ZitatAlles anzeigen"Schock-Unterricht" an Lübecker Grundschule.
Acht- und Neunjährige sollten NS-Zeit erleben
Lübeck - Eine Lehrerin hat an einer Lübecker Grundschule versucht, ihren Schülern die NS-Zeit mit einem heiklen Rollenspiel begreiflich zu machen. Zu Beginn der Religionsstunde konfrontierte sie die acht und neun Jahre alten Kinder mit einer angeblich "amtlichen Weisung". Die Kinder müssten sich sofort grüne Pfeile sichtbar an die Kleidung heften und dürften fortan Spielplätze, Büchereien oder Geschäfte nicht mehr betreten. Die Dritt- und Vierklässler reagierten entsetzt. Eltern protestierten gegen das gut gemeinte Experiment, für das es gestern einen ministeriellen Rüffel gab.
"Ich halte es für unangemessen, die Schrecken der Nazi-Zeit in der Schule mit Schockmethoden vermitteln zu wollen", sagte Schulministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD). Das Thema Holocaust stehe nicht im Lehrplan für die Grundschule und sei hier auch nicht vermittelbar.
Dienstrechtliche Folgen hat das missratene Experiment für die 38 Jahre alte Lehrerin bisher nicht. Die Pädagogin habe versichert, dass sie in guter Absicht gehandelt habe, nehme die Kritik an und habe versprochen, ein solches Rollenspiel nicht zu wiederholen, sagte Erdsiek-Rave.
Die Lehrerin, die seit gut 18 Monaten im Arbeiterstadtteil Lübeck-Kücknitz arbeitet, hatte eine solche Schock-Stunde offenbar vor Jahren schon einmal in einer Grundschule in Nordrhein-Westfalen gegeben: "Die Kinder sollen im Ansatz in die Situation des Ausgegrenztseins gebracht werden", beschrieb sie das Konzept in einer Fachzeitschrift.
In dem angeblichen "Amtsschreiben" heißt es unter anderem, dass Schüler, die den grünen Pfeil tragen, "ab sofort in der ersten und zweiten großen Pause in ihrem Klassenzimmer zu bleiben haben". Zudem gehörten "sämtliche Stifte, Hefte oder Bücher" der mit dem Pfeil gekennzeichneten Schüler der Allgemeinheit und dürften von Mitschülern benutzt werden.
Das Rollenspiel zog sich etwa fünf Minuten hin. Dann klärte die Lehrerin die Schüler über den Hintergrund auf. Den Zeitpunkt für ihre Geschichtslektion mit der Brechstange hatte sie bewusst gewählt. Die Schock-Stunde gab sie in der vergangenen Woche, kurz nach dem Jahrestag der Reichspogromnacht.
(Quelle: Hamburger Abendblatt, http://www.abendblatt.de/daten/2003/11/19/231651.html )
Hm, also ob da jemand nicht mächtig über's Ziel hinausgeschossen ist? Oder ist einfach nur die Schulstufe falsch? Andererseits gibt's ja den Film "Blauäugig" ("Blue-eyed", 1996, mehr dazu hier: http://us.imdb.com/title/tt0115716/ ), der ja ähnlich funktioniert - und als pädagogisch wertvoll gilt, weil er das Entstehen von Stereotypen und Stigmata anschaulich vor Augen führt... Oder - zu diesem Thema - doch besser nur ein Lehrbuchtext (natürlich nicht in der Grundschule)?
gruß, ph.