Lehrplan 4. Klasse Grundschule vs. Lehrplan 5. Klasse Gymnasium

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,
    ich habe mal eine grundsätzliche Frage an die Grundschullehrerinnen hier, v.a. an die bayerischen.
    Irgendwie stelle ich jedes Jahr, sobald ich wieder eine Fünfte in Deutsch bekomme, entsetzt fest, dass die Kinder zum großen Teil nur unzureichend aufs Gymnasium vorbereitet wurden.
    Von mal ganz krassen Fällen abgesehen (Zitat einer Schülerin: Die Frau xx hat im letzten Halbjahr mit uns halt gar kein Deutsch mehr gemacht, sondern nur Mathe)- ist der Lehrplan im Gymnasium zu anspruchsvoll?
    Sind die beiden Lehrpläne nicht genug aufeinander abgestimmt?
    Beispiel: Bildergeschichte- einige sind wohl der Meinung, dass die ausgesprochen unmodern seien- bei uns stehen sie aber nach wie vor im Lehrplan (und ich finde sie doch relativ anspruchsvoll).
    Weiteres Beispiel: Lernen die Kinder wirklich alltägliche Wörter nicht mehr in der Rechtschreibung?
    Ihr glaubt gar nicht, wie oft ich heute "Höhren" und "Hohlen" angestrichen habe. :(
    Oder haben Grundschullehrerinnen mehr Freiheiten, was den Lehrplan betrifft?
    Abgesehen davon, dass es ja äußerst frustrierend ist für die Kinder (auch wenn ich Differenzierung betreibe- manche sind wirklich einfach fürs Gymnasium nicht geeignet!)- was bringt manche Grundschullehrerinnen dazu solche Empfehlungen auszusprechen? Druck der Eltern?
    Achja, ich will hier auch die Grundschullehrerinnen nicht angreifen, ich bin mir sicher, dass gerade die hier im Forum Anwesenden sich sehr viel Mühe mit ihren Kids machen- ich will nur wissen, was hier schiefläuft.
    Lg, Hermine

  • Zitat

    Sind die beiden Lehrpläne nicht genug aufeinander abgestimmt?


    In manchem Bereichen ganz sicherlich. Das haben wir erst neulich bei einer Englischfortbildung festgestellt.
    Da sind die Lehrpläne nicht aufeinander abgestimmt. Ich frage mich echt, warum sich die ensprechenden Leute im Ministerium sich nicht zusammensetzen....


    Zitat

    Weiteres Beispiel: Lernen die Kinder wirklich alltägliche Wörter nicht mehr in der Rechtschreibung?
    Ihr glaubt gar nicht, wie oft ich heute "Höhren" und "Hohlen" angestrichen habe


    Natürlich werden in der Grundschule "alltägliche" Wörter gelehrt.
    Es werden Rechtschreibregeln thematisiert und die Wörter werden nach Mitsprechwörter, Nachdenkwörter und Merkwörter unterschieden.
    Ich arbeite (bzw. habe gearbeitet) z.b. mit der Korrekturkarte von Sommer-Stumpenhorst.


    Aber - und das wird oft vergessen - der Prozess des Rechtschreiblernens ist doch mit Ende der Grundschulzeit nicht abgeschlossen.


    Zitat

    was bringt manche Grundschullehrerinnen dazu solche Empfehlungen auszusprechen? Druck der Eltern?


    Gerade in Bayern richtet sich die Schulwahl doch ganz strikt nach den Noten und nicht nur nach dem Gutachten wie z.b. in NRW.


    Petra

    • Offizieller Beitrag

    Aber - und das wird oft vergessen - der Prozess des Rechtschreiblernens ist doch mit Ende der Grundschulzeit nicht abgeschlossen.


    Ja, das sehe ich auch so- solche Wörter wie "Kaffeefilter" oder ähnliches verlange ich ja auch gar nicht.


    Aber holen oder hören müssen meiner Ansicht nach Viertklässler automatisch beherrschen können.


    Liebe Grüße,
    Hermine

  • Mit der Aussage über den Rechtschreibprozess bezog ich mich auch nicht unbedingt auf das Beipiel "hohlen" oder "höhren".
    Da gebe ich dir Recht, das müssten Viertklässler können.


    Petra

  • Und bei mir (Gesamtschule, E-Kurs) können das 50% meiner Achtklässler noch nicht!!! Und die haben nicht alle LRS...
    Ich weiß, dass ist eigentlich ein bisschen OT, aber ich musste das an dieser Stelle einfach mal loswerden.
    Wie ist das denn mit Fachbegriffen im Grammatikbereich. Welche Vorkenntnisse werden da in der Grundschule vermittelt (Ich weiß, dass wir in der Grundschule noch Subjekt, Prädikat, Objekt, Nomen, Verb, Adjektiv, Artikel, Nominativ, Dativ, Akkusativ,...) gelernt haben. Auch die Bezeichnungen der Zeiten haben wir wenigstens ansatzweise gelernt. Wir hatten allerdings eine sehr alte Grundschullehrerin, die auf sowas viel Wert gelegt hat. Was sagen denn die Richtlinien?
    Gruß Delphine

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Delphine,
    es ist zumindest bei uns in Bayern so, dass die korrekten grammatikalischen Bezeichnungen erst in der weiterführenden Schule eingeführt werden- und nur je nach Lust und Laune der jeweiligen Grundschullehrerin.
    Und genau das ärgert mich: Ich würde mit Freuden den Kleinen alle grammatikalischen Begriffe beibringen- in der Regel mach ich das auch- wenn die als Ausgleich dafür fundierte Kenntnisse in der Rechtschreibung und Zeichensetzung, zumindest in der wörtlichen Rede mitbringen würden. Aber, wenn ein Schüler ein Wort in den Diktaten richtig schreibt und im Aufsatz regelmäßig falsch, dann sind das keine fundierten Kenntnisse- und ich rede hier auch nicht von besonders schwierigen Wörtern!
    Und ich weiß, dass unsere Rechtschreibung damals beim Übertritt ans Gymnasium besonders gelobt worden ist.
    Lg, Hermine

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,


    mal abgesehen davon, dass wir ähnliche Diskussionen schon öfter hier im Forum hatten, stimme ich Petra nachdrücklich zu!


    Der Rechtschreibprozess ist einfach noch längst nicht mit Ende der 4. Klasse abgeschlossen!


    Manchmal gewinne ich den Eindruck, dass von den Kindern mit Eintritt in die 5. Klasse erwartet wird, dass sie perfekte Rechtschreiber sind und sämtliche Grammatikregeln sowie Fachausdrücke beherrschen müssen.


    Hinzu kommt, dass die Kinder häufig mehr in der Grundschule gelernt haben, als sie später erzählen (oder noch sicher wissen) - wir hatten das vor kurzem hier schon einmal thematisiert.


    Und abschließend muss ich noch loswerden, dass ich immer wieder heraushöre, die Grundschulen mögen sich doch bitteschön den Ansprüchen und Methoden der weiterführenden Schulen anschließen und die Kinder entsprechend unterrichten. Warum orientieren sich die weiterführenden Schulen aber nicht auch daran, was und wie die Kinder in der Grundschule gelernt haben und was sie folglich mitbringen?
    Mir kommt diese Haltung sehr defizitorientiert vor.


    Ich denke, Gespräche/ Austausch beider Schulformen ist dringend von Nöten - aber möglichst mit der Bereitschaft, vom andern zu lernen bzw. auch andere Methoden zu akzeptieren.


    LG,
    Melosine

  • @ Hermine


    Du schreibst:


    "es ist zumindest bei uns in Bayern so, dass die korrekten grammatikalischen Bezeichnungen erst in der weiterführenden Schule eingeführt werden- und nur je nach Lust und Laune der jeweiligen Grundschullehrerin."


    Das ist nicht ganz richtig.
    Laut GS-Lehrplan lernen die Kinder in der 4. Klasse folgende lateinische Begriffe: Nomen, Verb, Adjektiv, Pronomen, Artikel, Subjekt, Prädikat, Objekt... Außerdem kennen sie ja noch weitere auf Deutsch.
    Es mag sein, dass es GS-Lehrer gibt, die diese Fachbegriffe nicht einführen, aber die meisten halten sich an den Lehrplan!


    Natürlich ist es möglich, dass die Kinder dann sagen, sie hätten sie noch nicht gelernt, anstatt zu sagen, sie können sie nicht mehr...

  • Hallo Hermine,


    ich bin zwar keine Grundschullehrerin, bekomme ja aber an der Hauptschule einen anderen Teil der bayrischen Grundschulkinder.


    Es ist so: Die Rechtschreibung sitzt nach der 4. noch nicht, aber offensichtlich kann es das auch nicht, wobei es bei den Gymnasiasten wohl doch besser sein sollte.


    Wir ab der 5. praktisch munter weiter mit Groß- und Kleinschreibung, Zeichensetzung bei wörtlicher Rede, Dopplungen, Dehnungen etc. Im Grunde wiederholt sich dasselbe jährlich, bis es wenigstens bei einem Teil der Schüler sitzt.
    Da ich meine Klasse letztes Jahr schon hatte weiß ich, was gründlich gemacht wurde - und muss feststellen, dass in Mathe wesentlich mehr noch abrufbar bzw. schon in Fleisch und Blut übergegangen ist als beim Rechtschreiben.


    Ich denke, man kann den Grundschullehrerinnen keinen Vorwurf machen - Rechtschreiben ist wohl sehr komplex und für die Kinder arg schwierig.


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • Zitat

    Hermine schrieb am 04.11.2005 07:02:
    es ist zumindest bei uns in Bayern so, dass die korrekten grammatikalischen Bezeichnungen erst in der weiterführenden Schule eingeführt werden- und nur je nach Lust und Laune der jeweiligen Grundschullehrerin.


    Das ist einfach so nicht richtig.
    Subjekt, Prädikat, Objekt -> das sind Begriffe, die in der 3. Klasse ein Thema sind. Sie werden als Satzglieder bestimmt und es werden Umstellproben gemacht. Es ist also nicht Lust und Laune der Lehrerin, ob das dran kommt.


    Auch die Bezeichnung Artikel (oder auch Begleiter) wird schon früh in Klasse 2 eingeführt. Ebenso Verb, Adjektiv, Nomen.


    Zitat

    wenn die als Ausgleich dafür fundierte Kenntnisse in der Rechtschreibung und Zeichensetzung, zumindest in der wörtlichen Rede mitbringen würden. Aber, wenn ein Schüler ein Wort in den Diktaten richtig schreibt und im Aufsatz regelmäßig falsch, dann sind das keine fundierten Kenntnisse- und ich rede hier auch nicht von besonders schwierigen Wörtern!


    Aber das zeigt doch, dass da schon eine Basis für die Rechtschreibung gelegt wurde, auf die du jetzt aufbauen kannst.
    Zeige den Kindern, wie sie ihre Texte selber überarbeiten können, unterstütze sie in dem Prozess des Rechtschreiblernens, auf dem sie schon ein gutes Stück in der GS gegangen sind.
    Du musst fortsetzten, nicht voraussetzen.


    Zitat

    Ich denke, Gespräche/ Austausch beider Schulformen ist dringend von Nöten - aber möglichst mit der Bereitschaft, vom andern zu lernen bzw. auch andere Methoden zu akzeptieren.


    Da kann ich Melosine nur voll zustimmen.
    Ich würde zum Beispiel sehr gerne in einer Art AG mitarbeiten, in dem sich Grundschullehrer und Lehrer der weiterführenden Schulen regelmäßig austauschen.


    Ich habe erst neulich auf einer Englischfortbildung erfahren, wie weit doch da die Vorstellungen (und z.T. auch die Richtlinien der GS und z.b. Gymnasien) auseinanderklaffen.
    Die Seminarleiterin erzählte von einer Englischstunde, die sie für Gymnasiallehrer gehalten hat. Die waren danach ganz erstaunt und überrascht, WIE Englischunterricht an der GS aussieht.
    Ein solcher Austausch sollte öfters stattfinden.


    Petra

    • Offizieller Beitrag

    Ja, Leute, eine AG fände ich auch klasse- zumal die Kinder bei mir in der Fünften mich wirklich anschauen wie einen Elefanten, wenn ich zum ersten Mal den Begriff Adjektiv erwähne.
    Und nur eine Basis für Rechtschreibung in der 4. Klasse ist mir zu wenig- vielleicht auch, weil das mir mir selbst beim Übertritt anders war- und wenn ein Kind das Wort mal richtig und mal falsch schreibt, dann ist das für mich ein Zeichen, dass die Rechtschreibung eben noch nicht sitzt.
    Abgesehen davon, dass hier Dinge falsch gemacht werden, die im Lehrplan der Grundschule stehen (Dehnungs-h etc.)
    Sorry, aber wie soll ich denn fortsetzen, wenn bei manchen Kindern nur ein Steinbruch vorhanden ist?
    Hart, aber ehrlich: Das funktioniert nicht! Ich will die Kids zum Abitur bringen, da kann ich nicht jedes da abholen, wo es gerade steht. Deshalb gibt es ja die Übertrittsanforderungen.
    Abgesehen davon, dass ihr ja auch gewisse Voraussetzungen habt, die die Kinder erfüllen müssen, wenn sie in die Grundschule kommen- warum sollten wir das im Gymnasium auf einmal nicht mehr?
    Und ich habe nichts gegen andere Methoden- aber die Ergebnisse sollten doch stimmig sein- und das sind sie im Moment leider absolut nicht, weil wohl auch die Erwartungen ziemlich auseinander klaffen.
    Allein deswegen fände ich eine AG sinnvoll, um da gemeinsame Standards und Richtlinien auszuarbeiten.
    Liebe Grüße,
    Hermine

    • Offizieller Beitrag

    Die Kinder mit Methoden zu fördern, die sie in der Grundschule erworben haben, bekommen wir im Seminar immer wieder angeraten. Das führt dazu, daß ich Dinge zur Zeit ausprobiere, die ich selbst aus meiner Schulzeit nicht kenne oder gesagt bekomme "Frau xy, machen sie doch mal Stationenlernen." Hab ich gemacht nach einem Crashkurs, wie genau so was aussehen kann, wir doch andere Vorstellungen hatten, weil den Crashkurs meine Fachleiterin in meinem zweiten Fach mit mir gemacht hat, aber es hat funktioniert.
    Und wenn ich diese Methoden anwedne, die die Schüler aus der Grundschule mitbringen, ist das für manche Lehrer schon absolut fortschrittlich.


    Ähnlich ist es doch aber auch mit Inhalten. Es wird dauernd wieder noch mal was wiederholt. Gerade Dehnung von Lauten habe ich in einer 6 gerade wiederholt, die das in der 5 schon mal gemacht haben und dann wohl in der Grundschule auch schon mal. Man muß eben nur aufpassen, daß man nicht immer wieder bei Null anfangen muß. Und wenn die Schüler in der 5 stark verschiedene Kenntnisse haben, dann wird es natrülich schweireig für die weiterführende Schule. Dafür lernen wir gerade, daß wir stärker differenzierten Unterricht machen müßten und sich die Gymnasien da mal an den Hauptschulen orientieren könnten. Aber auch das ist für mich momentan nur Theorie, vielleicht bekomme ich da ja demnächst noch ein bißchen Praxis geliefert, um Euch darüber berichten zu können.


    Liebe Grüße,


    Dalyna

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