Bin frustriert

  • Ich habe gerade die Rückmeldebögen und die Lerntagebücher "meiner" Klasse 7 gelesen. Während die einen sich viel Mühe gegeben haben und auch wirklich für sich zu guten Ergebnissen gekommen sind, haben andere sich kaum bemüht, haben auch geschrieben, dass ihnen das Lerntagebuch nicht gefällt. Ich hatte damit gerechnet, dass es nicht allen etwas bringen kann, aber trotzdem bin ich jetzt ein wenig enttäuscht, weil ich nachwievor hinter der Idee stehe.


    Außerdem frage ich mich nun auch, wie ich das in der Staatsarbeit dann auswerten soll, weil manche wirklich kaum Sinnvolles geschrieben haben :( Aber vielleicht sollte ich diese 'doofe' Staatsarbeit auch nicht 'zu hoch' hängen.


    Ich wollte eigentlich mit den Schülern vereinbaren, dass sie bis zu den Ferien 1x pro Woche einen Eintrag machen, aber ich weiß gar nicht, ob das Sinn macht bei denen, den das Lerntagebuch sowieso nichts zu bringen scheint ... ?(:(

  • Im Grunde genommen orientieren sich die Schüler an Leitfragen wie "Worum ging es in der Stunde?", "Was habe ich verstanden/gelernt?", "Ist mir etwas unklar oder erscheint mir falsch? Welche Frage könnte ich dazu meinen Mitschülern oder meiner Lehrerin stellen?", "Was hat mir gefallen?", "Was hat mir nicht gefallen?"


    Ziele gibt es dabei mehrere: die Schüler reflektieren ihr eigenes und das Handeln der Anderen stäkrer, durch das Verbalisieren dessen, worum es ging und was sie gelernt haben, werden sie sich - wohl auch unbewusst - klar, OB sie es verstanden haben, etc. Außerdem können sie Materialsammlungen o.ä. anlegen. Sie können Lernstrategien dokumentieren und auch nachschlagen, was sie zum Erfolg oder auch nicht gebracht hat.


    Das kann man von der Grundschule hoch bis zur Uni auf verschiedenen Ebenen machen.


    Mir hat das Lerntagebuch auch bei einigen Aufschluss über ihre "Welt" und ihre "Wahrnehmung" gegeben.
    Hier war z.T. aber auch so, dass diejenigen, die vielleicht mal etwas mehr "nachdenken" sollten, das Ganze abgelehnt haben, weil es natürlich auch Arbeit bedeutet hat. Einige haben aber auch verstanden, dass es ihnen etwas bringt.
    Ich bin mir noch nicht ganz im Klaren, mit welchem Gefühl ich jetzt an das Schreiben meiner Arbeit gehe.

  • Hallo Aktenklammer,


    ich fürchte, uns als Lehrern ist meist nicht so klar,
    a) wieviel mehr an Arbeit das für die Kiddies bedeutet und
    b) das die Reflektion auf der Metaebene ein mühseliges Geschäft ist, was ihnen in dem Alter zum Teil noch sehr schwer fällt, weil es so unkonkret ist. Grade bei den Jungs der Klasse vermute ich, dass einige diese Verbalisierung kaum leisten können, weil es zuviel Selbstreflektion einfordert. Wenn sie vorher noch nicht mit Lerntagebüchern gearbeitet haben, kann es auch gut sein, dass ihnen die Arbeitsmethode noch zu fremd ist und sie einfach nicht wissen, was sie schreiben sollen. Vorschläge ins Blaue hinein (weiß natürlich nicht, wieviel du davon schon machst):
    - Gib immer wieder Teile des Lerntagebuchs (z.B. Thema der Stunde) vor bzw erarbeite sie gemeinsam im Unterricht. Damit haben die weniger reflexiven Schüler eine Formulierungs- und Denkhilfe.
    - Biete klkeine, spielerische Tests oder Ähnliches an, an denen sie festmachen können, ob sie das Gelernte verstanden haben oder nicht - dies Ergebnis ist dann leichter ins Lerntagebuch zu übertragen.
    - Gerade das "Fragen formulieren" muss stark in den Unterricht eingebunden bzw. gesondert motiviert werden, weil es erfordert, eigenes Unwissen öffentlich zuzugeben (was besonders den Jungs, aber auch vielen Mädchen sehr schwer fällt). Diese Fragen könnte man am Anfang der Stunde sammeln, einen Preis für die interessanteste Frage ausloben, Fragen untereinander vergleichen lassen - dann können z.B. einige Fragen schon in der Gruppe geklärt werden, bei den anderen haben die SuS zumindest das beruhigende Gefühl, dass ihre Kollegen es auch nicht verstanden haben usw.


    Nur nicht die Geduld verlieren - ich finde das Lerntagebuch auch prima, es ist aber auch eine sehr anspruchsvolle Methode, die viel Zeit und Eigenmotivation braucht. Ich find's auch nicht schlimm, die Ansprüche in der Examensarbeit tiefer zu hängen - wenn mit dieser Methode einige SuS das selbstständige Arbeiten verbessern, während du bei anderen Feststellst, dass sie eben noch konkretere Anleitung brauchen, ist das ein sinnvolles und tragfähiges Ergebnis.


    Nur Mut,
    w.
    -

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • Hallo, Wolkenstein hat völlig Recht: Die Reflexion der eigenen Arbeit muss doch auch von Erwachsenen erst eingeübt werden (und dauert länger als ein Wochenendseminar ;) ) - wie sollen Kinder das "ungeübt" leisten?
    In der Klasse meiner Großen gibt es in jedem Schuljahr mindestens zwei reine Projekttage zum Thema "Wie arbeite ich für die Schule, was für verschiedene Methoden gibt es für mich und welche ist sinnvoll?" - dort wird in kleinen Gruppen unter Aufsicht extra fortgebildeter Lehrer Methodentraining abgehalten.
    Hast Du mit Deinen Schülern das auch mal probiert?


    Musikalische Grüsse von der Katze (mache sogar mit Vorschülern methodische Übungen zum bewußten Hören von Musik...)

    Musik ist die Stenographie des Gefühls.
    Tolstoi

  • Danke für eure Antworten. Eine Freundin sagte auch zu zu mir: "dann hast du wenigstens was zu schreiben!"


    Wie seht ihr das denn, sollte ich nach den Ferien trotzdem weiter konsequent sagen, einmal pro Woche muss eingetragen werden?


    Ich habe die Schüler sich nach der Hälfte des U-Vorhabens - und somit der bisherigen Arbeit - in Gruppen zusammensetzen lassen und sie haben verglichen, besprochen u.ä.


    Einer derjenigen, die jetzt so großartige Sachen geschrieben haben wie "xx.xx.2005: ich habe nicht aufgepasst" (und fertig) oder die auf dem Rückmeldebogen geschrieben haben: "Bitte schaffen sie das Lerntagebuch ab!", hat nach dieser Besprechungsstunde geschrieben: "Ich schreibe hier falsch rein, aber das ist ja egal, es wird ja nicht benotet"


    Ich hatte den Eltern in einem Info-Brief geschrieben, dass das Lerntagebuch nicht benotet oder bewertet wird und hatte den Schülern gesagt, dass es nicht inhaltlich benotet wird und keiner immer schreiben soll "toll, toll, toll", aber dass ich eine ernsthafte Arbeit verlange und eine nicht-ernsthafte Arbeit schon notiert wird. Nun weiß ich nicht, wie ich auf solche LTB reagieren soll. In gewisser Weise fühle ich mich im Stich gelassen, aber muss wohl auch bedenken, dass sie eben erst 13 sind und andere Dinge für wichtig halten.


    Und ich kann sie ja auch nicht zwingen, wer keinen Sinn erkennt, dem kann das LTB auch nicht richtig helfen. Zum "Glück" (Weniger im Hinblick auf die Arbeit als für mein Gefühl) habe ja auch viele geschrieben, dass es ihnen etwas bringt und sie weiter schreiben wollen.

  • hallo aktenklammer,


    ich denke, dass du eben genau alles das, was du nun uns hier schreibst mit in die arbeit nehmen solltest!
    du machst mit deiner klasse nun die erfahrungen, wie mit ltb's umgegangen wird/ werden kann.
    ist doch interessant und wichtig wie ich finde - ohne dass ich die thematik überhaupt näher kennen würde.


    da muss ich deiner freundin recht geben - da hast du (wenigstens) was zum schreiben.
    sabi ;)

  • Hey Aktenklammer,


    in meiner Hospitationsklasse gab es ähnliche Probleme. Es war eine 3. Klasse und die Kinder hatten zum Teil keine Lust etwas zu schreiben. Auch vor allem die Jungen.
    Die Lehrerin hat das so gelöst, dass sie ansonsten andere Aufgaben machen sollten(Aufgaben für die Wochenarbeit oder Extrajobs wie Tafel wischen,...). Das hat gezogen und die Ergebnisse waren für eine 3. Klasse auch ok.


    Aber ich weiß nicht ob du diese Mittel einsetzen möchtest.
    Tschüß
    Steffi

  • Mich würde noch einmal eure Ansicht hinsichtlich des verbindlichen Fortführens der Hefte bis zum Schuljahresende interessieren. Ich hatte ja vor, es in Zukunft 1x pro Woche führen zu lassen. Einige lehnen es ja weitestgehend ab. Einerseits kann man sagen, dass es eben eine Weile braucht, bis die Schüler den möglichen Nutzen erkennen (sie haben es bisher ca. 6 Wochen lang geführt). Ich kann mir vorstellen, dass auch diejenigen, die klar geschrieben haben, es weiterführen zu wollen, damit aufhören, weil es ja "ungerecht" ist, wenn es nicht mehr verbindlich ist, obwohl es ihnen sicherlich helfen würde.
    Andererseits ist es auch nicht sehr ertragreich, wenn ich die Schüler zwinge, obwohl sie es nicht gut finden.
    Was meint ihr?

  • Hallo Aktenklammer,


    also entweder verbindlich oder gar nicht. Alle die es gerne führen werden damit kein Problem haben. Wem es einfach nur schwer fällt, könnte ja ein paar Themenpunkte über die sie schreiben könnten von dir bekommen.
    Ist meine Idee dazu, vielleicht hilft es ja.


    Liebe Grüße
    Steffi ;)

  • Da bin ich schon wieder mit diesem Thema ... einer der Jungen hatte ja reingeschrieben, dass er es nicht richtig machen würde, aber das sei ja egal, weil es nicht benotet würde. Einige wenige haben sich auch ebenso kaum Mühe gegeben. Als ich heute einer Kollegin erzählte, dass ich es von nun an einmal pro Woche eintragen lasse will - von allen - sagte sie, dass sie aber der Meinung sei, dass ich diejenigen, die sich so wenig Mühe gegeben haben, zwingen soll, es täglich weiter zu schreiben, weil ich sonst ein "zahnloser Tiger" sei. Ich habe aber irgendwie die Meinung, dass in diesem konkreten Fall LTB es keinen Sinn macht, die Schüler zu zwingen, weil sie durch ihre Ablehnung und mangelnde Vertiefungswilligkeit auch bei täglichen Eintragungen - wie ja auch bisher - nicht zu besseren Ergebnissen kommen. Dann muss ich mit der "Zahnlosigkeit" leben ... oder sehe ich das "falsch"?

    • Offizieller Beitrag

    Aktenklammer: Hast du vielleicht noch einige PNs oben stehen, so dass kein Platz mehr ist? Irgendwann werden keine neuen mehr angezeigt.


    LG, Melosine

    Für mich gibt es wichtigeres im Leben als die Schule.


    (Mark Twain)


    Auf dem Weg zur Weltherrschaft! :teufel:

    Einmal editiert, zuletzt von Melosine ()

  • Hi Aktenklammer,
    ja, ich hatte was geschrieben. Als ich deinen Beitrag dann nochmal GENAU gelesen habe fand ichs nicht mehr passend und habs gelöscht.


    LG
    Maria Leticia

    Was man zu verstehen gelernt hat, fürchtet man nicht mehr. Marie Curie

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