Sitzenbleiben

  • Wann ist eigentlich die beste Möglichkeit, ein Kind zurück zu stufen? Als Fachlehrerin unterrichte ich in einer 2 Deutsch, und dort ist ein Kind, das nach Aussage der Klassenlehrerin nicht nur in Deutsch, sondern auch in Mathe sehr schlecht steht. Ich bin der Meinung, dass man dieses Kind doch eigentlich jetzt schon zurückstufen sollte, da es jetzt noch einmal im ersten Schuljahr die Gelegenheit hätte, die Grundlagen aufzufrischen bzw. überhaupt erst zu erwerben. Die Klassenlehrerin ist da anderer Meinung, sie sagt, eine Zurückstufung sollte frühestens zum Halbjahr hin bzw. noch besser erst zum Schuljahresende erfolgen. Was meint ihr? Habt ihr Erfahrung damit? Marion

  • Hatte letztes Schuljahr in meiner 2.Klasse ein Kind, das keine Zahlvorstelung und keinen Mengenbegriff kannte. Den Eltern hatte man vorgeschlagen, das das Kind zum Halbjahr zurück in die 1.Klasse sollte, so dass es die Grundlagen noch einmal mitbekommen kann. Die Eltern haben sich allerdings geweigert, dies zu tun. Am Ende des Schuljahres haben sie allerdings einer freiwilligen Wiederholung zugestimmt.


    snoopy

  • Ich finde, so pauschal lässt sich das schwer beantworten. Generell denke ich, sollte eine Zurückstufung so schnell wie möglich erfolgen. Allerdings ist es von 2 auf 1 wohl nochmal eine besondere Situation, weil die Erstis eben ganz oft erst noch mit anderen Dingen beschäftigt sind. Ist das Kind so fit, dass es sich jetzt noch langweilen würde in der Klasse? Das wäre sicher auch nicht gut. Andererseits könnte es sich schon besser eingewöhnen. Wenn allerdings die Lücken so gravierend sind, dass er jetzt eben "nur" eins von den fitteren Kindern wäre, würde ich sofort zurückstufen.
    Ich selbst hab gerade in der ersten Klasse ein Kind, dass nochmal eingeschult wurde, jetzt also zum zweiten Mal die eins macht. Das fällt nicht besonders auf - außer, dass es eben auch mal Erfolgserlebnisse hat, was dem Jungen ja auf jeden Fall zu gönnen ist!


    LG
    Britta

  • Also bei dem Kind, um das es sich bei mir handelt, wären die ELtern sogar mit einer Zurückstufung zum jetzigen Zeitpunkt einverstanden - das Kind hat weder eine Zahlvorstellung, noch kann es lautgetreu schreiben. Werde doch mal mit der Klassenlehrerin reden müssen, denn auch in meinem Deutschunterricht bekommt das Kind kaum etwas mit.

  • Das sind meiner Meinung nach so erhebliche Lücken - ich würde wohl auch lieber direkt zurückstufen!


    LG
    Britta

  • Hallo Marion,


    da wären ein paar Infos zum Bundesland nicht schlecht, denn vermutlich wird das nicht überall gleich gehandhabt.


    Gruß
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Soweit ich weiß, geht ein Rücktritt vor Schuljahresende nur, wenn die Eltern einen Antrag stellen. Die müsstest du also schonmal auf deiner Seite haben. Dann sollte das kein Problem sein. Allerdings bin ich grad nicht sicher, ob man Kinder am Ende der 2 auch gegen den Willen der Eltern sitzenbleiben lassen kann. Kann da jemand weiter helfen?

  • Hallo,


    die kurze Beschreibung (kein Zahlenverständnis/(Zahlvorstellung, kein lautgetreues Schreiben) deutet für mich doch sehr auf Entwicklungsstörungen hin. Das würde bedeuten, das Kind bräuchte besondere Förderung, die an den Ursachen ansetzt / besonderen Unterricht (z.B. Lernen mit allen Sinnen).


    Kann es wirklich sein/macht ihr die Erfahrung häufiger, dass allein ein Jahr Wiederholung ausreicht und das Kind dann anschließend, also ab 3. Klasse keine Probleme mehr hat?


    Viele Grüße
    Erika

    "Die Lehrer bezeichnen Lesen, Schreiben und Rechnen als Grundlagenfächer. In Wirklichkeit handelt es sich aber bei diesen Lehrstoffen bereits um sehr komplexe Prozesse, die sich nur bei einer einwandfreien geistigen Verarbeitung der durch die Sinnesorgane aufgenommenen Wahrnehmung erlernen lassen." A. Jean Ayres

  • Hallo!
    Rückversetzung ist oft keine Lösung. Einfach den Stoff vom Ersten nochmal mitmachen bringt oft nicht viel.
    Erfolgreicher ist es oft, wenn das Kind individuell gefördert wird. Also genau die Probleme feststellen und dann Förderplan schreiben. Wenn ihr ihr noch Schuljahre habt, habt ihr ja auch bestimmt ein Förderkonzept. Außerdem wird es noch Förderpläne und Empfehlungen aus dem letzten Schuljahr geben.
    Wenn das Kind dann am Ende nicht die nötigen Voraussetzungen für das dritte hat, kann es ja die 2. noch mal machen. Wiederum mit individueller Förderung.


    VG

  • Hallo!
    Mit dem Bemühen um individuelle Förderung ist es nicht immer getan:
    Ich "kämpfe" im Moment mit ähnlichen Überlegungen bzgl. des Sitzenbleibens.
    Ich habe sogar 3 Kinder, die (besonders im sprachlichen Bereich) massive Probleme haben. Das eine Kind wiederholt gerade schon die 2. Klasse, ist aber bzgl. des Lesens und Schreibens auf einem Stand, der mit unseren fitten Erstklässlern zu vergleichen ist. Die anderen beiden sind "regulär" im 2. Alle drei sprechen nur schlecht Deutsch, Eltern kümmern sich nur wenig um die Kinder (z.T. unzählige Fehltage, Verspätungen und nicht gemachte Hausaufgaben).
    Sie durchlaufen bei mir quasi einen ganz anderen Deutschunterricht als die anderen, d.h. ich fördere sie wirklich individuell. Das ganze Problem an der Sache ist jedoch, dass ich eigentlich keine Chance sehe, sie an die Lernziele der 2. Klasse heranzuführen. Leider braucht man für eine effektive, individuelle Förderung auch die Mithilfe der Eltern, die in allen drei Fällen ausbleibt. So fällt es auch schwer, die Ursachen zu erforschen --> die Kinder waren bei keiner der Vorsorgeuntersuchungen im Kleinkindalter und auf meinen Rat hin, die Kinder einmal durchchecken zu lassen (evtl. Hörprobleme etc. da sie wirklich nur wenige Laute analysieren können) erhalte ich nur ein müdes Lächeln.


    Der Beitrag trägt jetzt wohl nicht sehr zur Lösung des Problems von Marion bei, aber ich musste mir das mal von der Seele schreiben. Ich höre immer nur individuelle Förderung und Ursachenforschung um ich herum, aber das Ganze ist nicht immer so durchzusetzen. Ich könnze heulen - ich kann den dreien im Prinzip nicht helfen und wenn ich ganz ehrlich bin bezweifel ich, dass selbst die Kombination "wiederholen + individuelle Förderung" auf Dauer nicht hilfreich sein wird.


    Naja,


    gute Nacht,


    Sina

  • Hallo Marion,
    du beschreibst wirklich große Lücken bei dem Kind, aber dafür scheint die Zusammenarbeit mit den Eltern zu funktionieren.
    Wie wäre es, wenn ihr das Kind mal auf Entwicklungs- und/oder Aufmerksamkeitsstörungen hin testen lasst. Ich kenne ein Kind das nach einem halben Jahr Ergotherapie und individuelle Förderung (mit Hilfe der Eltern) den Anschuß geschafft hat. Die Zusammenarbeit mit den Eltern ist hier das aller wichtigste.
    LG LAA anja

  • Ja, das Kind, um das es sich handelt, ist bereits getestet worden; die Testergebnisse besagen, dass alles in Ordnung ist (die Ergebnisse sind zwar grenzwertig, aber dennoch liegt keine Dyskalkulie und auch keine LRS vor; auf ADS ist das Kind auch getestet worden, ebenfalls alles ok). Meine persönliche Meinung dazu ist, dass das Kind einfach nur noch nicht schulreif war. Es hat im ersten Halbjahr überhaupt keine Lust auf Schule gehabt, war sehr verspielt, zeigte keinerlei Anstrengungsbereitschaft. Jetzt inzwischen ist die Anstrengungsbereitschaft und Motivation zwar geringfügig vorhanden, aber es sind einfach zu große Lücken, die aufgeholt werden müssen. Deher denke ich, es ist doch eigentlich besser, das Kind JETZT zurückzustufen, wo es wenigstens vom ersten Schuljahr noch die Grundlagen mitkriegt, als erst in Klasse 3. Naja, letztendlich entscheidet es ja eh die Klassenlehrerin. Gruß Marion

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