe ...


    Gruß


    Animagus

  • Zitat

    oh-ein-papa schrieb am 22.08.2005 23:03:
    ....
    Aber die Pädagogik als Wissenschaft, die dreißig Jahre lang erfolgreich größere empirische Studien abwehren konnte, die kann noch deutlich verbessert werden. Die Mediziner haben es ja um die Jahrhunderwende vorgemacht.
    ....


    Das, was man nicht kennt, muss deswegen nicht unbedingt NICHT-existent sein....


    Man schlage nur das "Funkkolleg Erziehungswissenschaft" auf, das 1970 erschien ... und das vor empirischen Untersuchungen überquillt ...


    Die Pädagogik als "Erziehungswissenschaft" - mit unzähligen empirischen Untersuchungen unzähliger nahmhafter Erziehungswissenschaftler - gibt es (als empirische Wissenschaft) seit nunmehr bald 40 Jahren und wird als solche an den Hochschulen gelehrt.....


    PISA war zwar eine "große" Untersuchung (wenn man sie von der Datenbasis beurteilt) - sie war aber nicht die einzige empirische Untersuchung der letzten 30 Jahre - und ist in ihrem wissenschaftlichen Gehalt durchaus umstritten....

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Zitat

    Animagus schrieb am 24.08.2005 22:03:
    An welche Art von Studien denkst du (bezüglich des Inhalts und der Methodik)?


    Um in der Analogie zur (wissenschaftlichen) Medizin zu bleiben, Medikamente bedürfen dort eines Wirksamkeitsnachweises. Und Komplikationen bei Operationsmethoden werden erfasst. "Abgänge" sorgfältig obduziert. Letztendlich muss der Arzt seine Patienten über die (bekannten) Risiken der vorgeschlagenen Behandlung aufklären.


    Wie siehts im Schulwesen mit der Entscheidungsbasis aus, etwa bei der Auswahl von Lehrmethoden und Schulbüchern in der einzelnen Schule? Beim Streit "Rechtschreibwerkstatt contra Lollipop" habe ich mir einmal eine Untersuchungsbeschreibung angeschaut:
    http://www.kjp.uni-marburg.de/…gast/for/msm_projekt.html
    Ein Umfang von 5 (fünf) bzw. 10 (zehn) Klassen. In meinen Augen absolut lächerlich.


    Ich denke, die flächendeckenden Vergleichsstudien werden da mittelfristig(*) einiges verändern. Der Aufwand wird durch Online-Tests drastisch sinken, die qualität der soziologischen Daten steigen. Dass dadurch auch Schulen bzw. Lehrer mehr oder weniger vergleichbar werden, finde ich übrigens auch nicht schlecht. :)


    Grüße,
    Martin


    (*) Kurzfristig versucht der föderal-verkrustete Apparat - der diese Vergleichsstudien zwischen 1970 und 2000 erfolgreich abwehren konnte - sich natürlich ohne Mittelerhöhung irgendwie durchzumogeln. Für die aktiven Lehrer ist das zugegebenermaßen nicht so prickelnd.

    Acht Semester mitlesen ersetzt das Lehramtsstudium. ;)

  • Hallo Alias,


    ich denke auch eher, dass der nötige wissenschaftliche Hintergrund eigentlich da ist. Vielleicht fehlt es eher an passenden Trainingsmethoden für die Praxis?


    Grüße Enja

  • " Trainingsmethoden" - sprich Fortbildungen - werden für Lehrer ständig angeboten und auch wahrgenommen.
    Leider schlägt das Ministerium in Baden-Württemberg momentan falsche Wege ein und wird die Fortbildungsbereitschaft der Kollegen massiv schwächen:
    - Regionale Fortbildungen werden angeboten, ohne einen Termin dafür anzugeben. (Weiß ich, wenn ich mich gemeldet habe ob ich zum anschließend festgelegten Zeitpunkt wirklich Zeit habe?) Das ist eine Regelung, die wohl aus Schilda abgeschaut wurde....
    - Fortbildungen werden in Zukunft verstärkt an Wochenenden und in den Schulferien terminiert. Das wird die Akzeptanz dieser Fortbildungen auch nicht erhöhen.


    Jede Industriefirma, die auf sich hält, bietet die Mitarbeiterschulungen während der offiziellen Arbeitszeit an und verlangt nicht, dass die Mitarbeiter dafür Urlaubstage opfern. (Um eines klarzustellen: Ich rede hier nicht von Fortbildungen, die wie Meisterkurse auf eine höhere Position und damit mehr Gehalt abzielen. Diese sind - ebenso wie Schulungen für zukünftige Schulleiter etc. durchaus in der Freizeit anzusiedeln. Ich rede von Schulungen, die dazu beitragen sollen, die alltägliche Qualität der Arbeit zu steigern.)

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Hallo Alias,


    in den Schulferien müssten die Fortbildungen doch unterzubringen sein, da die ja nicht als Urlaub zählen.


    Ich habe in den letzten Jahren diverse Lehrerfortbildungen besucht und auch versucht, mir einen Überblick über das Angebot zu verschaffen. Das waren meist Seminare, in denen die Anwesenden mit Vorträgen berieselt wurden, deren Inhalt sie auch in einem Buch hätten nachlesen können.


    Mit Training meine ich etwas anderes. Zum Beispiel das neuerdings angebotene Videotraining und ähnliche Methoden. Das stößt hier bei den Lehrern bisher auf pauschale Ablehnung.


    Bei uns an der Schule war viel von Binnendifferenzierung die Rede. Die meisten waren der Meinung, davon keine Ahnung zu haben. Ein passendes Seminar wurde angeboten - ausgefallen mangels Interesse. Ein halbes Jahr später habe ich mir dann auf einem Seminar zu einem sehr allgemeinen Thema angehört, wie die in großer Zahl erschienenen Lehrer beklagten, dass sie keine Ahnung von Binnendifferenzierung hätten und sofort kämen, wenn so ein Seminar mal angeboten würde.


    Bei speziellen Interessenslagen kann man sich die passende Fortbildung auch problemlos selbst organisieren. Es gibt diverse Anbieter, die das dann maßschneidern.


    Grüße Enja

  • Zitat

    Enja schrieb am 25.08.2005 12:49:
    ...
    in den Schulferien müssten die Fortbildungen doch unterzubringen sein, da die ja nicht als Urlaub zählen.


    Weil unsere Wochenenden auch nicht als Wochenenden zählen, nutzen wir sie sowieso schon lange als Arbeitszeit, da macht es uns auch nichts mehr aus, wenn unsere Ferien nicht als Ferien zählen und in Zukunft ebenfalls zur Arbeitszeit gerechnet werden...... :rolleyes:


    Zitat


    .....
    Bei uns an der Schule war viel von Binnendifferenzierung die Rede. Die meisten waren der Meinung, davon keine Ahnung zu haben. ....


    Wenn von Binnendifferenzierung viel die Rede ist - und gleichzeitig keiner weiß, um was es geht - ist das schon seltsam...
    Wer als Lehrer von Binnendifferenzierung keine Ahnung hat, hat nicht Pädagogik studiert. Dieses Thema ist in der Lehrerausbildung sowohl an der Hochschule als auch an den Seminaren seit mehr als 30 Jahren Standard.

    Zitat


    Bei speziellen Interessenslagen kann man sich die passende Fortbildung auch problemlos selbst organisieren. Es gibt diverse Anbieter, die das dann maßschneidern.


    1.)Interessant. Und wer zahlt?
    2.)Problemlos selbst organisieren? Prima. Ich organisiere mal schnell problemlos eine fundierte Fortbildung... wenn das problemlos geht, brauche ich wohl kaum länger als eine halbe Stunde und das Kollegium ist dann ganz begeistert... ?(

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Unsere Lehrer behaupten glaubwürdig, keine Pädagogik studiert zu haben. Das war wohl lange Zeit ok. Die Bücher aus dem Lehrer-Studium meines Vaters stehen bei mir im Regal. Praktischen Nutzwert hatte das wohl eher nicht. Obwohl mein Vater Binnendifferenzierung für Alltag hielt.


    Grüße Enja

  • Zitat

    Enja schrieb am 25.08.2005 17:59:
    Unsere Lehrer behaupten glaubwürdig, keine Pädagogik studiert zu haben. ....


    ?(?(
    Welche Art von Schule ist das?
    Baumschule ?? 8o

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

Werbung