"Pädagogisches Runden" - Zeugnisnoten erstellen

  • Das Runden ist im Grunde auch hochgradig unfair

    Dazu kommt, das sage ich meinen Leuten immer:

    Wenn man ab Komma 5 automatisch aufrundet, wie im Matheunterricht gelernt, bekommt man dann, wenn man "genau" zwischen 2 Noten steht, immer die höhere Zahl. Also immer die schlechtere Note bei einer Notenskala von 1-6. Und immer die bessere Note bei einer Skala von 0 bis 15.

  • Die Verpflichtung zu Notenbesprechungen am Ende eines Quartals kann ich aus der APO-GOSt nicht entnehmen - ggf. noch über die Beratungspflicht nach § 5 insbesondere bei drohenden Defiziten ableiten.

    Aus einer Dienstbesprechung der Oberstufenleitungen in unserem Regierungsbezirk hat unsere Oberstufenleiterin mal die Anweisung mitgebracht, die Quartalsnoten mitzuteilen. Die Dezernentin oder der Dezernent hat wohl von einem Fall im 2. Halbjahr der Q2 berichtet, bei dem eine Schülerin zur Hälfte des Halbjahres keinen Zwischenstand mitgeteilt bekommen hat. Ich glaube, es ging um ein Defizit, weiß ich aber nicht. Daraufhin gab die Schülerin am Ende des Halbjahres an, von der Note ganz überrascht zu sein. Entweder die Schulaufsicht oder ein Verwaltungsgericht hat die Note dann einkassiert.

    So ist es berichtet worden. Konsequenz für uns: Wir geben Ende Februar/Anfang März das, was man Quartalsnoten nennt. Hauptsächlich, damit die Schülerinnen und Schüler, die keine Mitarbeit zeigen oder fachlich überfordert sind, nicht glauben, im dunkelgrünen Bereich zu sein.

    • Offizieller Beitrag

    flipper und Brick

    Ich denke, da liegt ein Missverständnis vor. Den Begriff "Notenbesprechung" in zwei Beiträgen weiter oben hatte ich so aufgefasst, dass damit quasi Konferenzen gemeint gewesen wären.
    (Schließlich bin ich noch nicht so debil, erst selbst § 13 Abs. 3 APO-GOSt zu erwähnen, um mir diesen auf meine Nachfrage hin dann noch einmal zitieren zu lassen. )

    Notenbesprechung im Sinne von "ich teile den SchülerInnen ihre Quartalsoten mit" ist mir klar.
    Wenn es aber (semi)offizielle Notenbesprechungen der Stufenlehrkräfte wären, hätte mich die Rechtsgrundlage interessiert. Die gibt es nämlich nicht.

    @Brick

    Das von Dir geschilderte Problem hatten wir vor Jahren auch einmal an meiner alten Schule. Sehr ärgerlich. Seitdem werden Mitteilungen über mögliche Defizite immer von der Stufenberatung mit Gegenzeichnung dokumentiert.

  • ein paar Schülern einen Notenpunkt mehr zu geben

    Die teleologische Interpretation von Noten habe ich noch nie verstanden. Man bewertet die erbrachte Leistung, die steht dann auf dem Zeugnis. „Einen Punkt mehr“ gibt man, wenn dieser gerechtfertigt ist, nicht um umherzustolzieren, weil man einen Rechentrick gefunden hat.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    • Offizieller Beitrag

    Die teleologische Interpretation von Noten habe ich noch nie verstanden. Man bewertet die erbrachte Leistung, die steht dann auf dem Zeugnis. „Einen Punkt mehr“ gibt man, wenn dieser gerechtfertigt ist, nicht um umherzustolzieren, weil man einen Rechentrick gefunden hat.

    Och, ich habe öfters SchülerInnen erlebt, die aus Prinzip gefeilscht haben, weil es ja klappen könnte, nicht weil sie ihre ursprüngliche Note für ungerechtfertigt hielten. Ein ehemaliger Kollege von mir hat seiner eigenen Tochter geraten, sich immer zwei Punkte besser selbst einzuschätzen als die Lehrkraft es tat. Oft würde die Lehrkraft so ins Grübeln kommen und dann immerhin einen Punkt mehr geben. Scheint funktioniert zu haben....

  • Offiziell nicht. Wir sollen es trotzdem immer in die Notendatei, die wir abgeben sollen, notieren.

    Wir auch, weil das nämlich für die Klassenlehrkräfte von Interesse ist: Auch Vollzeit-SuS (bei Minderjährigen: deren Erziehungsberechtigte), die zwar keine Fünfen aber mehrere schwachen Vieren unter den Halbjahreszensuren haben, erhalten eine schriftliche "Gefährdungsmitteilung" (Abschlus eines einjährigen Bildungsgangs gefährdet bzw. - bei mehrjährigen Bildungsgängen - Versetzung gefährdet).

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • ... Ein ehemaliger Kollege von mir hat seiner eigenen Tochter geraten, sich immer zwei Punkte besser selbst einzuschätzen als die Lehrkraft es tat. Oft würde die Lehrkraft so ins Grübeln kommen und dann immerhin einen Punkt mehr geben. Scheint funktioniert zu haben....

    Auch ein guter Tip, eine verrückte Idee dazu: man könnte seiner Tochter raten, sich vorzubereiten und am Unterricht zu beteiligen. Das hilft auch dabei, mehr Notenpunkte zu bekommen, aber ich gehöre einer anderen, altmodischen Generation an...

  • Dazu kommt, das sage ich meinen Leuten immer:

    Wenn man ab Komma 5 automatisch aufrundet, wie im Matheunterricht gelernt, bekommt man dann, wenn man "genau" zwischen 2 Noten steht, immer die höhere Zahl. Also immer die schlechtere Note bei einer Notenskala von 1-6. Und immer die bessere Note bei einer Skala von 0 bis 15.

    Noten sind Klassen und keine Fließkommazahlen. Wenn man die Notensysteme einfach (egal ob 1-6 oder 15-0 Punkte) abschaffen würde und durch Leistungsprozente ersetzen würden, wäre das alles viel "genauer" und fairer.

  • Auch ein guter Tip, eine verrückte Idee dazu: man könnte seiner Tochter raten, sich vorzubereiten und am Unterricht zu beteiligen. Das hilft auch dabei, mehr Notenpunkte zu bekommen, aber ich gehöre einer anderen, altmodischen Generation an...

    Naja, das ist alles eine Abwägung der Kosten und des Nutzens. Effizienter ist es sich am Ende durch zu wieseln.

  • Effizienter ist es sich am Ende durch zu wieseln.


    So lernst du auch was für's Leben und eben nicht nur für die Schule. :)

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

    • Offizieller Beitrag

    Auch ein guter Tip, eine verrückte Idee dazu: man könnte seiner Tochter raten, sich vorzubereiten und am Unterricht zu beteiligen. Das hilft auch dabei, mehr Notenpunkte zu bekommen, aber ich gehöre einer anderen, altmodischen Generation an...

    Das ist ja ganz unabhängig von dem, was ich schrieb, sinnvoll.
    Wir haben aber seit Jahren eine Entwicklung in die Richtung, dass nur noch zählt, DASS man ein Abitur mit 1,X hat, nicht wie ehrlich es zustande gekommen ist. Dies geht Hand in Hand mit einer gefühlt zunehmenden "Vorteilsnahmementalität" in Verbindung mit fehlendem Unrechtsbewusstsein bei scheinbaren Kavaliersdelikten (Haushaltshilfe nicht angemeldet, HandwerkerIn arbeitet schwarz etc.).
    Dass Menschen im sportlichen oder politischen Rampenlicht dann durch Unehrlichkeit und Verantwortungslosigkeit offenbar als Vorbilder dienen, tut sein Übriges.

    Sei es drum. Es ging ja ums Runden. Sofern die arithmetische Ermittlung der Noten nicht in der Prüfungsordnung festgelegt ist, bleibt der pädagogische Spielraum - denn kann man nutzen. Dann hat man auch keine Probleme mit Runden. Sich der Mathematik scheinbar zu unterwerfen, hat hier so ein bisschen etwas von sich aus der Verantwortung stehlen...

  • ...
    Wir haben aber seit Jahren eine Entwicklung in die Richtung, dass nur noch zählt, DASS man ein Abitur mit 1,X hat, nicht wie ehrlich es zustande gekommen ist. Dies geht Hand in Hand mit einer gefühlt zunehmenden "Vorteilsnahmementalität" in Verbindung mit fehlendem Unrechtsbewusstsein bei scheinbaren Kavaliersdelikten (Haushaltshilfe nicht angemeldet, HandwerkerIn arbeitet schwarz etc.).
    Dass Menschen im sportlichen oder politischen Rampenlicht dann durch Unehrlichkeit und Verantwortungslosigkeit offenbar als Vorbilder dienen, tut sein Übriges.

    Ist das eine gefühlte Veränderung oder tatsächlich vorhandene? Und ist es eine Begründung dafür, dass es okay ist, was der Vater seiner Tochter riet? Ich finde die von ihm vermittelte Lebensweisheit ehrlich gesagt äußerst unangenehm.

  • So lernst du auch was für's Leben und eben nicht nur für die Schule. :)

    Das stimmt tatsächlich. Das habe ich schon öfters gemacht und es funktionierte sehr gut.


    Ist das eine gefühlte Veränderung oder tatsächlich vorhandene? Und ist es eine Begründung dafür, dass es okay ist, was der Vater seiner Tochter riet? Ich finde die von ihm vermittelte Lebensweisheit ehrlich gesagt äußerst unangenehm.

    Finde ich überhaupt nicht. Die Fähigkeit Verhandlungen taktisch gut führen zu können ist sehr Wertvoll. Das hat die Tochter damit sehr schön üben können.


    So funktioniert die Welt nun einmal. Würdest du denn deinem Kind keinen Trick verraten, den es zu seinem Vorteil nutzen kann (ich meine natürlich legale Tricks)?

  • Ist das eine gefühlte Veränderung oder tatsächlich vorhandene?


    Die FDP wurde doch sogar in die Regierung gewählt!

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Würdest du denn deinem Kind keinen Trick verraten, den es zu seinem Vorteil nutzen kann (ich meine natürlich legale Tricks)?

    Wohl schon: Zu sagen, dass es die Tricks gibt, aber zu vermitteln, dass man sie nicht benutzt. Das ist auch meine eigene Haltung.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Naja, das ist alles eine Abwägung der Kosten und des Nutzens. Effizienter ist es sich am Ende durch zu wieseln.

    Joah, hilft dann auch bestimmten Kandidat:inn:en, die sowieso prinzipiell davon ausgehen, dass sie gute Leistungen bringen würden, dass sie ihr Selbstbild nicht der Realität annähern müssen, wenn sie auf dem Weg konstant durchkommen.


    Habe ein besonders ausgeprägtes Exemplar davon gerade in meiner Abschlussklasse sitzen: Macht keine Hausaufgaben, meldet sich nicht, bei PA/GA muss sie beständig daran erinnert werden, dass sie eine Arbeitsaufgabe hat, das kein Kaffeekränzchen ist, nur um am Ende dann lediglich einen kleinen Teil der Antworten zu haben, die abgeschrieben wurden, so dass sie sie nicht erklären kann auf Nachfrage. Fehlt ständig (deshalb bereits Attestpflicht), arbeitet nichts nach, wenn sie krank war. Nach der ersten Runde mündlicher Noten war das Mädel 1. empört, nicht wenigstens eine zwei zu haben ("Ich arbeite aber doch immer gut mit, wenn sie mich aufrufen!" *empörten Blick und entsprechend theatralische Betonung bitte mitdenken*) und 2. dass Mitschüler:innen, die ihrer Auffassung nach genauso viel mitarbeiten würden wie sie bessere Noten hätten. Nach 20 min detaillierten Sezierens ihrer Arbeitsleistung mit Angaben einzelner Stunden, wie es da genau gelaufen ist war ihr zumindest klar, dass sie argumentativ auf Granit beißt. Kam aber diese Woche wieder auf mich zu- nachdem ich sie wieder wochenlang nicht gesehen hatte- was sie noch für ihre mündliche Note machen könnte, um diese zu verbessern... vielleicht eine schriftliche Aufgabe, nichts, wo sie sprechen und präsentieren müsse, weil sie das nicht so gut könne und sich damit dann ja nicht verbessern könne... :autsch: Meinen Einwand, dass eine schriftliche Leistung ihre mündliche Note kaum heben könnte konnte sie zwar nicht entkräften, fand ihn aber ersichtlich problematisch. Folgerichtig war sie deshalb die gesamte Woche über nicht in meinem Unterricht- womöglich hätte ich sie da ja vermehrt aufgerufen, damit sie ihre mündliche Note verbessern kann... (Läuft übrigens in anderen Hauptfächern ganz genauso, wie ich von KuK weiß.)

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wohl schon: Zu sagen, dass es die Tricks gibt, aber zu vermitteln, dass man sie nicht benutzt. Das ist auch meine eigene Haltung.

    Klar kann man das machen, wenn man glaubt dass in Schule und auch sonst im Leben immer alles gerecht zu geht.


    Ich vermittle meinen Kindern schon, dass sie selbst schauen müssen wo sie bleiben. Das ist jetzt natürlich überspitzt gesagt. Auch Zusammenarbeit oder ein gutes soziales Verhalten sind am Ende der eigene Vorteil. Das sind auch alles "Tricks", die zum Überleben der menschlichen Spezies geführt haben.

  • Würdest du denn deinem Kind keinen Trick verraten, den es zu seinem Vorteil nutzen kann (ich meine natürlich legale Tricks)?

    Nein, nicht alles was legal ist, ist auch moralisch okay. Ich würde ihnen z.B. nicht sagen "Diskutiere doch ein bisschen mit dem Lehrer und sage, dass du eigentlich 2 Notenpunkte besser bist, dann wird er sich schon in die Ecke gedrängt fühlen." Ich würde auch nicht sagen "Zieh dir zur mündlichen Prüfung das schicke Schwarze mit dem tiefen Ausschnitt an."

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