Montessori Diplom- wirklich sinnvoll oder verschwendete Zeit?

  • Hallo Ihr Lieben!


    Ich möchte von euch gerne mal wissen, was Ihr für Erfahrungen mit dem Montessori Diplom gemacht habt!
    Ich überlege gerade, ob ich das machen soll. Bei einem riesigen Arbeitsaufwand (rund 6-7 Zeitstunden pro Woche + noch ein paar Samstagen) und Gesamtkosten von etwa 1600 Euro 8o kommt man schon ins Grübeln, ob sich das alles lohnt.
    An meiner Schule sind ein paar ausgebildete Montessori Lehrerinnen. Das Material steht jeder Klasse zur Verfügung. Wenn man diese Lehrerinnen fragt, sagen die einem natürlich, dass Montessori ganz toll ist. Würde ich dann auch nicht anders machen, wenn ich so viel Zeit, Geld und Mühe investiert hätte.
    Meine Fragen: Lohnt es sich wirklich, wenn man das zur Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt nutzen möchte (größere Auswahl von Stellenangeboten bzw. eine super Zusatzqualifikation, die andere Mitbewerber eventuell eher aus dem Rennen wirft; vielleicht Chance auf Verbeamtung) und der andere Punkt hilft es einem wirklich bei der täglichen Arbeit bzw. dem generellen Umgang mit den Kindern?
    Ich meine, die Lehrerinnen, bei denen ich das bei meiner Schule gesehen habe, hatten ihre Kinder super im Griff, die Klassen waren arbeitsam und ordentlich. Nur weiß ich nicht, ob es an der Lehrkraft generell gelegen hat, oder an der Montessori arbeit.
    Deshalb an euch die Bitte: Schreibt, welche Erfahrungen Ihr gemacht habt. Positive als auch negative.


    Bin sehr gespannt auf eure Erfahrungen.

    schon mal
    euer Pusteblümchen

  • Hallo liebe Pusteblume,


    ich habe das Diplom ja und für mich persönlich hat es einzig die Erkenntnis gebracht, dass ich mit waschechten Montessorianern nicht auf einer Wellenlänge liege, da diese nach dem Prinzip der Ausschließlichkeit verfahren (Du sollst keine andere Göttin neben Maria M. haben).


    ABER, ich fand die Erfahrungen, die ich gemacht habe sehr lehrreich und insofern möchte ich die Zeit nicht missen.
    Durch das Diplom erhielt ich die Möglichkeit an vielen Montessorischulen zu hospitieren und kurzzeitig zu unterrichten und alleine diese Einblicke waren für mich - teilweise - sehr gewinnbringend und erkenntnisreich.


    Das Diplom hat mir bei meiner Einstellung und Verbeamtung nichts genützt, aber man darf auch nicht vergessen, dass das schon mehr als ein Jahrzehnt her ist.



    Liebe Grüße
    strubbelsuse

  • Hallo Pusteblume,


    auch ich hab das Montessori Diplom gemacht - mein Fazit:


    * tolles Konzept, jedoch nur einsetzbar wenn die Rahmenbedingungen stimmen d.h. max. 15 Schüler / Klasse, pro Klasse ein Materialsatz (da ja immer alles für die Kinder verwendbar sein soll), einen großen Klassenraum mit viel Stauraum und wenn möglich mit einer Einteilung der Lernbereiche


    * 100% Montessori kommt für mich nicht in Frage

    Zitat

    Du sollst keine andere Göttin neben Maria M. haben


    * du brauchst eine Elternschaft, die dich zu 100% unterstützen


    Zitat

    ... hatten ihre Kinder super im Griff, die Klassen waren arbeitsam und ordentlich. Nur weiß ich nicht, ob es an der Lehrkraft generell gelegen hat, oder an der Montessoriarbeit

    - hab ich mir auch immer gedacht, bei mir hat das bis jetzt nicht so ganz geklappt;


    * "Probleme" habe ich vor allem mit dem Leitsatz - "Alles zu seiner Zeit" d.h. jeder soll das zuerst lernen dürfen, das ihn interessiert....bei mir stehen aber z.Bsp. die Malreihen nun mal im Lehrplan für die 2. Klasse, und müssen gelernt werden, egal ob die Kinder wollen oder nicht.


    Zitat

    hilft es einem wirklich bei der täglichen Arbeit bzw. dem generellen Umgang mit den Kindern

    - hier muss ich für mich leider mit "Nein" antworten


    Als verschwendete Zeit würde ich die Ausbildung aber nicht bezeichnen - fand es sehr interessant und setze viele Materialien auch in meiner heutigen Arbeit ein, nur eben so, wie es mit 29 Kindern (davon 50% mit nicht deutscher Muttersprache) eben möglich ist.


    Bei welcher Organisation möchtest du denn die Ausbildung machen?


    gruß shopgirl

    • Offizieller Beitrag

    Mir hat das Monti-Diplom letztendlich zu einer festen Stelle verholfen, obwohl es bei den Ausschreibungen nicht als hartes Einstellungskriterium gelten darf bzw. bei der Stellenvergabe über Liste von der BezReg ignoriert wird. So landete eine Freundin von mir an einer Montessorischule, ohne überhaupt die Absicht bekundet zu haben, das Diplom erwerben zu wollen. Für Ausschreibungen reicht es jedenfalls aus, eine Erklärung für den nachträglichen Erwerb abzugeben, es sei denn, es handelt sich um eine Montessorischule, die sofort eine vollausgebildete Monti-Lehrerin braucht. Das aber nur am Rande und sehr subjektiv meine Erfahrung.


    Ich habe den Kurs über die VHS gemacht und muss sagen, dass ich mich öfter als einmal hinquälen musste. Insbesondere die theoretischen Vorträge sind grottenlangweilig. Die Anwesenheitspflicht war oft der einzige Grund durchzuhalten. In meinem Kurs waren zur Hälfte Erzieherinnen, die von ihrem Arbeitgeber geschickt wurden. Die andere Hälfte bestand aus motivierten Sonderschullehrern und Grundschullehrern, die auf eine Festanstellung warteten. Von diesen haben es zwei bis zum Ende durchgehalten. Die anderen sprangen ab, weil sie im Laufe der zwei Jahre eine Stelle bekamen oder es einfach zeitlich und kräftemäßig nicht schafften. Wir bekamen immer auch Hausaufgaben auf, die kritisch begutachtet wurden. Was nicht ordentlich war, musste neu gemacht werden! Deshalb waren wir alle höchst diszipliniert - ein typischer Monti-Effekt. Die Samstagsveranstaltungen waren zwar entspannter, weil man nicht nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zum Kursort fahren musste, aber das Wochenende war kaputt.
    Ich bin irgendwie stolz, es durchgezogen zu haben. Die Prüfung am Ende (zwei Klausuren und eine mündliche Prüfung mit praktischer Demonstration) hat mich Nerven gekostet, aber das lag an dem Druck, den ich mir selbst auferlegt hatte.


    Für meine tägliche Arbeit habe ich versucht, die Grundsätze der Montessoriarbeit so oft wie möglich zu beachten. Das ist am Anfang nicht einfach und man muss erstmal die eigene Klasse gründlich beobachten, um Ansätze zu finden. Da ich das Glück hatte, in zahlreichen Schulen mit unterschiedlichen Konzepten hospitieren zu dürfen, habe ich mir eine persönliche 'Bestenliste' erarbeitet. (So mancher strenge Montessorianer würde wahrcheinlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. ) Soweit ich es aus den engagierten Beiträgen in diesem Forum entnehmen kann, arbeiten viele Kollegen nach einem ähnlichen Konzept, ohne vielleicht bewusst die Ursprünge bei Montessori und Co wahrzunehmen. Es ist auch schwierig, alles in ein paar Punkten zu beschreiben. In den letzten Jahren kommen die Erkenntnisse aus den Universitäten endlich in der Lehrerfortbildung an und ich sitze so manches Mal da, kommentiere spontan "Das ist Montessori." und meine Sitznachbarn starren mich erstaunt an. Insofern hatte ich für den Start in die Eingangsstufe leichte Vorteile.


    In meiner jahrgangsübergreifenden Klasse merke ich seit einem Jahr deutlicher als vorher, dass es z.B. die Momente der Polarisation der Aufmerksamkeit wirklich häufig gibt. Durch tägliche Arbeit an einem Tagesplan, Wochenplan oder einer Werkstatt bekomme ich den Raum für Beobachtungen oder die Zeit, mich für ein paar Minuten nur einem Kind zuzuwenden. Diese Momente sind wertvoll und man muss sie schätzen lernen. Was viele Eltern nicht wissen und deshalb die freie Arbeit kritisch beäugen: ohne eine gewisse Disziplin geht gar nichts!
    In meiner Schule gibt es kein orginales Montessori-Material. Ich besitze lediglich ein Seguinbrett und ein paar Einzelteile vom (holländischen) Trödel. Selbst hergestellt habe ich ein paar Zehnerstangen aus Perlen.


    Wenn ich nun überlege, ob ich ohne das Monti-Diplom auch so weit wäre, müsste ich spontan verneinen. Vielleicht muss es nicht unbedingt der komplette Kurs sein. Die Hospitationen, vor allen Dingen auch im Kinderhaus, waren sehr interessant. Die Übungsabende und der Austausch mit den Kollegen waren mehr als hilfreich.


    LG Talida

    Ein Niederrheiner ist einer, der nix weiß und alles erklären kann.
    Hanns Dieter Hüsch

  • Ich danke euch so weit schon mal ganz herzlich. Sind ja super viele Eindrücke, die ich da bekomme.


    @ Shopgirl: Das wird von der Düsseldorfer VHS in Verbindung mit der Montessori- Vereinigung angeboten.


    Ist eh noch die Frage, ob man da überhaupt in den Kurs kommt, da bei der Info Veranstaltung ungefähr 60 Teilnehmerinnen waren, und sie erklärten, dass max . 30 in den Kurs kommen.
    Jetzt soll man sich schriftlich Bewerben und die eigene Motivation klarstellen, und dann suchen sie sich die schönsten aus (oder die, die am besten den Wortlaut getroffen haben)...


    Mich schreckt das ab, dass man da irgendwie nicht fehlen darf. Ich meine, ist doch schnell mal passiert, dass man krank ist oder ähnliches. Wie oft darf man da fehlen? ?(
    Konnten, oder wollten sie uns nicht genau sagen.....
    Aber vier Stunden nach hartem Arbeitstag (besonders im Ref ist es ja anstrengend! :D ) sich dahin zu hocken.....


    Aber insges. hört es sich nicht schlecht an.


    Ihr würdet es also wieder machen... bis auf Strubbelsuse.... zumindest Teile.... mmmh..... bin immer noch unsicher


    Trotzdem schon mal danke!
    Cori

  • Mache derzeit mein Montessori-Diplom. Ein Schuljahr lang alle zwei bis drei Wochenenden drei Stunden am Freitag nachmittag und den gesamten Samstag. Freitags, wenn ich nach einem Schultag in der U-Bahn sitze, denke ich mir immer wieder: "Was hast du dir da angetan..." Bisher bin ich aber jeden Freitag (und auch Samstag) mit dem Gefühl, dass es nett war, herausgegangen. Ich verstehe jetzt gut, wie gut man sich fühlt, wenn man konzentriert mit einem Material arbeitet - und warum die Schüler manchmal in der Freiarbeit auch einfach nur ratschen Bisher hatte ich vier solche Wochenend-Seminartage.


    Für meine derzeitige Arbeit (bin an einer Montessori-Schule) bringt mir der Kurs auf jeden Fall was. Ich weiß jetzt, wofür das Material, dass alles so in meinem Klassenzimmer steht, gut ist Und ich muss sagen: so manches begeistert mich (nach einem Referendariat an der Regelschule) total! (Glaube aber auch, dass ich das Glück gehabt habe, sowohl an einer Schule als auch in einem Monte-Kurs gelandet zu sein, die sehr offen für aktuelle Entwicklungen und andere Ideen sind - die Leute, die meinen Kurs halten, kommen direkt aus der Praxis und unterrichten selbst und schwafeln daher nicht nur so "abgehobenes Zeug").


    Was ich jedoch momentan noch schwer beurteilen kann, ist, ob der Kurs mir für eine eventuelle Arbeit an der Regelschule auch etwas bringen würde. So manches mal denke ich mir: "Wenn ich mal an die Regelschule zurück gehen sollte, dann müsste ich aber dieses und jenes unbedingt übernehmen." Ich bin mir aber auch sicher, dass mit dem Wissen, dass ich jetzt in den letzten sechs Wochen sammeln konnte (hier zähle ich aber auch die Arbeit an der Schule, nicht nur den Kurs), das Referendariat mir leichter gefallen wäre.

  • Mein Montessori-Kurs heißt "Montessori-Pädagogik vom Kindergarten bis zum 9. Schuljahr" und es besuchen auch Hauptschullehrer den Kurs. Daher nehme ich mal an, dass man auch wirklich etwas aus dem Kurs mitnimmt, wenn man höhere Klassen unterrichtet. Bisher hatte ich aber neben der Theorie nur Dinge, die vor allem Kinderhaus und erste Grundschulklassen (z.B. Sinnesmaterial oder Mathe 1) betreffen - der Rest kommt wahrscheinlich in den nächsten Wochen.

  • Bei uns waren bei dem Info Abend auch Sek 1 Leute dabei. Die waren auch angesprochen. Wird wohl schon noch was für euch geben :)


    LG
    Cori


    PS: ich weiß, dass auf dem GYM, auf dem ich war, eine Montessori Klasse (für die 5+6 Klasse) vorhanden war.

  • Habe auch grade mein erstes "Kurs-Wochenende" hinter mir und bin froh gewesen al es um war...
    Ist halt momentan noch recht theoretisch, irgendwann wenn dann die Einführung in die Materialien anfangen wirds bestimmt besser, aber es hat sich nach jeder Menge zusätzlicher Arbeit angehört. Scheinbar haben wir während des Kurses nicht die Zeit den Umgang mit dem Material zu üben, es wird also nur erklärt. Üben müssen wir dann wann anders. Außerdem müssen Materialordner selbst angelegt werde (obwohl es das alles fix und fertig gibt...) und weitere zusätzliche aufgaben erledigt werden. Vom hospitieren mal ganz abgesehen. Ich bin gespannt wie und ob ich das durchhalte - hab fast ein volles Deputat in einer ersten Klasse und es ist mein erstes "richtiges" Schuljahr nach dem Ref.
    Drückt mir die Daumen!

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