Hallo,
bin kurz davor, dass Referendariat aufzugeben. Habe im September angefangen, sitze ewig an den Stundenvorbereitungen, viel Schriftwesen für das Seminar bleibt liegen, komme nicht zu den erforderlichen Korrekturen in den Heften. Weihnachten bin ich dann zum Nervenarzt, nachdem meine Schwester Monate zuvor mit ADS diagnostiziert wurde und mein verstorbener Vater es wahrscheinlich auch hatte (Kaufsucht). Die Diagnose war bei mir dann auch eindeutig. Mein Abitur habe ich mit 30 nachgemacht, hatte aber immer enorme Konzentrationsschwierigkeiten, die ich aber durch eine sehr hohe Lernmotivation wettmachen konnte. Dafür aber wenig soziale Kontakte, da ich immer nur am Lernen war, brauchte zehnmal so lange wie andere. Muss dauernd vom Schreibtisch aufstehen, denke an alles mögliche gleichzeitig. Bekomme seit Weihnachten Ritalin, hat bis Anfang dieser Woche gedauert, bis ich die optimale Dosis hatte. Jetzt hat sich mein Leben komplett verändert. Kann jetzt konzentriert an einer Sache arbeiten, kann gar nicht alles aufzählen was sich in meinem Leben alles positiv verändert.
In wenigen Tagen steht jedoch ein Unterrichtsbesuch an und ich werde massive Pobleme bekommen, weil ich nicht dazugekommen bin die erforderlichen Proben zu schreiben, die Hefteinträge sind miserabel und fehlen bei vielen Schülern, was ich stärker hätte kontrollieren müssen. Ich brauche jetzt einfach noch einige Zeit, um die Versäumnisse nachzuholen. Lehrer ist mein Traumberuf, aber erst jetzt kann ich zum erstenmal klar denken und bringe mein Leben in den Griff.
Die Verbeamtung kann ich natürlich mit meiner Diagnose vergessen, aber ist jetzt nebensächlich. Was meint ihr, soll ich dem Seminarlehrer von meiner Diagnose erzählen, wird er sagen mit einer psychischen erkrankung ist man sowieso nur eine tickende Zeitbombe und für den Beruf nicht geeignet?
Viele glauben ja auch ADS wäre eine Modediagnose und Ritalin würde abhängig machen. Das ADS bei Erwachsenen auftritt ist sowieso in Deutschland noch weitgehend unbekannt, selbst Psychiater für Erwachsene haben darin keine Ausbildung. Bin etwas traurig darüber, dass ich so viele Jahre meines Lebens verschenkt habe, weil ich für vieles einfach keine Zeit hatte (subjektiv gesehen).
Bitte sagt mir eure Meinung.
Kann bei Gelegenheit etwas mehr über mich erzählen, wer aber schon mal eine Vorstellung haben möchte: hier der Link einer amerikanischen Lehrerin mit ADS: