Pädagogisches Kuddelmuddel

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,
    vorab möchte ich mich für meinen Threadtitel entschuldigen- er ist nicht besonders präzise- aber ich finde, er trifft mein Problem sehr genau.
    Meine 9. Klasse ist als die schlimmste in der Schule verschrieen- und auch nicht gerade "einfach". Die Unterrichtsstunden sind katastrophal laut, die Schüler beleidigen sich untereinander (sie sind letztes Jahr "als Strafe" neu zusammengewürfelt worden, das Klassenzimmer ist zum Teil in einem katastrophalen Zustand ("das ist doch Sache der Putzfrauen)- bisher hatte ich immer den Eindruck, die Arbeit in der Klasse war wellenförmig: Mal gings gut, mal weniger gut. Ich habe (entgegen dem Usus der Schule) versucht, möglichst viel zu verhandeln, die Schüler auswählen zu lassen, mit ihnen zu reden und nicht einfach Strafen zu verteilen - ich hatte auch den Eindruck, es kam bei den Schülern an. Andere Lehrer emfinden die Klasse auch als "sehr schwierig" und bei einer Referendarin muss wohl der Unterricht eher einem Chaos gleichen, was wohl ein Elternteil dem Direx mitgeteilt hat. Neulich platzte aber einem Kollegen der Kragen und nun (das hab ich als Klassenleiterin auch eher hintenrum von den Schülern erfahren) wurde eine "Krisensitzung" für Montag anberaumt. (Unter anderem hatten die SuS bei der Aussprache mit dem Kollegen angeführt, es gäbe mehrere Kolleginnen, die sich nicht durchsetzen könnten- darunter war zu meiner Überraschung auch mein Name :( )
    Am Freitag hatte ich die Klasse noch mal, war ausgesprochen streng, aber fair- die Stunde lief sehr gut, Schüler, die ich danach fragte, behaupteten, mein Name sei nie gefallen. ?(
    Nun kann ich bei der "Krisensitzung" leider nicht anwesend sein (habe in einer anderen Klasse Unterricht)- bin aber in der Folgestunde drin und würde diese auch nochmals für eine Aussprache opfern. Meine Vorbereitung sieht in etwa so aus:
    - Kurze Wiedergabe der 4. Stunde (Ausgangsbasis: Was war passiert?)
    -> Ergebnissicherung: Was wurde in der 4. Stunde erreicht?
    Sind die Schüler damit zufrieden?


    5. Stunde: - Was wollen die Schüler verändern?
    a) untereinander
    b) in den Unterrichtsstunden


    -> Notizen an der Tafel


    Was gäbe es für Möglichkeiten, diese Dinge zu verändern? (Gruppenarbeit)


    Was gibt es zu tun:


    - für die Lehrer ?
    - für die Schüler ?


    Wie könnte man ein besseres Vertrauensverhältnis aufbauen?


    Was haltet Ihr davon?
    Ich bin auch etwas verwirrt und enttäuscht, da ich dachte, ich würde durch das Anbieten einer "Verhandlungsbasis" mehr Vertrauen aufbauen und nicht als "nicht-durchsetzungsfähig" da stehen.


    Mann, an dieser Schule klappt einfach gar nichts! Ich hab das Gefühl, ich kann machen, was ich will, es geht immer nach hinten los!


    Kann mich mal jemand knuddeln?


    Eure frustrierte Hermine

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Hermine!


    Ich habe zwei neunte Klassen, wo ich ein ähnliches Problem habe, wenngleich nicht ganz so extrem. In der einen Klasse hat mir eine Schülerin jetzt gesagt, ich müsse härter durchgreifen und konsequenter sein - und da hat sie Recht. In der anderen Klasse haben die Schüler mich sogar SO gern gehabt und mir vertraut, dass sie in meiner Gegenwart über ihre Klassenlehrerin hergezogen sind


    Um auf Dein Problem zu sprechen zu kommen: Versuch doch, Dich in der Stunde vertreten zu lassen, so dass Du an dem Gespräch teilnehmen kannst.
    Verhandlungsbereitschaft wird in der Mittelstufe von den Schülern schnell mal als "nicht durchsetzungsfähig ausgelegt". Ich habe mich auch schwer getan das zu glauben, aber die WOLLEN jemanden haben, der ihnen sagt, wo es lang geht.
    Klingt paradox, ist aber so.


    Gruß
    Jules

  • Hallo Hermine,


    als erfahrene Mutter und langjährige Elternbeiratsvorsitzende kann ich dir versichern, dass jede einzelne 8. und 9. Klasse die schlimmste Klasse der Schule ist. Da müssen sie alle durch.


    Meine Jüngste ist nun in der 8. Eine Krisensitzung jagt die nächste. Ich kann mich da gar nicht mehr so richtig reinsteigern. Mein Gefühl ist flächendeckend ein einziges Déjà-vu. Da müssen wir wohl alle durch.


    Einzelne Lehrer reagieren mit Brachialmethoden. Das gibt dann einen Aufschrei. Und eine Krisensitzung natürlich. Die Eltern reagieren auch ziemlich brachial - mit massiven Beschwerden. Die sensibleren Kinder leiden, weil sie das ganze Theater nicht abkönnen. Die lauteren trumpfen immer mehr auf.


    Die Eltern fordern, dass die Lehrer sich durchsetzen. Keiner weiß allerdings, wie das gehen soll. Die meisten Schüler sind auch genervt. Kinder fühlen sich im tobenden Chaos, auch wenn sie es selber verursachen, definitiv nicht wohl.


    So geht es dann durch diese zwei Jahre. Der eine oder andere Lehrer wird als absolut untragbar abgeschossen. (Bei meiner mittleren, die diese Phase erst kurz hinter sich hat, waren es zwei) Und auf einmal, während alle noch darüber nachdenken, was man denn mal unternehmen könne, ist der Spuk vorbei.


    Liebe Hermine, ich fürchte, da musst du durch. Nimm die Kritik nicht allzu persönlich. Es gab bei uns durchaus Verbesserungen im Klima, wenn die Kinder Gelegenheit erhielten, sich mal auszusprechen und ihre Wünsche und Bedürfnisse auch zu formulieren. So merkwürdig sie sich manchmal aufführen.......sie wollen ernst genommen werden.


    Grüße Enja

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Jules,
    über das "Vertreten-lassen" hab ich schon nachgedacht- aber der Kollegen meinte, er wolle die Schüler erstmal lästern lassen- und er ist sich nicht sicher, ob da überhaupt was anderes als Frustablassen rauskommt- ich werde mich in der Pause drüber informieren- im Prinzip finde ich die jetzige Lösung für die Schüler fast besser: So haben sie eine Stunde zum Dampfablassen und dann eine Stunde zum Lösungsvorschläge suchen.
    Ja, du hast Recht: Ich muss auch konsequenter werden- aber es will mir nicht in den Kopf, dass die Schüler tatsächlich mehr oder weniger nach Strafen schreien- das ist so widersinnig.
    Liebe Grüße, Hermine
    *die sich im Moment gar nicht wohl fühlt*
    Edit: Danke, Enja, für deinen Post! Er tröstet mich doch ein kleines bisschen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Hermine!


    Die Schüler rufen nicht in dem Sinne nach Strafen. Sie wollen Grenzen gesetzt bekommen bzw. sie testen Deine Grenzen aus. Grenzen kannst Du u.a. durch disziplinarische Maßnahmen setzen. Es ist ja nicht so, dass Du als Lehrerin sofort Brachialmethoden anwendest. Aber wenn die Schüler es praktisch herausfordern bzw. provozieren...
    ...meine 9er tun das auch...


    Gruß
    Jules

  • Zitat

    als erfahrene Mutter und langjährige Elternbeiratsvorsitzende kann ich dir versichern, dass jede einzelne 8. und 9. Klasse die schlimmste Klasse der Schule ist. Da müssen sie alle durch.


    Das ist so infach nicht richtig! Es gibt auch furchbar nette 8. Klassen, auf die man sich schon den ganzen Morgen freut...


    Gruß, Remus

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Vielleicht solltest du bei uns Lehrer werden.


    Die einzelnen Klassen werden von den verschiedenen Lehrern schon verschieden beurteilt. Unsere Klasse ist an sich sehr beliebt. Der Klassenlehrer der Unterstufe hat sie nach der 6. mit Tränen in den Augen abgegeben. Manche Lehrer finden sie jetzt einfach unglaublich undiszipliniert, aber sie sind gleichzeitig ganz besonders leistungsstark. Das ist dann Geschmackssache.


    Wir haben auch Lehrer dazwischen, die das mit Fassung tragen und Freude an ihnen haben.


    Grüße Enja

  • Erst mal das wichtige *knuddel*


    das wird auch wieder besser, und nach den Sommerferien gibts zur Belohnung die feste Stelle!


    Zitat

    Remus Lupin schrieb am 01.05.2005 12:58:


    Das ist so infach nicht richtig! Es gibt auch furchbar nette 8. Klassen, auf die man sich schon den ganzen Morgen freut...


    stimmt, und dann 7. Klassen, die allen Fachlehrern schlaflose Nächte bereiten ("aber in der 5, waren die doch soo nett!") :D


    Das gibts einfach in allen Klassenstufen und in allen auch Gegenbeispiele. Inzwischen (hatte/habe da so meine Schwierigkeiten) kann ich Jules nur recht gebe

    Zitat

    Die Schüler rufen nicht in dem Sinne nach Strafen. Sie wollen Grenzen gesetzt bekommen bzw. sie testen Deine Grenzen aus. Grenzen kannst Du u.a. durch disziplinarische Maßnahmen setzen. Es ist ja nicht so, dass Du als Lehrerin sofort Brachialmethoden anwendest. Aber wenn die Schüler es praktisch herausfordern bzw. provozieren...

    .


    Am besten nicht von vorn herein persönlich nehmen, durchbeißen und wieder nett werden, wenn man die Gelegenheit dazu hat (kommt bestimmt!) ;)


    Viele Grüße von einer immer noch oft zu diskussionsfreundlichen


    carla

    Nehmen Sie die Menschen so wie sie sind.
    Es gibt keine anderen

    Einmal editiert, zuletzt von carla ()

  • Hallo,


    grundsätzlich ist es wie im Tierreicht. ;) Der Leitwolf verhandelt nicht - jedenfalls nicht bei Selbstverständlichkeiten wie z.B. dass kein Mitschüler beleidigt werden darf u.ä.
    Es ist ein reines Spiel: Sie testen deine Grenzen und du musst sie setzen. ;)


    Versuch´s doch mal andersrum - konzentriere dich nicht auf die lauten Störer und deren Bedürfnisse - in jeder Klasse will die Mehrzahl der Schüler einen friedlichen und erfreulichen Unterricht - das ist der eigentlich wichtige "Kern", der auch Recht auf Schutz hat - mit der Sichtweise fällt dir Konsequenz viel leichter. ;)


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

    • Offizieller Beitrag

    So, danke für eure Posts (besonders für das Knuddeln :) )
    Unser Gespräch ist sehr sachlich, friedlich und produktiv gelaufen- wir haben verschiedene Dinge ausgemacht, Meinungen ausgetauscht, ich hab auch ein Lob gekriegt ("Zumindest merkt man bei Ihnen, dass Sie uns ernst nehmen und wir Ihnen am Herzen liegen.") und ich bin jetzt sehr gespannt, wie die nächsten Stunden laufen werden.
    Was mich aber sehr stört: Wenn die Schüler was zu meckern haben, gehen sie nicht direkt auf die betreffende Lehrkraft zu, sondern schimpfen bei anderen- oder sie lästern zu Hause und die Eltern rufen dann in der Schule an.
    Ich empfinde das als hinterhältig X( (wenn vielleicht auch nicht bewusst) oder bin ich da einfach nur zu dünnhäutig?
    Liebe Grüße, Hermine

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Hermine schrieb am 04.05.2005 19:21:
    So, danke für eure Posts (besonders für das Knuddeln :) )
    Unser Gespräch ist sehr sachlich, friedlich und produktiv gelaufen- wir haben verschiedene Dinge ausgemacht, Meinungen ausgetauscht, ich hab auch ein Lob gekriegt ("Zumindest merkt man bei Ihnen, dass Sie uns ernst nehmen und wir Ihnen am Herzen liegen.") und ich bin jetzt sehr gespannt, wie die nächsten Stunden laufen werden.
    Was mich aber sehr stört: Wenn die Schüler was zu meckern haben, gehen sie nicht direkt auf die betreffende Lehrkraft zu, sondern schimpfen bei anderen- oder sie lästern zu Hause und die Eltern rufen dann in der Schule an.
    Ich empfinde das als hinterhältig X( (wenn vielleicht auch nicht bewusst) oder bin ich da einfach nur zu dünnhäutig?
    Liebe Grüße, Hermine


    Was das hinter dem Rücken lästern angeht, so bist Du hier nicht zu dünnhäutig - das ist von den Schülern menschlich einfach daneben.
    Andererseits argumentieren Schüler häufig damit, dass sie ja dann eine schlechte Note bekommen würden, wenn sie es dem Lehrer persönlich sagen. Damit unterstellen sie uns gleichzeitig auch noch Unprofessionalität. Leider erweist sich dieses Dilemma für die Schüler oft als richtig - zumindest haben sie das Gefühl, als sei das so. Es erfordert schon viel Vertrauen seitens der Schüler, dass sie auf einen Lehrer zugehen und ihm sagen, was ihnen nicht passt. Ich habe meinen beiden 9er Klassen klipp und klar gesagt, dass ich erwarte, dass sie direkt auf mich zukommen, wenn sie ein Problem mit mir haben. Mal sehen...


    Gruß
    Jules

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Jules,
    tja, das hab ich meinen Schüler am Anfang auch gesagt :rolleyes: - allerdings bin ich ja auch eine "Neue".
    Deine Argumente hinsichtlich der Schüler versteh ich- mich macht auch ehrlich gesagt die Aktion der Eltern viel wütender.
    In den Sprechstunden und am Elternsprechtag wurde immer auf "ja, die Klasse ist schwierig und in der Pubertät, aber Sie machen das ganz gut" gemacht- und dann kommt sowas!

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